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Lebenswelt, Leiblichkeit und Resonanz: Eine raumphänomenologisch-rekonstruktive Perspektive auf Geographien der Alltäglichkeit
Thomas Dörfler
Eberhard Rothfuß
This article aims to explore the potential of Alfred Schütz' sociological phenomenology for spatial phenomena and its integration into human geography. Although the influence and productivity of phenomenology in general could contribute significantly to shed light on spatial phenomena of the life-world, such as a progressive sense of place (Massey, 1993), transnationalities (Pries, 2001), socio-spatial atmospheres (Hasse, 2017), “home” and encounters (Seamon, 1979, 2014), enforced life(s) in refugee camps and others, it has never become a major strand of contemporary (German speaking) human geography. According to Hasse (2017) phenomenology has even remained almost absent in geographical research. In contrast to this proposition, the analytically endorsed and empirically examined theorems of phenomenology have recently been challenged by “post-phenomenology” and “non-representational theory”. These approaches raise – though both argumentatively and empirically unproven – their voice against pretended limitations of “classical” phenomenology in arguing with “imagined” limits of meaning and understanding. Irrespective of these developments, we would like to refer to the analytical and methodological stringency of approaches that arise from the rich tradition of phenomenology and emphasize their still largely untapped potential for human geography by suggesting a “Leib”-based approach rooted in reconstructive methodologies to analyse the various spatial phenomena of the life-world.
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Der Beitrag möchte das Potential sozialwissenschaftlicher Phänomenologie für raumbezogene Phänomene und Erklärungen und deren mögliche Zugänge in der Humangeographie ausloten. Obgleich der Einfluß und die Produktivität der Phänomenologie wesentlich dazu beitragen könnte, Raumphänomene wie einen „progressive sense of place“ (Massey, 1993), Transnationalitäten (Pries, 2001), Heimaten, Herkünfte und Begegnungen (Seamon, 1979, 2014), das aufgezwungene Leben in Flüchtlingslagern und vieles mehr zu untersuchen, ist sie bis zum heutigen Tage nicht zu einem wesentlichen Strang in der zeitgenössischen Humangeographie avanciert. Nach Jürgen Hasse (2017; in diesem Themenheft) zu urteilen, ist sie sogar fast gänzlich abwesend geblieben. Ihre analytisch vielfach bestätigten und weiterentwickelten sowie empirisch bewährten Theoreme werden in jüngerer Zeit von „Post-Phänomenologie“ (vgl. Ihde, 2009; Lea, 2009; Spinney, 2015; Ash and Simpson, 2016; u.a.) und „non-representational theory“ herausgefordert (vgl. Dewsbury, 2003, 2015; Lorimer, 2005; McCormack, 2006; Thrift, 2007, 2009; Anderson and Harrison, 2010; u.a.). Diese erheben – meist sowohl argumentativ wie empirisch ungeprüft – ihre Stimme gegen angebliche Erkenntnislimitationen klassischer Phänomenologie und bringen dabei imaginierte Grenzen von Sinn und Verstehen in Anschlag. Wir möchten im Gegensatz dazu auf die analytische und methodologische Stringenz von Ansätzen verweisen, die der phänomenologischen Bewegung entspringen, sowie deren nach wie vor keineswegs ausgeschöpftes Potential für die Humangeographie nutzen, indem wir einen Vorschlag für einen geistes- und sozialwissenschaftlich fundierten, leiborientierten Zugang zu Raumphänomenen unterbreiten möchten.
