The article examines how citizens' initiatives use articulations of proximity in the context of emotionalized environment perceptions for demanding the integration of protective bicycle infrastructure in urban design. In order to do so, we present a variety of material consisting of images and language that was created in 2020 as part of various bicycle demonstrations in Berlin-Neukölln. These flyer texts, posters, speeches and photos help to understand how concerns about safety and quality of life are articulated in a language of proximity. What is perceived as closer spatially (urban spaces of everyday use such as streets in front of individuals' doors, regularly frequented cycling routes) becomes intertwined with what is perceived as closer in time, i.e. imminent and already occurring “great phenomena” (Everts, 2016) such as climate change and scarcity of resources. In our study, we assume that bicycle demonstrations function as transformation experiences. Bicycle demonstrations are motivated by emotions such as fear or anger, but can also generate different emotions such as joy and sense of community in the course of protest. For the duration of the demonstrations, streets become lived spaces suitable for bicycles, while the power relations that otherwise determine urban road traffic are challenged for a short amount of time. The experience of closeness becomes one of belonging and self-determination. It is these appropriations of space that mark bicycle demonstrations as a form of protest worth investigating, since they contribute to transforming emotions and intensifying perceptions of one's own environment.
Am 6. Dezember 2020 senkt sich die Abenddämmerung bereits um 15 Uhr
über eine von Neuköllns Magistralen, die viel befahrene
Hermannstraße, die den Süd- und den Nordteil des Berliner Bezirks
miteinander verbindet. Am Eingang des Anita-Berber-Parks versammelt sich
eine Gruppe von etwa einhundert Radfahrer:innen, um in der einsetzenden
Dunkelheit mit einem Fahrradkorso gegen die fehlende Fahrradinfrastruktur
auf der Hermannstraße zu demonstrieren. Auf einem Plakat, das an einem
Lastenfahrrad angebracht wurde, steht „Pop-Up-Radweg auf der
Hermannstraße jetzt!“ – die zentrale Forderung der Initiative
Der Begriff Pop-Up-Radweg verweist auf die besonderen Umstände, unter
denen sich der Fahrrad-Aktivismus entlang der Hermannstraße im Jahr 2020
formierte: Die massiven Veränderungen des gesellschaftlichen Lebens
während der Covid-19-Pandemie führten auch zu neuen Formen der
innerstädtischen Verkehrsplanung. So richtete der Berliner Bezirk
Friedrichshain-Kreuzberg im März 2020 innerhalb kürzester Zeit
Deutschlands erste Pop-Up-Radwege, also temporäre, vom fließenden
motorisierten Verkehr durch Baustellenbaken getrennte Fahrradwege ein. Damit
wurde auf das Bedürfnis von Berliner:innen reagiert, sich während
der Pandemie aus Infektionsschutzgründen statt mit öffentlichen
Verkehrsmitteln vermehrt mit dem Fahrrad durch die Stadt zu bewegen und
dabei den empfohlenen Mindestabstand von 1.50 m zueinander einhalten zu
können. Die Einrichtung eines solchen Pop-Up-Radwegs wurde dann im Mai
2020 von
Die Initiative ist nicht die einzige Gruppe, die sich in den letzten Jahren
im Neuköllner Norden für alternative Mobilitätskonzepte und eine
Neugestaltung des Stadtraums eingesetzt hat. Allerdings zeichnet den
Aktivismus von
Hierfür greifen wir in einem ersten Schritt (Kapitel 2) sowohl auf das
von Jan Slaby et al. entwickelte Konzept des
In einem zweiten Schritt (Kapitel 3) werden wir dann unsere Beobachtungen
mit den Gedanken von Everts (2016) zur Verschränkung von
spezifischen Stätten (
