Articles | Volume 80, issue 1
https://doi.org/10.5194/gh-80-57-2025
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17 Feb 2025
Standard article |  | 17 Feb 2025

Verlust lokalisieren: Auf der Suche nach einem unvergänglichen Objekt in Aleppo

Zoya Masoud
Kurzfassung

During the Syrian war, Aleppo was a focal point of intense warfare, where experiencing loss was the daily routine. Amidst this turmoil, various groups actively engaged at the front lines in East Aleppo, endeavouring to translocate cultural artifacts and document built heritage, in order to reconstruct the old city after the war. This paper examines how these individuals negotiated experiences of loss concerning the old city and the ensuing debates on reconstruction, both during the conflict and in exile. I argue that these individuals were in Aleppo in a state of exception, characterized by existential fear and the threat of arbitrary death. The activists sought to conceptualize and materialize a lasting legacy of the old town to contrast the high probability of their death. They strived to localize their grief, anxiety, and loss by subjectivizing the old city as an eternal object. Far away from Aleppo in their exile, their efforts to localize the loss continued.

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1 Einleitung – Krieg in Aleppo

Infolge erster friedlicher Demonstrationen im Rahmen des 2011 in Syrien Einzug haltenden sogenannten „Arabischen Frühlings“ begann die syrische Regierung ihre gewaltsame Unterdrückung (UN/HRC Human Rights Council, 2014/2015). In Reaktion auf das gewaltsame Vorgehen des Sicherheitsapparats und die damit einhergehenden Oppressionen formierten sich verschiedene Gruppierungen, um bewaffnet gegen das Assad-Regime vorzugehen. Ab Juli 2012 begannen einige Fraktionen in Aleppo damit, Waffen aufzunehmen (The Washington Post, 2015), sich partiell gegenseitig zu befehden und Stellungen der syrischen Armee anzugreifen. Diese mannigfaltigen und komplexen Konflikte mündeten schließlich in umfassende bewaffnete Auseinandersetzungen, die sich in der Folge zu Belagerungen der syrischen Metropole durch das Assad-Regime und seine Verbündeten wie auch bewaffnete Milizen entwickelten (Grant und Kaussler, 2019). Der sich entfaltende Krieg teilte die Stadt in zwei Bereiche: das von den Rebellengruppierungen gehaltene Ost-Aleppo auf der einen, das von den Regierungstruppen besetzte West-Aleppo auf der anderen Seite. Die zwischen den Konfliktparteien verlaufenden Frontlinien waren diffus, verliefen jedoch stets inmitten der Altstadt. Die bereits seit 1986 als UNESCO-Welterbe geführte Stadt wurde folglich 2013 in die UNESCO-Liste des gefährdeten Welterbes aufgenommen (UNESCO, 2013).

Von 2012 bis zur Eroberung durch die Regierungstruppen 2016 galt Aleppo als ein entscheidendes Zentrum des syrischen Kriegs. In der Konsequenz stand die Stadt im Fokus der Kampfhandlungen. Diese Entwicklung wirkte sich maßgeblich auf die Lebensbedingungen der Zivilbevölkerung aus, die alltäglich der rohen Gewalt ausgesetzt war. Im Kontext dieser lebensfeindlichen Bedingungen entwickelte es sich zu einer täglichen Routine für die betroffenen Menschen, Verluste zu erleben. Die Bevölkerung war den Gefechten der Kriegsparteien ausgeliefert, während zusätzlich verschiedene Belagerungsringe darauf zielten, zu verhindern, dass sie von Menschen oder Lebensmitteln passiert würden. Die Einkesselungen dramatisierten die Zustände, unter denen die Zivilist:innen litten. Einer meiner Interviewpartner beschrieb die Situation in Aleppo als „in einer Hölle auf Erden“1 gefangen. Straßen- und Guerillakämpfe, explodierender Sprengstoff in unterirdischen Tunneln, die omnipräsente Bedrohung durch Bomben, Granaten und Raketen prägten die Altstadt. Weder die Zivilbevölkerung noch das Kulturerbe waren zu keiner Zeit und nirgendwo sicher. Das Potential zu sterben oder der Vernichtung anheimzufallen war überall und jederzeit präsent. Die einst überfüllten und lebendigen Gassen des Basars in der Altstadt verwandelten sich über Nacht in menschenleere Ruinen. Das reichhaltige Kulturgut war den Zerstörungen, Beschädigungen und Plünderungen der Konfliktparteien nahezu schutzlos überlassen.

In diesem Kontext versuchten sich Individuen vereinzelt oder in Gruppen auf beiden Seiten der Frontlinien für den Erhalt des materiellen Erbes der Stadt einzusetzen. In Ost-Aleppo organisierte eine Gruppe junger Männer provisorische Schutzmaßnahmen in der UNESCO Kulturerbe-Stätte. Exemplarisch seien hier die Translokation des Minbar2 und die Schutzmaßnahmen der Sonnenuhr der berühmten Umayyaden Moschee3 sowie errichtete Zementmauern vor wertvollen Innenfassaden erwähnt, die gewährleisten sollten, die fragilen historischen Werke vor Explosionen und Splittern zu schützen (The Syrian Association for preservation of Archaeology and Heritage, 2013). In West-Aleppo versuchten Mitarbeiter:innen der Generaldirektion für Altertümer und Museen sowie des Aleppo-Museums durch ähnliche Maßnahmen auf ihrer Seite der Front, bedrohtes bauliches Erbe und archäologische Objekte zu schützen. Die Sammlung des Museums verbrachten Museumsmitarbeiter:innen während des Kriegs an einen sicheren Ort und errichteten Mauern aus Sandsäcken um Skulpturen und die Außenfassade des Museums. So gelang die Bewahrung der Sammlung vor der Zerstörung (Kanjou und Sannwald, 2022).

Im Rahmen meines Dissertationsprojekts4 führte ich Interviews in Syrien und der Diaspora auf Arabisch, bzw. im syrischen Dialekt durch. Seit 2015 habe ich in verschiedenen deutschen kulturellen Einrichtungen gearbeitet, deren Schwerpunkt u. a. die Dokumentation von Zerstörungen des Kulturerbes in Aleppo war. Im Rahmen meiner Tätigkeit begann ich, mein persönliches Archiv anzulegen, welches aus Interviews mit Aleppiner:innen zwischen 2015 und 2020 besteht. Aus Sicherheitsgründen habe ich die Namen der Interviewpartner:innen anonymisiert. Zur Analyse der von mir transkribierten und aus dem Arabischen ins Deutsche übersetzten Interviews wird auf die qualitativen Forschungsmethoden der Grounded Theory und Diskursanalyse zurückgegriffen.5 Hierbei ist zu betonen, dass die Exzerpte meiner Interviewpartner:innen stets in direkter, bzw. indirekter Rede zitiert sind, während sich meine Interpretation ihrer Aussagen hieran schließt.