Der Artikel wird mit einem kursorischen Blick auf den Forschungsstand phänomenologischer Ansätze in der Humangeographie beginnen und mit Ausführungen zu sozialwissenschaftlich begründeten Limitationen „post-phänomenologischer“ und „nicht-repräsentationaler“ Zugänge fortfahren. Danach erfolgt eine Rekonstruktion der Grundgedanken von Alfred Schütz' Verstehender Soziologie (1993 [1932]) und seiner „Theorie der Lebensformen“ (1981). Wir möchten argumentieren, daß die Schützsche Phänomenologie als eine Protosoziologie des Raumes Möglichkeiten bereitstellt, die alltäglichen Erfahrungsdimensionen der Lebenswelt, die an Orte, Intersubjektivität(en) und (soziale) Atmosphären gebunden sind, methodologisch zu erfassen und sinnadäquat zu rekonstruieren. Darin sehen wir eine tragfähige Konzeptionierung, die dem zeitgenössischen Vorrang des Zeichens bzw. der Kommunikation bei der Konstitution des Sozialen entgeht und diesem eine leiborientierte, sinnlich-körperliche Perspektive auch bei der Grand Theory soziologischer wie geographischer Theoriebildung gegenüberstellen kann. Als finalen Exkurs des Beitrages möchten wir das neue leibphänomenologisch begründete Werk von Hartmut Rosa „Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung“ (2016) aufscheinen lassen. In dieser kritischen Gesellschaftstheorie erkennen wir das Potential im hier dargelegten Sinne, einen leiblich-lebensweltlichen Raumbezug zu spätkapitalistischen Lebensformen unter Globalisierungs-, Beschleunigungs- und Digitalisierungsbedingungen herzustellen.
Jürgen Hasse (2017) attestierte der deutschen Humangeographie unlängst eine andauernde „Abwesenheit der Phänomenologie“. Dies ist erstaunlich, waren doch die wegweisenden Arbeiten etwa von Buttimer (1976), Relph (1976), Buttimer and Seamon (1980), oder Pickles (1985) angetreten, eine humanistische Geographie zu begründen, die sich als phänomenologisch fundierte, antipositivistisch ausgerichtete und mit einer Konzentration auf lebensweltliche Probleme und Sinnfragen befassende Humangeographie verstand. Ihr Einfluss im deutschsprachigen Raum blieb eher gering und bis heute stehen deshalb die Studien von Jürgen Hasse (2012a, b, 2014, 2017, u.v.a.) zur (Neuen) Phänomenologie der Räumlichkeit von (urbanen) Atmosphären, Gefühlen und Leiblichkeit solitär in der geographischen Forschungs- und Publikationslandschaft. In jüngerer Zeit wurden jedoch von Dörfler and Manns (2013), Rothfuß (2013), Dörfler (2015), Zahnen (2015), Gammerl und Herrn (2015), Runkel (2016), Dörfler und Rothfuß (2017) u.a. Versuche unternommen, (leib-)phänomenologische Perspektiven für die Geographie zu entfalten. Diese Arbeiten stellen damit – zumindest implizit – eine Kritik von zeichen- bzw. diskursorientierten sowie post-phänomenologischen Ansätzen dar, die sich in Form der erwähnten „nicht-repräsentationalen Geographien“ formieren und mit differenten und z.T. inkommensurablen epistemologischen Setzungen zu hermeneutischen Verstehensakten aufwarten. Diese Widersprüche sollen im Weiteren herausgearbeitet werden, um die Differenzen zwischen beiden Paradigmen deutlich hervortreten zu lassen.
