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Perspektivenwechsel der Politischen Ökologie – Back to the roots!
Helmut J. Geist
Grown from radical geography roots, political ecology (PE) emerged half a century ago and is now a diverse, scientifically mature field. In German speaking countries, geographical PE was introduced with a time delay of twenty years. This article evaluates perspectives (views, arguments, positions) of the first generation of PE research in geography, i.e. largely structuralist historical materialism and discursive approaches, and compares them with second generation research, i.e. poststructuralist and, among others, new (vital) materialism views. It is argued that, paradoxically enough, both old and new approaches are to be blamed for their ambivalence towards policy (politics, activism, social praxis), while some new approaches face substantial criticism for their opaqueness and pluralist grab bag character of themes. With a focus on emancipatory perspectives, a distinct repositioning of (geographical) PE is suggested on radical roots, i.e. integrating libertarian Marxist ideas with anarchism so as to confront hierarchy/domination and enable direct actions for socioecological transformation.
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Als Anfang der 1970er Umweltprobleme wie Landschaftszerstörung, Industrialisierung und Atomstaat debattiert wurden, positionierte sich perspektivisch auch Politische Ökologie (PÖ). Dies geschah nahezu zeitgleich und unabhängig voneinander z.B. in den USA (Wolf, 1972), Deutschland (Enzensberger, 1973) und Frankreich (Bosquet, 1975).1 Die neue Haltung wurde mit emanzipatorisch-rebellischem Gestus vorgetragen und richtete sich gegen den technikgläubigen Wachstumswahn der Wirtschaft und einen reaktionär-konservativen akademischen Biedersinn in Gestalt von Malthusianismus und/oder Naturdeterminismus. Seit ihrer Grundlegung ist PÖ über Jahrzehnte hinweg „maßgeblich“ von Humangeographie geprägt, und insbesondere geographische PÖ (GPÖ) gilt heute als ein „dynamisches Forschungsfeld“ (Bauriedl, 2016:341), das „für Fragen globaler Umweltveränderungen und lokaler Umweltkonflikte (…) aus der Verbindung neomarxistischer und poststrukturalistischer Ansätze (…) erkenntnistheoretische Potentiale“ zur Geltung bringen kann (ibd.:342). Der normative Imperativ, dass eine un-/apolitische bzw. ent-/depolitisierte Ökologie gar nicht möglich sei (Castree et al., 2014; Swyngedouw, 2017; Robbins, 2020), hat über ein halbes Jahrhundert an moralisch-ethischer Essenz nichts eingebüsst, ganz im Gegenteil. So charakterisiert z.B. eine aktuelle State-of-the-art-Publikation GPÖ als das, was sie notorisch wohl schon immer war, nämlich ein „riotously diverse field (…) [that] has experienced a meteoric rise“ (Bridge et al., 2020:3). Doch handelt dieser Beitrag nicht von Aufstieg und weiter Verbreitung der GPÖ, sondern befasst sich mit aktuellen, kritischen und teils polemisch vorgetragenen Einwürfen. So wird z.B. argumentiert, die GPÖ-Agenda sei bis zum Anschein von Beliebigkeit „thematisch enorm aufgefächert“ (Matissek and Wiertz, 2020:1082) und gleiche damit „eine[r] Blackbox, in die nahezu alles hineingepackt werden kann“ (Schmidt et al., 2019:4) bzw. sei „schlichtweg nur … Labeling“ (Schmidt, 2020:419). Weitergehend kritisiert der schwedische Humangeograph und Öko-Marxist Andreas Malm (2021), dass vor allem Arbeiten aus der Sicht des Neuen Materialismus „Prosa [seien], die jeder Bedeutung entbehrt“, denn „der Großteil politischer Ökologie“ habe sich einem „akademische[n] Obskurantismus“ verschrieben, der „Natur und Gesellschaft zu einem einzigen grauen Brei verschmiert“ (ibd.:220f). Arbeitshypothetisch beleuchten diese (und ähnliche) Kommentare ein Spannungsfeld zwischen der originär-rebellischen und einigen neueren Zugängen der GPÖ. Wie sich, über den engen GPÖ-Bezug hinaus, vorgeblich obskur-beliebige Ansätze der Gegenwart hinsichtlich ursprünglicher (und noch immer ungelöster) Fragen sozialer und ökologischer Gerechtigkeit verhalten, verweist auch auf die Sinnhaftigkeit einer erkenntnistheoretisch-transparenten Diskussion der von Bruno Latour (2018) so bezeichneten „neuen geo-sozialen Frage“ (ibd.:76). Er vermerkt, dass es dank einer politökologischen Haltung zwar „geglückt [sei], in die Öffentlichkeit neue Streitthemen einzuführen“ (ibd.:57), doch „[d]ie Leere der gegenwärtigen Politik … ein Rätsel [bleibt]“ (ibd.:55). Nicht ohne Dramatik – „Die Spannung ist auf dem Höhepunkt“ (ibd.) – vertritt er die politisch-fiktionale These, wonach Migrationen, explodierende soziale Ungleichheiten, sich riskant gestaltende Klimasituationen und aufstrebende rechtspopulistische Bewegungen im Grunde genommen „ein und dieselbe Bedrohung“ seien (ibd.:18). Damit distanziert sich Latour von einer von ErdwissenschaftlerInnen als überwiegend dystopisch formatierten, anthropozänischen Bedrohung (Hornborg, 2019) und erschöpft sich auch nicht in einer letztendlich resignativ wirkenden Kritik verfestigter, neoliberal-kapitalistischer Rationalitäten. Ohne selbst konkrete, lösungspraktische Vorschläge zu unterbreiten, hält er fest, dass seit der Positionierung von PÖ in den 1970ern eine „[sozialökologische] Transformation nicht wirklich stattgefunden [hat]“, vor allem „[w]eil Sozialismus und Ökologie es nicht zustande brachten, wirksam die Kräfte zu bündeln“ (ibd.:69). In der Neuorientierung an einer von Latour vorgeschlagenen radikal-terrestrischen Perspektive verorten sich auch die oben genannten, teils drastischen Vorwürfe an GPÖ: „Warum hat es die politische Ökologie nicht verstanden, die soziale Frage zu übernehmen?“ (ibd.:70). Im Folgenden werden daher Begründungen für vorgetragene Haltungen, Thesen oder Positionen klassischer versus neuer PÖ zusammengetragen (Kapitel 2), das Ausbleiben der Bündelung ökosozialistischer Kräfte am Beispiel deutschsprachiger GPÖ erörtert (Kapitel 3) und eine Repositionierung auf radikalgeographische Wurzeln des Anarcho-Marxismus vorgeschlagen (Kapitel 4).