Für den vorliegenden Beitrag konzentriere ich mich auf die Bemühungen zum Erhalt des materiellen Erbes in Ost-Aleppo während des syrischen Kriegs.6 Aus dem von den Rebellen gehaltenen Gebiet begegneten mir während meiner Forschung ausschließlich männliche Aleppiner, die sich zu Denkmalpflege-Gruppierungen zusammengeschlossen hatten. Im Zentrum des Artikels stehen zwei Akteure, Jascha und Anton, die ich im Jahr 2020 für die Interviews in Istanbul traf. Während des Kriegs hatten sich beide in Ost-Aleppo für den Schutz des Kulturguts engagiert. Zu beachten ist hierbei, dass sie keine individuellen Fälle darstellen, sondern einen der verschiedenen Typologien repräsentieren, die im Rahmen meiner Empirie klare Polarisierungen zeigten. Jascha und Anton repräsentieren eine Gruppe meiner Interviewpartner:innen, die vor dem Krieg keine persönliche Beziehung zum materiellen Erbe der Altstadt hegte und dennoch bereit war, nach Ausbruch der Kampfhandlungen ihr Leben für ihren Erhalt zu riskieren. Zahlreiche Individuen der Aktivisten wurden während ihrer Arbeit verletzt oder verloren ihr Leben. Sie vereinte jedoch zwischen 2012 und 2016 ein klares, die Mitglieder der Gruppe kollektivierendes Ziel: eine Grundlage für den Wiederaufbau der Altstadt unter einer neuen syrischen Regierung zu schaffen. Der durch den Krieg hervorgerufene materielle Verlust sollte durch die Dokumentationsarbeit während des Kriegs wiederhergestellt werden können. Erst das Ende der Kampfhandlungen eröffnete die Möglichkeit, über realistische Maßnahmen zum Wiederaufbau zu diskutieren. Hierbei ist zu betonen, dass sich jegliche Versuche oder Initiativen zu einem solchen Vorgehen unter die Schirmherrschaft des Assad-Regimes und seiner Verbündeten zu subsumieren hatten. In der Konsequenz variierten die Reaktionen der Interviewpartner:innen stark, wenn es darum ging, ob und inwiefern sie ihre Dokumentationen zur Verfügung stellen wollten. Dieser Prozess provozierte eine Neuverhandlung individueller Verlusterfahrungen, die sich maßgeblich auf die Reaktionen der Akteure auswirken sollte.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie die Protagonisten ihren Verlust in Bezug zur Altstadt und der Debatten zu ihrem Wiederaufbau während des Kriegs in Aleppo und nach Ende der Kampfhandlungen im Exil aushandelten. Welchen Einfluss hatten diese Prozesse auf ihre individuelle Positionierung zur Rekonstruktion des materiellen Erbes? Welche Rolle spielen die Erfahrungen des Verlusts und der persönliche Umgang mit diesem?

Hierbei unterscheide ich drei Analyse-Rahmen, die zeitlich aufeinanderfolgen und drei verschiedenen Orten zugeordnet sind: der Ort des Geschehens: Aleppo, der Ort des Interviews mit den beiden Protagonisten: Istanbul und schließlich der Ort der Auswertung und Verschriftlichung der Forschungsergebnisse: Berlin. Nach einer knappen theoretischen Rahmung strukturiert sich der Beitrag in drei Schritte: Zuerst wird die Arbeit der Gruppierungen in Aleppo während des Kriegs in Verbindung mit den Lebensbedingungen skizziert. Hieran schließt sich die Analyse der sozialen Kollektivierungsprozesse im Kontext der Verlusterfahrungen. Schließlich fokussiert sich der Beitrag auf den – in zeitlichem und räumlichem Abstand zum Krieg – neu ausgehandelten Umgang mit diesen. Abschließend folgt die zusammenfassende Schlussbetrachtung.

2 Aushandeln des Verlusts

Die Lebensbedingungen, die Aktivisten während des Krieges erlebten, beschreibt Achille Mbembe als „Todeswelten“ (Mbembe, 2011:89). Darunter versteht Mbembe „neue und einzigartige Formen der sozialen Existenz, bei der riesige Bevölkerungen Lebensbedingungen unterworfen werden, die sie in den Status lebendiger Toter versetzen“ (Mbembe, 2011:89). Übertragen auf die Belagerungen Aleppos (2012–2016) und die damit einhergehende Normalisierung des Ausnahmezustands vor Ort bedeutet dies, dass Aleppiner:innen täglich und allgegenwärtig dem Tod ausgesetzt waren. Indem die verschiedenen Kriegsparteien keine Rücksicht auf die Zivilbevölkerung nahmen, deklarierten sie die Individuen in der syrischen Metropole als entbehrlich und koppelten sie somit von den Interessen der herrschenden Diskurse und der Kriegsakteure ab.

Vor diesem Hintergrund stellte ich mir die folgenden Fragen bezüglich der Aleppiner:innen, die vor Ort blieben sowie derjenigen, die ins Exil flüchteten: Wie verzeitlichten und verräumlichten die Aktivist:innen in Aleppo ihren Ausnahmezustand während des Kriegs und im Exil? Wie imaginierten sie die Altstadt, während sie ihre Verlusterfahrungen zu verstehen bemühten? Über welche Handlungsfähigkeit verfügten sie während des Kriegs und danach, um den Mangel an Sicherheit zu überwinden? Welche Motivationen lagen den Individuen zugrunde, um sich einer Gruppierung zum Erhalt des Kulturerbes anzuschließen? Sich diese Fragen zu stellen bedeutet zu fragen, wie das kulturelle Erbe, hier anhand des Fallbeispiels der Altstadt Aleppos, dazu beiträgt, mögliche Räume kollektiver Zugehörigkeits- und Verlustgefühle zu konstruieren, sowie ob und inwiefern kollektive Trauer motiviert und neue Identitäten schafft. Gabriele Dolff-Bonekämper verweist darauf, dass „Verlust persönlich empfunden [wird] und mit anderen geteilt und weitergegeben werden [kann]. So bleibt ein Verlust gegenwärtig und kann auf lange Zeit wesentlich zum Zusammenhalt einer Gruppe oder eines großen Gemeinwesens beitragen und somit identitätsfundierend wirksam werden“ (Dolff-Bonekämper, 2021:6). Dieser Prozess ist durch Kontingenz und Konflikt gekennzeichnet: Einerseits versprechen Identität und Erbe den Betroffenen den Anschein von kontinuierlicher Stabilität, andererseits bedrohen Krisen und potenzieller Kontrollverlust über ihre Topographie permanent dieses Versprechen. Diese Gedanken schlagen vor, dass die „Welt“ oder „Realität“ als etwas Instabiles und Unfestes wahrzunehmen ist, nämlich dass sie „immer zurückweicht, immer aus einer fundamentalen Leere oder Abwesenheit von Gründen entsteht“ (Landau et al., 2021:22). Die Zerstörung der Altstadt stellt eine Anomalie, eine Irritation, eine Unterbrechung oder ein unvorhersehbares Ereignis dar, folglich einen Bruch im fundamentalen Bild des unsterblichen Erbes der Altstadt Aleppos. Die Menschen in Aleppo erlebten diese Erschütterung des Fundaments. Doch war diese Zerstörung nur eine Facette vieler anderer Verluste. Warum also haben die Aktivisten ausgerechnet diesen Verlust betont und es sich zu ihrer Aufgabe genommen, das materielle Erbe zu schützen? Im Analyseprozess wird Verlust als Mangel oder Defekt in der Normalität der Interviewpartner:innen deutlich. Hierzu gehört zu verstehen, welche Diskurse die Individuen internalisierten, welche Praktiken sie sich aneigneten, wie sie ihren Verlust innerhalb dieser Diskurse thematisierten und schließlich, wie sie den Bruch zu überwinden suchten und wie sich diese Thematisierung im Exil transformierte.

