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Geographien des Schwarzen Mittelmeers
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Abstract. In the wake of the 2015 Mediterranean refugee crisis, a growing number of scholars has increasingly turned to the „Black Mediterranean“ as an analytical framework for understanding the historical and geographical specificities of Blackness in the Mediterranean region. This work draws upon and extends Paul Gilroy's powerful theorizations of the Black Atlantic by asking how Blackness is constructed, lived, and transformed in a region that has been alternatively understood as a „cultural crossroads“ at the heart of European civilization, a source of dangerous racial contamination, and – more recently – as the deadliest border crossing in the world. But the Black Mediterranean is not a claim to any incommensurable difference or exceptionalism. In my talk, I draw on insights from Black, feminist, and postcolonial geographies to argue that the Mediterranean – which currently occupies a marginal position in global theorizations of racisms that are typically oriented on North America and the Atlantic – is actually a relational space that offers profound insights about the organization of the modern world. I argue that new solidaristic political formations in the Black Mediterranean (which are, in many cases, led by Black women) have the potential to challenge heteropatriarchal, arborescent constructions of nation-as-racial-family, and should prompt us to rethink the categories of race, gender, citizenship, and Blackness on a global (rather than purely regional or methodologically nationalist) scale.
Riassunto. Sulla scia della „crisi“ dei rifugiati nel Mediterraneo, dal 2015 è in costante aumento il numero di studiosi e studiose che si rivolgono al Mediterraneo Nero come quadro analitico per comprendere le specificità storiche e geografiche della Nerezza nella regione mediterranea. Questo lavoro attinge a e amplia le feconde teorizzazioni di Paul Gilroy sull'Atlantico Nero interrogandosi sulla costruzione, il vissuto e le trasformazioni della Nerezza in una regione caratterizzata in fasi alterne come „crocevia culturale“ nel cuore della civiltà europea, fonte di pericolosa contaminazione razziale, e – in anni recenti – il più mortifero luogo di attraversamento di confini al mondo. Il Mediterraneo Nero non costituisce una rivendicazione di differenza incommensurabile o di eccezionalità e il mio contributo attinge alle intuizioni offerte dalle
geografie Nere, femministe e postcoloniali per sostenere che questa regione
– attualmente in una posizione marginale nelle teorizzazioni globali dei
razzismi usualmente orientate verso l'America del Nord e l'Atlantico – è in realtà uno spazio relazionale che sprigiona profonde intuizioni sull'organizzazione del mondo moderno. Le nuove realtà e prassi presenti nel Mediterraneo Nero improntate a politiche di solidarietà, in molti casi, guidate da donne Nere, rivelano un grande potenziale di sfida alla Nazione come costrutto etero-patriarcale e di ordine arborescente, inteso come famiglia razziale. Al di là del loro impatto puramente regionale o metodologicamente nazionalista, tali sviluppi dovrebbero indurci a ripensare le categorie di razza, genere, cittadinanza e Nerezza su scala globale.
Kurzfassung. Seit der Flüchtlingskrise im Mittelmeerraum im Jahr 2015 wächst die Zahl der Wissenschaftler*innen, die das „Schwarze Mittelmeer“ als Analyserahmen zum Verständnis der historischen und geographischen Spezifitäten des Schwarzseins in der Mittelmeerregion nutzen. Ihre Arbeiten beziehen sich auf Paul Gilroys (1993) einflussreiche Theorie des Schwarzen Atlantiks bzw. erweitern diese, indem sie fragen, wie Schwarzsein in einer Region konstruiert, gelebt und transformiert wird, die abwechselnd als „kulturelle Schnittstelle“ im Herzen der europäischen
Zivilisation, als Quelle gefährlicher „rassischer Verunreinigung“ oder – zuletzt – als tödlichster Grenzübergang der Welt verstanden wurde und wird. Aber das Schwarze Mittelmeer erhebt keinen Anspruch auf irgendeine unvergleichbare Differenz oder Ausnahmestellung. Gestützt auf Erkenntnisse aus der Schwarzen,
feministischen und postkolonialen Geographie behaupte ich, dass der
Mittelmeerraum – der in den üblicherweise auf Nordamerika und den
Atlantik ausgerichteten Rassismustheorien momentan nur eine Randposition
einnimmt – in Wirklichkeit ein relationaler Raum ist, der tiefgreifende
Erkenntnisse über die Organisation der modernen Welt bietet. Ich
behaupte, dass neue, solidarische politische Formationen im Schwarzen
Mittelmeer (die häufig von Schwarzen Frauen angeführt werden) das
Potenzial haben, die heteropatriarchalen, baumartigen Konstruktionen der
Nation als „Blutsverwandtschaft“ infrage zu stellen, und uns
dazu bewegen sollten, die Kategorien race, Geschlecht, Staatsbürgerschaft und Schwarzsein im globalen (statt im rein regionalen oder methodisch nationalen) Maßstab zu überdenken.
Vielen herzlichen Dank für die Einladung, heute vor Ihnen zu sprechen. Es ist wirklich eine Ehre, die Geographica Helvetica Journal Lecture halten zu dürfen. Meinen Dank möchte ich insbesondere Hanna Hilbrandt, Nadine Marquardt und Timothy Raeymaekers aussprechen, die geholfen haben, meinen Vortrag zu organisieren.
In meiner Forschung untersuche ich, wie junge Schwarze Aktivist*innen derzeit um die Entwicklung einer Sprache ringen, die den spezifischen Konturen von Rassismus und Exklusion in Italien gerecht wird, aber auch versuchen, die gelebte Realität des Schwarzen Italiens in einem viel weiter gefassten globalen Kontext Schwarzer Diaspora zu verorten. Menschen mit afrikanischem Hintergrund, die in Italien geboren oder aufgewachsen sind, geht es nicht nur um den Zugang zur nationalen Staatsbürgerschaft, sondern um die politischen Kollektive, die sich durch ein gemeinsames Gefühl des Schwarzseins schmieden lassen – und darum, wie diese Ausrichtung auf die Schwarze Diaspora zwangsläufig die Grenzen der nationalen Staatsbürgerschaft als Mittel zur Milderung der schwersten Kränkungen durch den italienischen racial state in Frage stellt. Gleichzeitig aber ist Schwarzsein keine einheitliche, selbstevidente Kategorie. Wer ist das „Schwarze Italien“ und wessen Interessen vertritt die neue, auf der Basis eines „Schwarzen Italienischseins“ mobilisierte Politik? Was bewirkt diese neue Kategorie und wer könnte unbeabsichtigt außen vor gelassen werden?
Da Schwarz-italienische Aktivist*innen über den italienischen Kontext hinaus nach Solidarität und politischer Inspiration Ausschau halten, stellt sich im Gegenzug zudem die Frage, wo sie Italien auf der Landkarte der globalen Schwarzen Diaspora einordnen, vor allem in dieser Zeit des weltweiten Kampfes gegen anti-Schwarzen Rassismus. Meine Arbeit befasst sich mit dem produktiven Spannungsverhältnis, auf das Schwarze Italiener*innen stoßen, wenn sie die Spezifika Schwarzer Subjektivität (und des anti-Schwarzen Rassismus) in Italien in Bezug auf zwei Phänomene artikulieren: zum einen den Mythos eines angeblich „farbenblinden“ mediterranen Italiens und zum anderen die überwältigende Dominanz Schwarzer atlantischer Geographien und nordamerikanischer Auffassungen von race in Gesprächen über das Schwarzsein. Wie sollen in Italien lebende junge Menschen mit afrikanischem Hintergrund ihre ganz eigenen politischen Subjektivitäten als Schwarze Italiener*innen artikulieren, ohne die Existenz von Rassismus in Italien zu leugnen, die globalen Ausmaße anti-Schwarzer Ressentiments und rassifizierender Strukturbildung außen vor zu lassen oder Opfer einer allzu romantischen Vorstellung von „Mediterranismus“ zu werden? Besonders interessieren mich die Beziehungen zwischen Nation und Staatsbürgerschaft, Italienischsein und Schwarzsein sowie zwischen nationaler italienischer Kultur und transnationalem Schwarzsein – alles umkämpftes Gelände, auf dem Diskurse über [Bluts-]Verwandtschaft, Abstammung und Geburtsrecht stets mit ins Spiel kommen.
