Articles | Volume 77, issue 1
https://doi.org/10.5194/gh-77-133-2022
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16 Mar 2022
Standard article |  | 16 Mar 2022

Reproductive Justice: Impulse für intersektionale Bevölkerungsgeographien

Susanne Hübl
Kurzfassung

Black women are three to four times more likely to die during childbirth than white women. Research in population geography and demography highlight factors such as educational background or access to health services as social determinants of fertility, to better understand these reproductive inequalities. Notwithstanding these determinants are key causes for reproductive outcomes, the question of how these determinants are embedded in global power relations remains mainly unresolved. As a feminist science intervention, this article develops two impetuses for a power-sensitive, intersectional knowledge production in the field of population geographies. Therefore, the article cursorily refers to current activist protests in the name of reproductive justice, a concept developed by black feminists in the US. It argues that a multi-scalar analysis of reproductive relations helps to shift the focus from the demographic question „who is born?“ to „how are life chances unevenly distributed?“. Reproductive justice suggests that smaller scales such as the body or the womb constitute helpful analytical entry points to disentangle the powerful webs, within which reproductive outcomes are embedded. Finally, the article outlines a future research design towards geographies of reproductive justice.

Dates
1 Einleitung

Schwarze Frauen1 sterben in den USA drei bis viermal häufiger während einer Geburt als weiße (Villarosa, 2018). Bei der Säuglingssterblichkeitsrate und den Frühgeburten ist dieses Verhältnis ähnlich (March of Dimes, 2019). Zur Erklärung dieser race-spezifischen Unterschiede wird in gesundheitspolitischen und demographischen Debatten zumeist das individuelle Verhalten Schwarzer Frauen mit den sozialen Determinanten von Gesundheit und Fertilität wie sozioökonomischer Status, Zugang zum Gesundheitssystem oder Bildung in Zusammenhang gebracht. Zweifelsohne stellen Armut und fehlende medizinische Versorgung wichtige Ursachen dieser reproduktiven Ungleichheiten dar, jedoch werden sie selten als eingebettet in gesellschaftliche Machtstrukturen verstanden. Denn obgleich die race-spezifischen Unterschiede als besorgniserregend erkannt werden, werden institutionalisierter Rassismus, obstetrische Gewalt und Transfeindlichkeit im Gesundheitssystem selten als Risikofaktoren in Generativitätsstatistiken herangezogen (Bey et al., 2019:8). Obwohl transgenerationelle Traumata und toxischer Stress aufgrund alltäglicher Diskriminierungen Auswirkungen auf die reproduktive Gesundheit haben (Lakhani, 2019), werden die Ursachen beispielsweise in Präventionskampagnen zur Reduktion der Mütter- und Säuglingssterblichkeit häufig bei dem Verhalten der Mütter selbst gesucht (Brunson und Suh, 2019; Sziarto, 2017). Die Ausblendung der machtgeladenen reproduktiven Relationen in bevölkerungswissenschaftlichen Analysen prägt folglich auch die gesundheitspolitische Herangehensweise an ebendiese Problemlagen.

In der Bevölkerungsgeographie, als eine Disziplin, die traditionell demographische Prozesse wie z. B. Müttersterblichkeitsentwicklungen in ihren räumlichen und zeitlichen Ausprägungen untersucht, werden seit einigen Jahren fruchtbare Vorschläge formuliert, das machtgeladene Gewebe, in das demographische Prozesse eingebettet sind, genauer zu beleuchten. So dekonstruieren Foucault-inspirierte Bevölkerungsgeograph:innen die sozioräumlichen und verkörperten Dimensionen machtvoller Biopolitiken, indem sie der demographischen Frage nachgehen: „Within any given place, who lives, who dies, and who decides?“ (Tyner, 2013:702). Mit dieser Frage rücken die Politiken und performativen Praktiken in den Fokus, die menschliche Körper und zukünftiges Leben als „surplus“ (ibid.), prekär oder vermeidbar markieren (Legg, 2005). Mit dieser Machtsensibilität geraten auch die Grundkonstellationen demographischer und bevölkerungsgeographischer Wissensproduktion zunehmend in die Kritik: So analysieren beispielsweise Hannah (2009), Wintzer (2017) und Schultz (2018, 2019), wie vermeintlich apolitische und neutrale bevölkerungsstatistische Praktiken des Zählens, Kategorisierens und Visualisierens – als machtvolle gouvernementale Praktiken – verkörperte Ungleichheiten permanent (re-)produzieren. In diesem Zusammenhang geraten auch gängige Modelle wie das des demographischen Übergangs (Murphy, 2017) oder die Interpretationen nationaler Sex Ratios (Bhatia, 2020) auch aus der Perspektive der feministischen Wissenschafts- und Technikforschung auf den Prüfstand. Nicht zuletzt betonen Robbins und Smith die Notwendigkeit feministischer und intersektionaler Erweiterungen des klassischen bevölkerungsgeographischen Kanons, die eine wissenschaftliche Praxis für reproduktiv-gerechte Zukünfte und Visionen ermöglichen (Robbins und Smith, 2016; vgl. auch: Underhill-Sem, 2017).