Der gegenwärtige – insbesondere in Großbritannien prominente – Diskurs um „nicht-repräsentationale“ und „mehr-als-repräsentationale Geographien“ kreist vornehmlich um flüchtige und nichtbewußte Affekte, die klassische (kognitive) Deutungs- und Verstehensprozesse unterlaufen sollen. Affekte werden als „spontane“ und „natürliche“ Reaktionen auf Erfahrungen der (sozialen) Welt angesehen (Lorimer, 2005; McCormack, 2006; Thrift, 2007, 2009). Pile (2010:8) definiert Affekte “in opposition to cognition, reflexivity, conscoiusness and humanness“. Affekte seien demnach „not yet been closed down, represented, labelled, communicated, shaped and structured. Affect is `virtual', untamed and inassimilable, always in the process of becoming, and the leading edge of the wave of any engagement with the world before human minds get to it“ (Wetherell, 2012:59, zitiert in Schurr, 2014:151). Es wird damit behauptet, daß soziale Kausalitäten auf Einflüsse nicht-reflexiver Art bezogen werden können, die ihren Weg „direkt“ und „unsystematisiert“ in das soziale „Kosmion“ (Srubar, 1988) schaffen sollen; jede Symbolisierung (Kommunikation, Benennung etc.) würde diesen „natürlichen“ Zugang verzerren und verstellen, unter das Label Sinn subsumieren, und damit verfehlen. Solche Affekte seien darüber hinaus das Grundmoment jedweden sozialen Austausches vor der Symbolisierung, oder – im Jargon ausgedrückt – vor jeder Repräsentation, und deswegen wert, gesondert betrachtet zu werden. Es steckt darin eine (naive) Suche nach „ursprünglichen“ Einheiten/Dimensionen, die noch nicht durch das Soziale eingehegt seien.
Entgegen den in den Sozialwissenschaften gut begründeten Argumenten sozialer, also gesellschaftlich „gemachter“ Tatsachen, auf denen die soziale Welt aufgebaut ist, setzen diese Ansätze auf vorsignifikative Prozesse direkter Einflüsse auf Individuen, die nicht mehr adäquat dargestellt („repräsentiert“) werden können. Jegliche Bedeutung bereits gedeuteter Sinnwelten und Diskurse, die die Einordnung neuer Erfahrungen typisieren können (also auch von Affekten und Emotionen), lehnen diese Ansätze als sinnzentrierend ab. Affekte seien komplexer als eine Darstellung von ihnen, weswegen man sie nur registrieren und mit neuen Methodologien ‚abtragen‘ oder beobachten kann (beispielhaft Massumi, 2002; Ihde, 2009).1
Hierzu werden auch neue „performative Methoden“ ins Feld geführt, um damit die “(…) ‚know-and-tell‘ politics of much sociological methodology” zu kritisieren (Dewsbury, 2010:321). Allerdings bleibt unklar, wie dies dann tatsächlich methodisch (und mit welchem empirischen Gegenstand) einzulösen gelingen soll, denn alternativ-experimentelle Modi von „Thinking“, „Sensing“ und „Presenting“ (ebd.) werden nicht methodologisch ausgebreitet, sondern nur konzeptionell als Möglichkeit dargelegt. Diese – wie wir meinen – paradigmatische, aber widersprüchliche Kritik an der Phänomenologie kann somit keine ihrer Einwände substantiell stützen, geschweige denn alternative, methodologisch ausgewiesene Wege zum sozialwissenschaftlichen Erkennen anbieten.
Mit dieser einschlägigen Positionierung handelt man sich aus unserer Sicht mehrere argumentative wie inhaltliche Schwierigkeiten ein, die wir im Weiteren aufzeigen wollen, und von denen wir nicht glauben, daß sie sich in jenem Paradigma widerspruchsfrei lösen lassen. Vielmehr scheint es angebracht, gerade auf die hermeneutischen und leiblichen Grundlagen jedweden reflexiven Verstehens von (räumlichen) Erfahrungen zu verweisen, ohne die im Weiteren eine kulturelle Ausdeutung derselben nicht stattfinden kann. Ohne Kommunikation kann es keine dauerhafte Aneignung von Tatsachen geben, und diese wiederum ist generalisierter Sinn in nuce. Diese Setzung erkennt zwar auch Pile (2010:9), ein wichtiger Protagonist „affektiver Geographien“, wenn er formuliert: „(…) its archetypal object of study – affect – cannot, by its own account, be shown or understood“. Er bietet jedoch keinen methodologischen Ausweg aus dem von ihm erkannten Dilemma an. Auch Bondi et al. (2005:11) schreiben in ähnlich ratlosem Duktus: „How can we represent that which lies beyond the scope of representation?“