In meinem heutigen Vortrag werde ich Erkenntnisse aus der Schwarzen und postkolonialen feministischen Theorie und der Schwarzen Geographien zusammenführen, um über die theoretischen und politischen Provokationen nachzudenken, die das Konzept des „Schwarzen Mittelmeers“ bietet. Infolge der Flüchtlingskrise im Mittelmeerraum im Jahr 2015 wird das Schwarze Mittelmeer von einer wachsenden Zahl von Wissenschaftler*innen zunehmend als Analyserahmen zum Verständnis der historischen und geographischen Spezifitäten des Schwarzseins in der Mittelmeerregion herangezogen. Diese Arbeiten beziehen sich auf Robert Farris Thompsons ([1984] 2010) und Paul Gilroys (1993) einflussreiche Theorie des Schwarzen Atlantiks bzw. erweitern diese, indem sie fragen, wie Schwarzsein konstruiert, gelebt und transformiert wird in einer Region, die abwechselnd als „kulturelle Schnittstelle“ im Herzen der europäischen Zivilisation, als Quelle gefährlicher „rassischer Verunreinigung“ oder – zuletzt – als tödlichster Grenzübergang der Welt verstanden wurde und wird. Aber das Schwarze Mittelmeer erhebt keinen Anspruch auf irgendeine unvereinbare Differenz oder Ausnahmestellung. Ich behaupte, dass der Mittelmeerraum – der in den üblicherweise auf Nordamerika und den Atlantik ausgerichteten globalen Theorien zu Rassismen momentan eine Randposition einnimmt – genau genommen ein relationaler Raum ist, der tiefgreifende Erkenntnisse über die Organisation der modernen Welt bietet. Es ist in der Tat dringend erforderlich, dass wir anfangen, die USA und den Nordatlantik bewusst zu provinzialisieren, wenn wir über die globale Geschichte von Rassismen sowie über Schwarze Subjektivität, Widerständigkeit und Lebendigkeit sprechen. Ich behaupte, dass die neuen politischen Formationen im Schwarzen Mittelmeer (die in vielen Fällen von Frauen angeführt werden) die heteropatriarchalen, stammbaumartigen (Malkki, 1992) Konstruktionen nationaler Staatsbürgerschaft als „Blutsverwandtschaft“ infrage stellen können. Ihre Mobilisierungsarbeit sollte uns alle auch dazu bewegen, die tückischen Verflechtungen von anti-Schwarzem Rassismus, (Post-)Kolonialität und Grenzsicherung im globalen (statt im rein regionalen oder methodisch nationalen) Maßstab ernster zu nehmen.
Wenn ich feministische Theorien und Ansätze konkretisiere, so beziehe ich mich nicht allein auf die Frauen- und Frauenbewegungsforschung, sondern im weiteren Sinne auch darauf, wie vergeschlechtlichte diskursive Praktiken normative Auffassungen von Nation als einer abstammungsbasierten „Blutsverwandtschaft“ durchdringen. Anders formuliert, in meiner Arbeit verstehe ich Geschlecht als eine leistungsfähige „Analysekategorie“ (Scott, 1986), die uns helfen kann, Machtverhältnisse zu begreifen, die in den Verflechtungen und wechselseitigen Konstituierungen von race, Geschlecht, Staatsbürgerschaft und Nation zum Ausdruck kommen. Meine Arbeit basiert zudem auf feministischer Praxis. Als selbstidentifizierte Schwarze Italienerin habe ich meine Forschung so organisiert, dass sie zwangsläufig reflexiv, aber auch sensibel für Machtunterschiede ist. Dieser Ansatz stammt aus der feministischen Erkenntnistheorie und Forschungsethik (Collins, 2002; Haraway, 1988; Harding, 2004), die besagt, dass wir nicht nur immer von irgendwo aus „wissen“, sondern, dass die Räumlichkeit des Wissens auch ein produktiver Ausgangspunkt der Theoriebildung sein kann. Meine Mutter ist eine weiße Italienerin, die in der Kleinstadt Trescore (ca. eine Stunde von Mailand entfernt) aufwuchs; mein Vater ist Schwarzer Amerikaner, geboren im ländlichen Virginia und aufgewachsen in Oakland (Kalifornien). Sie lernten sich kennen, als mein Vater während seines Dienstes in der US-Armee nach Italien geschickt wurde. Sie heirateten 1976 in Italien und gingen einige Jahre später nach Kalifornien, wo ich geboren wurde. Unser Haushalt war zweisprachig, und genau genommen habe ich Italienisch früher gesprochen als Englisch. Und da meine Mutter die jüngste von dreizehn Geschwistern war, habe ich als Kind und Jugendliche jeden Sommer (und oft auch den Winter) bei ihrer Familie in Italien verbracht. Damit will ich sagen, dass mein Leben von einer tiefen Verbundenheit zum diasporischen Schwarzsein und zum Italienischsein geprägt wurde. Und weil mein weißer italienischer Großvater in den italienischen Kolonialkriegen in Libyen gekämpft hat, bin ich sowohl mit dem transatlantischen Sklavenhandel als auch mit der Geschichte des italienischen Kolonialismus auf dem afrikanischen Kontinent verbunden. Im Verlauf meiner Forschung war ich erstaunt über die weitreichenden Parallelen zwischen den Geschichten Schwarzer Italiener*innen in Italien und meinen eigenen Lebenserfahrungen, und ihre Einblicke haben mir letztlich geholfen, mich selbst und meine Familie auf ganz neue Weise zu sehen.
Aber dennoch ließen sich die Varianten unseres italienischen Schwarzseins nicht immer ganz einfach miteinander in Deckung bringen. Ich habe das Privileg der mit einem amerikanischen Pass und der Zugehörigkeit zu einer Eliteuniversität in den USA einhergehenden relativ ungehinderten transnationalen Mobilität. Außerdem besitze ich die italienische Staatsangehörigkeit dank desselben abstammungsbasierten Systems des jus sanguinis, das gleichzeitig so viele meiner Schwarz-italienischen Genoss*innen entrechtet. Trotz der Tatsache, dass ich in Kalifornien zur Welt kam, während sie in Italien geboren oder aufgewachsen sind, bin ich italienische Staatsbürgerin schlicht deshalb, weil auch meine Mutter als italienische Staatsbürgerin geboren wurde – ein weiteres Beispiel für die gegenseitige Verflechtung von „Rasse“, Geschlecht, Verwandtschaft und Staatsbürgerschaft. Diese Parallelen und Dissonanzen zwischen meinen Erfahrungen als Schwarze Italienerin und den Erfahrungen meiner Gesprächspartner*innen bildeten die Grundlage für eine Reihe gemeinsamer Projekte, die wir sowohl innerhalb als auch außerhalb des Wissenschaftsbetriebs entwickelt haben.
Mein Vortrag gliedert sich in vier Teile. Zuerst werde ich den Begriff des Schwarzen Mittelmeers erläutern und darstellen, wie er sich auf das Konzept des Schwarzen Atlantiks bezieht und es in reparativer Absicht aufgreift (Sedgwick, 2003). Anschließend überlege ich, wie das Schwarze Mittelmeer universalisierende Narrative verkompliziert, die Schwarzsein ausschließlich über die Plantage und die Nachwirkungen der Sklaverei interpretieren. Davon ausgehend denke ich dann über die heikle, aber notwendige Aufgabe nach, Schwarzsein über die unterschiedlichen, aber miteinander verbundenen Geographien und Geschichten rassifizierender Strukturbildung hinweg zu übersetzen – eine Aufgabe, der sich Schwarz-italienische Aktivist*innen bereits heute widmen. Mein Vortrag schließt mit einigen Lehren, die das Schwarze Mittelmeer für antirassistische Kämpfe bereithält, wie wir sie in der politischen Gegenwart überall auf der Welt erleben.
Als analytischer Begriff bezieht „Schwarzes Mittelmeer“ sich auf die Arbeiten von Robert Farris Thompson und Paul Gilroy und fragt, wie wir uns das Schwarze Mittelmeer als einen weiteren Seeweg vorstellen können, auf dem Schwarze Subjektivitäten geformt, gelebt und angefochten werden. Was bedeutet es, den Atlantik zu dezentrieren, d.h. nicht mehr als den einzigen Ort anzusehen, der die Schwarze Diaspora hervorgebracht hat? Das Schwarze Mittelmeer, wie ich es verstehe, bietet uns eine Möglichkeit, uns mit den historischen und geographischen Besonderheiten der vielfältigen Formen Schwarzen Lebens zu befassen, über alternative Genealogien und Technologien von Rassismen (und Widerstand) nachzudenken und alternative politische Horizonte jenseits des Nationalstaates zu entwickeln. Wir sollten im Blick behalten, dass Cedric Robinson in seinem Werk Black Marxism die Anfänge des racial capitalism faktisch im Mittelmeerraum verortet – von den einflussreichen Handels- und Finanzzentren und Seerepubliken der italienischen Halbinsel hin zur Plantagenwirtschaft und Sklavenarbeit auf den Mittelmeerinseln (Robinson, [1983] 2005). In der Tat hat Robinson „eine Konzeption des Schwarzen Mittelmeers als Vorbedingung für den Schwarzen Atlantik und die Entstehung Europas entwickelt“, wie Robin D. G. Kelley in seinem Vorwort zu Black Marxism ausführt, weil es bei der „Austreibung des Schwarzen Mittelmeers um die Erfindung Europas als eigenständiger, ‚rassisch‘ reiner und allein für die Moderne verantwortlicher Entität auf der einen und die Erfindung des negro auf der anderen Seite geht“ (Kelley, [1983] 2005:xix, xiv)1. Die heutige Literatur zum Thema Schwarzes Mittelmeer setzt hier an, indem sie zeigt, dass das Schwarze Mittelmeer mehr als nur eine inzwischen überholte Vorbedingung ist, die durch das nordatlantische System des racial capitalism ersetzt wurde, sondern ein weiterhin aktiver Schauplatz der Reproduktion von Rassismen, Schwarzsein und Widerstand.