In diesem Beitrag schließe ich an diese Diskussionen um neue Ansätze in den Bevölkerungsgeographien (Wehrhahn und Sandner Le Gall, 2021; Wintzer und Siedhoff, 2019; Tyner, 2016) an, indem ich zwei Impulse für einen dezidiert intersektionalen bevölkerungsgeographischen Umgang mit dem Phänomen der Generativität formuliere. Diese Impulse begreife ich im Sinne einer feministischen Wissenschaftskritik als other-worlding. Als worlding wird „die Praxis der Wissenschaft [bezeichnet], definieren zu können, welchen Zugriff auf die Welt sie als relevant erachtet“ (Dzudzek und Strüver, 2020:14). In der wissenschaftlichen Praxis eine Perspektive auf Orte einzunehmen, die globales Wissen und Machtverhältnisse nicht nur fortschreiben, sondern anfechten (Biehl, 2016:135, zit. in: Dzudzek und Strüver, 2020:14), ist daher ein ‚anderes wissenschaftliches Weltmachen‘. Die Impulse für ein bevölkerungsgeographisches other-worlding entwickle ich in dichter Auseinandersetzung mit dem Konzept der reproductive justice, welches ich zunächst kurz einführe und daran anschließend sein Potential für eine intersektionale bevölkerungsgeographische Wissensproduktion auslote, worauf ich abschließend einen Ausblick auf ein zukünftiges Forschungsprogramm zu den Geographien reproduktiver Gerechtigkeit gebe.

2 Familienplanung – eine freie Entscheidung?! Das Konzept der reproductive justice

There is no choice where there is no access (SisterSong Women of Color Reproductive Health Collective, 2021:97).

Reproductive justice basiert auf der Überzeugung, dass Entscheidungen rund um Familienplanung und Elternschaft keine ausschließlich individuellen sind, sondern immer schon von institutionalisierten Machtverhältnissen wie Rassismus, Ableismus oder Klassismus mitgeprägt, beschränkt und verunmöglicht werden (Ross und Solinger, 2017). So widersetzen sich Initiativen wie Sister Song (https://www.sistersong.net/, letzter Zugriff: 15. März 2022) oder California Latinas for Reproductie Justice (https://californialatinas.org/, letzter Zugriff: 15. März 2022) der universalisierenden Annahme, individuelle reproduktive Entscheidungen (choice) könnten losgelöst von machtvollen Fragen des Zugangs (access) zu beispielsweise Gesundheitsleistungen getroffen werden. Vielmehr machen sie in ihren politischen Forderungen auf die „stratifizierte, also hierarchisch angeordnete Politik des Kinderbekommens und mit Kindern Lebens“ (Schultz, 2021:97) aufmerksam, die sich in den gewaltvollen Facetten reproduktiver Unterdrückungsformen besonders gegenüber marginalisierten Frauen* widerspiegelt. So hindern beispielsweise fehlende finanzielle Ressourcen und ein unsicherer Aufenthaltsstatus geflüchtete Frauen* in den Lagern an der Grenze zu Mexiko daran, einen gewünschten Schwangerschaftsabbruch auch realisieren zu können. Denn die fehlende Kostenübernahme und bürokratischen Abläufe in den staatlichen Immigration Detention Centers hebeln das Recht auf sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung häufig aus (Holter, 2022) – von dem in vielen Staaten wieder etablierten Abtreibungsverbot ganz zu schweigen.