Man muß argumentativ also nicht weit ausholen, um sich klar zu machen, daß auf keine andere Weise soziale Ordnung möglich ist, denn diese beruht, gleichwo auf diesem Planeten, unter der Spezies homo auf sprachlicher und leiblicher Interaktion. Dies gilt selbstverständlich auch für die wissenschaftliche Kommunikation, um akademische Erkenntnisse überhaupt intersubjektiv vermitteln zu können – und um überhaupt einen Gegenstand der Wissenschaft zu haben. Hier mutet es – vorsichtig formuliert – paradox an, wenn über ‚avantgardistische‘ Formen der Wissensgenerierung in der “more-than-representational-theory” nachgedacht wird (z.B. Schurr and Strüver, 2016:94).2
Bedeutung und auch nachträglich konstruierter Sinn von Erfahrungen müssen ex post und als Reflektion im Rahmen des subjektiv und wissenschaftlich Möglichen konstruiert werden, anders ist keine Perspektive auf soziale Tatsachen möglich. Die ‚Kunst‘ der Sozialwissenschaften liegt darin, diese Bedeutungsstrukturen so genau wie möglich und methodologisch abgesichert aufzudecken. Dies nennen wir in Anlehnung an Dreyfus and Taylor (2016) [2015] die notwendige „Wiedergewinnung des Realismus“ für weite Teile der sozialwissenschaftlichen Debatte, insbesondere auch der um den Raum (vgl. auch Korf, 2012).
Wenn man sich auf das Gedankenspiel einläßt, Erfahrung jenseits des Bewußtseins zu machen, die es zweifellos gibt, so wäre zunächst festzuhalten, daß allein die Idee „subbewußten“ Erfahrens, das laut solcher Konzeptionen seinen Eingang in die soziale Welt finden soll, weder neu noch unthematisiert ist. Das Unbewußte bei Freud, Bourdieus Habitus, Doxa und Hexis oder die latenten Sinnstrukturen der Oevermann-Schule sind solche Konzepte nicht bewußter Regelhaftigkeit, die sozial relevant werden. Dies tun sie aber gerade dadurch, daß sie in einer sozialen Instanz (dem Subjekt als „Produkt“ dieser Umstände) wirkmächtig werden. Als „soziale Tatsache“ (Durkheim, 1988 [1895])3 schlagen sie sich u.a. im Leibhandeln nieder und können mehr oder weniger adäquat reflexiv eingeholt werden. Diese Typisierungen sind Grundlage jedweder Alltagskommunikation, wie auch – und das ist an diesem Punkt offen zur Schau gestellter methodologischer Hilflosigkeit der „Post-Hermeneutik“ entscheidend – jeder wissenschaftlichen Reflexion über die soziale Welt.
In den hier kritisierten Ansätzen ist es jedoch völlig ungeklärt, wie sich das Verhältnis Erfahrung – Wissen – Deutung ausgestaltet, das die Grundlage jedweden subjektiven und objektiven Verstehens sozialer wie materieller Tatsachen darstellt. Ohne solches gibt es aber keine sozial relevante Kommunikation. Denn ob eine Erfahrung vor-, unter- oder unbewußt angelegt ist (um nur die gängigsten Konzepte zu nennen), macht einen entscheidenden Unterschied, ob und wie man diese beobachten, deuten und reflektieren kann, z.B. in wissenschaftlichen Artikeln über „nicht-repräsentationale Geographien“. Von der Möglichkeit, Zugang zu solchen „subbewußten“, neuronalen oder ähnlich gearteten vorreflexiven Zuständen zu bekommen, hängt es also ab, ob diese überhaupt wissenschaftlich bearbeitet werden können: welche Instanz gibt darüber Auskunft? Was ist die Stellung dieses „Beobachters“ oder „Registrateurs“ im gesellschaftlichen Gefüge? Kann man diese vorsignifikativen Erfahrungen objektiv erkennen und richtig deuten? Wenn ja, wie und warum? Warum sollte stimmen, was die „nicht-repräsentationale“ Geographie sagt? Dieser vorsignifikative „Zustand“, der die Hermeneutik des Sozialen ersetzen können soll, könnte dabei auf mehreren Wegen thematisiert werden, die jedoch alle von der „nicht-repräsentationalen“ Geographie ausgeschlagen werden:
- a.