Die Auseinandersetzung mit diesen – über das Mittelmeer verlaufenden – unumstößlichen historischen und bis heute fortbestehenden Verbindungen zwischen dem subsaharischen Afrika und Italien ermöglicht, die europäische Moderne selbstkritischzu überdenken, da die Trennung zwischen subsaharisch-afrikanischem Schwarzsein und dem Bild des Mittelmeerraums als dem Kessel, in dem die mutmaßlich weiße europäische Zivilisation zusammengebraut worden sein soll, infrage gestellt wird. Die Arbeit von Wissenschaftler*innen wie Olivette Otele (2021) hat eindrucksvoll gezeigt, dass ein Wiedereinbeziehen der Komplexitäten von Schwarzsein und Schwarzem Leben in die Geschichte der euro-mediterranen Moderne dazu beitragen kann, die gefährlichen Anmaßungen des europäischen ethnischen Absolutismus zu untergraben. Und dies genau deshalb, weil der Mittelmeerraum – von Hegel über Mackinder bis Braudel – vor allem als die politische, kulturelle und ökonomische Brutstätte Europas begriffen wurde, als eine Wiege der Zivilisation.
Das Forschungskollektiv, dem ich angehöre, das Black Mediterranean Collective, formierte sich infolge der „Migrationskrise“, die der Mittelmeerraum 2015/16 erlebte. Als interdisziplinäre Gruppe von Wissenschaftler*innen, die Rassismus, Kolonialismus, Schwarzsein und die italienische Migrations- und Staatsbürgerschaftspolitik erforschen, stellten wir fest, dass die meisten wissenschaftlichen und journalistischen Kommentare zur Migrationskrise die vielfache Gewalt der europäischen Grenzregimes als Verletzungen eines abstrakten, universell geteilten Humanismus thematisierten. Dieselben Berichte erwähnten kaum jemals die Tatsache, dass die Menschen, die über die zentrale Mittelmeerroute nach Italien kamen, in der Mehrzahl Schwarze Immigrant*innen aus dem subsaharischen Afrika waren (und in vielen Fällen mit direkten post-/kolonialen Bezügen zu Italien) – oder wenn sie es erwähnten, dann eher am Rande und nicht als wesentlichen Aspekt der Geschichte. In den größtenteils aus den USA stammenden Kommentaren, die das Schwarzsein der Geflüchteten und Asylsuchenden thematisierten, zeigte sich häufig eine irritierende Tendenz, unkritisch Analogien zwischen den aktuellen Geschehnissen im Mittelmeerraum und den Geographien der Mittleren Passage zu ziehen.
Wir waren mit beiden Ansätzen unzufrieden und stellten uns daher die Frage, wie sich die Analyse der „Flüchtlingskrise“ ändern würde, wenn wir das Mittelmeer als historischen und gegenwärtigen Ort der Reproduktion des „Rassenkapitalismus“ und Schwarzer Diaspora-Subjektivitäten zum Ausgangspunkt unserer Erzählungen machten. Form anzunehmen begann unsere Zusammenarbeit durch zwei Symposien, die wir 2016 und 2017 an der Birmingham City University im Rahmen der Einführung des ersten Black-Studies-Studiengangs in Großbritannien organisierten. Ausgehend von den Ideen und Texten, die wir bei diesen Veranstaltungen entwickelt hatten, begannen wir dann mit der Arbeit an unserem gemeinsam herausgegebenen Sammelband The Black Mediterranean: Bodies, Borders, and Citizenship (Proglio et al., 2021).
Bevor ich fortfahre, möchte ich noch einen wichtigen Vorbehalt anbringen – vor allem, da ich hier zu Geograph*innen spreche! Bislang haben sich die Arbeiten, die explizit unter dem Banner „Schwarzes Mittelmeer“ entstanden sind, größtenteils mit Italien befasst. Dies bedeutet nicht, Italien ganz selbstverständlich als einen begrenzten nationalen Raum anzusehen, sondern vielmehr, den Fokus darauf zu richten, wie sich in Italien seit der Zeit der nationalen Einigung des Landes gegen Ende des 19. Jahrhunderts Vorstellungen von Staatsbürgerschaft und Differenz in Bezug auf die wahrgenommene eigene Grenzlage im Mittelmeerraum herausgebildet haben. Aber die Geographien des Schwarzen Mittelmeers beschränken sich keineswegs allein auf Italien. Es gibt faszinierende neue wissenschaftliche Studien zu Spanien, Griechenland und Portugal. Und wie der Anthropologe Ampson Hagan (2017) anmahnt, muss Forschung zum Thema Schwarzes Mittelmeer auch die andere Seite des Mittelmeers miteinbeziehen. In seiner eigenen Arbeit befasst er sich beispielsweise mit der rassistischen Gewalt, der Schwarze Migrant*innen ausgesetzt sind, wenn sie auf ihrem Weg zu den Südufern des Mittelmeers die Sahelzone und Sahara durchqueren. Dabei wirft er schwerwiegende Fragen auf, wie etwa nach der Reproduktion anti-Schwarzer Rassismen auf dem afrikanischen Kontinent, dem Erbe des europäischen Kolonialismus oder der Ausweitung der EU-Grenzregimes auf Gebiete jenseits des Schengen-Raums. Kurzum, es gibt noch viele weitere Geschichten zu erzählen.
Eine zentrale Forschungslinie der Black Studies und der Schwarzen Geographien befasst sich damit, auf welche Weise die rassistische Besitzsklaverei der Plantagenwirtschaft die weiterhin anhand des Kriteriums rac organisierten räumlichen Arrangements der Gegenwart prägt. Entstanden sind Arbeiten dieser Art mehrheitlich im nordamerikanischen Kontext, was entscheidende Fragen aufwirft, inwieweit sich ihre wertvollen Erkenntnisse im Fanonschen Sinne (Fanon, 2007:5) auf das Schwarze Mittelmeer übertragen lassen. Wissenschaftler*innen haben das Erbe der Sklaverei in den zeitgenössischen Konfigurationen des racial capitalism und der Akkumulation durch Enteignung sowie in den damit verbundenen rassifizierten Kategorien wie Eigentum, Arbeit und Wert nachgezeichnet. Andere haben untersucht, auf welche Weise die Sklaverei in den heutigen physischen Landschaften und Formen der soziopolitischen Organisation sedimentiert bleibt, beispielsweise in den Disziplinierungs- und Strafregimes, zu denen die miteinander verflochtenen Systeme der polizeilichen Kontrolle, der Überwachung und der Masseninhaftierung gehören.
Einige Theoretiker*innen haben die wechselseitige Verwobenheit zwischen der Sklaverei und der Entwicklung moderner ontologischer Kategorisierungs- und Hierarchisierungssysteme nachgezeichnet, die bis heute den Zugang zum vollwertigen „Menschsein“ bestimmen. Schwarze Feminist*innen haben uns darauf aufmerksam gemacht, wie das moderne Verständnis von Geschlecht, Geschlechterdifferenz und damit verbundenen sozialen Systemen, wie etwa Verwandtschaft und heteropatriarchale Familie, in der Sklaverei und der Entgeschlechtlichung Schwarzer Körper während der Mittleren Passage zum Ausdruck kamen. Andere Wissenschaftler*innen haben sich mit der Frage befasst, wie sich gegenwärtige rassifizierte Ungleichheiten – bei Gesundheit, Bildung, Inhaftierung[sraten], um nur einige Beispiele zu nennen – auf die Gewalt der Sklaverei und der anderen aus ihr hervorgegangenen „eigentümlichen Regelungen“ (Black Codes, Convict Leasing, Jim-Crow-Gesetze, Segregation) zurückführen lassen. Und natürlich findet die Kontextualisierung der Sklaverei auch bei der Herausbildung Schwarzer Subjektivitäten, Schwarzen Widerstands und Schwarzer Rebellion statt.
Diese breitgefächerte Forschung bietet also eine Reihe von Ansätzen, um darüber nachzudenken, wie die Plantagensklaverei unsere heutige Welt nach wie vor prägt. Saidiya Hartman (2008:6) bezeichnet die Nachwirkungen der Sklaverei bekanntermaßen als „rassifizierendes Kalkül und politische Arithmetik, die vor Jahrhunderten etabliert wurden“ und das Leben Schwarzer auch weiterhin durch „ungleiche Lebenschancen, eingeschränkten Zugang zu Gesundheit und Bildung, vorzeitigen Tod, Inhaftierung und Verarmung“ in Gefahr bringen. Entscheidend für Hartman ist, dass das Ende der Sklaverei nicht Freiheit bedeutete, sondern die Umgestaltung und Neukonfigurierung Schwarzer Knechtschaft in anderen Formen. Indem sie die vereinfachte, liberale teleologische Erzählung einer historischen Entwicklung von Gefangenschaft und Leibeigenschaft hin zur Freiheit durchbricht, zeigt Hartman auf, wie wir uns mit dem Umstand auseinandersetzen können, dass das Erbe der Sklaverei bis zum heutigen Tag in Form der „Abwertung Schwarzen Lebens als irrelevant [the ‚unmattering of Black life‘]“ (Crenshaw, 2020) nachwirkt.