Sucht man nach der Startidee in einem der multiplen Ursprungsmomente von PÖ, so wird man z.B. in einem Symposium fündig, das im Juli 1972, also genau vor einem halben Jahrhundert, an der Georgetown University in Washington DC ausgetragen wurde. Das Thema der Tagung lautete Dynamics of ownership in the circum-Alpine area, und Eric Wolf, ein ecological anthropologist der City University von New York, verfasste hierzu eine Übersicht der meist juristisch motivierten Fragen zur Genese gebirglicher Bodennutzung. Im Aufsatztitel, und zwar nur dort, verwandte er erstmals den Ausdruck „political ecology“ (ibd. 1972:201). Doch trägt der Haupttext unmissverständlich die Handschrift der neuen Sichtweise, nämlich ausgehend von einer spezifischen, (landschafts)ökologischen Situation eine theoretisch informierte und gesellschaftskritische, also eine im damaligen Zeitgeist (neo-)marxistische Analyse der Mensch/Umwelt-Beziehungen zu liefern: „to view local life in a dialectical relationship with the larger man-made environment“ (ibd.:202); „[to see how] capitalism progresses through the employment of jural rules of ownership to strip the laborer of his means of production and to deny him access to the product of his labor“ (ibd.); and „[to explore] ‚deeper‘ chains of structural causation“ (ibd.:204).2 Die späten 1960er und frühen 1970er bildeten mit ihren sozialen Tumulten („widespread anti-authoritarianism“), politischen Kämpfen („restless activism“) und einer generellen Umorientierung („turn to Marxist scholarship“) das intellektuell-politische Milieu, in dem auch das Natur/Gesellschaft-Verhältnis grundlegend neu ausgehandelt wurde: „The seeds of political ecology and those of Marxist geography took root in the same fertile soil and were watered by the same social and political currents“ (Bridge et al., 2020:6). So entstand eine angloamerikanische GPÖ mit „Wurzeln in einer Verschmelzung ökologischer Forschung mit marxistischer Gesellschaftsanalyse“ (Becker and Otto, 2016:222) und damit „eine Affinität zur radical geography, [die] (…) Fragen der Emanzipation und des Widerstandes von Betroffenenorganisationen insbesondere bei Umweltkonflikten in Entwicklungsländern in den Fokus der Analyse rückte“ (Reuber 2012:150). Alle radikalgeographischen Strömungen waren (und sind bis heute) der sozialistischen Bewegung eingeschrieben und verstehen sich als eine „rebellische Unterabteilung, die sich über ihre Abgrenzung von einem größeren Fachzusammenhang definiert“ (Siegrist, 2021:239) bzw. lassen sich „am ehesten mit ‚linker Geographie‘ übersetzen“ (Belina and Michel, 2019 [2007]:7). Von wenigen Ausnahmen abgesehen (z.B. Breitbart, 1975; Peet, 1978) dominierte von Anfang an Marxismus über Anarchismus. Dabei monopolisierten marxistische HumangeographInnen ihre Positionen und ignorierten die seit der Französischen Revolution existierende Tradition geographischer AnarchistInnen (Springer, 2014:250; Ince, 2019:148f; Bartholl, 2021:60f). Klassischer Marxismus vertritt in dieser Hinsicht einen historisch-dialektischen Materialismus, der aus arbeitswerttheoretischer Sicht von einer „Störung des Stoffwechsels zwischen Mensch und Natur“ (Enzensberger 1973:25) ausgeht.3 Kennzeichnend ist die Grundannahme, dass die kapitalistische (krisenhafte, klassenbasierte, machtbestimmte) Produktionsweise einen doppelten und paradoxen Grundwiderspruch beinhaltet. Zum einen bedingt sie die Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft, untergräbt also sozialen Frieden, und erzeugt Ungleichheit und Marginalität. Des Weiteren bedingt sie den Raubbau aussermenschlicher Natur, provoziert also Umweltzerstörung und untergräbt planetarische Lebenserhaltungsfunktionen (O'Connor, 1991; Swyngedouw, 2000; Smith, 2010 [1984]; Moore, 2020). Die Ausgangsthese, dass die Unterjochung des Menschen grundlegend sei für Naturzerstörung, wird von marxistisch und anarchistisch inspirierten HumangeographInnen ebenso geteilt, wie es einen gemeinsamen Zugriff gibt auf verwandte (neo-)marxistische Theoreme. Zu den letzteren zählen z.B. eine von Henry Bernstein (1979) als „simple reproduction squeeze“ (ibd.:427) bezeichnete Reproduktions- und Armutsfalle (zur Erklärung von Naturzerstörung durch marginalisierte kleinbäuerliche Haushalte) oder das von David Harvey (2005:96) formatierte Konzept einer „Akkumulation durch Enteignung“ (als globale Wertschöpfungsstrategie zur Überwindung kapitalistischer Überproduktionskrisen durch Erzeugung z.B. billiger Landvermögen mittels land grabbing). So argumentiert heute z.B. der Öko-Anarchist John Clark (2022) über fossil-rohstoffwirtschaftliche Landnutzung stringent anarcho-marxistisch: „[E]xtractive industry is revealed to be the paradigm for the most brutal processes of primitive accumulation or primary appropriation of the natural world, of workers, and of human communities“ (ibd.:ix). Die strukturalistisch angelegte GPÖ der ersten, (neo-)marxistischen Phase – Strukturalismus grob definiert als „a mode of thinking that argues that social structures unfold and develop largely independently from conscious individual action or agency“ (Swyngedouw, 2000:55) – verstand es, eine klare Abkehr von (neo-)malthusianischen und/oder naturdeterministischen Ansätzen zu vollziehen. Andererseits, und damit eine Kritik des bis heute seltsam Unpolitischen an GPÖ vorwegnehmend, wurde offensichtlich: „[T]he emphasis on structure tended at times to downplay the ability of politically or economically weaker grassroots actors such as small-scale farmers or shifting cultivators to resist their marginal status“ (Bryant, 1998:81f). Wie im Folgenden ausgeführt handelt es sich hier um eine nicht untypische „ambivalence toward policy among political ecologists“ (Walker, 2006:383), die mit dem Umgang einer marxistischen Fokussierung auf eine klassenzentrierte, universalistische und hierarchieaffine Perspektive in Verbindung zu bringen ist. Im Unterschied hierzu vertritt die unterdrückte Perspektive des klassischen Anarchismus eine „kompromisslose Philosophie der Freiheit“ (Milstein, 2013:8) und meint „[i]n seinem Kern (…) ein Gefühl – eines, das gegen alles, was an der Gesellschaft falsch ist, aufschreit und selbstbewusst verkündet, dass unter anderen Bedingungen alles an ihr richtig sein könnte“ (ibd.:7). Damit ist eine gegensätzliche, nämlich partikularistische, auf lokale Spezifität zentrierte und hierarchieaverse Perspektive sozialökologischer Transformation zum Ausdruck gebracht, die sich ausdifferenziert zur Autorität (und Brutalität) der v.a. dem orthodox-bolschewistischen Marxismus eingeschriebenen Kader- und Vorhutmentalität (Tabelle 1). In dieser Hinsicht mahnte Richard Peet (1978) früh an: „The experience of communism, as it has turned out in practice, forces radicals to reconsider what we have in mind when we speak of ‚social revolution‘“ (ibd.:119). Dies konnte nicht verhindern, dass der marxistisch-geographische Ansatz spätestens seit dem Kollaps des Blocks real existierender sozialistischer Länder (und Ideologien) ab 1989 in den „back burner of the academic agenda“ geriet (Swyngedouw, 2000:41). Im Gegenzug erweiterte der bei der radikalgeographischen Grundlegung von GPÖ ignorierte anarchistische Blick auf Natur/Gesellschaft-Verhältnisse den Horizont über kapitalistische Herrschaftssysteme hinaus auf alle hierarchiebestimmten, bürokratischen Systeme inklusive staatssozialistischer Regime (Bookchin, 2005 [1985]; Loick, 2021 [2017]). Spätestens seit den direkten Aktionen anlässlich der WTO-Proteste in Seattle 1999 erfährt Praxis und Theorie des Anarchismus innerhalb der Geographie ein wiedererstarktes Interesse (z.B. Ince, 2019; Siegrist, 2021). In der Nachfolge von radical geography plädiert heute kritische Geographie bzw. kritisch-materialistische Raumforschung für eine „Neubelebung anarchistischer Traditionen“, in deren „Mittelpunkt … der Entwurf einer anarchistischen ‚Politischen Ökologie‘ [steht]“ (Runkel 2020:756).