Als ein völlig von bewußter Erfahrung abgekoppelter, physiologisch selbständiger Bereich, weil er vielleicht auf biochemischen Synapsenreaktionen beruht (dafür sprechen die meisten Indizien in jenen Arbeiten). Dann beschreibt dies etwas, was für die Sozialwissenschaften gänzlich unbrauchbar und von ihnen auch nicht sinnvoll zu thematisieren ist: wovon kein mentaler Prozess sich synthetische Urteile bilden kann, das kann keine soziale Tatsache werden, weil darüber nicht symbolisch generalisiert, also reflektiert kommuniziert werden kann. Mehr noch: solche ‚subbewußten‘ Zustände wären auch für Subjekte der Lebenswelt (also für jede/n von uns) völlig unbrauchbare Daten (denn Erkenntnisse können es nicht sein, da diese auf Verstehen beruhen), da sie – weil für immer nichtbewußt – in keine Kommunikationsform eingebunden werden könnten.
- b.
Gäbe es die Möglichkeit, daß jenes „Synapsenwissen“ (Ihde, 2009; Massumi, 1996, 2002) vor- bzw. unterbewußt angelegt ist, wofür allerdings wenig spricht. Denn dann wäre es gleichermaßen paradox, da es zur Konzeption unterbewußter Phänomene gehört, daß sie – im Gegensatz zum Unbewußten – lediglich „verschütt“ gegangen sind, also in guten Momenten jederzeit reflektiert und bewußt gemacht werden können. Dies wiederum würde konzeptionell ein Subjekt benötigen, das darüber reflektieren kann.
- c.
Als letzte Möglichkeit verbliebe noch, jenes nicht-repräsentationale Erfahrungswissen als unbewußtes Wissen zu konzipieren. Damit wäre man eindeutig in der Traditionslinie Freuds angesiedelt, was angesichts vieler anderer Aspekte der Psychoanalyse (Latenzen, Wiederholung und Verschiebung, Verdrängung) kaum ein Anknüpfungspunkt für nicht-repräsentationale-Ansätze sein kann. Denn auch Freud und der Psychoanalyse geht es, sonst ist jedwede Therapie sinnlos, darum, dem Subjekt einen reflexiven Zugriff auf sein (verdrängtes) Wissen zu gewährleisten.4
Damit soll deutlich werden, daß es auch und gerade angesichts gegenwärtiger gesellschaftlicher Krisensymptome (Nachtwey, 2016; Streeck, 2015) mehr denn je notwendig erscheint, die in den Moden der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit verdrängte Relevanz des Subjektiven für das Verständnis aktueller sozialer Phänomene (vgl. Kapitel sieben) wieder herauszustreichen. Da dies insbesondere im Hinblick auf „posthumane“, „mehr-als-humane“ oder „post-phänomenologische“ Zugänge gilt, die sich meist unkritisch von technischen Innovationen inspirieren lassen (Digitalität, Neurowissenschaft, Reproduktionsmedizin u.a.)5, möchten wir uns auf raum- bzw. ortsbezogene Wirklichkeiten als Wirksamkeiten des Sozialen, wie etwa Obdachlosigkeit, regionale Identitäten oder Migrationserfahrungen beziehen, um daran die Relevanz von Orts- und Raumerfahrungen für die subjektive Ausdeutung sozialer Praxis zu verdeutlichen.6
Vor diesem Hintergrund scheinen deshalb angekündigte Neuerungen einer „Post-Hermeneutik“ nicht in der Lage zu sein, konkrete Erfahrungsdimensionen der Lebenswelt wie Orte, andere Menschen, Intersubjektivitäten oder Atmosphären überhaupt erfassen und adäquat rekonstruieren zu können. Genau darin liegt aber eine der Chancen, eine Wiederaneignung gesellschaftlicher Teilhabe in Zeiten sozialer und ökologischer Krisis zu verstehen und wissenschaftlich reflektieren zu können.7