Eine Darstellung des Nachlebens der Sklaverei muss sich jedoch nicht darauf beschränken, vom Tod und Sterben Schwarzer Menschen zu berichten – man kann durchaus auch das Leben im Nachleben hervorheben. In ihrer Konzeptualisierung von „Plantagenzukünften“ (plantation futures) erkennt McKittrick (2011, 2013) das Fortbestehen der plantokratischen Logik an, während sie gleichzeitig versucht, eine autopoetische Lesart zu vermeiden, die den Tod Schwarzer immer wieder aufs Neue rekapituliert und reproduziert. Laut McKittrick (2016:6, 2020) zeigt die Arbeit von Wissenschaftler*innen wie Hartman zudem, wie die Verdinglichung Schwarzer – wie sie in den Geographien der Mittleren Passage, der Sklaverei und der Plantage zum Ausdruck kommt – auch „die Bedingungen geschaffen hat, unter denen Schwarzsein als rebellisch-diasporisch umformuliert wurde“. Die Plantage ist, anders ausgedrückt, nicht nur ein sozialräumlicher Disziplinierungsapparat, sondern auch eine politische Technologie der Subjektwerdung. Nach meinem Verständnis präsentiert McKittrick eine Reihe von Argumenten zur Frage, was passiert, wenn wir die Geschichte der Sklaverei auch weiterhin und immer wieder so schreiben, als sei sie ausschließlich der Beginn des Sterbens und der Unterdrückung Schwarzer und der Zerstörung des Schwarzen Körpers gewesen:
Die intellektuelle Arbeit der Würdigung komplexer auf race basierender Narrative, die das Kämpfen gegen den Tod beim Namen nennen, kann paradoxerweise durch die analytische Rahmung, die sich auf rassistische Gewalt konzentriert und diese konkretisiert, untergraben werden. Die konzeptionelle Schwierigkeit liegt darin, wie Beschreibungen rassistischer Gewalt faktisch zur anhaltenden Fragmentierung menschlicher Beziehungen beitragen (McKittrick, 2016:15).
Dies bringt sie zu der Aussage, dass „Schwarzes Leben – und nicht nur Schwarzes Überleben – die Moderne prägt“ (McKittrick 2016:13, 2020).
Die Geographie – und speziell eine Schwarze feministische Praxis der Geographie, die auf Zusammenarbeit, Relationalität und einer leidenschaftlichen Liebe zu Schwarzem Leben basiert – ist für McKittricks Darstellung der „Plantagenzukünfte“ von zentraler Bedeutung. In einem Gespräch mit Nick Mitchell hat sie kürzlich erklärt, dass wir uns davor hüten müssten, jede zeitgenössische Erscheinung oder Institution (z. B. die Universität) mit der Plantage in eins zu setzen, sondern vielmehr darüber sprechen sollten, inwiefern moderne Systeme Ausdrucksformen plantokratischer Ideen in sich tragen (McKittrick und Mitchell, 2021). Dieser Schritt scheint subtil, aber er ist von enormer Tragweite. Wie sie in On Plantations, Prisons, and a Black Sense of Place ausführt:
… da die Plantage die Zukunft darstellt, durch die sich gegenwärtige rassistische Geographien und Formen der Gewalt bemerkbar machen, sind es gerade unsere kollektiven Plantagenzukünfte, in denen gebrochene und multiple (schwarze und nicht-schwarze) Perspektiven auf Ort und Zugehörigkeit gepflegt und diskutiert werden (McKittrick, 2011:950).
Die Tatsache, dass Herrschaftssysteme niemals total sind, dass Geographien immer umstritten und veränderbar sind und dass Schwarzes Leben immer über rassistische Gewalt hinausgeht, ist von großer politischer Tragweite, weil sie impliziert, dass diese Brüche zu bedeutsamen Kampfschauplätzen werden können.
Wenn wir diese eindrücklichen Erkenntnisse über die Vielfältigkeit Schwarzer Geographien – die von plantokratischen Ideen und Räumlichkeiten zwar geprägt sind, aber gleichzeitig auch über sie hinausweisen – ernsthaft beherzigen wollen, was passiert dann, wenn wir unseren analytischen Blick auf einen Teil der Welt richten, wo die meisten der dort lebenden Schwarzen tatsächlich keine Nachfahr*innen versklavter Menschen sind? Dies gilt für einen Großteil, wenn nicht gar für die überwiegende Mehrheit der Schwarzen Diaspora im heutigen Europa, und daher ist diese Frage zu einem zentralen Anliegen meiner Arbeit geworden. Sogar in Großbritannien, wo die Schwarze Bevölkerung einst vor allem aus Migrant*innen aus der Karibik bestand, die postkoloniale britische Untertan*innen waren und von Versklavten abstammten, wird die Schwarz-karibische Bevölkerung heute zahlenmäßig bei weitem von Immigrant*innen aus afrikanischen Ländern und ihren Kindern übertroffen (Minority Rights Group, 2015). Was die physischen Landschaften anbelangt, so weisen europäische Länder nicht dieselben, mit „settlement-plantation geographies“ (King, 2015) verbundenen Architekturen und Formen der materiellen sozialräumlichen Anordnung auf. Dies liegt natürlich an der internationalen rassifizierten Arbeitsteilung, für die der transatlantische Sklavenhandel steht – was Europa logischerweise auch den geographischen Taschenspielertrick ermöglicht, die Sklaverei als etwas abzutrennen, das „da draußen“ passiert ist, drüben in Amerika.
Während des vergangenen Jahrzehnts konnte ich beobachten, wie die Kinder afrikanischer Immigrant*innen in Italien zunehmend begonnen haben, sich auf Basis einer eigenen politischen Subjektivität als „Schwarze Italiener*innen“ zu organisieren und zu mobilisieren. Und in diesem Prozess haben viele ein kompliziertes Verhältnis zur Geschichte der Sklaverei zum Ausdruck gebracht. Für die meisten Schwarzen Italiener*innen stellt die Sklaverei keinen unmittelbaren Teil ihrer persönlichen Geschichten dar (für die Kinder afrolatinischer Immigrant*innen in Italien sieht dies allerdings anders aus). Ihre gemeinschaftlichen Narrative orientieren sich vielmehr an bestimmten afrikanischen Ländern, an Erfahrungen (post-/neo-)kolonialer Herrschaft und des Widerstands dagegen sowie an Familiengeschichten transmediterraner Migration. Die folgenden drei kurzen Anekdoten zeigen, wie unterschiedlich sich Schwarze Italiener*innen in Bezug auf die Geschichte der transatlantischen Sklaverei positionieren.
Abstammung: Ich bin Schwarze Italienerin aufgrund ganz anderer Pfade als die meisten meiner Gesprächspartner*innen in Italien – nämlich als Schwarze Amerikanerin, deren Vorfahr*innen sie mit dem transatlantischen Sklavenhandel verbinden, die aber zufälligerweise auch „ethnische“ Italienerin mit geburtsrechtlicher Staatsangehörigkeit ist. Zu Beginn meiner Forschung, als die Verwendung von Formulierungen wie „Schwarz-italienisch“ oder „afroitalienisch“ noch recht zögerlich erfolgte, behaupteten einige meiner Freund*innen in Italien, dass Vorsilben wie „Schwarz-“ oder „afro-“ nur im amerikanischen Kontext Sinn machten, weil wir Schwarze Amerikaner*innen nicht wüssten, aus welchem afrikanischen Land oder welcher ethnischen Gruppe unsere Eltern stammten. Allerdings schien sich ihr Beharren darauf, wie wichtig es sei, die Abstammung zu bestimmten afrikanischen Ländern zurückverfolgen zu können, zum einen implizit auf eine Form des anti-Schwarzen Rassismus zu berufen, die auf dem „Makel“ der Sklaverei beruht, zum anderen reifizierte es die Bedeutung biologischer Verwandtschaft – und damit ironischerweise dasselbe Prinzip, das ihren eigenen Zugang zur italienischen Staatbürgerschaft einschränkt. In der Frühphase meiner Feldforschung habe ich mir angewöhnt, auf die Frage „Aber wo genau in Afrika kommt die Familie deines Vaters her?“ mit einem Achselzucken zu antworten. Wenn man mich dazu drängt, könnte ich hinzufügen „Wir wissen es nicht mit Sicherheit. Von irgendwo in Westafrika, wahrscheinlich aus dem heutigen Ghana oder Nigeria.“
Rhizome: Gleichzeitig waren viele andere Schwarze Italiener*innen, mit denen ich sprach, weniger daran interessiert, Schwarz-amerikanische und Schwarz-italienische Erfahrungen klar voneinander abzugrenzen, und dachten über lineare, geschlechtsbasierte Familienstammbäume hinaus, um rhizomartige Beziehungsgeflechte und verschiedenste Zugangswege zur Diaspora-Gemeinschaft zu berücksichtigen. Der Gründerin der allerersten italienischsprachigen Onlineressource für die Pflege natürlicher Afrohaare war es beispielsweise ein Anliegen, auf ihrer Internetseite auch Geschichten über den transatlantischen Sklavenhandel und die Haarpflegemethoden versklavter Schwarzer Frauen vorzustellen, die Frisuren als Mittel des Widerstands nutzten. Zwar betonte sie, wie wichtig es sei, für die Auseinandersetzung mit Schwarz-italienischen Erfahrungen von Rassismus und Frauenfeindlichkeit eine spezifisch italienische Sprache zu entwickeln, sah aber dennoch den transatlantischen Sklavenhandel ebenfalls als Teil ihrer eigenen Geschichte, da er der Ausgangspunkt für die globale Verbreitung von Vorstellungen über Schwarzsein und die Verkörperung von Geschlecht war (Frisina und Hawthorne, 2018; Hawthorne, 2019).