3 Lokalisieren der Wunde

Während die Kampfhandlungen in Aleppo eine Atmosphäre mangelnder Sicherheit erzeugten, beteiligten sich meine beiden Interviewpartner Jascha und Anton an den im östlichen Teil der Stadt initiierten Schutz- und Dokumentationsmaßnahmen für das akut bedrohte architektonische Erbe. Ersterer begründete die Abteilung für Archäologie im „Rat des Freien Gouvernements von Aleppo“, die sich auch als „von der Regierung befreite“ Altertumsbehörde verstand. Letzterer gründete im Exil einen privaten Verein. Die Interviews mit Jascha und Anton führte ich im März 2020 in Istanbul. Während ich Jascha dort zum ersten Mal traf, hatte ich Anton bereits zuvor im Rahmen einer Konferenz kennengelernt und am Bosporus nochmals Kontakt zu ihm aufgenommen. Beide Protagonisten gehörten durch ihre Zugehörigkeit zu den Denkmalpflege-Gruppierungen zu einem Kollektiv, das sich dem Erhalt des kulturellen Erbes in der UNESCO-Welterbestätte widmete und die Aufmerksamkeit verschiedener Konferenzen und Institutionen auf sich gezogen hatte. Heute leben beide im Exil, wo sie weiterhin politisch aktiv sind und im Bereich der Denkmalpflege arbeiten. In Forschungsarbeiten widmen sie sich dem kulturellen Erbe Syriens mit einem besonderen Schwerpunkt auf Aleppo.

Bevor Jascha Archäologie studierte, hatte er die Altstadt primär als einen Ort gesehen, an dem er seine Einkäufe erledigte. Sein Studium beeinflusste sein Verständnis von der Altstadt stark. Nach Beginn der friedlichen Demonstrationen beschloss Jascha, sich der „Revolution“ anzuschließen und zog nach Ost-Aleppo. Während der intensiven Bombardierungen meldete er sich freiwillig, um in einem Feldlazarett zu arbeiten. Zwar hegte er „den gleichen Wunsch“, sich für die Denkmalpflege im Krieg einzusetzen, berichtete „aber[,] ich war völlig raus aus dem Thema und ganz mit der humanitären Arbeit beschäftigt“. Eine Gruppe von Aktivisten überzeugte ihn schließlich von der Arbeit zum Schutz des Kulturguts, so dass Jascha seine Einwilligung zur Mitarbeit gab. Zur Überzeugung brachten sie das Argument hervor, die durch die Kampfhandlungen bedrohten „Steine“ seien ebenfalls „krank“ und würden dringende Ersthilfemaßnahmen benötigen. Während Jascha am Abend im Krankenhaus arbeitete, brach er am Morgen in die Altstadt auf, um der Gruppe zu helfen. So versuchte er, sich im Krieg sowohl für den Schutz von Menschen als auch von Steinen einzusetzen.

Als sich die Umayyaden Moschee im Rebellengebiet befand und unter Beschuss geriet, kollabierte das Minarett am 24. April 2013 (Enab Baladi, 2020). Auf die Frage, wie sich Jascha Zugang zur Moschee verschafft hatte, um die Zerstörung zu begutachten, verlor er sich in seiner Antwort in der Suche nach genauen Zeit- und Ortsangaben. Er vermischte militärische Fakten mit persönlichen Erinnerungen und berichtete schließlich:

[…] als [das Minarett] kollabierte, war ich im Krankenhaus. Aber in dem Moment, als ich davon hörte, ging ich sofort zur Moschee. Ich konnte aber erst am Abend oder am Morgen des nächsten Tages hinein. Ich erinnere mich nicht gut. […] Ich habe die Zeit nicht gefühlt. […] Ich hatte keinen Tag, keine Nacht, keinen Samstag, keinen Sonntag, keinen Montag oder Dienstag. Die Zeit existierte nicht. […] Die Atmosphäre, als ich im Krankenhaus gelebt habe: Ich hatte kein Zuhause, wohin ich mich zurückziehen konnte. Ich habe im Krankenhaus gelebt.

Die Aussagen Jaschas im Interview reflektierten seine Verzweiflung und sein Dasein in einem Ausnahmezustand. Die Vermutung liegt nahe, dass seine Erfahrungen in Aleppo zu einer Störung der raumzeitlichen Bezüge führten, die die Katastrophenbewältigung auslösten, welche im Exil noch nicht abgeschlossen war. George H. Mead beschrieb ein alltägliches „undifferenziertes Jetzt“ (Wagner, 1999:17; Mead, [1995] 2020:401) als ein Gefühl von routinisierter Zeit. Durch die Redundanz und Wiederholung von Ereignissen in bestimmten Sequenzen verschwindet die Fähigkeit, die Stimulation der Zeit in der Gegenwart zu realisieren. Wird allerdings die Routine unterbrochen, so wird die Gegenwart wieder erfahrbar. In der Retrospektive verschwamm die Routine des Kriegs, in der sich Jascha befunden hatte, so dass er sich zwar an den Einsturz des Minaretts der Umayyaden Moschee erinnerte, es ihm jedoch schwerfiel, diesen zeitlich und räumlich zu kontextualisieren. Als ein exzeptionelles Ereignis verblieb das kollabierende Minarett in seinem Gedächtnis. Der Ausnahmezustand in Aleppo verbot Jascha jede Möglichkeit, Einfluss auf seine unmittelbare Zukunft zu nehmen oder über seine Vergangenheit zu reflektieren – es formierte sich eine ewige Gegenwart (Weidenhaus, 2015:270). Für ihn war unklar, wann genau er etwa zur Moschee gegangen war und über welchen Zeitraum sich Geschehnisse erstreckten. Dies hatte ebenso direkte Auswirkungen auf seine Wahrnehmung des Raums, in dem er sich bewegte. Diese beschrieb er als eingeschränkt: Im Verlauf des Konflikts hatte sich das Krankenhaus zu einem Ersatz für sein Zuhause entwickelt. Dort suchte er Zuflucht, während Ost-Aleppo eingekesselt und beschossen wurde, jeder Aufenthalt an einem Ort barg potentiell die Gefahr des Todes in sich, doch insbesondere die Krankenhäuser und Feldlazarette waren der gezielten Bombardierung durch die russische Luftwaffe ausgesetzt (Czuperski et al., 2017:5–15). Die Geborgenheit eines Zuhauses ersetzte Jascha mit der Atmosphäre kontinuierlicher Bedrohung und des Bezeugens omnipräsenten Leids. In einem Zustand der permanenten Gefahr verschmolzen seine „Lebensräume“7 zu einem von Jascha als sicher empfundenen Ort.