Schwer wiegt überdies auch, daß diese Art der Kritik nicht nur konzeptionell widersprüchlich operiert, sondern sie auch eine sinnvolle Auslegung eines für sinnfrei erklärten Phänomens anstrebt, also in der Zurückweisung von Sinn und Verstehen Verständnisleistungen des Gedeuteten in Anschlag bringt, die sie selber zurückweist, was vorsichtig ausgedrückt widersprüchlich erscheint. „Wird jedoch die Sinnhaftigkeit des menschlichen Weltzugangs ausschließlich an die Semiosis gebunden, wie es uns die post-hermeneutische Kritik nahelegt, so steht dieser Ansatz vor dem paradoxen Versuch, die sinnvolle Auslegung eines für sinnfrei erklärten Phänomens zu verfolgen. Diese Paradoxie ist nicht unbekannt“ (Srubar, 2012:207). Sie kennzeichnet seit Husserl jedweden Ansatz, der sich um Verstehensleistungen der sozialen Welt bemüht, und der die Schwierigkeit bearbeitet, als Individuum (Forscher, mundänes Alltagssubjekt) das Objektive (generalisierte Allgemeine) zu erkennen. Im Gegensatz zu den hier kritisierten „post-hermeneutischen“ und „nicht-repräsentationalen“ Ansätzen bietet die aus der Phänomenologie entstammende sozialwissenschaftliche Hermeneutik allerdings ausreichend Erkenntnisse und vor allem Methodologien an, wie dieses Verhältnis objektiv und damit wissenschaftlich erforscht ausgewiesen werden kann – ein Zug, den jene Ansätze vermissen lassen.8
Um unsere Position deutlicher zu machen, ist es nötig, die Potentiale und Stärken sozialer Rekonstruktion gegenüber einem (radikalen) Konstruktivismus oder der Dekonstruktion herauszustreichen (vgl. Dörfler und Rothfuß, 2013). Soziale Rekonstruktionen haben etwa gegenüber anderen Zugängen nicht den Nachteil, proklamierte Thesen vom „anti-essentiellen“ oder „nicht-repräsentativen“ Charakter des Performativen empirisch nicht überprüfen und verallgemeinern zu können. Da sie von den Grundannahmen der Orientierung kompetenter sozialer Akteure an den Relevanzen der Lebenswelt ausgehen, orientieren sie sich an „Mitteilungen“ (symbolisch generalisierte Deutungen) von Praktiken anhand der sprachlichen oder leiblichen Repräsentation der Akteure/Subjekte.
Dies sind Relevanzfestlegungen kompetenter Sprecher, die diese selber tätigen und in einem generalisierten Medium ausdrücken. Sie können deswegen auch unabhängig von Dritten mit geeigneten Methodologien erkannt werden, weil dies erstens im Alltag bereits von Menschen ständig vollzogen wird – wenn auch nicht in theoretischer, sondern in pragmatischer Einstellung – und zweitens dies bereits in generalisierter, also sozial objektivierter Form vor sich geht. Diese Relevanzfestlegungen vollziehen sich nach gesellschaftlich rekonstruierbaren Regeln, existieren also als objektive, jenseits von konkreten Akteuren geteilte Strukturen, gleichwie subjektiv der Einzelne dazu stehen mag und wie immer man diese „Vorstrukturiertheit“ anlegt. Bourdieu (1979) etwa hat diese Doppelwertigkeit am Konzept des Habitus herausgearbeitet, der nicht ermöglichend und gleichzeitig als sozial erworbener Standort begrenzend wirkt, sondern ermöglicht, indem er begrenzt. Dadurch werden Standorte und typische Ausdeutungen der Lebenswelt erkennbar, weil genau dies die (in diesem Fall unbewußten, klassenlogischen) Relevanzfestlegungen der Akteure zum Ausdruck bringt – sie bleiben dessen ungeachtet aber Akteure, also intentional Handelnde.