Verwobene Raum-Zeiten: Schließlich ist die literarische Arbeit Schwarzer Frauen in Italien ebenfalls zu einer ergiebigen Quelle der Auseinandersetzung Schwarzer Italiener*innen mit den atlantischen und mediterranen Entwicklungslinien des Schwarzseins geworden. Ein bemerkenswertes Beispiel dafür ist das Buch La linea del colore (Scego, 2020) der somalisch-italienischen Schriftstellerin Igiaba Scego. La linea del colore verwebt die Geschichten von Lanafu Brown – einer Schwarzen Amerikanerin im 19. Jahrhundert, Tochter eines afrohaitianischen Vaters und einer indigenen Mutter vom Volk der Chippewa, die schließlich in Rom zur weltbekannten Malerin wird – und Leila, einer somalisch-italienischen Kuratorin, die 2019 eine Ausstellung der Arbeiten Browns organisiert. Scegos Roman bietet einen weiteren Ansatz, wie sich die Geschichten transatlantischer und transmediterraner Überfahrten, der historischen Formen und Vermächtnisse des Kolonialismus sowie des Schwarzen Widerstands miteinander verweben lassen, ohne dass eine Seite zu kurz kommt oder in der anderen verschwindet.
Durch diese drei Modalitäten – Abstammung, Rhizome und verwobene Raum-Zeiten – ziehen sich tiefgehende Spannungslinien. Schwarze Italiener*innen sind bestrebt, die Unverwechselbarkeit ihrer gelebten Erfahrungen geltend zu machen und gleichzeitig den Fallstricken eines italienischen Exzeptionalismus zu entgehen, der den sich durch seine Grenzen definierenden italienischen Nationalstaat mit Aussagen wie „Wir können nicht rassistisch sein, weil es bei uns keine Sklaverei und keine Jim-Crow-Gesetze gab“ reifiziert. Wie soll man historische und geographische Besonderheit würdigen, ohne dieselben verwandtschaftszerstörenden Systeme der Entgeschlechtlichung zu reproduzieren, die Hortense Spiller in Mama's Baby, Papa's Maybe (Spillers, 1987) diskutiert und die für die Gewalt während der Mittleren Passage zentral waren (z. B. „Ihr seid nicht wie wir, weil ihr nicht wisst, woher ihr kommt“)? Wie lässt sich die globale Bedeutung der transatlantischen Sklaverei anerkennen und gleichzeitig den Erzählungen Schwarzer Italiener*innen über ihre eigenen Erfahrungen – in denen die Sklaverei normalerweise nicht im Vordergrund steht – Geltung verschaffen? Einige neuere Forschungsarbeiten haben genau dies versucht. Zu nennen sind hier beispielsweise Christina Sharpes Überlegungen zum Schwarzen Mittelmeer in In the Wake (Sharpe, 2016) und Grace Musilas (2020) Reflexionen über das Nachleben der Sklaverei im literarischen Werk afrikanischer Immigrant*innen. Was mich jedoch weiterhin beunruhigt, ist, dass sich diese Arbeiten nicht immer umfassend mit den affektiven und phänomenologischen Dimensionen dessen auseinandersetzen, was es für diese unterschiedlich lokalisierten Diaspora-Gemeinschaften tatsächlich bedeutet, mit den Nachwirkungen der Sklaverei zu leben, oder gar damit, wie dieses Leben danach im Kontext einer ganz bestimmten (in diesem Fall) italienischen Geschichte, also jenseits eines breiteren Spektrums welthistorischer Transformationen aussieht. Wie können wir den Austausch zu diesen Themen über den Bereich der theoretischen Abstraktion hinausheben? All diese Fragen habe ich mir 2015/16 während der „Flüchtlingskrise“ im Mittelmeerraum gestellt, als einige Beobachter*innen in den USA damit anfingen, das berühmte Diagramm des Sklavenschiffs „Brookes“ (siehe Wood, 2000) und Luftaufnahmen von Migrantenbooten im endlosen Blau des Mittelmeers nebeneinanderzustellen. Was bewirken diese visuellen Vergleiche und welche Analysen lassen sie außen vor?
Außerhalb Italiens gibt es eine Reihe von Wissenschaftler*innen, die sich mit dem breiteren Spektrum von Beziehungen zur Geschichte bzw. zum Nachleben der Plantagensklaverei quer durch die globale Schwarze Diaspora auseinandersetzen. In einer faszinierenden ethnographischen Studie zeichnet der Anthropologe Bayo Holsey (2008) beispielsweise nach, wie sich Schwarz-amerikanische Tourist*innen auf der Suche nach ihren Wurzeln und Ghanaer*innen in oftmals ganz unterschiedlicher Weise auf die Geschichte der Sklaverei und die physischen Orte des Sklavenhandels an der ghanaischen Küste beziehen. Diese Art von Arbeit ist mit einer Reihe von Fragen verbunden, die die Black Diaspora Studies bewegen, nämlich, was Einheit oder Verbundenheit in der Diaspora ausmacht, wie örtliche Besonderheiten bestimmte diasporische Beziehungen prägen und wie sich Widerspruch und Spannungen in der Diaspora ebenso häufig (wenn nicht gar häufiger) manifestieren als Harmonie und Einklang. In seinem Werk Dusk of Dawn hat Du Bois ([1940] 2011) beispielsweise versucht, auf der Kategorie race basierende Verwandtschaft von biologischer Abstammung zu lösen, und empfiehlt, Diaspora als Differenz und eben nicht als Einheit zu denken. In ähnlicher Weise schrieb Stuart Hall (1990), dass diasporische Einheit nicht Identität bedeutet, sondern vielmehr eine komplexe Struktur darstellt. Hall betonte die Erfahrung des Werdens in der Diaspora (im Unterschied zu einem statischen Sein), eine Erfahrung, die die Subjektwerdung von Diasporaner*innen im Herrschaftsraum eurozentrischer Repräsentation anerkennt. Mit anderen Worten, sowohl DuBois als auch Hall verstehen Diaspora nicht als weit entfernten gemeinsamen Ursprung, sondern als Vermischung (Du Bois) oder Hybridität (Hall).
Diese Überlegungen wurden von Wissenschaftlerinnen aus der Tradition des Schwarzen Feminismus aufgegriffen, um die Art und Weise, in der das vorherrschende Verständnis von Diaspora das diasporische Subjekt oft implizit als männlich vergeschlechtlicht, infrage zu stellen. Jacqueline Nassy Brown (2005) merkt beispielsweise an, dass Paul Gilroy in The Black Atlantic den Schwerpunkt auf Seefahrt und die Atlantiküberquerungen von Männern setzt, wodurch wenig Platz dafür bleibt, auch die Schaffung diasporischer Räume durch Frauen anzuerkennen. Anders formuliert, Gilroy nimmt die Realitäten des ungleichen Zugangs zu Mobilität und die Vergeschlechtlichung des Ortes bzw. „des Lokalen“ als weiblich nicht in vollem Umfang zur Kenntnis. Über Diaspora im Sinne von Differenz nachzudenken ist aber genau deshalb wichtig, weil, wie Brown (2009:201) schreibt, „das Assoziieren von Diaspora mit weltweiter Schwarzer Verwandtschaft bestimmte Arten von Schwarzen Subjekten, Geschichten und Identitäten gewissermaßen unsichtbar machen kann.“
Aus eben diesem Grund wendet sich Michelle Wright in Physics of Blackness (Wright, 2015) gegen die vorherrschenden Narrative des Schwarzseins, die, basierend auf dem, was sie als „Epistemologie der Mittleren Passage“ bezeichnet, eine lineare Fortschrittserzählung beinhalten, welche „auf den transatlantischen Sklavenhandel als den entscheidenden Moment [verweist], der Schwarze vom Land ihrer Ahnen getrennt hat, und dann alle vorherigen und nachfolgenden Ereignisse, von der Antike bis zum heutigen Tag, im Verhältnis zur Mittleren Passage einordnet“ (Wright, 2006:139). In Europa, so ihr Argument, verliert die Mittlere Passage langsam an Bedeutung, weil die große Mehrheit der Schwarzen Europäer*innen nicht auf diesem Weg nach Europa gekommen ist, sondern ihre vielfältigen Geschichten enger mit dem Kolonialismus und dem zweiten Weltkrieg verbunden sind. Gestützt auf Erkenntnisse aus der Schwarzen Queer Theory und dem Schwarzen Feminismus lehnt Wright die Suche nach sicher belegbaren Ursprüngen und die dadurch bekräftigten patriarchalen, biozentrischen und baumartigen Modelle abstammungsbasierter Verwandtschaft ab. Wie Brown versucht auch Wright, Raum zu schaffen für „Definitionen des Schwarzseins, die nicht ausschließen, isolieren oder stigmatisieren“ – eine Aufgabe, die sie wegen der „zunehmenden Ausbreitung von divers konstituierten Schwarzen Gemeinschaften und von Diversität zwischen Schwarzen Individuen, deren Geschichten und gegenwärtiger Status als Schwarze ‚Bindestrich-Identitäten‘ überall auf der Welt Repräsentation und Inklusion beanspruchen“ (Wright 2015:5), für dringend erforderlich hält.