Quellen: Bookchin (2005 [1985]), Milstein (2013), Runkel (2020), Loick (2021 [2017]), Siegrist (2021).
Eine Variante von GPÖ entfaltete sich in den 1980ern dergestalt, dass eine Schule um den kalifornischen Geographen Michael Watts (1983) den damaligen Mainstream-Ansatz der Kulturökologie (oder ökologischen Anthropologie) kritisierte. Letztere schreibe sich mit der Behauptung einer stets möglichen, quasi-ererbten kulturellen Anpassungsleistung des Menschen an ökologische Bedingungen tief in das Denken von Systemtheorie und Kybernetik ein. Die auf Systemkontrolle bedachte Sichtweise war Ausfluss einer der Zeit des Kalten Krieges verhafteten Wissenschaftskultur, die sich von Begriffen ernährt wie technokratisches Management, stressor-response-Modelle, simple Ursache-Wirkungseffekte, positive/negative Rückkoppelungsschleifen (feedback loops) und quasi-automatisch vollzogene Anpassungsmechanismen. Der Übertrag einer derart funktionalistischen, hoch deskriptiven, wert- und in sich widerspruchsfreien Logik auf die ökologische Frage und menschliche Gesellschaften in ihren spezifischen, empirisch-historisch je wechselnden (und alles andere als widerspruchsfreien) Kontexten wurde als abstrus wahrgenommen und als Herausforderung verstanden zu einer alternativen, zeitgemäßeren Vorgehensweise (Robbins, 2020; Watts, 2020). Bemerkenswerterweise hat sich an der systemtheoretisch aufgeladenen Grundsituation bis heute kaum etwas verändert, wie die kybernetische Grundierung der aktuell dominanten Sprache der Global Change-, Erdsystem-, Mensch-Umwelt-System-, Klima- und Landsystemwissenschaft nahelegt (Castree et al., 2014). Ähnlich vermerkt auch Bauriedl (2016) eine im heute herrschenden Diskurs über Klimaschutz- und Landnutzungsstrategien „behauptete Alternativlosigkeit“ und spricht von einer auf Systemkontrolle bedachten „Herrschaftsförmigkeit von Umweltpolitik“ (ibd.:343). Letztere hat z.B. der kanadische Politökologe Marcus Taylor (2016 [2014]) an empirischen Beispielen aus dem ländlichen Raum Asiens nachgewiesen mit Bezug zur Berichterstattung des Weltklimarats (IPCC). Er zeigt, dass Prinzipien wie Vulnerabilität, Resilienz, Risikomanagement und Anpassungsstrategien – theoretisch wie biopolitisch – mit dem kulturökologischen Ansatz korrespondieren, der es in seiner gegenwärtigen Gestalt versteht, das Menschenbild neoliberaler Governance in sozialökologischen Transformationsvorstellungen zu verankern. So fällt es ackerbau- und weidewirtschaftlich tätigen Menschen im pakistanischen Einzugsgebiet des Indus, auf dem indischen Dekkan-Plateau und in der mongolischen Steppe schwer, sich angesichts negativer Umweltfolgen aus bestehenden Ungleichheitsstrukturen zu lösen; stattdessen dominiert ein von mächtigen Institutionen vermitteltes, technokratisches Bedürfnis nach social und geo-engineering, um riskanten Klimawandel einzudämmen; und inmitten turbulenter Kapitalmärkte und Klimasituationen wird ein zur Selbstorganisation und flexibler Anpassung umformatierter, entpolitisierter homo oeconomicus beschworen statt Ungleichheit abzubauen (ibd.:19, Watts, 2020). Sucht man also in einem von etlichen Geburtsmomenten des politökologischen Imperativs, so findet man sich wieder in der alt-neuen Grundsituation, dass implizite Macht- und Herrschaftsverhältnisse eine Anpassungsleistung des Menschen an quasi-extern vorgegebene ökologische Bedingungen nahelegen (Druck, Stimulus, Schock, Resilienz). Doch fehlt es der unpolitischen Ökologie (und IPCC-Klimawissenschaft) weitestgehend an Instrumenten, real existierende Machtunterschiede der Menschen zu erkennen und auszudrücken, zumal da konkrete Lebenswelten und spezifische ökologische (meteorologische) Zustände durch sozialökologische Dynamik koproduziert und verfestigt werden. In Unterstützung derartiger Einsichten hat z.B. Tim Forsyth (2005 [2003]) in seinem Entwurf einer an Denkfiguren der Frankfurter Schule orientierten Critical Political Ecology darauf hingewiesen, wie durch einen herrschaftskritischen Zugang zum Verhältnis von Gerechtigkeit und Umweltveränderung u.a. auch die von Wissenschaft und Politik organisierte Ko-Produktion von IPCC-Mensch-Umwelt-Wissen analytisch erfasst und verstanden werden kann: „[S]uch approaches (…) may overlook a variety of social and political factors that underlie how biophysical changes are experienced as threats, and may even legitimize environmental policies that can interfere with strategies to lessen such vulnerability“ (ibd.:145).