Eine ähnliche Reaktion zeigte mein zweiter Interviewpartner Anton in seinen Antworten. Als 30-jähriger Architekt hatte er sich vor Ausbruch des Kriegs ausschließlich mit moderner Architektur beschäftigt. Durch sein politisches Engagement gegen die Assad-Regierung erhielt er Kontakt zu anderen Akteuren, die sich für den Erhalt des Kulturerbes in Ost-Aleppo einsetzten. Zwar hatte Anton vor den Zerstörungen in der Altstadt „keine tiefgehende persönliche Beziehung zur Altstadt Aleppos“, doch gründete er während des Kriegs einen eigenen Verein für die Bewahrung des aleppinischen Kulturerbes in der Türkei.8

Auch Anton traf ich 2020 am Bosporus, wo ich ihn darauf ansprach, warum er sich für den Erhalt des materiellen Erbes in Aleppo eingesetzt hatte. Sein Engagement wertete er als eine Gelegenheit, „eine Verbindung zu [seiner] Stadt zu haben“, die er mit der existenziellen Bedrohung durch den Krieg verknüpfte:

Walla, wir haben immer gesagt: „Dinge geschehen sowieso“. Wenn ich in meinem Haus sitze, fallen manchmal Granaten und töten mich, während ich nur in meinem Haus bin und nicht hinaus gehe. Ich will etwas tun, damit ich etwas Nützliches getan habe, falls mir etwas passiert oder ich sterbe oder was auch immer. Viele Leute haben das nicht getan, aber eine Granate hat zum Beispiel ihr Haus getroffen, so dass der Mann in seinem Haus gestorben ist oder verletzt wurde und so weiter. Man hatte also zumindest versucht, etwas zu tun.

Anton thematisierte den willkürlichen Tod und seinen Umgang damit. Retrospektiv äußerte er im Interview den Wunsch, nicht „umsonst“ zu sterben. In seinem Beruf als Architekt sah er eine Möglichkeit, sich für den Erhalt des materiellen Erbes der Stadt einzusetzen und sich eine Handlungsmacht in der Todeswelt zu schaffen. In diesem Kontext erachtete er sich allerdings nicht als einen singulären Akteur und war überzeugt: „Ein anderer hätte die gleiche Arbeit getan“. Den Schutz des Kulturerbes im Krieg wertete Anton als eine universelle Aufgabe, die jede/r leisten muss. In Verbindung hiermit war es ihm von Bedeutung, dass die Aufgabe weitergeführt würde, sollte er selbst nicht mehr in der Lage dazu sein. Aufgrund dieser Bestrebung errichtete er in der Diaspora seinen Verein für die Bewahrung des aleppinischen Kulturerbes und ließ diesen offiziell registrieren. Die Institutionalisierung der Arbeit sollte ihren Fortbestand nach seinem möglichen Tod gewährleisten.

Wie oben erwähnt, lassen sich die Bedingungen, unter denen die Denkmalschutz-Gruppen von Ost-Aleppo arbeiteten, mit Mbembe als „Todeswelten“ beschreiben. Jascha und Anton waren während des Kriegs in Aleppo in der Altstadt von der permanenten Gefahr des willkürlichen Tods bedroht. Die existenzielle Angst verursachte Störungen in ihren Raum-Zeit-Konstruktionen und führte ihnen ihre Vergänglichkeit als Mensch kontinuierlich vor Augen. Sie verloren die Selbstbestimmtheit, Kontrolle über alltägliche Lebensentscheidungen und die Verfügungsgewalt. Während sie täglich dem Tod – auf der Straße, im Krankenhaus, im Rahmen ihres Engagements zum Erhalt des Erbes – begegneten, wurde die Abnormalität des Kriegs zu ihrer Normalität. Indem sie der Bedrohung ausgesetzt waren, entwickelte sich die Altstadt Aleppos zu einer Verheißung: In der Perspektive Jaschas und Antons hatte sie in ihrer Geschichte verschiedene Kriege und Konflikte überdauert und stand noch immer. Als ein unvergängliches Objekt manifestierte sie ein Versprechen auf Kontinuität linearer Geschichte. Die Vergänglichkeit Jaschas und Antons versuchten sie durch ihr Engagement für den Erhalt der Altstadt zu überwinden und damit den als omnipräsent wahrgenommenen persönlichen Verlust in einem Objekt zu fixieren. Sie kollektivierten ihren Umgang mit dem Ausnahmezustand (Mbembe, 2011:64) und externalisierten – durch ihre Handlungsmacht – ihr individuelles Unglück, das sie auf die Altstadt projizierten. Somit repräsentieren Jascha und Anton eine Gruppe meiner Interviewpartner:innen, die ihren Verlust lokalisierten und ihr Leid mit dem Deckmantel des Schutzes von Kulturerbe in der Altstadt Aleppos maskierten.

4 Lokalisieren der Narben

Das identitätsstiftende Kollektiv hielt seine Verbindungen zu verschiedenen Mitgliedern auch über das Kriegsende hinaus. Die fast identische Haltung von Jascha und Anton in Aleppo, ihren Verlust als einen persönlichen, eigenen zu betrachten und ihre Individualität in einem kollektiven Umgang mit dem Verlust aufzulösen, divergierte in der Diaspora. Hier entwickelten sie verschiedene Vorstellungen von der Art und Weise, wie sie sich die Zukunft der zerstörten Denkmäler angesichts der politischen Situation in Syrien vorstellten. Beide konnten aufgrund ihres politischen Engagements gegen das Assad-Regime in Ost-Aleppo während des Kriegs nicht in das Nachkriegs-Aleppo zurückkehren. Nachdem in ihrer Heimatstadt jedoch die Waffen zu schweigen begannen, entfalteten sich erste Maßnahmen, das durch den Krieg verloren gegangene Erbe wiederherzustellen. Aufgrund der Machtverhältnisse vor Ort kontrollierten das Assad-Regime und seine Verbündete diese Projekte. Dies provozierte die Herausbildung unterschiedlicher Haltungen innerhalb des Kollektivs der ehemaligen Kulturgutschutz-Akteure Ost-Aleppos, die nun im Exil waren. Sie äußerten unterschiedliche Ansichten zum Wiederaufbau der zerstörten Altstadt und zur Frage, ob und inwiefern ihre Informationen oder Dokumentationen zur Unterstützung des Wiederaufbaus zur Verfügung gestellt werden sollten.