Sind also, wenn man all dies bedenkt, die Plantage und die Sklaverei sinnvolle Ansatzpunkte, um über die Politik(en) des Schwarzseins in Italien nachzudenken? Dies hängt mit einer Frage des Ausschnitts zusammen: Wenn wir die Nachwirkungen der Sklaverei oder Plantagenzukünfte diskutieren, suchen wir dann nach direkten (räumlichen oder verwandtschaftlichen) Verbindungen oder weiter gefasst danach, wie das System der Besitzsklaverei globale Systeme der rassifizierenden Kategorisierung und Hierarchisierung geprägt hat? Anders ausgedrückt, wie können wir die Plantage konzeptualisieren, ohne entweder ihre Bedeutung auf eine Frage der bio-genealogischen Verwandtschaft zu reduzieren oder sie zu kaum mehr als einer vagen Metapher für anti-Schwarzen Rassismus im Allgemeinen zu machen? Dies ist auch deshalb von Belang, weil europäische Politiker*innen laut Maurice Stierl (2019) Vergleiche mit dem transatlantischen Sklavenhandel heranziehen, um die Befestigung der Grenzen im Mittelmeerraum zu legitimieren.
Ich bin immer noch dabei, diese Fragen in meiner eigenen Arbeit zu durchdenken. Aber ich sehe zwei mögliche Wege, wie wir zu einer Antwort finden können. Der erste ist, dass wir über das durch den transatlantischen Sklavenhandel eingeführte Weltsystem nachdenken – die „nordatlantischen Universen“ (Trouillot, 2002), die faktisch auf ganz bestimmten, im Zentrum der Plantagenökonomien stehenden materiellen Geschichten der rassifizierten Aberkennung, Enteignung und Ausbeutung basieren, die beide Teile Amerikas, Europa und Afrika mit kontinentübergreifender Gewalt aneinandergebunden haben (Lowe, 2015). Denn wie Walter Rodney in How Europe Underdeveloped Africa (Rodney, [1972] 2018) bekanntermaßen ausgeführt hat, ist die Geschichte des transatlantischen Sklavenhandels und seiner Nachwirkungen letztlich keine rein amerikanische Angelegenheit, auch wenn der Begriff zumeist in Bezug auf die USA verwendet wird. Die Sklaverei entvölkerte und verwüstete die sozialen, ökonomischen, kulturellen und politischen Systeme des afrikanischen Kontinents. Sie war mit der Herausbildung eines rassifizierten Humanismus verbunden, der zu den Grundfesten der globalen Moderne gehört. Eine neue Welle Schwarzer feministischer Forschung betont zudem, wie wichtig es ist, Untersuchungen zur Fungibilität Schwarzer und der Enteignung Indigener in einer Weise zusammenzuführen, die über das zur Unterscheidung zwischen rassistischer Sklaverei und Siedlerkolonialismus verwendete Bild der Binarität von Arbeit und Land hinausweist – und zwar anhand der Formen körperlicher Enteignung, die Schwarze und Indigene Frauen erfahren haben (Day, 2021).
Über den nordamerikanischen Kontext hinaus gedacht könnten uns diese Erkenntnisse auch dabei helfen, über die Verbindungen zwischen Sklaverei und kolonialem Erbe auf dem afrikanischen Kontinent nachzudenken und somit auch über die politisch-ökonomischen Bedingungen, die die Voraussetzungen dafür geschaffen haben, dass afrikanische Migration über das Mittelmeer nach Italien ab Mitte des 20. Jahrhunderts möglich wurde. Diese Perspektivenverschiebung lenkt unseren Blick auch auf die antikolonialen Kämpfe Schwarzer als von zentraler Bedeutung für die Herausbildung Schwarz-europäischer Subjektivitäten. In der Einleitung zu To Exist to Resist: Black Feminism in Europe weisen Akwugo Emejulu und Francesca Sobande (Emejulu and Sobande, 2019:5) darauf hin, dass die Universalisierung einer bestimmten Schwarz-amerikanischen Erfahrung in der Tat die „lange Geschichte antiimperialistischer Kämpfe von Schwarz-europäischen Feminist*innen aus diversen europäischen Imperien“ auslöschen könne.
Zweitens wäre da noch die Tatsache, dass genau genommen viele der Plantagentechnologien in Kolonien im Mittelmeerraum erprobt wurden, bevor man sie über den Atlantik exportiert hat. Wie Cedric Robinson in Black Marxism (Robinson, [1983] 2005:102) anmerkt, war Italien ein wichtiger Knotenpunkt in jenen Netzwerken des Handels, intellektuellen Austauschs und kulturellen Schaffens, die miteinander verbanden, was später als europäische, afrikanische, arabische und asiatische Welt bekannt werden sollte. Vor allem zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert bauten die italienischen Seerepubliken ausgedehnte Handelsnetzwerke im ganzen Mittelmeerraum auf. Die Nutzung von Sklavenarbeit (die in diesem Kontext nicht allein Schwarzafrikanischer, sondern auch christlich-europäischer, muslimischer, jüdischer oder slawischer Herkunft sein konnte) war für die landwirtschaftliche Produktion in den italienischen Außenposten im Mittelmeerraum von zentraler Bedeutung (Davis, 2003). Dieses Wirtschaftssystem diente letztlich als Vorlage für den Einsatz versklavter Afrikaner*innen in den atlantischen Kolonien während des transatlantischen Sklavenhandels (Robinson, [1983] 2005:16; Bono, 2016). Ein Hauptakteur in dem lukrativen Geschäft, das in rasantem Tempo vom Mittelmeerraum und Maghreb über den Atlantik hinweg expandierte, war Genua (Robinson, [1983] 2005). Das Genueser Handelskapital diente als wichtiger Geld- und Kreditgeber der portugiesischen Krone und versorgte das portugiesische Bürgertum mit Finanzmitteln, und zwar in einem Ausmaß, das letztlich „bestimmend für Richtung und Tempo der ‚Entdeckung‘“ (Robinson, [1983] 2005:104) in beiden Teilen Amerikas war.
Dieser zweite Ansatz ist genau genommen eine „Umkehrung“ dessen, wie die Beziehung zwischen Sklaverei und globalem Schwarzsein üblicherweise dargestellt wird. Statt zu fragen, ob wir Nordamerika und den Nordatlantik auf das Mittelmeer zurückspiegeln können, fordert er uns vielmehr dazu auf, mediterrane Geographien wieder in unsere Erzählungen über die Geschichte des racial capitalism einzufügen. Das ist der Ansatz, den P. Khalil Saucier und Tyron Woods aufgreifen, wenn sie behaupten, dass gegenwärtige Bewegungen „gegen Sklaverei“, deren Bezugspunkt die Flüchtlingskrise im Mittelmeerraum ist, die eigentliche Geschichte des anti-Schwarzen Rassismus und der Sklavenhaltung in dieser Weltregion verdecken:
Anti-Schwarze Gewalt im europäischen Mittelmeerraum hat ihren Ursprung im Handel mit afrikanischen Sklav*innen zu Beginn des 15. Jahrhunderts und den anschließenden „Entdeckungsreisen“, die die europäische Herrschaft über die Küsten des Mittelmeers und Atlantiks weiter ausbauten. Schon bald kauften die Europäer*innen Baumwolle und andere Rohstoffe in Indien, um sie in Afrika gegen Sklav*innen einzutauschen, die in Amerika Gold fördern sollten, wodurch vier Kontinente in kürzester Zeit in ein globales, auf rassistischer Gewalt basierendes Akkumulationssystem eingebunden wurden (Woods und Saucier, 2015).