Anhand eines sehr konkret im städtischen Verkehrsraum verankerten
Beispiels möchten wir einen Beitrag zum Verständnis von dynamischen,
vielschichtigen und relationalen Affektbeziehungen leisten, welche Umwelt zu
einem sozialen Phänomen machen. Als Teilnehmer:innen an den hier
beschriebenen Fahrraddemonstrationen waren wir sowohl teilnehmende
Beobachter:innen als auch, wie Peter Ullrich dies in seinem Aufsatz zur
Protestforschung erläutert, längerfristig und „häufig im engen Kontakt mit den ‚Objekten‘ des
Interesses“ (Ullrich, 2019:29). Wir waren sogar selbst immer wieder jene
Objekte des Interesses und damit auch emotional tangiert. Als Mitwirkende in
der Initiative
Unser Untersuchungsgegenstand, die von
Darüber hinausgehend entfaltete sich die Wahrnehmung, Wirkung und Bedeutung der Fahrraddemonstrationen aber gerade auch durch deren Einbettung in erweiterte Kommunikationskontexte: Die sie umgebenden Interaktionen auf Social-Media-Plattformen, die Mobilisierung durch Flyer, die in an die Hermannstraße angrenzenden Quartieren verteilt wurden, sowie Debatten zu den Themen Verkehrssicherheit und Nachhaltigkeit im Stadtraum prägten das Erleben der Teilnehmenden. Die unterschiedlichen Ebenen der Wahrnehmung und Bewertung der Verkehrssituation auf der Hermannstraße – sowohl in ihrem Alltagszustand, als auch in dem davon abgesetzten Ausnahmezustand während der Fahrraddemonstrationen – griffen dabei auf eine sich gegenseitig bedingende Art und Weise ineinander, sodass situatives Erleben und im Vorfeld oder Nachhinein stattfindende Thematisierungen des Straßenraums Hermannstraße sich gegenseitig prägten.
Um ein solches reziprokes Setting zu beschreiben, haben Jan Slaby, Rainer
Mühlhoff und Philipp Wüschner den Begriff des
In
Das
Sowohl bei den Kundgebungen als auch bei den Demonstrationen handelt es
sich, wie beide Begriffe bereits andeuten, um
Die Sprache, durch die sich umweltaktivistische Gruppen wie
Judith Butler beschreibt dieses wirkmächtige Zusammenspiel von Sprache
und Handlung im Rahmen sozialer Praxis als Performativität. Im Rekurs
auf Butler hat auch Anke Strüver in ihrer Analyse der Aktionsform
Plakat mit Verwendung des Lokaladverbs „hier“,
fotografiert im Rahmen der von
Andererseits beobachten wir auch die Versprachlichung von Forderungen und
Wünschen, die sich der Sprache als Möglichkeitsraum bedienen, indem
eine Alternative zur vorgefundenen materiellen und rechtlichen Wirklichkeit
des Straßenverkehrs formuliert wird. Somit wird ein widerständiges,
affektives Potenzial aktiviert, etwa durch Äußerungen wie
„Menschen statt Motoren“ (Abb. 2) oder „Hermannstraße
Plakat fotografiert im Rahmen der von
Sprachliche Wunscherfüllung auf einem Plakat, fotografiert im
Rahmen der von
Wie bereits erwähnt handelt es sich bei den von
Plakat mit Verwendung des Temporaladverbs „jetzt“,
fotografiert im Rahmen der von
Äußerungen unter dem Twitter-Account @hermannstr4alle, die eine solche deutliche Verwendung von Temporal- und Lokaladverbien und Possessivpronomen aufweisen, lauten beispielsweise:
„Verkehrswende jetzt.“ (Fahrraddemonstration Hermannstraße
am 5. März 2021), „Heute und jeden Tag für die Verkehrswende
und lebenswerte, smogfreie und klimafreundliche Innenstädte!“
(Fahrraddemonstration Hermannstraße am 19. März 2021), „Hier
muss sich schnell etwas ändern.“ (Fahrraddemonstration
Hermannstraße am 23. Januar 2021), „Wir sind hier, wir sind