Im Gefolge der von marxistischer Politischer Ökonomie geprägten ersten Phase der 1970er bis Mitte 1980er und einer seit den späten 1980ern „second phase in third-world political ecology“ (Bryant, 1998:82) differenzierte sich angloamerikanische GPÖ weiter aus. Neue, bis heute valide Ansätze umfassen z.B. sozialkonstruktivistisch-diskursanalytische, relationale, postkoloniale, feministische und neo- bzw. vital-materialistische Zugänge (Robbins, 2020; Bridge et al., 2020). Dank grundlegender Texte, Lehr- und Handbücher, Journale, methodisch-theoretischer Übersichten, regional vielfältiger Fallstudien und substanzieller Zitationserfolge geriet GPÖ zur Millenniumswende zu einer „normal science“ (Watts and Peet, 2004:17). Auseinandersetzungen mit z.B. Kultur-/Humanökologie über das Narrativ einer politisierten Umwelt trugen dazu bei, wesentliche GPÖ-Positionen zu konsolidieren. Auch förderte interne Kritik die Konsistenz des Faches und die Fähigkeit zur Weiterentwicklung konzeptioneller Entwürfe. So monierte z.B. Watts (2000): „In the first generation of political ecology … the land managers were almost wholly male, rural, Third World subjects, and unpolitical in their practices and intentions“ (ibd.:260). Diese Kritik half nicht nur, die Festlegung auf Umwelt- und Entwicklungsprobleme in ländlichen Räumen von Entwicklungs- und Schwellenländern zu überwinden, sondern löste auch eine rege Debatte aus über den Stellenwert des Politischen in GPÖ (z.B. Paulson et al., 2003; Walker, 2006, 2007).4 Im Gefolge dieser Debatten gerieten auch orthodox-marxistische Positionen zunehmend in Kritik: „[T]he legacy of Marxian analysis (…) will continue to present a sometimes akward choice“ (Walker, 2006:388). Das Erscheinen einer GPÖ-Anthologie mit dem Titel Liberation ecologies, die als „enourmously influential political ecology text“ etikettiert wurde (ibd.:383), vermochte eine Öffnung zu libertär-sozialistischen Haltungen zu suggerieren, doch fungierte der Ausdruck nach Selbstdarstellung der Editoren lediglich als “shorthand“ (Watts and Peet, 2004:16) für zivilgesellschaftliche Bürgerinitiativen und Umweltbewegungen in Relation zu Gedanken von Nachhaltigkeit, Kapitalismus und „green Marxism“ (ibd.:5). Im Grunde genommen war das Werk der Versuch einer zeitgeistigen Annäherung an Gedanken ökologischer Demokratisierung mit Nähe zur Stakeholder-Formatierung.5
Erst eine zweite GPÖ-Generation, anarchistisches Denken allerdings weiter tabuisierend, grenzt sich ab von einer allzu deterministischen, historisch-materialistischen Grundhaltung des Marxismus. Die „objektivistische Sicht“ des historisch-geographischen Materialismus wird z.B. von Michael Flitner (2003) als „überwunden“ beschrieben (ibd.:224). Er macht den Perspektivenwechsel zu Neomaterialismus fest am „Unbehagen“ und „Widerwillen (…/…) physische Dinge, Lebewesen, Ökosysteme, technische Dispositive etc. entweder schlicht als externe Größen von der sozialen Welt fernzuhalten oder sie unter dem Begriff der Repräsentation in einer gleichmacherischen Weise einzuschließen, die weder Raum für eine materielle Sperrigkeit der Umwelt gibt, noch die Körpergebundenheit aller sozialen Erfahrungen in Rechnung stellt“ (ibd.). Gleichlautend postuliert die US-amerikanische Politologin Jane Bennett (2020 [2010]) einen als „lebhaft“ und „vital“ bezeichneten Materialismus (ibd.:115) und schrieb dem überwundenen Ansatz einen „Topos des Stillgelegten“ zu, der dem Forschungsgegenstand/-prozess stets vorgeschaltet sei, ihn in letzter Instanz immer bestimme, und es nicht verstehe, von einer gewissen Unberechenbarkeit und Eigenmächtigkeit der Dinge auszugehen (ibd.:109). Damit knüpft sie an Elemente der Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) von Latour (2021 [2001]) an über sogenannte Aktanten (also nicht-menschliche Handlungsquellen im Verbund mit menschlichen Akteuren) und Kollektive (eine Ökologie menschlicher und nicht-menschlicher Elemente). Darin erkennt sie eine wirksame „Ding-Macht“ als „die eigenartige Fähigkeit lebloser Gegenstände, zu animieren, zu agieren, dramatische und subtile Wirkungen zu zeitigen“ (Bennett, 2020:34). Sie postuliert einen vital-materialistischen Ansatz, also „nicht-menschliche Wesen – Tiere, Pflanzen, Erde, selbst Artefakte und Waren – auf gründlichere, strategischere und ökologischere Weise zu betrachten“ (ibd.:51). Wie Nicht-Menschliches zu untersuchen und verstehen sei, hat Bennett an dem zwischenzeitlich berühmt gewordenen Beispiel des großräumigen Zusammenbruchs der nordamerikanischen Stromversorgung im Jahr 2003 erläutert: Mit dem Stromnetz als hybridem Gefüge mit eigenständiger Handlungsfähigkeit sei der Stromausfall nicht aufgrund neoliberalisierter Energiemarktordnungen und/oder profitorientierter Stromkonzerne (also anthropozentrisch) zu erklären, sondern wurde verursacht vom gesamten, interdependenten Netz aller natürlich-menschlichen und künstlich-technischen bzw. nicht-menschlichen Beziehungen. Der alte politökologische Imperativ einer dezidiert gesellschaftskritischen Betrachtung ist umformatiert: „In einer Welt verteilter Handlungsfähigkeit wird Zaghaftigkeit beim Zuschreiben ausschließlicher Schuld tendenziell zur Tugend“ (ibd.:80). Die US-amerikanische Physiogeographin und Politökologin Rebecca Lave (2020) war es schließlich, die die „primary incompatibilities“ des vital-materialistischen Ansatzes mit dem ursprünglichen, radikalgeographischen GPÖ-Anliegen wie folgt auf den Punkt brachte (und mit dem Pariser Starphilosophen Latour die Klinge kreuzte): Erstens, ANT verweigere kategorisch, die Existenz struktureller Ungleichheiten anzuerkennen (gesetzt also den Fall, es gäbe eine ontologische Äquivalenz von Aktanten wie Strominfrastruktur, Meeresströmungen, Faxgeräten oder Plastikmüll, so ist doch in keiner Weise abzusehen, wie damit der Kampf um emanzipatorische Freiräume befördert werden kann); zweitens, ANT formatiere Gesellschaft als eine unstrukturierte Agglomeration von Netzwerken und leugne damit, dass strukturelle Gewalt als Erbe von Kolonialismus, Sexismus, Rassismus und einer globalen politischen Ökonomie des Neoliberalismus sich unbenommen in Netzwerke einschreibe (mit der Konsequenz, dass Rollenzuschreibungen an gewisse Akteure unkenntlich gemacht und Verantwortlichkeiten verwischt werden) (ibd.:218). Damit ist das wohl relevanteste Spannungsfeld zwischen originärer GPÖ und einem ihrer neueren Zugängen umrissen: Am Punkt v. a. der Preisgabe traditionell-marxistischer Positionen stelle ANT in Konsequenz nicht-menschliche über menschliche Selbstorganisationsfähigkeit und Handlungsmacht. In polemischer Form formuliert Lave (2020:218) unisono mit Malm (2021): „Faxgeräte, vereinigt euch, ihr habt nichts zu verlieren als eure Stromkabel“ (ibd.:184).6 Weitergehend, und in bisher nicht gekannter Schärfe, urteilt Malm (2021) über das vor zwanzig Jahren erstmals und nun schon in fünfter Auflage erschienene Werk von Latour Das Parlament der Dinge – für eine politische Ökologie, dass es sich um „eine reine Schlammorgie“ (ibd.:220) handele, die das genaue Gegenteil sei von „radikale[r] politische[r] Ökologie“ (ibd.:246).