Beiden Ansätzen gemeinsam ist die Ablehnung jeglicher singulären, totalisierenden oder universalisierenden Logik beim Versuch, die Politik des Schwarzseins in globalem Maßstab theoretisch zu fassen. Beide verweisen darauf, wie wichtig es ist, sich sowohl mit unterschiedlich sedimentierten Geschichten als auch mit deren vielfältigen globalen Verbindungen und Verflechtungen auseinanderzusetzen. Immerhin war Italien – um ein Beispiel zu nennen – Teil eines globalen Systems des „Rassendenkens“ und der „Rassenforschung“ im 19. und 20. Jahrhundert und eingebettet in transnationale Netzwerke wissenschaftlicher Wissensproduktion, die den Schwarzen weiblichen Körper als materielle Grundlage zur Festlegung und Anfechtung der Grenzen rassifizierter nationaler Identität und Staatsbürgerschaft nutzte. Cesare Lombroso, der heute als Begründer der modernen Kriminologie und als Italiens vielleicht berühmtester und produktivster „einheimischer“ Rassentheoretiker gilt, hatte in seiner Sammlung ein Gemälde der Sarah Baartman („Bildnis der Hottentotten-Venus“, undatiert) – obwohl sie nie nach Italien gebracht worden war. Trotzdem hat er durch das visuelle Sezieren ihres Körpers (und dessen Vergleich mit den Körpern süditalienischer Prostituierter) Theorien über Atavismus und Kriminalität aufgestellt, die Italienischsein anhand der relativen Entfernung oder Nähe zu einem biozentrisch verstandenen Schwarzen Frauenkörper konzipierten (Sòrgoni, 2003). Die gespenstische Präsenz Sarah Baartmans in den Lombroso-Archiven verfolgt mich noch immer.
Aus den genannten Gründen behaupte ich, dass wir das Schwarze Mittelmeer nicht länger als eine (heute nicht mehr gegebene) Voraussetzung für eine auf den Nordatlantik konzentrierte rassistisch-kapitalistische Ordnung behandeln können. Ebenso reicht es nicht aus, sich der Dynamik des heutigen Mittelmeerraums so anzunähern, als leite sie sich schlicht aus den Nachwirkungen der Sklaverei des Schwarzen Atlantiks ab. Stattdessen ist es zwingend erforderlich, die permanente Reproduktion des Schwarzen Mittelmeers in der Gegenwart zusammen mit all ihren anhaltenden, nicht-linearen Verbindungen zum Schwarzen Atlantik (wie auch zum Schwarzen Pazifik und zum Schwarzen Indischen Ozean) zu erforschen. Und dies bringt mich zu meinem zweiten Untersuchungsbereich – nämlich der Frage, wie sich Politiken der Diaspora übersetzen lassen.
Im Zuge meiner Forschung zur Schwarzen Diaspora in Italien ist mir in einigen Kommentaren zum Thema Schwarzes Italien noch eine zweite Tendenz aufgefallen – sie verortet die Anfänge Schwarzer Diaspora-Politik und Mobilisierung in den USA (bzw. alternativ in Nordamerika oder teilweise auch in der Karibik), von wo aus sie sich ausgebreitet und die Schwarzen Gemeinschaften in Europa erreicht habe. Lineare Narrative dieser Art wurden im Feld der Black European Studies einer umfassenden Kritik unterzogen, vor allem von Schwarz-europäischen Wissenschaftler*innen, die unseren Blick auf die ungleiche Verteilung von Macht und Privilegien innerhalb der Schwarzen Diaspora lenken. Beispielsweise ist das Arbeitsgebiet Black Studies in den USA institutionell stärker verankert als in Europa, was die Ökonomien der Wissensproduktion über die Schwarze Diaspora so geprägt hat, dass einige Schwarz-europäische Wissenschaftler*innen den umstrittenen Begriff einer „Schwarz-amerikanischen Hegemonie“ ins Spiel gebracht haben. Dies ist zweifellos ein unangenehmes Thema, das zu jenen Spannungen führt, die in dem bahnbrechenden Sammelband Black Europe and the African Diaspora (Hine et al., 2009) in Beiträgen von Darlene Clarke Hine (Hine, 2009), Gloria Wekker (Wekker, 2009), Jacqueline Nassy Brown und Alexander Weheliye (Weheliye, 2009) diskutiert und erörtert werden.
Ein klassisches und wohlbekanntes, im selben Band untersuchtes Beispiel für diese Spannungen in der Diaspora ist, dass Frankreich während der Zwischenkriegszeit vielen Schwarzen Amerikaner*innen Zuflucht bot, aber gleichzeitig den afrikanischen Kontinent brutal kolonisierte (Stovall, 2009). Als Koordinatorin der Black European Summer School in Amsterdam2 spreche ich jedes Jahr mit mindestens einer/einem Schwarz-amerikanischen Studierenden, die/der von dem bizarren und unbehaglichen Gefühl berichtet, sich bei der Ankunft in Europa zum ersten Mal im Leben als „amerikanisch“ wahrzunehmen.
Das Schwarze Europa lenkt unseren Blick auf Diaspora gleichermaßen als Prozess und als eine Beziehung, die sich oftmals nicht auf Augenhöhe entwickelt. In Other Germans kritisiert Tina Campt (2005) Studien, in denen Schwarze Deutsche ausschließlich im Verhältnis zur Schwarz-amerikanischen Geschichte, als Menschen am Beginn einer teleologischen Reise hin zu einem „echten“ Schwarzen Bewusstsein kontextualisiert wurden. Eine derartige Prämisse führt dazu, dass Diaspora zum privilegierten Modell des Schwarzseins erklärt wird. Stattdessen, so Campt, sollten wir zuerst auf die Beziehungen zwischen Schwarzen Deutschen und der Diaspora schauen, bevor wir von ihrer gleichberechtigten Zugehörigkeit zur Diaspora ausgehen. Aus genau diesem Grund fordert Fatima El-Tayeb (2011:xlii) ein „Queering von Ethnizität“, das „heteronormative, lineare Narrative Schwarzer Identität“ zugunsten internationalerer, komplexerer, stärker gebrochener und dialogischerer Subjektivitäten infrage stellt. Ihr Argument ist, anders ausgedrückt, dass es nicht darum geht herauszufinden, inwiefern Schwarze Europäer*innen von einer „normativen“ Schwarz-amerikanischen Erfahrung abweichen, sondern vielmehr darum, wie Schwarz-europäische Gemeinschaften produktiv dazu beitragen, unser Verständnis von Schwarzsein und Schwarzen Geographien komplexer und pluraler zu machen.
Ein Thema, das mir im Zuge meiner Forschung bei Schwarz-italienischen Aktivist*innen häufig begegnet ist, war, wie wichtig es sei, eine Sprache zu entwickeln, die den spezifischen Konturen des anti-Schwarzen Rassismus und Schwarzer Subjektivitäten in Italien gerecht werden kann. Auf der Suche nach Inspiration schauten viele meiner Gesprächspartner*innen zuerst auf die USA, aber stellten schnell fest, dass die dortigen Modelle nicht eins zu eins auf ihre eigenen Lebenserfahrungen übertragbar waren – aus denselben Gründen, die ich im vorangegangenen Teil meines Vortrags diskutiert habe (Hawthorne, 2017). Gleichzeitig hatten sie mit dem Gefühl zu kämpfen, vom Rest der globalen Schwarzen Diaspora abgekoppelt zu sein – sowohl wegen der Unsichtbarkeit des Schwarzen Italiens im globalen Maßstab als auch wegen der Sprachbarrieren, die der Weitergabe diasporischer Ressourcen im Wege standen. In The Practice of Diaspora hat Brent Hayes Edwards (2009:5) ja in der Tat dargelegt, dass der Aufstieg des Schwarzen Internationalismus in den 1920er Jahren maßgeblich davon geprägt wurde, dass es schwierig war, „selbst eine Basisgrammatik des Schwarzseins“ zu übersetzen – die dann oft von „unvermeidbaren Irrtümern und Fehlinterpretationen [und] hartnäckigen Blindheiten und Solipsismen“ durchsetzt war.
Als Antwort auf diese Herausforderungen haben sich Schwarze Italiener*innen einer doppelten Aufgabe gestellt. Die erste beinhaltet Projekte, die diasporische Übersetzungsarbeit leisten und diese Art von Basisgrammatik des italienischen Schwarzseins erstellen – analog dem von der Schwarzen feministischen Theoretikerin VèVè Clark (2009) entwickelten Konzept Schwarzer Literalität. Und die zweite Aufgabe besteht darin, das Schwarze Italien an eine breitere Schwarze Diaspora anzubinden, in der es nicht auf den Status eines bloßen „Juniorpartners“ reduziert wird. Diese Arbeit findet größtenteils außerhalb der Universitäten und akademischen Welt statt, die dem Projekt der Black Studies zumeist ablehnend gegenüberstehen – ein Phänomen, das letztlich sogar Raum für kreativere, von den disziplinierenden Erfordernissen der Institutionalisierung losgelöste Vorstellungen und Praktiken des Schwarzen Italienischseins geschaffen hat. Und, was besonders wichtig ist, diese Arbeit wurde in allererster Linie von Schwarz-italienischen Frauen vorangetrieben, die nicht immer Akademikerinnen sind, aber aktiv Kulturpolitik machen – vor allem Künstlerinnen, Filmemacherinnen, Schriftstellerinnen, Performerinnen und Aktivistinnen. Ich würde in der Tat behaupten, dass diese diasporische Übersetzungsarbeit, die sich in den Zwischenräumen des Alltagslebens entfaltet – in Wohnzimmern und bei anarchistischen Hausbesetzungen, in der transnationalen Zusammenarbeit und in Guerilla-Übersetzungskollektiven –, eine eindeutig feministische Praxis ist, mit diasporischen Verbindungen zu dem Typus queer-feministischer Praxis, auf dem die Black-Lives-Matter-Bewegung seit ihren frühesten Tagen basiert. Dabei handelt es sich um eine Form Schwarzer feministischer Forschung und Praxis, die auf die Schaffung von Fürsorgegemeinschaften ausgerichtet ist, in denen es nicht um das Streben nach Profit oder Anerkennung geht, sondern um den Austausch von Konzepten, Sprachen, Strategien, Wissen und diasporischen Ressourcen als Mittel zur gegenseitigen Hilfe (Summers et al., 2020).