Entstanden ist die Forderung nach reproductive justice durch eine Gruppe Schwarzer Frauen, die im Rahmen einer ProChoice-Gesundheitskonferenz in Chicago im Jahr 1994 eine intersektionale Erweiterung bisheriger reproduktiver Rechte formulierte (Ross, 2021:17). Loretta Ross, damals eine der Aktivist:innen und heute eine der wichtigsten Vertreter:innen der Bewegung, beschreibt es so: „Wir nehmen sämtliche öffentliche Politiken unter die Lupe, um (…) unerwartete Zusammenhänge zu berücksichtigen, die das Kinderkriegen und die Elternschaft beeinflussen“ (Ross, 2021:23). Damit geraten zunächst sehr disparat erscheinende Aspekte wie die Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum, der Zugang zu angemessener Gesundheitsversorgung, Polizeigewalt oder das Leben in Gefangenschaft ebenso in den analytischen Blick reproduktiver Entscheidungen wie der Aufenthaltsstatus, Zugang zu sauberem Trinkwasser, Bildungsmöglichkeiten oder die Kreditwürdigkeit (ebd.).

Insgesamt geht es in der Auseinandersetzung mit reproductive justice also zunächst um eine umfassende Thematisierung reproduktiver Ungleichheiten in ihre kapitalistischen, rassifizierten und neomalthusianischen Dimensionen hinein. Zentralen Ausgangspunkt stellen hierfür die verkörperten Erfahrungen Schwarzer und indigener Frauen* sowie von Frauen* of Color dar. Gleichzeitig geht es nicht nur darum, sich „mit den alltäglichen gelebten Praktiken der Diskriminierung und strukturellen Gewalt zu befassen, sondern auch die Wahrheitsproduktionen über ‚Bevölkerung‘ in Frage zu stellen, die diese Praktiken begründen und legitimieren“ (Schultz, 2021:97).

Es ist dieser von Susanne Schultz skizzierte doppelte Charakter, den ich im Folgenden mobilisieren möchte. Ich rekurriere auf reproductive justice als fruchtbares Reflexions- und Erkenntnisinstrument (vgl. Ross, 2021:24), um die bisherige bevölkerungsgeographische Wissensproduktion um menschliche Generativität intersektional zu erweitern. Dafür formuliere ich zwei Impulse, wie eine andere bevölkerungswissenschaftliche Forschungspraxis aussehen kann, die zentrale Forderungen um reproductive justice ernst nimmt – nämlich ‚Dem Geflecht reproduktiver Relationen nachspüren‘ und ‚Von der Gebärmutter aus Globales betrachten‘. Damit thematisiere ich auch, inwiefern sich reproduktive Unterdrückungsformen in der bisherigen Konzeption von bevölkerungswissenschaftlichem Wissen niederschlagen. Meinen Beitrag verorte ich demensprechend auf der Ebene einer feministischen wissenschaftskritischen Intervention, die eine Wissensproduktion forciert, welche von einer grundsätzlichen Relationalität, Situiertheit und Machtgeladenheit akademischer Faktenproduktion (Haraway, 2013; vgl. auch Mendel, 2015) ausgeht.

Durch meinen Blickwinkel als im deutschsprachigen Raum situierte, weiße Person habe ich jedoch nur einen begrenzten Zugang zu den Komplexitäten aktueller Kämpfe um reproductive justice. Die kursorischen Bezüge zu den aktivistischen Forderungen #Black Birthing Justice und #NoDAPL im folgenden Kapitel beruhen auf einer Internetrecherche und keiner ausdifferenzierten empirischen Forschung. Ich ziehe sie als Denkhilfen zur Plausibilisierung meiner argumentativen Schritte heran, ohne sie dabei romantisieren oder instrumentalisieren zu wollen. Vielmehr möchte ich damit, wie es Loretta Ross formuliert, die künstliche Trennung zwischen wissenschaftlichen Theoretisierungen und aktivistischer Praxis aufbrechen und das Wissen reproduktiv-gerechter Aktivismen als wissenschaftliches Wissen sichtbar machen (Ross, 2021:30). Denn in der wissenschaftlichen Praxis eine Perspektive auf konkrete Orte einzunehmen, an denen Forderungen nach reproductive justice formuliert werden, verstehe ich als anderes wissenschaftliches Weltmachen. Als eine Strategie des Sichtbarmachens habe ich diejenigen aktivistischen Initiativen, die ich beispielhaft herausgreife, mit Hyperlinks im Fließtext versehen. Bei der Auswahl habe ich mich ausschließlich auf den angloamerikanischen Kontext fokussiert, da reproductive justice hier seine Wurzeln hat und die Übertragung beispielsweise in den deutschsprachigen Kontext weitere Übersetzungsleistungen und Spannungen mit sich bringt, die zweifelsohne notwendig sind – hier aber zu weit gehen (als erste Annäherung dazu Kyere, 2021).