Den Auftakt einer akademischen, am Natur/Gesellschaft-Nexus orientierten PÖ im deutschsprachigen Raum bildete ein ideologiekritischer Beitrag von Enzensberger (1973), den er – bis in die Titelgebung Marx nachahmend – aus libertär-sozialistischer Sicht verfasste. In Disziplinen wie Politikwissenschaft, Umweltökonomie und Agrarökologie wurde die neue Haltung bereitwillig rezipiert (z.B. Mayer-Tasch et al., 1974; Egger and Glaeser, 1975; Gerau, 1977) und blieb innerhalb der geographischen Mensch-Umwelt-Forschung zwanzig Jahre lang nicht beachtet.7 Erst in den 1990ern – so nach übereinstimmender Darstellung z.B. bei Flitner (2003:222), Becker and Otto (2016:222) und Bryant (2017:15) – kamen Gedanken, Positionen und Thesen einer deutschsprachigen GPÖ zu Sichtbarkeit und Geltung. „Hier waren insbesondere Arbeiten von Geist (z.B. 1992) und Krings (z.B. 1996) wegbereitend“ (Becker and Otto, 2016:222), die in einem DFG-geförderten, sozialwissenschaftlichen Schwerpunktprogramm agierten, das PÖ als Forschungskonzept zu globalem Umweltwandel explizit benannte (Spada and Scheuermann, 1998:84). Allein Thomas Krings zusammen mit Hans-Georg Bohle, der gegenüber TeilnehmerInnen des Deutschen Geographentags 1993 in Bochum erstmals einen „Dialog zwischen Politikern und Ökologen im Sinne einer ‚politischen Ökologie‘“ anregte (Bohle and Müller, 1995:64), waren schulenbildend. Sie erzeugten mindestens zwei Wellen in Form eines GPÖ-Themenhefts (Krings, 1999) und der ersten PÖ-Fachsitzung eines Deutschen Geographentags (Coy and Krings, 2000:396). Ohne sich ausdrücklich in radikalgeographischer Forschung zu verorten, dockte deutschsprachige GPÖ an das Gedankengut von in der Anglosphäre führenden Geographen wie Piers Blaikie und Harold Brookfield (z.B. Blaikie and Brookfield, 1987) sowie Raymond Bryant (z.B. Bryant, 1998) an. Letzterer artikulierte seine „concerns over the influence of deterministic neo-Marxism on the field's development“ und verortete sich, wie auch die deutschsprachigen AdeptInnen, in einem „more eclectic range of theoretical sources“ (ibd.:82). So war, ähnlich der angloamerikanischen Situation, für einen Großteil der Arbeiten charakteristisch, dass sie sich mit Fragen der Umwelt-, Entwicklungs- und Landnutzungsforschung in sogenannten Drittweltländern befassten und konzeptionell-analytisch gesellschaftskritische Zugänge wie z.B. Staatsklassenansatz und Dependenztheorie einsetzten. Dies fand v. a. in der Geographischen Entwicklungsforschung Beachtung, aus deren Perspektive der Ansatz der ersten GPÖ-Generation wie folgt wahrgenommen wurde: Die „Verursachungsseite von Umweltzerstörung … wird als Resultat ökonomischer, politischer und gesellschaftlicher Interessenkonstellationen und Machtkonflikte gesehen (…/…). [M]it Hilfe eines Mehr-Ebenen-Ansatzes [werden] die lokalen Ressourcennutzungssysteme in ihrem globalen, nationalen und regionalen Kontext widerstreitender Nutzungs- bzw. Inwertsetzungsinteressen betrachtet“ (Rauch, 2018:189). Ähnlich der Vorgehensweise der angloamerikanischen GPÖ wurden LandnutzerInnen, was ihre Handlungsmöglichkeiten bezüglich Umweltveränderung betrifft, politisch-aktivistisch eher zurückhaltend kontextualisiert. So werden, um im Bild der ersten Welle zu bleiben, z.B. waldzerstörende nordlaotische BergwaldbewohnerInnen, an denen staatliche Umsiedlungsprogramme „scheitern“ (Krings 1996:167) und Projekte der Agroforstwirtschaft sich „äußerst schwierig“ gestalten (ibd.:174), nur vage-passiv als marginalisierte Haushalte charakterisiert. Auch Waldzerstörung durch den Holzeinschlag bäuerlicher Haushalte in Nordpakistan, um im Bild der zweiten Welle zu bleiben, wird z.B. quasi-fatalistisch als „gezwungen“ porträtiert (Schickhoff, 2000:403) und konkrete Handlungsoptionen mit formelhaften Losungen verschleiert wie z.B.: „[D]ie Armut breiter Bevölkerungsschichten (…) [steht] einer nachhaltigen Entwicklung im Wege“ (ibd.:406). Verallgemeinernd ist für die erste GPÖ-Generation eine unilaterale Zuwendung zu hierarchischen Top-down-Ansätzen (Sektorpolitiken, Projekte, Programme usw.) zu konstatieren. Befragt nach ihrer Forschungsperspektive charakterisierten deutschsprachige PolitökologInnen typischerweise auch „staatszentrierte Modernisierung“ als zentralen Topos ihrer Arbeiten (Flitner, 2001:251). Exakt diese Perspektive steht jedoch im Zentrum anarchistisch-geographischer Kritik und begründet die mit Blick auf Widerstand und Emanzipation marginalisierter Gruppen erkenntnistheoretisch wichtige Forderung, dass „Anarchismus stärker in der radikalen Geographie berücksichtigt und der staatszentrierte Blick (…) überwunden werden [müsse]“ (Bartholl, 2021:63).
Die im Vergleich zur angloamerikanischen Situation um eineinhalb Jahrzehnte verzögerte „Trendwende“ zu neuer GPÖ setzte Ende der 2000er ein (Becker and Otto, 2016:223) und artikulierte sich 2015 mit einer methodisch-konzeptionell ausgerichteten zweiten PÖ-Fachsitzung des Deutschen Geographentags (ibd.:221). Aus Platzgründen werden Haltungen, Thesen oder Positionen dieser zweiten Generation anhand von drei ausgewählten Themen erörtert: (a) Totalitätsgedanke, (b) Stoffbiographien und (c) Praxisnähe. Dabei soll das erkenntnistheoretische Hauptaugenmerk dem Potenzial einer bis vor kurzem überwiegend städtisch ausgerichteten Forschung gelten, die in der Nachfolge von radical geography damit begonnen hat, als „kritisch-materialistische Raumforschung … Körper, Infrastrukturen, Umwelt etc. als eigene theoriegenerierende Felder zu entdecken“ (Hoerning and Lebuhn, 2018:183).