Nachdem er gezwungen war, Aleppo zu verlassen, versuchte Anton, den Wiederaufbau der Altstadt auf jede erdenkliche Art und Weise zu unterstützen. Er bot seine abgeschlossenen Forschungsarbeiten jeder Institution an, die an Wiederaufbau- und Rekonstruktionsmaßnahmen interessiert war – unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung: „Diese Studien, auch wenn ich nicht nach Aleppo gehen konnte, um sie auszuführen, bin ich bereit, sie jedem zu geben, der dort arbeitet oder [die Denkmäler] renoviert. […] Was mich interessiert, ist das Denkmal und nicht die Person, die daran arbeitet.“ Anton zeigte eine identitätsstiftende Haltung gegenüber der Altstadt und betonte, dass sie ihm sehr am Herzen liege, auch über seine politische Überzeugung und sein Engagement gegen das Assad-Regime hinaus. Zwar hatte er zu spezifischen Denkmälern gearbeitet, dennoch bezog er seine Ausführungen zum Wiederaufbau auf das gesamte Ensemble der Stadt, deren Zerstörung er vermeiden wollte. Zwar wurde er Zeuge der Grausamkeiten des Kriegs in Ost-Aleppo und arbeitete im Rahmen des Widerstands gegen die Assad Regierung im Bereich des Erhalts des Kulturerbes, doch setzte er nach Ende des Kriegs andere Prioritäten: Die Altstadt Aleppos wurde zu einem bedeutenden Faktor seiner Selbstidentifikation, die bedeutender als seine politische Position wurde.

Diese Haltung bezog sich ausschließlich auf die Altstadt, nicht jedoch auf sein eigenes Haus. Anton kam mit seinem Exil in Istanbul nicht zurecht, obwohl er mit seiner Arbeit als Wissenschaftler vor Ort zufrieden war. Als ich ihn fragte, „was denkst du jetzt über Aleppo?“ wurde ich von seiner Reaktion unterbrochen: Er schürzte die Lippen, als käme die Frage unerwartet, vermied es, mich anzusehen, während sein Blick durch den Raum tanzte, nicht fixiert war und ein Gefühl der Abwesenheit vermittelte. In seinen Augen kamen Tränen zum Vorschein, obwohl er versuchte, seine Gefühle zu verbergen. Schließlich antwortete er:

Es ist eine sehr schwierige Frage, ich meine, natürlich denke ich, ich denke immer, es ist egal, was, am Ende sollte ich nach Aleppo zurückkehren. Aber wann oder wie oder auf welchem Weg, […] bis jetzt habe ich keine Antwort. Aber ich habe die Hoffnung, dass wir eines Tages zurückkehren werden, weiß Gott.

Nachdem ich ihn über die Gründe für seinen Wunsch zur Rückkehr fragte, antwortete Anton:

Ehrlich gesagt, geht es bei meiner Rückkehr nach Aleppo nicht darum, in mein eigenes Haus zurückzukehren, sondern in die Altstadt. Ehrlich gesagt vermisse ich mein Haus in Aleppo nicht so sehr, wie ich es vermisse, die Altstadt zu besuchen. Die Altstadt wird mir noch mehr bedeuten.

Die historische Bausubstanz Aleppos wurde für Anton zum Mittelpunkt seiner Gefühle und somit zu einem abstrakten, unzugänglichen/unerreichbaren Ort eines ultimativen Fundaments. Seine Nostalgie ließ ihn „sich in die Altstadt verlieben“. Der junge Architekt subjektivierte die Stadt und hegte Zuneigung für ein Objekt, das es verdiente, auch seine politische Zugehörigkeit zu marginalisieren. Dieses Verlangen manifestierte sein dringendes Bedürfnis nach Rückkehr. Ungeachtet der politischen Lage in Aleppo nach der Einnahme durch das Assad-Regime wollte Anton den Verlust des kulturellen Erbes durch den Wiederaufbau restituieren, bzw. wiedergutmachen. Die (Wiederherstellung der) Materialität der Altstadt wurde zu einem nicht zu hinterfragenden Ziel seiner Aktivität.

In diesem Zusammenhang entwickelte Jascha eine andere Position gegenüber der Frage des Wiederaufbaus der Altstadt. Ihm widersprach es, mit bestimmten politischen Parteien in Aleppo zusammenzuarbeiten. Während unseres Gesprächs war es für ihn wichtiger, seine politische Zugehörigkeit zu betonen und seinen Aktivismus zu artikulieren. Der Umzug von West- nach Ost-Aleppo, den er gemeinsam mit seiner Frau vollzog, um sich der „Revolution“ anzuschließen, wurde, seiner Aussage nach, von seinen Eltern mit widersprüchlichen Gefühlen aufgenommen: „Sie wollen ihren Sohn nicht verlieren“, aber „sie können sein Engagement verstehen und nachempfinden“. Er war jedoch „sehr klar“ in seiner Entscheidung. Seine Priorität war nicht sein Leben und auch nicht seine „Loyalität zu [seinen] Eltern, sondern die Revolution“. Jascha idealisierte retrospektiv die politische Opposition als sein persönliches Schicksal, um die Jahre der Unterdrückung auszugleichen: „Jetzt ist es genug, es muss etwas geschehen“. Eine strenge Terminologie war für ihn entscheidend: Für Jascha war das, was in Syrien passierte, als er in der Altstadt war, kein Krieg, sondern Teil eines politischen Umbruchs. Aufgrund dieser Perspektive bestand er in unseren Gesprächen darauf, den Begriff „Revolution“ zu verwenden und griff stets korrigierend in meine Fragen ein, indem er das Wort „Krieg“ durch „Revolution“ ersetzte.

Jascha war enttäuscht von der Haltung einiger Aleppiner:innen, die die friedlichen Demonstrationen nicht unterstützten. Seine Identifikation mit Aleppo bedeutete nicht, dass er sich mit den Bewohner:innen ebenso identifizieren würde:

Manchmal empfinde ich ein wenig Antipathie […], aber diese Antipathie reicht nicht aus, um meine Verbindung zur Stadt aufzugeben. Antipathie gegen Leute, die nicht auf der Seite der Revolution standen, die dem Geld und der Liebe zu ihren Kindern den Vorrang gaben. Alle Eltern lieben ihre Kinder. Auch meine Eltern lieben ihre Kinder, aber am Ende wussten sie, dass sie das Richtige tun mussten. Ich wusste auch, was das Richtige war, und ich wollte leben, ich wollte nicht sterben. Während der Revolution war ich verheiratet, ich hatte auch eine eigene Familie.