Nach der Ermordung von George Floyd im Sommer 2020 schwappten die Black-Lives-Matter-Demonstrationen schnell über den Atlantik nach Europa. Von meinem Refugium in Kalifornien aus beobachtete ich, wie Bilder von gewaltigen BLM-Demonstrationen in Mailand überall die Runde machten. Gleichzeitig hatte ich Bedenken wegen der Perspektive, aus der in den USA über diese meist von Schwarzen Italiener*innen angeführten Aktionen berichtet wurde. Erstens war es im Gegensatz zu den damals vorherrschenden Mediennarrativen nicht das erste Mal, dass Black Lives Matter „global geworden“ war – tatsächlich hatten Schwarz-italienische Aktivist*innen die Sprache der BLM-Bewegung auch schon im Sommer 2016 aufgegriffen, worüber ich geschrieben habe (Hawthorne, 2017). Selbst die scheinbar klare Rahmung als „Black Lives Matter wird global“ schien die Arbeit, die Schwarz-italienische Organisator*innen seit mehr als einem Jahrzehnt geleistet hatten, einfach beiseitezuschieben – Mobilisierungsarbeit, die sich bisweilen, aber nicht immer explizit auf Schwarz-amerikanische Bewegungen bezog.
Anstatt diffusionistische Narrative über Schwarze Diaspora-Politik zu wiederholen, möchte ich zum Abschluss meines Vortrags vorschlagen, den Fokus zu verschieben und die Black-Lives-Matter-Bewegung selbst als eine diasporische Ressource zu begreifen, die über verschiedene Orte der Diaspora hinweg hin und her geteilt wird – in diesem Fall vor allem über den Schwarzen Atlantik und das Schwarze Mittelmeer hinweg. Im Sinne von Doreen Masseys (1994) Arbeit zu relationalen Orten verstehe ich BLM als eine diasporische Ressource, die sich im Zuge ihrer Aneignung in verschiedenen geographischen Kontexten auf relationale Weise entfaltet und deren politische und ethische Forderungen in diesem Prozess ständig verändert und erweitert werden. Um ein Beispiel zu nennen: Während Schwarze Menschen, einschließlich Schwarzer Frauen (Ajani-Asale, 2014), in italienischen Gefängnissen überrepräsentiert sind, war dies nicht das vorrangige Thema der BLM-Mobilisierung in Italien.
Stattdessen konzentrierte sich der Austausch darüber, was es bedeutet, Schwarzem Leben in Italien Geltung zu verschaffen, auf das Thema Staatsbürgerschaft als rassifiziertes und vergeschlechtlichtes Konzept, das mit der spezifischen Geschichte der italo-mediterranen Herausbildung von „Rasse“ verbunden ist und die in Italien geborenen Kinder afrikanischer Immigrant*innen strukturell aussondert (Wynter, 2003), sodass ihre Leben aus Sicht des Staates buchstäblich nicht zählen, da sie keine anerkannten Mitglieder der nationalen Gemeinschaft sind. Ihre Mobilisierung unterstreicht die Tatsache, dass Staatsbürgerschaft ein zutiefst feministisches Thema ist, das mit rassistischen Ängsten hinsichtlich der sozialen Reproduktion der italienischen Nation zusammenhängt.
Schwarz-italienische Aktivist*innen argumentieren auch, dass Black Lives Matter in Italien über die sogenannte „zweite Generation“ hinausgehen und Schwarze Geflüchtete und Migrant*innen einbeziehen muss, die der Gewalt der EU-Grenzregimes, rassistischer Vernachlässigung in Internierungslagern und entsetzlicher Ausbeutung als Arbeiter*innen auf den Feldern Süditaliens ausgesetzt sind (Hawthorne und Pesarini, 2020). Sie versuchen, anders gesagt, eine Welt zu erschaffen, die auf der radikalen Erkenntnis beruht, dass, wie die abolitionistische Geographin Ruth Wilson Gilmore es ausdrückt, „wo das Leben kostbar ist, [ist] das Leben kostbar“ [„Where life is precious, life is precious“] (Kushner, 2019).
Schwarze Feminist*innen in Italien haben auch Zusammenhänge zwischen der Entwertung Schwarzen Lebens im heutigen Italien und dem Erbe des italienischen Kolonialismus am Horn von Afrika hergestellt. Beispielsweise haben italienische Aktivist*innen im Dialog mit Bestrebungen in den USA, Kolumbus- und Konföderierten-Denkmäler zu entfernen, feministische Demonstrationen vor der Statue des verehrten italienischen Journalisten Indro Montanelli in Mailand veranstaltet. Montanelli hatte als Freiwilliger im italienischen Abessinienkrieg von 1935–1936 gekämpft und anschließend eine vielgelesene Kolumne über den Konflikt für die größte italienische Tageszeitung, den Corriere della Serra, verfasst. Vor allem leugnete Montanelli auch jahrelang, dass Italien bei der „Befriedung“ Libyens und der kolonialen Rückeroberung Äthiopiens Giftgas eingesetzt hatte (Messina, 2016). Und während seiner Zeit in Äthiopien kaufte er ein zwölfjähriges eritreisches Mädchen als „Kinderbraut“ und wies bis zu seinem Tod alle Vorwürfe zurück, dass es sich bei dieser „Beziehung“ um Vergewaltigung gehandelt habe, weil, so sein Argument, „europäische“ Normen in Bezug auf Kindheit und Sexualität in Afrika schlicht nicht gälten und somit auch nicht auf Schwarze Mädchen anwendbar seien (Quando Montanelli Comprò e Violentò Una Bambina Di 12 Anni, 2022; Bacha, 2019; Coin, 2019; Achtner, 2019; Tamburri, 2020).
Zwar wurde bei diesen Black-Lives-Matter-Mobilisierungen die Sprache der Abolition noch nicht ausdrücklich als Handlungsrahmen aufgegriffen, aber die aktivistische Praxis Schwarzer Italiener*innen weist zweifellos in diese Richtung. Der Ruf nach der Abschaffung der europäischen Grenzagentur Frontex wird immer lauter (Stierl, 2020). Und in der Tat konnte Angela Davis (2016) Zusammenhänge zwischen der Karzeralität der EU-Grenzregimes und den Strukturen zur Internierung von Immigrant*innen einerseits und der Ausweitung der Gefängnisindustrie in den USA und den Infrastrukturen des israelischen Siedlerkolonialismus in Palästina feststellen. Außerdem werfen die schwierigen Debatten, die Schwarze Italiener*innen zum Thema Chancen und Grenzen nationaler Staatsangehörigkeit und staatlicher Anerkennung als Mittel zum Umgang mit anti-Schwarzem Rassismus führen, die provokante Frage auf, ob Staatsangehörigkeit nicht überhaupt abgeschafft werden sollte.
Die Verflechtungen zwischen Rassismus, Staatsangehörigkeit, Grenzen und Kolonialismus sind für das Verständnis der rassistischen Politik des Schwarzen Mittelmeers von zentraler Bedeutung und halten wichtige Lehren für abolitionistische Kämpfe auch in den USA bereit. Schwarze Italiener*innen sind rassifizierte Subjekte, ehemalige koloniale Untertan*innen, und sie haben unmittelbaren Bezug zu Migration und Grenzregimes. Ihre vielfältigen Kulturpolitiken und Aktivismen mischen sich direkt in feministische Fragen zu race, Nation, Verwandtschaft und Staatsangehörigkeit ein. Daher zeigen ihre Erfahrungen, wie wichtig die Entwicklung umfassenderer politischer Formationen ist, die sich nicht an abstammungsbasierten, identitären Ansprüchen orientieren, sondern an gemeinsamen politischen Visionen, an verwobenen Geschichten von Kampf und Widerstand und an nicht-linearen diasporischen Verbindungen, die staatliche Kategorisierungssysteme durchbrechen.
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Die/der Autor(in) erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Anmerkung des Verlags: Copernicus Publications bleibt in Bezug auf gerichtliche Ansprüche in veröffentlichten Karten und institutionellen Zugehörigkeiten neutral.
Ich danke Andrea Tönies für die Übersetzung aus dem Englischen.
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Alle Zitate aus dem Englischen übersetzt von Andrea Tönjes.
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