laut, bis ihr uns nen Radweg baut!“ (Fahrraddemonstration Hermannstraße am 20. September 2020) „#Hermannstraße: Viele Menschen hier sind arm UND leben mit: viel Feinstaub, viel Lärm und dichter Besiedelung.“ (Fahrraddemonstration Hermannstraße am 13. Mai 2020), „So ungerecht wollen wir unseren öffentlichen Raum nicht verteilen!“ (Fahrraddemonstration Hermannstraße am 27. Juli 2021), „Wann kommt unser Radweg?“ (Fahrraddemonstration Hermannstraße am 19. Januar 2021), „Wir
Durch eine solche rhetorische Verstärkung zeitlicher und räumlicher
Nähe zu dem, was auf der Hermannstraße passiert oder noch passieren
beziehungsweise nicht mehr passieren soll, sowie durch die Zuordnung des
Stadtraums in einen Bereich kollektiven Besitzes wird das Erlebnis der
Fahrraddemonstration als eine Aneignung des Straßenraums sprachlich
vorbereitet, begleitet und erhalten. Die Sprache wird von Ausdrücken der
Dringlichkeit und Betroffenheit durchzogen. Dadurch wird sie einerseits im
Sinne der Performativität vom gemeinsamen Erleben des von Radfahrenden
befahrenen Straßenraums im situierten
Daran anschließend entsteht eine für die Kommunikationsplattform
Twitter charakteristische Assemblage aus Beiträgen, die von den
Account-Betreiber:innen selbst generiert werden, und solchen, die von
anderen Accounts zitierend weiterveröffentlicht werden: Aus
hinzugefügten Kommentaren und Bildern entsteht ein Diskursgeflecht um
das Thema Straßenraum. Bei dem von uns in den Blick genommenen Beispiel
geht um den Raum einer einzigen Straße, die als zu beklagender und
frustrierender Angstraum einerseits und als idealisierter Wunschraum
andererseits versprachlicht und bebildert wird. Auch die Texte auf den
Flyern, mithilfe derer auf die von
Den Kundgebungen wird also ein transformatives Potenzial zugesprochen, das
sich, wie am Beispiel des Flyers für die Familienfahrraddemonstration
ersichtlich wird, nicht allein auf die baulichen Gegebenheiten und
Verkehrsregelungen beschränkt, sondern die affektive Erfahrung eines
konkreten Straßenraums einschließt: Das individuelle Empfinden der
Verkehrsteilnehmer:innen beziehungsweise der an der Fahrraddemonstration
Teilnehmenden wird also explizit in die von
Das transformative Potenzial von Demonstrationserlebnissen in Bezug auf die
affektive Gestimmtheit der Teilnehmer:innen ist in der Protestforschung
bereits eingehend dokumentiert worden. Neben den individuellen affektiven
Prozessen und Erfahrungen kommt der wiederkehrenden Erfahrung einer
Fahrraddemonstration ein dezidiert
Bei der Untersuchung von Fahrraddemonstrationen wurden bisher anhand verschiedener Materialien konkrete Artikulationen von Nähe bezüglich eines lokal und temporal umrissenen Verkehrsraums, der Hermannstraße in Berlin-Neukölln, dargestellt. In Anlehnung an Everts (2016) sollen in diesem zweiten Teil Verbindungen zwischen den konkreten Erfahrungen auf lokaler Ebene einerseits und „großen Phänomenen“ (Everts, 2016), wie beispielsweise dem Klimawandel oder einer Ressourcenverknappung (auch im Sinne innerstädtischer Flächen), andererseits verdeutlicht werden. Ziel ist dabei auch zu zeigen, dass es sich bei diesen Artikulierungen nicht nur um Beklagungen eines Status Quo handelt, sondern dass den Beklagungen oftmals Problem-Interpretationen sowie Versuche von Lösungsansätzen zugeordnet werden können.
Everts (2016) zeichnet in drei Schritten die Verbindung zwischen
„großen Phänomenen“ wie der Klimakrise, der
Finanzkrise oder dem Ausbruch einer Pandemie einerseits und den
Lokalitäten (
Mit Verweis auf Schatzki (2002) erläutert Jonathan Everts die Rolle
praxeologischer Theorie dahingehend, dass sich beobachtbare Praktiken immer
zu spezifischen Zeiten und in spezifischen Räumen abspielen – sie also
zeitlich und räumlich situiert sind und dabei eine Vielzahl materieller
Entitäten umfassen, beispielsweise Körper oder auch Werkzeuge.