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Am 6. Dezember 2016 postulierte die Kulturgeographin und Politökologin Sybille Bauriedl in dieser Zeitschrift, dass „[d]er historische Materialismus als zentraler Ansatzpunkt der“ – und damit „[d]ie fundamentale Systemkritik“ einer – „Politischen Ökologie (…) in der Konfrontation mit Ansätzen des New materialism (…) an Relevanz verlieren [wird]“ (ibd.:349). Sie kritisiert die traditionell-strukturalistische Denkfigur ob ihres in den Denkvorgang quasi-eingebauten „reflexhaften Verweis[es]“ auf den Eisenkäfig kapitalistischer Gegebenheiten und empfiehlt kategorisch, sich von der Vorstellung einer „Totalität“ z.B. neoliberaler Regulationsregime zu „lösen“ (ibd.). Dies überrascht, denn wegbereitend für GPÖ formulierte Geist (1992) vor exakt dreißig Jahren das genaue Gegenteil. Er beschwor Totalität geradezu als „theoretische Praxis einer abstrakten Analyse, die angesichts des realen und komplexen Gesamtgetriebes ein Modell in Bezug auf das Ganze aufbaut, ohne die Übersicht beim besonderen Gegenstand zu verlieren“ (ibd.:291). Dieser Gedanke ist heute auch Bestandteil eines anarchistisch-geographischen Politikverständnisses: „Eine der … bedeutendsten politisch-theoretischen Erkenntnisse (…) ist es, gesellschaftliche Verhältnisse als Totalität zu begreifen. Miteinander verwobene Herrschaft[sverhältnisse] wie Staat, Kapitalismus, Patriarchat, Nation/weiße Vorherrschaft und Naturbeherrschung gelten für den Anarchismus als dominant und insofern als total, als dass die in ihnen inhärenten Logiken darauf abzielen, alle gesellschaftlichen Bereiche zu durchdringen und zu unterwerfen“ (Eibisch, 2021:83). Tatsächlich kann die anarchistische Haltung dem Verschleiern von Verantwortlichkeiten durch neo-materialistische Rahmung robust entgegenwirken, wie auch ein kritisch-materialistischer Blick auf Lösungsmöglichkeiten für globale Umwelt- und Entwicklungsprobleme am Beispiel „grüner Landnahme“8 aufdeckt. Statt sich in den Mainstream vorgeblich effizienter grün-kapitalistischer, marktbasierter und finanz-technokratischer Ansätze einzuschreiben, wird festgestellt, dass „[i]m Gegenteil, [derartige Ansätze] … sogar neue Formen der Einhegung von Natur und Enteignung marginalisierter Gruppen und Klassen auslösen [können]“ (Backhouse, 2018:60f). Dabei erweist sich die wertschöpfungsstrategische Formatierung von land grabbing nach Harvey (2005) als unangemessene Reduktion auf Fragen der Reichtumsverteilung. Als sinnvollere Vorgehensweise zeigt sich eine herrschaftskritische, auf dominante Legitimationsnarrative und ungleiche Geschlechterverhältnisse hin entwickelte Politische Ökonomie im Sinne des US-amerikanischen Öko-Anarchisten Murray Bookchin.9 Letztere artikuliere sich im Kontext agro-industrieller Exportmodelle „zunächst friedlich und unproblematisch“ (v. a. weil „Interessensgegensätze verwischt werden“), doch gerät die Umgestaltung kleinbäuerlicher Arbeitsverhältnisse letztendlich „umkämpft“ und schließlich zur „Landnahme widerständiger Räume“ (Backhouse, 2018:72). Verallgemeinerbar, und im Widerspruch zu Bauriedls Positionierung, eröffnet sich mit dem Totalitätsgedanken – im Unterschied zu totalitärer Ideologie – eine insgesamt reflexivere Perspektive als „intersektional erweiterte Politische Ökologie“ (Wissen, 2021:14), die zudem eine wünschenswerte Orientierung in Richtung „auf sozial-ökologisch emanzipative Kämpfe“ (ibd.:10) enthält.
- b
In der soziomateriell motivierten Fortführung einer aus dem 19. Jahrhundert datierenden Ressourcengeographie und Produktenkunde („commodity stories“; Bakker and Bridge, 2006:11ff) wird GPÖ heute in Verbindung mit Kultur- und Materialökologie als Environmental humanities-Trend thematisiert (Schmidt et al., 2020:226). Am gegenwärtigen Stand der Debatte zu einer sogenannten stoffgeschichtlichen Methode erweist sich, dass das Potenzial einer Engführung historisch-materialistischer und vital-materialistischer Ansätze zwar evident, aber aus radikalgeographischer Sicht zu präzisieren ist. Dies betrifft insbesondere die Narrative solcher Stoffwechselprodukte oder -prozesse wie z.B. Öl (auch Palmöl), Soja, Kohle, Uran, Stickstoff oder Kohlendioxid, die im Kontext des sozialökologischen Metabolismus eine kritische, konfliktbehaftete Rolle einnehmen. So ist einerseits „die an Karl Marx anschließende wissenschaftliche Tradition der politischen Ökonomie von erheblicher Bedeutung“ (Soentgen, 2019:36) und wird doch andererseits ein „ungeplantes und ungewolltes Eigenleben“ (ibd.:7) von Stoffen und Substanzen mit „entgrenzten“ und „weiter greifenden Handlungs- und Wirkungskontexten“ (ibd.:31) herausgearbeitet. Nach der Feststellung einer Stoffwechselstörung jedoch verengt sich die Perspektive meist auf (konsumistische) Aspekte der Produkt-Fetischisierung (Hornborg and Malm, 2016; Hornborg, 2019). Der selbstgestellte, normative GPÖ-Anspruch – „[B]ringing about social justice and structural political change by taking the interests and needs of marginalised groups of the population into account“ (Schmidt et al., 2020:226) – ist kaum oder nur ansatzweise eingelöst. Auch Kritik an mangelnder Totalität und Intersektionalität kann geltend gemacht werden. Gleiches gilt für die Abwesenheit der aus anarchistischer Sicht „repressed truth“, dass der Staat als „inherently violent institution“ (Clark, 2022:ix) in Interessenallianz mit z.B. extraktivistisch tätigen Privatunternehmen steht und/oder sich unternehmerisch, also ausbeuterisch und naturzerstörerisch selbstermächtigt (z.B. Colella, 2022). Auch ist der radikalgeographische Aspekt – „[T]he direct and indirect roles of state agencies and actors in creating the conditions for and/or mobilizing violence“ (Peluso and Watts, 2001:38) – von wenigen Ausnahmen abgesehen (z.B. Dorn and Huber, 2020) in der gegenwärtigen Rahmung von Metabolismus und Dingmacht als Stoffgeschichte selten berücksichtigt. Unbeschadet dieser Kritik ist jedoch ein Potenzial stoffbiographisch-ressourcengeographischer Darstellungen zur Verschränkung politökologischer (z.B. diskursanalytischer) mit anarcho-marxistischen (z.B. herrschaftskritischen) Perspektiven evident. Insbesondere globale Stoff-, Substanz-, Produkt- oder Dingbiographien thematisieren „bestimmte politische Kollektive, die mithilfe bestimmter [naturwissenschaftlicher] Erkenntnisse über die Materie politische Macht gewinnen – meist auf Kosten anderer Menschen und immer auf Kosten nichtmenschlicher Lebewesen“ (Soentgen, 2019:223). Sie können, falls sie „eine umfassende, empirisch abgesicherte Beschreibung [bieten]“, damit „eine unentbehrliche Grundlage [bereitstellen] für informierte normative und politische Diskussionen“ (ibd.:12) sowie Kämpfe und direkte Aktionen10 wie z.B. Feldbesetzungen, Streiks, Massenmobilisierung und/oder fossil-kapitalistische Sabotage (Watts, 2011; Malm, 2020).