Für sein Bedeutungssystem war die Revolution das wichtigste Anliegen. Als politischer Körper war sich der junge Aktivist der Tatsache bewusst, dass er, wie alle Menschen in Ost-Aleppo, für das Regime bereits entbehrlich war. Jascha zeigte seine Bereitschaft, entbehrlich zu sein, solange das Ideal der politischen Revolution überleben würde. Als ein Pflichtbewusstsein verinnerlichte Jascha dieses Ideal und übertrug es auf alle Aleppiner:innen. In der Konsequenz verdienten aus seiner Perspektive diejenigen, die dieser Pflicht nicht nachkamen, seine Antipathie.

Wiederholt erklärte Jascha die Bedeutung der Revolution für seine Person und beschrieb, er wäre „lieber dort [in Aleppo] gestorben“. Doch habe ihn seine Familie unter Druck gesetzt, die Stadt zu verlassen, indem sich die Eltern weigerten, ohne ihren Sohn zu fliehen: „[S]ie haben das Herz einer Mutter, das Herz eines Vaters“, kommentierte Jascha. Zusätzlich warfen ihm seine zu diesem Zeitpunkt bereits im Exil lebenden Geschwister kontinuierlich vor, durch das Verharren in Ost-Aleppo nicht nur sein, sondern auch das Leben der Eltern zu gefährden. Letztendlich gab Jascha nach und überquerte mit seiner Familie die Grenze zur Türkei.

Für Jascha bedeutete Ost-Aleppo nicht nur die Präsenz einer „Heimat“, sondern auch ein Ort des (politischen) Handelns, um etwas zu verändern und den Weg zu seinem Ziel einer „Revolution“ zu verwirklichen. Diesen Verlust verarbeitete er im Exil, während er sich simultan nach der Präsenz des Elternhauses in West-Aleppo sehnte: „Dieses Haus ist die erste Erinnerung in meinem Kopf. […] Ich möchte seine Erinnerung bewahren und akzeptiere nicht, dass ich es vergessen werde.“ Als ich Jascha fragte, ob er Aleppo generell vermisse und ob er über eine Rückkehr nachdenken würde, antwortete er:

Die Stadt, natürlich … dein Zuhause, wo du geboren bist. Es ist nicht möglich, sie aufzugeben oder dorthin zurückzukehren. Natürlich bleibt immer ein Punkt in meinem Kopf, an dem ich zurückkehren möchte. Unvergessliche Tage. Ich erinnere mich zumindest an mein Haus; ich träume oft davon. Als wir aus unserem Haus flohen, […] das Umziehen und die Flucht von einer Wohnung zur anderen. Ich habe etwa 10 Häuser gewechselt … diese [Flucht, ZM] begann erst nach dem Kr … [er vermied es, Krieg zu sagen, ZM] nach der Revolution. Aber dieses Haus ist die erste Erinnerung in meinem Kopf, es ist unmöglich, es auszulöschen, sogar die ganze Stadt, es ist nicht möglich!

In der Perzeption von Jascha bedeutete „Zuhause“ nicht nur die Altstadt Aleppos, sondern auch das Elternhaus, das er „nicht vergessen wollte“. Im Exil am Bosporus befand er sich in einem Dilemma, nicht mehr zurückkehren zu können und doch an der Erinnerung an die „Heimat“ festhalten zu müssen. Eine Rückkehr nach Aleppo barg die Gefahr, einerseits aufgrund seiner politischen Aktivitäten und Ansichten gegen das Assad-Regime verhaftet zu werden, andererseits aufgrund seines Geschlechts als junger syrischer Mann zum Militärdienst für eine Regierung gezwungen zu werden, die er bekämpfte. Zurück nach Aleppo zu gehen, war für ihn unvernünftig und unrealistisch. Über das Elternhaus in West-Aleppo berichtete Jascha emotional. Zumal er sich darüber bewusst war, dass die Erinnerungen an dieses Gebäude verschwanden, versuchte er, Momente in dessen Geschichte festzuhalten und sie vor dem Vergessen zu bewahren. Aus dem Exil heraus lancierte er einen neuen Akt des Widerstands im Nachkriegs-Aleppo, nämlich den Widerstand gegen das Auslöschen und Vergessen, indem er die persönliche Erinnerung auf die gesamte Stadt ausdehnte und sie somit vor dem Vergessen zu bewahren suchte. In aller Deutlichkeit trat dieses Bestreben hervor, als er über die Woche um den 12. Dezember 2016 berichtete, in welcher die Truppen Assads die Einnahme Aleppos erklärten:

Wie könnte ich diesen Moment vergessen? […] Ich hatte das Gefühl, meine Stadt verloren zu haben, und sie würde nie wieder zu mir zurückkommen. Sie wird nicht wiederkommen. Die einzige Hoffnung, Aleppo eines Tages wiederzusehen, schwand dahin. […] Dennoch, Schicksal und Hoffnung [werden] von meinem Gott entschieden, ich möchte zurückkommen.

Der Verlust von einem Zuhause und Stadt war ein tiefgreifender, persönlicher Verlust, welcher die Grenzen zwischen seinen persönlichen Erinnerungen und der allgemeinen Wahrnehmung der Stadt verwischte. Die Tatsache, dass der junge Archäologe im akademischen Beruf im Exil an dem Thema Aleppo arbeitete, war für ihn ein Widerstand gegen den Verlust und ein Stabilisator seines eigenen Identitätsdiskurses als Aleppiner. Er lokalisierte den Verlust in Aleppo und versuchte diesen durch detaillierte Erinnerungen, seine Forschungsarbeit sowie seine Beteiligung an Dokumentationen und dem Aufbau von Datenbanken, zu bewältigen. Auf die Frage nach seiner Beteiligung am Wiederaufbau, unabhängig vom politischen Klima, antwortete Jascha: „Das ist eine schwierige Frage. Mental möchte ich mich am Wiederaufbau beteiligen, aber ich möchte nicht, dass meine Bemühungen für politische Propaganda ausgenutzt werden, vor allem, wenn dies meiner politischen Einstellung widerspricht“. Jaschas Identifikation mit der Altstadt stieß durch seine politische Zugehörigkeit an Grenzen. Er wollte nicht, dass seine Forschungen und seine Arbeit für politische Zwecke instrumentalisiert würden. In Ost-Aleppo hatte er sein Leben riskiert, um die Zerstörung des Kulturerbes zu dokumentieren, Ersthilfe-Maßnahmen zum Schutz und Erhalt wie zur Stabilisierung von Monumenten durchzuführen. In einigen Fällen hatte er bewegliche Objekte an sichere Orte verbracht, um sie vor der Beschädigung oder Vernichtung zu bewahren. Die Vorstellung, auf kultureller Ebene mit den politischen und kulturellen Akteuren des Regimes zusammenzuarbeiten, die er für diese Bedrohung und Zerstörung verantwortlich machte, widersprach seinem Ideal.