Zentral nutzt Everts (2016:50) zur Beschreibung von Interaktionen und
Abhängigkeiten den Begriff der
Wird das Konzept der
Nach einer Einführung zum
Im Verkehrsraum der lokalen Ebene ist eine fehlende baustrukturelle Abgrenzung zwischen Autofahrer:innen und Radfahrer:innen auf der Hermannstraße beispielsweise eine Folge unterschiedlicher Planungs- und Entscheidungsprozesse sowie nicht stattfindender Umsetzungen auf Bezirks- und Landesebene. Diese Prozesse hängen wiederum mit fördernden und hemmenden politischen Entscheidungen zusammen. Gleichzeitig wirken auch abstraktere Aspekte wie etwa schwankende Kraftstoffpreise, die Bepreisung von Parkräumen oder die Verordnung von Bußgeldern für Falschparken auf das lokale Verkehrsverhalten ein. Auch die Gestaltung von Bildungssystemen und die Umsetzung von Verkehrserziehung spielt hier eine Rolle. Wie werden der Einsatz und die tatsächlichen Kosten von Verkehrsträgern dargestellt und wie formen sich dadurch öffentliche Diskurse zu Vorstellungen und Leitbildern zukünftiger Mobilität? Wie können Zusammenhänge, etwa zwischen Verkehrsverhalten auf lokaler Ebene und der globalen Zunahme von Emissionen und Temperaturen, verständlich und greifbar dargestellt werden, um Verkehrspraktiken im Lokalen anzupassen?
Mit Bezug auf Marston et al. (2005) erläutert Everts die Kritik an einer
vertikalen Vorstellung von Skalen und greift stattdessen den Begriff der
Bei den Fahrraddemonstrationen auf der Hermannstraße wurden „globale“ Forderungen, etwa nach mehr Gleichberechtigung der Verkehrsteilnehmer:innen, auch im Sinne von Flächengerechtigkeit, mehr Klimaschutz und dadurch weniger Umweltverschmutzung sowie mehr Sicherheit für Nutzer:innen aktiver Fortbewegung sichtbar. Diese globalen und zum Teil unkonkreten Forderungen kulminieren gleichzeitig im zentralen Bedürfnis der Errichtung eines Radwegs, gerade auf dieser Straße. So ist es auch dieser konkrete Straßenraum, in den die Forderungen getragen und artikuliert werden.
Im Folgenden führen wir einige Beispiele von Äußerungen auf, die während und im Umfeld der Fahrraddemonstrationen entstanden sind. Die Beispiele werden jeweils als lokales Phänomen dargestellt und in Bezug auf Everts (2016) mit Blick auf „große Phänomene“ interpretiert.
Eines der für eine Demonstration auf der Hermannstraße erstellten Plakate fordert: „Klimagerechte Verkehrswende statt motorisiertem Individualverkehr!“ (Abb. 5). Hier steht nicht nur das Thema Verkehrswende im Vordergrund, sondern Klima wird als allgemein verfügbare und gerecht zu verteilende Ressource benannt. In der Forderung zeigt sich die Verbindung der globalen Themen Klimagerechtigkeit und Verkehrswende mit einer konkreten Praktik: dem motorisierten Individualverkehr. Der Forderung einer Verkehrswende wird mit einzelnen Piktogrammen Nachdruck verliehen, welche aus verschiedenen Verkehrsschildern bestehen, die auf Räume für aktive Fortbewegung verweisen. Die Piktogramme verstärken die ausgeschriebene Forderung insofern, als dass eine Verknüpfung zwischen den rechtlich definierten Praktiken und den jeweils dafür vorgesehenen Verkehrsräumen stattfindet. Die Piktogramme verweisen auf Sonderwege für Radfahrer:innen, gemeinsame Fuß- und Radwege, Parkplätze für Lastenräder, Radschnellwege, Spielstraßen, verkehrsberuhigte Bereiche, das Verbot für mehrspurige Kfz und Motorräder sowie Gehwege und Fahrradzonen. Die Darstellung der Piktogramme auf dem Plakat verdeutlicht einerseits die Forderung nach einem Ausbau ökologisch nachhaltiger und sozial zugänglicher Verkehrsräume. Gleichzeitig symbolisieren sie treibende Faktoren einer klimagerechten Verkehrswende, indem die jeweiligen Räume als Durchsetzungsinstrumente verstanden werden, um den Klimawandel abzuschwächen.