3 Mit reproductive justice zu intersektionalen Bevölkerungsgeographien

Im Folgenden skizziere ich ausgehend von aktuellen Forderungen um reproductive justice zwei Impulse für eine intersektionale Wissensproduktion in der bevölkerungsgeographischen Forschung.

3.1 Dem Geflecht reproduktiver Relationen nachspüren

Die race-spezifischen Unterschiede in der Müttersterblichkeit in den USA werden von diversen Akteur:innen thematisiert und versucht präventiv zu vermeiden (Oparah et al., 2018). So treten auch radikale Doulas mit der Forderung #BirthingJustice für die Reduktion der Mütter*sterblichkeit marginalisierter Frauen* ein (Oparah, 2015). Doulas begleiten Gebärende nicht nur prä- und postnatal, sondern sie verstehen sich auch unter der Geburt als emotionale Stütze und Advokatin:innen gegenüber Ärzt:innen, Hebammen oder dem Personal in Geburtshäusern (ebd.). Darüber hinaus reicht die Arbeit sogenannter ‚full-spectrum‘ Doulas über die Geburtsbegleitung von Frauen of Color hinaus: Sie sind auch erste Anlaufstelle und emotionale Unterstützung bei Schwangerschaftsabbrüchen, Adoptionen und Fehlgeburten für alle Frauen* (Bey et al., 2019). In den USA entstehen in den letzten Jahren vermehrt Doula-Kollektive wie das Ancient Song Doula Collective (https://www.ancientsongdoulaservices.com/, letzter Zugriff: 15. März 2022), Tewa Women United (https://tewawomenunited.org/, letzter Zugriff: 15. März 2022) oder Uzazi Village (https://uzazivillage.org/, letzter Zugriff: 15. März 2022), die durch ihre fürsorgende und intensive Begleitung schwangerer Personen of Color nicht nur das derzeitige Gesundheitssystem bereichern, sondern ihre Arbeit auch als community-basiert und radikal politisch begreifen (Davis, 2019). Als politisch verstehen sie sich deshalb, weil sie ungewollte Kaiserschnitte, Gewalterfahrungen unter Geburt, Diskriminierungen von nicht-binären Personen mit Uterus, aber auch die fehlenden finanziellen Ressourcen für die Kosten eines Schwangerschaftsabbruches nicht als individuelle Einzelfälle begreifen, sondern eingebettet in ein machtvolles Geflecht reproduktiver Unterdrückungsformen (Apfel, 2016). Radikale Doulas begreifen ihre Arbeit als Stellschrauben in genau diesem Geflecht machtvoller reproduktiver Relationen (Apfel, 2016:7).