- c
Die seltsame Ambivalenz von GPÖ gegenüber politischen Fragen findet sich, über die erste Generation des Strukturalismus hinausreichend, auch in den handlungspraktischen Austragungsformen ökosozialer Praxis der zweiten Generation. Dies mag verwundern, da GPÖ – zumindest in der Anglosphäre – rebellische Wurzeln in den aktivistischen Bestrebungen der 1970er hatte, die ein klar artikuliertes Handlungsinteresse wider Business und Politik-Establishment zum Ausdruck brachten. Im Idealfall hätten sich zwei verschränkte Plattformen oder programmatische Bündnisse bilden können, nämlich neben oder im Verbund mit akademischer, radikalgeographischer PÖ (P großgeschrieben) eine radikalaktivistische politische Ökologie (p kleingeschrieben). Letztere ist konzeptionell vorstellbar als aufsässig-widerständige, aber gesellschaftstheoretisch informierte Praxis gegen den politisch und wirtschaftlich institutionalisierten Mainstream. Tatsächlich sind Beispiele einer solchen Verschränkung aus Asien, Afrika und v. a. Lateinamerika überliefert (Roussopoulos, 2019; Leff, 2020; Bartholl, 2021). Doch ist die Einstellung zu politisch-praktischem Engagement in der zweiten Generation deutschsprachiger GPÖ überwiegend ambivalent, wie aus widersprüchlichen Haltungen zu Richtung und Orientierung zu ersehen ist. So meint z.B. Bauriedl (2016), dass „[d]er Bezug auf Kämpfe sozialer und Umweltbewegungen … bis heute großen Einfluss auf die Formulierung wissenschaftlicher Fragestellungen [hat]“ (ibd.:343), wohingegen der Kulturgeograph und Politökologe Matthias Schmidt (2020) die Ansicht vertritt: „Die Politische Ökologie ist … ein wissenschaftlicher Ansatz und keine politische Bewegung“ (ibd.:424).11 Auch die Hinwendung neuer GPÖ zu einer „multi-spezies-praxis“ (Gesing et al., 2019:19) scheint (noch) gefangen in der Ambivalenz gegenüber politischer Praxis und/oder aktivistischem Einsatz. Dies zeigt sich in der Selbstdarstellung eines „Unterfangen“, nämlich „nicht bloß eine akademische Übung, sondern immer auch ein politischer Einsatz im Ringen um Alternativen [zu sein]“, oder sein zu wollen (ibd.:40). Zugegebenermaßen korrespondiert eine derartige Haltung mit dem kritisch-materialistischen Anliegen, „[d]as Zusammenspiel aus strukturellen, subjektiven, gegenständlichen, praktischen und diskursiven Aspekten (…) als politische Aushandlung [zu] begreifen“ (Hoerning and Lebuhn, 2018:185). Doch sollte eine perspektivische Präzisierung dazu beitragen können, dem selbstgestellten „Anspruch“ gerecht zu werden, „stärker auf aktivistische und außerparlamentarische Akteure zu blicken, und auch selbst aktiv über neue Strategien für politische Interventionen nachzudenken“ (ibd.:186). Im Widerspruch also zur Positionierung von Schmidt (2020) könnte sich akademische GPÖ z.B. im Sinne geographischer Protestforschung zu verstehen geben. Der aktivistische GPÖ-Bezug wäre eine „explizit engagierte und politische Forschung mit einer klaren Maßgabe, emanzipatorische Bestrebungen zu unterstützen“ und zwar in einer „aktiv solidarisierenden Praxis, die gesellschaftliche Ungleichheit offenlegt und Interventionsräume für Bewegungspraxis identifiziert“ (Gomes de Matos and Mullis, 2018:113). Orientiert man sich also am Strang einer sich marxistisch reartikulierenden, kritisch-materialistischen Bewegungsforschung – z.B. „Klimamilitanz in einer breiten antikapitalistischen Grundströmung [zu] verorten“ (Malm 2020:179) –, so ist auch eine anarchistisch motivierte, ökovisionäre Suche und Debatte darüber sinnvoll, wie (und wo genau) sich antiautoritäre, emanzipatorische Räume (weiter) entfalten können (vgl. Tabelle 1).12
Dieser Beitrag behandelt GPÖ seit den 1970ern als ein diverses und dynamisches Forschungsfeld der Mensch-Umwelt-Betrachtung, das paradoxerweise über zwei Generationen hinweg mit einer ambivalenten Haltung zu Politik bzw. Politischem ringt. Der Mangel an v. a. ökovisionärer und handlungspraktischer (aktivistischer) Orientierung ist, so wird argumentiert, zum Großteil auf inkonsistente marxistisch-geographische Positionen zurückzuführen und artikuliert sich insbesondere in der drastischen Kritik an Ansätzen des Neuen Materialismus. Allein die stoffbiographische Methode mag sich zur Verschränkung historisch-materialistischer mit neo- bzw. vital-materialistischen Perspektiven unbesehen eignen. Auch die Verbindung kritisch-materialistischer Forschung mit auf Intersektionalität ausgerichteten, poststrukturalistischen Ansätzen ergibt eine erkenntnistheoretisch interessante, wenngleich handlungspraktisch noch weiter zu präzisierende Perspektive. Im radikalgeographischen Geburtsmoment der GPÖ hatte Richard Peet (1978) frühzeitig erkannt: „[The] vision of the future communism is the weakest component of the evolving Marxist science and politics“ (ibd.:119). Um das Potenzial des rebellisch-emanzipatorischen Auftakts nicht preiszugeben scheint eine Fortentwicklung von GPÖ dahingehend angebracht, ignorierte anarchistisch-geographische Perspektiven mit einer sich marxistisch reartikulierenden kritischen Materialismusforschung zusammenzuführen. Dabei gilt es, die historisch mit Etiketten arbeitende „falsche Dichotomie“ innerhalb der radikal-sozialistischen Strömung – „Marxismus [als] … klassische[r] Widersacher des Anarchismus“ (Siegrist, 2021:230) – abzulegen und erkenntnistheoretisch „eine Reihe von Kooperationen, Debatten und neuen Problemkonstellationen“ zu ermöglichen (ibd.:246f.). Allgemeine, ideologische Verständigungsbemühungen sind bereits im Gange (z.B. Besancenot and Löwy, 2016 [2014]:148ff; Loick, 2021, [2017]; Hoff, 2018) und auch innerhalb der geographischen Mensch-Umwelt-Forschung hat ein Nachdenken über den Entwurf einer anarchistischen GPÖ eingesetzt (z.B. Springer, 2014; Runkel, 2020; Clark, 2022). Allerdings birgt die solitäre Umformatierung von „anarchism … as an alternative socialism to Marxism“ (Springer, 2014:263) – ebenso wie eine emotional-simplifizierte „Neubelebung anarchistischer Traditionen“ (Runkel, 2020:756) – die Gefahr, nur einen „versteinerte[n] Altanarchismus“ (Guérin, 1975:19) in die Gegenwart zu überführen. Daher plädiert dieser Beitrag — in Ergänzung und Erweiterung der Fülle tatsächlich existierender (z.B. diskurstheoretischer, relationaler, feministischer, postkolonialer) und sich realistisch weiter ausdifferenzierender Zugänge – für eine perspektivische Repositionierung auf radikale GPÖ im Sinne von Peets ursprünglichem Vorschlag, nämlich „anarcho-marxism“ ernst zu nehmen als eine „synthetic form of radicalism“ (ibd. 1978:119). Dies würde bedeuten, genuin anarchistische Ideen zusammen mit genuin Marxschem Denken – also keinen „degenerierte[n] autoritäre[n] Marxismus“ (Guérin, 1975:19) – zu theoretisieren und robuste politisch-aktivistische Handlungspraktiken wie z.B. direkte Aktionen und Kämpfe im Sinne der geographischen Protestforschung als solidarisch und emanzipativ zu begreifen (Gomes de Matos and Mullis, 2018; Malm, 2020:179; Bartholl, 2021:70f). So könnte sich ein programmatisches Bündnis von Anarcho-MarxistInnen frei von hierarchisch-herrschaftsbetonten Ambitionen präfigurativ konstituieren und auf Werte, Ideen und Strukturen der Umwelt-, Werktätigen- und ökosozialen Gerechtigkeitsbewegung fokussieren als relevante Austragungsorte eines Nachdenkens über Entwicklungspfade von Metabolismus bzw. sozialökologischer Transformation (Roussopoulos, 2019). Eine Repositionierung, wie vorgeschlagen, sollte in der Lage sein, die von alter zu neuer GPÖ fortgesetzt wirkenden Ambivalenzen zu entkräften und inmitten turbulenter Klimasituationen, Finanz-, Energie- und Rüstungsmärkte einen herrschaftskritischen, ökosozialistischen Gegenentwurf darzustellen: „Mainstream political ecology does not have such a clear normative basis“ (Clark, 2022:viii). Eine Sichtung aktueller Trends der angloamerikanischen GPÖ kann infolge der schlagwortartig verkürzten Schlußfolgerungen – „alternative imaginaries and revolutionary potentials“, „radical solidarities and collectivities“, „subversive thinking“, „emancipatory potentials“ (Sultana, 2021:1727) – durchaus so interpretiert werden, dass sich die Kernanliegen einer anarcho-marxistischen Perspektive bereits zu entfalten beginnen.