Plakat mit der Forderung nach einer klimagerechten Verkehrswende,
fotografiert im Rahmen der von
Im Anschluss an die Forderung nach einer klimagerechten Verkehrswende wird
mit dem Plakat „Verkehrswende selber machen“ (Abb. 6) ein
emanzipatorischer Anspruch betont. Dabei wird das globale Thema
Verkehrswende als soziales, technisches, politisches und wirtschaftliches
Gesellschaftsprojekt erkannt, aus diesen Kategorien herausgehoben und in
Form alltäglicher Praxis konkretisiert beziehungsweise konkret greifbar
gemacht. Verkehrswende wird dabei als etwas definiert, an dem alle
Verkehrsteilnehmer:innen individuell mitwirken können. Zwar ereignen
sich Verkehrsprozesse innerhalb verschiedenster (rechtlicher, struktureller,
baulicher) Regulationsräume, also
Plakat mit der Forderung, die Verkehrswende in die eigenen Hände
zu nehmen, fotografiert im Rahmen der von
Auf einem weiteren Plakat wird gefordert: „street change, NOT climate change“ (Abb. 7). Hier wird eine Verbindung hergestellt zwischen der lokalen Ebene – also der (Hermann-)Straße mit ihrer strukturell und regulativ zugeschriebenen Nutzungsmöglichkeit im Sinne einer autozentrierten Verkehrsplanung – einerseits und der Forderung, den Klimawandel abzuschwächen, andererseits. Der Verbindungsversuch beider Ebenen kommuniziert, dass die infrastrukturelle Veränderung des Straßenverkehrsraum und eine damit einhergehende Anpassung von Mobilitätspraktiken (Umstieg auf aktive und emissionsarme Fahrradmobilität) als maßgeblich für die Verringerung eines menschengemachten Klimawandels angesehen wird. Auch auf diesem Plakat wurden ergänzend zum Schriftzug von Hand Piktogramme, nämlich ein Herz, ein Fahrrad und ein Baum, erstellt.
Plakat mit der Forderung nach straßeninfrastrukturellen
Veränderungen, um den Klimawandel zu begrenzen, fotografiert im Rahmen
der von
Im Hinblick auf den Prozess der globalen Erderwärmung, mitunter angetrieben durch die Verbrennung fossiler Energieträger, wurde die Notwendigkeit emissionsarmer Mobilität auf einem weiteren Plakat artikuliert (Abb. 8): „Wer im Treibhaus sitzt, sollte lieber Radfahren.“ Zentral ist dabei die Anspielung auf den Treibhauseffekt, also das Eintreten von Lichtstrahlung in die Erdatmosphäre sowie deren Umwandlung in Wärmeenergie bei gleichzeitiger Verhinderung eines Austritts dieser Wärme durch Treibhausgase, wie etwa Kohlenstoffdioxid. Diese Feststellung wird mit der Empfehlung, auf emissionsarmes Radfahren umzusteigen, bekräftigt.
Plakat mit Hinweis auf die globale Erderwärmung und der
Empfehlung, auf Radverkehr umzusteigen, fotografiert im Rahmen der von
Auf einem weiteren Plakat (Abb. 9) wird das Thema Verkehrssicherheit artikuliert: „Mehr Verkehrssicherheit für Radfahrer*innen bedeutet weniger Stress für Alle!“ Dabei wird nicht nur aus den Positionen einzelner Verkehrsteilnehmer:innen heraus argumentiert, sondern ein integrativer und globaler Versuch unternommen, Straßenverkehr als gemeinsamen Prozess in geteilten Räumen zu verstehen. Gleichzeitig wird die höhere Verletzlichkeit von Radfahrer:innen angedeutet. Das Plakat propagiert mit der impliziten Forderung eines Radwegs auf der Hermannstraße eine strukturelle Aufteilung des Verkehrsraums und damit klare Verhältnisse für alle Teilnehmer:innen. Durch Dunkelheit oder Witterungsbedingungen verstärkt unübersichtliche Verkehrssituationen werden anhand von baulich trennender Infrastruktur entschärft und vulnerable Gruppen wie Radfahrer:innen und Fußgänger:innen sind in Gefahrensituationen besser geschützt.