Mit ihrer Forderung nach #Birthing Justice tritt für eine bevölkerungsgeographische Auseinandersetzung die Frage in den Vordergrund: ‚Wie sind die Chancen auf mütterliches* Überleben verteilt und welche machtvollen Relationen stehen dahinter?‘ Damit wird statt konkreter Müttersterblichkeitsraten und der klassischen bevölkerungswissenschaftlichen Frage ‚Wer stirbt wo?‘ das Zusammenspiel unterschiedlichster reproduktiver Relationen, deren numerische Annäherung diese Raten sind, zentral. Als Aufgabe einer intersektionalen Bevölkerungsgeographie lässt sich daraus die Notwendigkeit einer Analyse der historisch und räumlich extensiven kolonialen Relationen, ökonomischen Beziehungen und vergeschlechtlichten Biopolitiken ableiten, die die ungleichen Chancen auf mütterliches* Überleben erst hervorbringen. In der Analyse steht dann weniger die in der demographischen Forschung übliche bivariate Analyse der mütterlichen Sterblichkeit mit Determinanten wie sozioökonomischem Status oder medizinischer Versorgung im Fokus (kritisch dazu: Wehrhahn und Sandner Le Gall, 2021:59; Dzudzek und Strüver, 2020). Vielmehr geht es darum, die Ursachen aufzuspüren, die ‚sozioökonomisch schwache‘ Schwarze Mütter mit einer statistisch höheren Wahrscheinlichkeit bei oder nach der Geburt versterben lassen. Hierzu kann es sinnvoll sein, den von radikalen Doulas bereits thematisierten intersektionalen Verschränkungen in der Gesundheitsversorgung und medizinischen Ausbildung, aber auch den prekären Arbeitsverhältnissen und Asylpolitiken nachzuspüren, die das Überleben Schwarzer Mütter* und Mütter* of Color in den USA strukturell verunmöglichen.

Ein solcher Blick hinter demographische Raten bringt zweifelsohne empirische Herausforderungen mit sich: Denn wie kann angesichts der Diagnose, dass potentiell „alle Politiken auch reproduktive Politiken“ (Briggs, 2018, eigene Übersetzung) sind, eine bevölkerungsgeographische Näherung – beispielsweise an Ungleichheiten in der Müttersterblichkeit – stattfinden, die nicht in eine relationale Beliebigkeit abrutscht? Dafür ist eine grundsätzliche Machtsensibilität sowohl auf epistemologischer als auch methodologischer Ebene, wie sie bereits Tyner (2013) eingefordert hat, notwendig. Denn auch wenn mit reproductive justice der Blick auf eine „scheinbar unendliche Anzahl (…) reproduktiver Unterdrückungsformen“ (Ross, 2021:27) eröffnet wird, geht es dem Ansatz doch grundsätzlich darum, diejenigen Querverbindungen herauszuarbeiten, die die „größten materiellen Unterschiede in den Leben von Menschen produzieren“ (Ross, 2021). Das kontextspezifische Wissen von Akteur:innen wie Radikalen Doulas bietet für die Fokussierung dieser Querverbindungen wichtige Anknüpfungspunkte.

3.2 Von der Gebärmutter aus Globales betrachten

Auch die Wasser-Schützer:innen im #NoDAPL Protestcamp (https://www.nodaplarchive.com/, letzter Zugriff: 15. März 2022) im Norden der USA machten 2016 in ihren Forderungen deutlich, dass ihre reproduktive Gesundheit keineswegs nur mit ihrem individuellen Verhalten zusammenhängt, sondern eng mit der Kontinuität kolonialer Unterdrückung verflochten ist (Tanis et al., 2019). Auslöser für das Protestcamp der lokalen indigenen Bevölkerung in Standing Rock waren die Bauplanungen der Pipeline Dakota Access, deren Erdölrohre den nördlichen Teil des Heiligen Landes der Sioux durchqueren sollen (Lorenzo, 2016). Besonders das Wasser des Missouri und des Oahe Stausees, welches 10 000 Indigenen als primäre Trinkwasserquelle dient, drohte durch das Bauprojekt kontaminiert zu werden (Estes und Dhillon, 2019). Sie verorten ihre drohende Exposition gegenüber Umweltkontaminationen und Toxinen in den Kontinuitäten indigener Unterdrückung und chemischer Gewalt (Champlin, 2016). Die Aktivistin Kelly Hayes betont, dass der Protest in Standing Rock „Teil eines anhaltenden Kampfes gegen koloniale Gewalt ist“ (Hayes, 2016, eigene Übersetzung), denn in der ursprünglichen Planung sollte die Pipeline 300 km nördlicher entlang der Stadt Bismarck verlegt werden. Doch die mehrheitlich von weißen besiedelte Stadt konnte den Bau mit einer Wasserschutzgenehmigung verhindern (Milman, 2016). Doch mit der geplanten Pipeline stand nicht nur die Versorgung mit sauberem Trinkwasser auf dem Spiel. So erklärte die indigene Journalistin Bogado in einem Zeitungsinterview „[I]n the Lakota way of understanding, putting water at risk means putting wombs at risk“ (Bogado, 2022). Indem die Wasserschützer:innen die Gesundheit ihrer Gebärmütter durch ihre Exposition gegenüber Umweltkontaminationen bedroht sahen und öffentlich skandalisierten (ebd.), verdeutlichen sie ein Verständnis von Reproduktion als einen Prozess, der weit über den einzelnen gebärenden Körper hinaus geht (vgl. Shadaan und Murphy, 2020). Auch die Aktivist*innen des Native Youth Sexual Health Network in Kanada machen die Wirkmächtigkeit globaler petrokapitalistischer Produktionsverhältnisse in den Körpern indigener Personen unter dem Slogan „Violence on the land, Violence on our bodies“ (Women's Earth Alliance und Native Youth Sexual Health Network, 2016) deutlich. So haben beispielsweise 39 % der Frauen der indigenen Aamjiwnaang Community, die im sogenannten Chemical Valley Kanadas leben, zwischen 2004 und 2005 mindestens eine Fehl- oder Todgeburt erlebt (Brophy et al., 2012): „Die chemische Vergangenheit manifestiert sich hier in einer Abwesenheit“ (Murphy, 2013, eigene Übersetzung) – Menschen, die nicht lebensfähig oder tot geboren wurden.