5 Schlussbetrachtung

Jascha und Anton stellen in meiner Forschung keine singulären Sonderfälle dar, sondern repräsentieren ein Muster von Reaktionen, wie Individuen mit dem Verlust des Kulturerbes der Altstadt Aleppos umgehen. Während des syrischen Kriegs und der Kampfhandlungen in Aleppo nahmen Jascha und Anton ihre Bemühungen zum Erhalt des Kulturerbes als ein Versprechen von Stabilität innerhalb von „Todeswelten“ wahr. Die Protagonisten begegneten den Steinen historischer Gebäude und verknüpften sie mit dem Bild einer scharf umrissenen und unveränderlichen Identität, die sich in der Materialität der Altstadt manifestierte. Erstens lässt sich schließlich konstatieren, dass die Scherben der auseinanderzubrechen drohenden Materialität für die Protagonisten eine neue Auseinandersetzung mit eigenen Identifikationen und Reflexionen über die extreme Erfahrung des Kriegs boten. Einerseits fanden ihre persönlichen Geschichten von der Flucht und der Konfrontation mit der Wahrscheinlichkeit, während des Kriegs selbst getötet zu werden, eine Maske im verlorenen Erbe: Die Offenlegung des eigenen Elends war ein persönlicher Akt, im Gegensatz zur Trauer über ein gemeinsames Unglück, um das auch die wissenschaftliche und internationale Gemeinschaft trauerte. So verstanden Jascha und Anton den Akt der Trauerkommunikation im Umfeld von Denkmälern als Möglichkeit der Externalisierung des eigenen Verlusts. Andererseits bot dieser Prozess somit die Option, den Verlust zu lokalisieren und damit umzugehen. In einer Gruppe zu trauern oder gemeinsam Maßnahmen zur Erhaltung des Kulturerbes zu ergreifen, bedeutete darüber hinaus, einer sozialen Gruppe anzugehören und in ein Kollektiv von Menschen integriert zu sein, die sich höheren „moralischen“ Zielen verschrieben hatten. So wird der eigene Verlust nicht nur in ein Kollektiv internalisiert, sondern auch die Bindung zu den Mitgliedern des Kollektivs entwickelt.

Zweitens stellte die Zerstörung von Denkmälern einen Defekt, ja, einen Bruch der durch die Aufnahme der Altstadt Aleppos in die Liste der UNESCO Welterbes konstruierten historischen Linearität dar. Dies bedeutete, den Bruch in Form von rissigen Fundamenten zu bestimmen, die die Stabilität des Vorangegangenen determinierten. Die Protagonisten erlebten eine Reduktion der Linearität ihrer Lebensspanne, als es unmöglich schien, etwas anderes als den unmittelbaren Moment zu planen. Als ihr Tod omnipräsent war, lebten sie in einer ewigen Gegenwart, da sie keine Verfügungsgewalt über die Zukunft mehr zu haben schienen. Sie erlebten den massiven Verlust der Kontrolle über ihr eigenes Leben und waren mit der Vernichtung einstiger Fundamente ihres Lebens wie der beruflichen und familiären Planbarkeit, Routine eines friedlichen Alltags und den Potentialen der Selbstverwirklichung konfrontiert. Während sie realisierten, vom Assad-Regime als entbehrlich bewertet zu sein, projizierten sie auf die Altstadt Aleppos ihren Wunsch nach Unvergänglichkeit. Ihre Sicherheitszone wurde unterminiert, so dass alles ungewiss und unsicher wurde, und sie entschieden sich daher, ihre Vorstellungen eines Zuhauses im Vergangenen zu verankern. Diese Vergangenheit manifestierte sich im materiellen Erbe. Ihre Unfähigkeit, die eigene Zukunft vorauszusehen, motivierte die Mitglieder des Kollektivs, die Sicherheit der Altstadt zu garantieren und damit die Kontinuität des Kollektivs zu bewahren. Dabei empfanden sie den kollektiven Verlust auch als persönliches Unglück. Auf diese Weise lernten Jascha und Anton das Konzept des Erbes als Stabilitätsversprechen für ihre ewige Existenz kennen und errichteten ihrem entlokalisiertem Zuhause einen zeitlichen Ort.

Drittens kollektivierten Anton und Jascha mit zeitlichem und räumlichem Abstand zum Ausnahmenzustand in Aleppo und den damit einhergehenden extremen Erfahrungen des ständigen Verlusts während des Kriegs den Prozess der Abrechnung mit dem Verlust, variierten jedoch in seinen Ausformulierungen. Anton zog, wie Jascha, aus politischen Gründen nach Ost-Aleppo: Er schloss sich einer Revolution an, um ein neues Regime in Syrien zu errichten, das den Syrer:innen mehr Gerechtigkeit versprach. Der Ausnahmezustand in Ost-Aleppo konfrontierte ihn mit der Brutalität des Kriegs. Die Aufgabe, das kulturelle Erbe der Altstadt zu schützen, bot ihm einen Mechanismus zur Bewältigung der Grausamkeiten. Im Exil wurde seine intensive Beschäftigung mit Kulturgütern zum ultimativen Ziel und verdrängte seine politischen Überzeugungen. Der Mechanismus der Kriegsbewältigung entwickelte sich zum Ziel seines gesamten Lebens und er zeigte sich bereit, mit allen Personen, unabhängig von ihrer politischen Zugehörigkeit, zusammenzuarbeiten, um einen Teil der Altstadt zu retten. Jascha war mit dieser Haltung nicht einverstanden. Er zog es vor, seine aleppinischen Gemeinschaften in „gute“ und „schlechte“ Menschen zu unterteilen. Die „Guten“ opferten viel, um Aleppo vom Regime zu „befreien“, während die „Bösen“ sich nur auf ihr eigenes Leben konzentrierten. Diese Moralisierung wirkte sich auch auf das materielle Erbe aus. Jascha äußerte die Befürchtung, dass seine wissenschaftlichen Bemühungen letztlich für die politische Agenda der Regimebefürworter genutzt werden könnten. Folglich stellte er seinen Konflikt mit dem Regime über die Erhaltung des aleppinischen Erbes. Um ihren Verlust zu bewältigen, lancierten die Protagonisten zwei Strategien der Lokalisierung ihres Verlusts: Als sie über Zugang zum materiellen Erbe Aleppos verfügten, befanden sie sich in einem Ausnahmezustand, in dem sie täglich Katastrophen begegneten. Sie waren in einem „Zustand der Versehrtheit“ (Mbembe, 2011:72), während die Altstadt ein unvergängliches Objekt darstellte, das verwundet wurde. Aufgrund des eigenen Unvermögens und ihres Bewusstseins um die eigene Vergänglichkeit, strebten sie nach dem Erhalt der Altstadt als unvergängliches Objekt als ihr ultimatives Ziel, das über ihre Lebensspanne Bestand haben würde. Mit einem zeitlichen und räumlichen Abstand ihrer Erfahrungen des „Zustands der Versehrtheit“, traten neue Verluste auf: Ihr physischer Zugang zu Aleppo blieb ihnen aufgrund ihres politischen Engagements verwehrt. Hier differenzierten sich ihre Lokalisierungsstrategien: Anton erweiterte seine Identifikation mit der Altstadt um neue Dimensionen und gab diese Identifikation die absolute Priorität seiner politischen Haltung gegenüber. Jascha hingegen schloss jede Möglichkeit zur Zusammenarbeit mit dem Assad-Regime kategorisch aus. Seine Antworten zeugen von neuen Bewältigungsstrategien zum Umgang mit Verlust: Seinen Sehnsuchtsort verortete er im Haus seiner Familie, das nicht in der Altstadt lag. Während er in Aleppo seinen Verlust auf die Altstadt zentrierte, translozierte er diesen in Istanbul auf den Ort seines Elternhauses außerhalb der Mauern der UNESCO-World Heritage Site. Des Weiteren verstand er seine Forschung zur Altstadt Aleppos, die er im Exil nach seinem Engagement für den Erhalt des Kulturerbes während des Kriegs fortsetzte, als Kontinuität seiner politischen Opposition zum Assad-Regime.