Plakat mit Hinweis auf die Verkehrssicherheit von Radfahrer:innen
als Allgemeininteresse, fotografiert im Rahmen der von
Zu beobachten, wie im Umfeld der Fahrraddemonstrationen von
Die Fahrraddemonstrationen auf der Hermannstraße haben Menschen
körperlich und emotional bewegt. Wir haben uns in unserer Untersuchung
auf die Teilnehmer:innen der Kundgebungen fokussiert, für die durch das
Zusammenwirken von Ereignis und Artikulation im Herzen des
Ein weiteres Feld, das wir in unserem Beitrag lediglich gestreift haben und
dessen weiterführende Untersuchung uns als vielversprechend erscheint,
ist das affektive Miteinander von Institutionen (Bezirksverwaltung,
Verkehrsplanung) und Anwohner:innen-Initiativen wie
Erste Bauarbeiten für einen geschützten Radweg auf dem südlichen Planungsabschnitt der Hermannstraße, Oktober 2021 (Fotografie Peter Broytman).
Fertiggestellte Infrastruktur auf dem südlichen Bauabschnitt der Hermannstraße im Oktober 2022 (eigene Fotografie).
Zu verändern begonnen haben sich inzwischen nicht nur die Wahrnehmungsweisen und die Artikulationen von Gefühlen gegenüber dem Stadtraum der Hermannstraße, sondern tatsächlich auch die Straße selbst: Seitdem im Oktober 2021 die ersten Markierungsarbeiten auf dem südlichen Teil vorgenommen wurden (Abb. 10), entsteht nun sukzessive eine dauerhafte, größtenteils geschützte Radinfrastruktur auf der Hermannstraße (Abb. 11). Damit werden wichtige Bestandteile des Straßenverkehrsraums, die zu der emotionalen Umweltbeziehung, mit der sich unser Beitrag beschäftigt hat, maßgeblich beigetragen haben, grundlegend neugestaltet und organisiert.
Während vorangegangene Planungen, die bis lange vor die Zeit der Fahrraddemonstrationen zurückreichen, sowie das Berliner Mobilitätsgesetz die Grundlage für die Realisierung einer Radinfrastruktur auf der Hermannstraße bildeten, haben die Fahrraddemonstrationen zu einer Beschleunigung des Prozesses und einer intensiveren Auseinandersetzung im Bezirk mit der Hermannstraße beigetragen. Dass Stadtraum nicht nur einseitig und hierarchisch geplant und geformt wird, sondern dass diese Prozesse ebenso das Ergebnis vielschichtiger emotionaler Aushandlungen sind, zeigt der Entstehungskontext der Radinfrastruktur auf der Hermannstraße somit eindrücklich.
Die zur Analyse verwendeten Daten wurden dem Twitter Account @hermannstr4alle entnommen und können auf Anfrage verfügbar gemacht werden. Verwendete Fotografien (außer Abb. 10) sind Eigentum der Autor*innen und können ebenfalls verfügbar gemacht werden. Die Erlaubnis zur Verwendung von Abb. 10 (Peter Broytman) liegt vor.
Die einzelnen Arbeitsschritte zur Vorbereitung, Durchführung und Fertigstellung des Beitrags (Konzeptualisierung, Datenrecherche und -Analyse, sowie Auswertung und Verschriftlichung) wurden in gleichen Teilen von beiden Autor*innen durchgeführt. Das Verfassen des Artikels wurde in keiner Weise finanziell gefördert.
Die Autor*innen erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Anmerkung des Verlags: Copernicus Publications bleibt in Bezug auf gerichtliche Ansprüche in veröffentlichten Karten und institutionellen Zugehörigkeiten neutral.
Wir möchten der Bewohnerschaft rund um die Hermannstraße für die große Unterstützung bei den Demonstrationen, der Bezirks- und Senatsverwaltung für die bisherige und zukünftige Kooperation für sichere Fahrradinfrastruktur in Neukölln und Berlin sowie allen Beteiligten der Initiative Hermannstraße für Alle danken.
This paper was edited by Nadine Marquardt and reviewed by three anonymous referees.