Kämpfe an der Schnittstelle von environmental und reproductive justice (vgl. Lappé et al., 2019) wie im #NoDAPL Camp im Norden der USA oder im Chemical Valley Kanadas öffnen den Blick auf generatives Verhalten über die in der demographischen Forschung gängige Maßstabsebene der ‚individuellen Frau im gebärfähigen Alter‘ und deren Bedeutung für die demographische Entwicklung auf nationaler Ebene hinaus. Vielmehr ist es die Auffassung von „verteilter Reproduktion“ (Murphy, 2013) – weit über die Maßstabsebene des einzelnen gebärenden Körpers hinaus, die die kontextspezifischen Zusammenhänge zwischen lokal erhöhten Schadstoffbelastungen, globalen petrokapitalistischen Produktionsverhältnissen und den Gebärmüttern indigener Personen deutlich macht. Daraus leitet sich für eine intersektionale Bevölkerungsgeographie die Notwendigkeit ab, diesem multiskalaren Charakter reproduktiver Relationen nachzuspüren. Es sind die kleinräumigen Maßstabsebenen wie der Körper, die Gebärmutter, die Muttermilch oder die menschlichen Fettzellen, die besonders geeignete Ausgangspunkte darstellen, um den wechselseitigen Verschneidungen zwischen Intimen und Globalen empirisch zu folgen – ohne diese jedoch als „eindeutig abgrenzbare Orte“ (Hutta et al., 2021:225) zu fassen. Stattdessen ist es hilfreich, Körper als permeable Entitäten zu begreifen, deren räumliche und zeitliche Relationen als offenes Beziehungsgefüge zur Welt von den Wasserschützer:innen thematisiert wird. Hier bieten sich fruchtbare Anknüpfungspunkte zum Feld der Feministischen Politischen Ökologie und der Intimate Geopolitics (Smith, 2020; Schurr und Militz, 2020) an, die den raumwirksamen Beziehungen zwischen Körpern/Gebärmüttern und globalen Geo-, Bio- und Klimapolitiken analytisch nachgehen. Darüber hinaus sind strategische Mobilisierungen neuerer biologischer Einsichten und theoretische Perspektivierungen aus dem Bereich der feministischen Neuen Materialismen hilfreich (Alaimo, 2008), die sich den Körper-Umwelt-Intraaktionen, jenseits eines Verständnisses passiver Körperlichkeit zuwenden (vgl. Strüver und Marquardt, 2021:180).