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Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Anmerkung des Verlags: Copernicus Publications bleibt in Bezug auf gerichtliche Ansprüche in veröffentlichten Karten und institutionellen Zugehörigkeiten neutral.
Impulse zu diesem Text stammten von TeilnehmerInnen meines MSc-Seminars „Politische Ökologie“ an der Universität Göttingen im Sommersemester 2021. Eine erheblich verbesserte Fassung des Manuskripts verdanke ich hilfreichen Kommentaren von vier anonymen GutachterInnen.
This paper was edited by Jevgeniy Bluwstein and reviewed by four anonymous referees.
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Zu Eric Wolf vgl. weiter unten im Text. Hans Magnus Enzensberger veröffentlichte 1974 unter dem Titel A critique of political ecology auch im New Left Review (1/84) und 1976 in The politcal economy of science – ideology of/in the natural sciences (edited by: Rose, H. and Rose, S., Macmillan, London, 169–195). Der Beitrag von Michel Bosquet (alias André Gorz) wurde 1977 als Übersetzung ins Deutsche veröffentlicht: Ökologie und Politik – Beiträge zur Wachstumskrise, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg; siehe insbesondere das Kapitel Politische Ökologie, S. 69–113.
Das Symposium befasste sich, anders als Bauriedl (2016) mutmaßt, nicht mit „Landkonflikten in Lateinamerika“ (ibd.:343), sondern mit dem Zusammenhang von Landnutzungsregimen und autoritären Haushaltsstrukturen im Netzwerk inneralpiner Transversal- und Seitentäler an der römisch-germanischen Frontier in einem Teil der Westalpen, den Wolf (1972) als „Urdeutschland“ bezeichnet (ibd.:204).
Die berühmt gewordene Stelle stammt aus dem ersten Band des Kapitals von Karl Marx (1971, [1890]) und lautet: „Die Arbeit ist zunächst ein Prozeß zwischen Mensch und Natur, ein Prozeß, worin der Mensch seinen Stoffwechsel mit der Natur durch seine eigene Tat vermittelt, regelt und kontrolliert. (…/…) Indem er durch diese Bewegung auf die Natur außer ihm wirkt und sie verändert, verändert er zugleich seine eigene Natur“ (ibd.:192).
Neben dieser v. a. mit Kultur- und Humanökologie geführten sog. Politicised environment-Diskussion ist eine zweite, sog. Politics-of-scale-Diskussion zu nennen, die v. a. in Auseinandersetzung mit der Politikwissenschaft über deren statischen Mehrebenen-Ansatz geführt wurde; von Ausnahmen abgesehen (z.B. Brad, 2016) fanden beide Debatten in der deutschsprachigen GPÖ wenig Resonanz.
Situativ finden sich in der Anthologie einige Fallbeispiele mit Überlappungen von Basis- oder Graswurzelbewegungen mit dem anarchistischen Kernanliegen. Doch gilt dies nicht für die zentrale Motivation einer nach Watts und Peet (2004) erstrebenswerten „ecological democracy“ (ibd.:23), in der es darum geht, „stakeholder“ der Transformation zu identifizieren, denn: „[W]hat is at stake is something that comes close to class analysis“ (ibd.:25).
Nach Lave (2020:218) stammt das Originalzitat von Elaine Hartwick, Towards a geographical politics of consumption in Environment and Planning A (2000/32/S. 1181).
Der Stillstand bzw. die Abwesenheit einer marxistisch-geographischen PÖ in der damaligen Bundesrepublik kann hier aus Platzgründen nicht erörtert werden; dies gilt auch für nicht-geographische, Marxismus-affine Denkfiguren wie z.B. gesellschaftliche Naturverhältnisse, imperiale Lebensweise oder metabolischer HANPP-Ansatz (Human Appropriation of Net Primary Production).
Formen der Inwertsetzung von Land, die von explizit als nachhaltig etikettierten Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen ausgelöst werden, wie z.B. staatliche Förderprogramme für erneuerbare Energien wie Biodiesel durch Palmölproduktion (Backhouse, 2018:72).
Totalität als „a whole that unites differentia into a meaningful ensemble“ (Bookchin, 2005 [1985]:216).
„[T]he unmediated intervention of people into affairs that are usually resolved by parlamentary debates and legislation“ (Bookchin, 2005 [1985]:205).
Ähnlich äusserte sich Bauriedl (2016), dass „[a]nders als in der anglophonen Geographie … die Politische Ökologie in den deutschsprachigen Ländern … nie (…) zur Teildisziplin der Geographie geworden [ist]“ (ibd.:341), während GPÖ doch im Organisationsplan der deutschsprachigen Geographie fünf Jahre vorher als „dritte Säule“ zwischen Physio- und Humangeographie ausgewiesen wurde (Gebhardt et al., 2011:76); in demselben Lehrbuch und ein Jahrzehnt später ist GPÖ allerdings zurückgestuft auf „ein[en] sozialwissenschaftliche[n] Diskussionszusammenhang“ (Matissek and Wirtz, 2020:1082) ähnlich der frühen Einschätzung von Flitner (2003) von GPÖ als „einem lockeren Forschungszusammenhang“ (ibd.:222).
Dabei ist aus libertärer Sicht ein „commitment (…) to a uniquely human empathy for life as a whole“ ausschlaggebend, denn: „The ecology movement will never gain any real influence or have any significant impact on society if it advances a message of despair rather than hope“ (Bookchin, 2005 [1985]:63).