Datenverfügbarkeit

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Interessenkonflikt

Die Autor:innen erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Haftungsausschluss

Anmerkung des Verlags: Copernicus Publications bleibt in Bezug auf gerichtliche Ansprüche in veröffentlichten Karten, institutionellen Zugehörigkeiten oder anderen geographischen Begrifflichkeiten neutral. Obwohl Copernicus Publications alle Anstrengungen unternimmt, geeignete Ortsnamen zu finden und im Manuskript anzupassen, liegt die letztendliche Verantwortung bei den Autor:innen.

Danksagung

Ich bedanke mich ganz herzlich bei meinen Interviewpartner:innen, die mir ihre Erfahrungen und Erinnerungen mitgeteilt haben, auch wenn diese unangenehm für sie waren. Ein großes Dankeschön an Simon Runkel und Manuel Schramm sowie an die anonymen Gutachter:innen für ihre hilfreichen Anmerkungen und Kommentare.

Begutachtung

Dieser Artikel wurde von Manuel Schramm redaktionell betreut und durch ein:e Expert:in in einem double-blind Review-Verfahren begutachtet.

Literatur

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Enab Baladi: In seinem achten Ramadan ist das Umayyaden-Aleppo ohne Minarett (Übersetzung der Autorin), https://www.enabbaladi.net/archives/379150 (letzter Zugriff: 12. August 2023), 2020. 

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Landau, F., Pohl, L., und Roskamm, N.: Introduction in: [Un]Grounding: Post-Foundational Geographies, Sozial- und Kulturgeographie, Herausgeber:innen: Landau, F.; Pohl, L., und Roskamm, N., Transcript-Verlag, Bielefeld, Deutschland, 9–40, ISBN 978-3-8376-5073-0, 2021. 

Mbembe, A.: Nekropolitik, in: Biopolitik in der Debatte, Herausgeber:innen: Pieper, M., Atzert, T., Karakayalı, S., und Tsianos, V., VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, Deutschland, 63–96, ISBN 978-3-531-15497-8, 2011. 

Mead, G. H.: Geist, Identität und Gesellschaft: Aus der Sicht des Sozialbehaviorismus, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, Deutschland, ISBN 9783518276280, [1995] 2020. 

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Wagner, H. J.: Rekonstruktive Methodologie: George Herbert Mead und die qualitative Sozialforschung, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, Deutschland, ISBN 9783663112921, 1999. 

Weidenhaus, G.: Soziale Raumzeit, Suhrkamp Verlag, Berlin, Deutschland, ISBN 9783518741382, 2015. 

1

Die Perspektiven der Interviewpartner sind im Folgenden in ihren eigenen Worten wiedergegeben und durch Anführungszeichnen kenntlich gemacht. Meine Interpretationen schließen an die Zitate an.

2

Minbar ist vergleichbar zur Kanzel in der christlichen Kirche. Sie werden normalerweise neben der Haupt-Gebetsnische in der Moschee platziert. Minbar ist die schriftliche Form, wurde aber auf Hocharabisch Mimbar ausgesprochen. Ich verwende hier folglich die Transliteration des schriftlichen Formats.

3

Die ersten Bauten am Ort der Umayyaden Moschee gehen auf den Beginn des 2. Jahrtausends v. Chr. zurück (Ibn Shaddad, [1953] 2023:34).

4

Hierbei beziehe ich mich auf meine 2024 eingereichte und verteidigte Dissertation, die sich nun im Publikationsprozess befindet.

5

Exemplarisch sei auf Charmaz, Constructing Grounded Theory (2012) verwiesen.

6

Die Bemühungen der Denkmalpflege-Aktivist:innen in West-Aleppo sowie die Analyse ihrer Interviews habe ich im Rahmen meiner Dissertation erarbeitet. Einblicke in diese Bemühungen während des Kriegs in Ost- und West-Aleppo im Vergleich zu ausbleibenden Maßnahmen im Kontext der Erdbeben gebe ich in einem anderen Artikel.

7

Als ein biologischer Begriff hielt der Terminus „Lebensraum“ gegen Ende des 19. Jahrhunderts Einzug in die Geographie von Friedrich Ratzel. Der Raumbegriff wurde in der Folge zu einem zentralen Begriff der Geografie. Karl Haushofer, als ein Begründer der Geopolitik, bezog sich auf Ratzels Ausführungen und beeinflusste nationalsozialistische geopolitische Überlegungen. Als ein geopolitisches Konzept der deutschen Geographie aus den 1920er–1940er Jahren wurde „Lebensraum“ intensiv von der NS-Politik verwendet und instrumentalisiert. Gegen diese Verwendung verwahre ich mich. Der Begriff bezeichnet hier, in Anlehnung an Gunter Weidenhaus, „die aus biografischer Perspektive relevanten Räume einer Person“ (Weidenhaus, 2015: 9).

8

Bis zum Zeitpunkt, als sich der Belagerungsring der syrischen Armee um Ost-Aleppo schloss, war es für einzelne Akteure möglich, sich zwischen dem von den Rebellen gehaltenen Raum und der Türkei zu bewegen. Auch Anton reiste während der kriegerischen Auseinandersetzungen mehrfach in die Türkei und zurück.

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Short summary
The loss was commonplace in Aleppo during the recent war. This paper explores how various groups at the front lines in East Aleppo sought to preserve heritage to reconstruct it after the war. I argue that these individuals were exposed to existential fear. Their efforts to localize grief and loss imagined the UNESCO World Heritage Site of the old city of Aleppo as an eternal object that preceded their human life span. In exile, their attitudes diverted toward this legacy.
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