4 Ausblicke auf ein Forschungsprogramm zu den Geographien reproduktiver Gerechtigkeit

In diesem Beitrag habe ich entlang des Konzepts der reproductive justice zwei Impulse für eine intersektionale bevölkerungsgeographische Wissensproduktion formuliert – die ich als other-worlding begreife. Ich habe die Notwendigkeit einer Analyse des Geflechts reproduktiver Relationen deutlich gemacht und am Beispiel radikaler Doula-Kollektive in den USA veranschaulicht. Daran anknüpfend habe ich gezeigt, inwiefern eine multiskalare Analyse ebendieser reproduktiven Relationen hilfreich ist. Am Beispiel der Wasserschützer:innen im #NoDAPL Protestcamp habe ich gezeigt, wie kleinräumige Maßstabsebenen wie die der Gebärmutter geeignete Ausgangspunkte für diese Analysen darstellen können.

Damit habe ich einige konzeptionell-theoretische Vorschläge formuliert, die ich nun abschließend konkretisieren möchte: Ein Forschungsprogramm, das sich den Geographien reproduktiver Gerechtigkeit nähert, stellt die alltäglichen Aushandlungen reproduktiver Selbstbestimmung ins Zentrum seiner Analyse. Im Rahmen einer multisited Ethnographie werden dafür konkrete Orte aufgespürt, an denen um das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche, dem Zugang zu gynäkologischer Versorgung oder sicherer Kinderbetreuung gerungen wird. Von dort aus werden mittels teilnehmender Beobachtungen, Interviews mit Initiativen und narrativen Interviews zur eigenen Reproduktionsbiographie (Perler und Schurr, 2021) methodische Ansätze mobilisiert, die die verkörperten Verwobenheiten reproduktiver Relationen aufspannen und dabei die kontextspezifischen „particularities of lived oppressions“ (Apfel, 2016:7) herausarbeiten lassen.

Nicht zuletzt wirft reproductive justice als aktivistische Forderung und wissenschaftliche Perspektive auch die Frage auf, inwiefern ‚Bevölkerung‘ als Begriff und wissenschaftlicher Referenzpunkt mit seinem vielfach problematisierten machtgeladenen Ballast (Schultz, 2020; Murphy, 2018) überhaupt noch politisch akzeptabel und zeitgemäß ist. So kritisieren Feminist:innen seit den 1990er Jahren die gewaltförmigen bevölkerungsstatistischen Kurzschlüsse und damit legitimierte Bevölkerungspolitiken, die vor allem die reproduktiven Rechte Schwarzer Frauen* im Globalen Süden einschränkten (Roberts, 1998) und das in neomalthusianischer Manier auch nach wie vor tun (Bhatia et al., 2019). Eine Teildisziplin der Geographie, die sich als relational und kritisch versteht und gleichzeitig eine Brücke zur demographischen Forschung beibehalten will (vgl. Wehrhahn und Sandner Le Gall, 2021:9), kommt nicht ohne eine engagierte Auseinandersetzung zu der Frage aus, welche Chancen auf Über*leben unsere Wissensproduktion befördert und welche sie verunmöglicht.

Datenverfügbarkeit

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Interessenkonflikt

Die Autorin erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Danksagung

Mein Dank geht an die Arbeitsgruppe Kritische Stadtgeographie der Universität Münster sowie die Gutachter*innen für die hilfreichen Kommentare in der Entstehung dieses Beitrags. Auch danke ich Susanne Schultz und Katharina Hoppe für ihre offenen Gesprächseinladungen zur feministischen Auseinandersetzung mit Bevölkerung.

Begutachtung

This paper was edited by Nadine Marquardt and reviewed by two anonymous referees.

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Die Datengrundlage zu Müttersterblickeit und Frauen im gebärfähigen Alter basieren in den meisten amtlichen Statistiken nach wie vor auf einem binären Geschlechterdenken und reproduzieren dieses. Die Tatsache, dass Personen mit Uterus sich nicht zwangsläufig als Frauen identifizieren und als potentielle Mütter adressiert werden können berücksichtige ich in diesem Artikel. Wenn ich mich auf statistische Daten beziehe, verwende ich dieser repräsentativen Lücke getreu nur die Kategorie Frau/Mutter, in allen anderen Fällen ergänze ich ein*.

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Short summary
Im Sinne einer feministischen wissenschaftskritischen Intervention, formuliere ich in diesem Beitrag zwei Impulse für eine intersektionalen bevölkerungsgeographische Wissensproduktion über reproduktive Ungleichheiten. Dazu mobilisiere ich das von Schwarzen Feministinnen entwickelte Konzept der reproductive justice.