Unsere Zugangsweise zu räumlichen Aspekten der Lebenswelt orientiert sich an ähnlichen Überlegungen, um der weit verbreiteten Dichotomie von Raum als entweder begrenzende oder ermöglichende Struktur zu entgehen, da er weder Materie/Essenz ist, noch bloße Hintergrundfolie für Handlungen: der subjektive Raumbezug ermöglicht, indem er begrenzt (durch die materiellen Relevanzfestlegungen der Subjekte).9 Die räumlichen Aspekte der Lebenswelt sind ebenso wie alle anderen Aspekte in der Perspektive der Rekonstruktion als alltagsweltlich notwendige Konstruktionen der Subjekte zu erforschen, also als Sinnstrukturen, die bereits erfahren, ausgedeutet und „sinnhaft“ für die Akteure sind (Schütz, 1993). Aber die Raumerfahrung – und das ist entscheidend – setzt für die Subjekte bereits vor dieser reflexiven Ebene ein, und zwar auf der Ebene leiblichen Erlebens. Die sozialen Konstruktionen zum Raum ruhen in alltagspragmatischer Hinsicht auf den je subjektiven Erlebnissen asemiotischer Sinnbildung auf. Dies wiederum benötigt Subjektivität auf zwei Ebenen, um sozial wirkmächtig zu werden: erstens um Raum überhaupt zu erfahren, darüber zu reflektieren und sich generalisiert mitzuteilen, und zweitens auch bei der Beobachtung und gegebenenfalls der konzeptionell-wissenschaftlichen Modellbildung, die z.B. frames (Goffman, 1977) oder sinnadäquate Rekonstruktionen nach Schütz (1971) zu Raumerfahrungen herausarbeiten.
Es benötigt also – und das ist paradoxerweise auch bei Auskünften zu post-hermeneutischen Erfahrungen der Fall – leiblich erfahrende Subjekte, die diese Wirkungen von Raum qua Bedeutungsstrukturen mitteilen, denn anders lassen sich diese nicht generalisieren und verstehen. Verstehen heißt dabei „einer Erfahrung Sinn verleih[en]“, Fremdverstehen „einer Erfahrung den Sinn verleihen, daß sie sich auf ein Ereignis in der Welt bezieht, dem Alter Ego bereits einen Sinn verliehen hat“ (Soeffner, 2010:165). Da dieses Geschäft mühsam ist und methodologisch gut abgesichert werden muß, verweisen einige Vertreterinnen und Vertreter post-phänomenologischer Ansätze auf „Erfahrungen“ jenseits der Signifikation,10 welche durch diesen Kunstgriff quasi „interpretationsfrei“ und damit „neutral“ beobachtbar seien. Dieser Bezug, auf ein Quasi-Reiz-Reaktionsschema11 statt auf symbolisch generalisiertes Verstehen zu rekurrieren (was im Übrigen selber einen Verstehensprozeß darstellt), solle nach deren Vertretern außerdem gewährleisten, daß man die Vielheit solcher möglichen „Erfahrungen“ nicht einengt und unter einer Ausdeutung „hegemonial“ typisiert.
Der argumentative Fehlschluß, in welchem man sich damit begibt, ist nun offenbar geworden. Hermeneutisch angelegte Methoden zeigen seit langem,12 daß dies kaum den alltagsweltlichen Erfahrungen der Untersuchten entsprechen kann, sondern vielmehr den Phantasien spätmoderner Wissenschaftssubjektivierungen entspringt, und damit den Realien der Sozialen Welt „hegemonial“ übergestülpt wird. Für Alltagssubjekte gibt es dagegen meist eine herausragende Bedeutung, einen relevanten frame der Lebenswelt, eben eine Narration unter der man seine Biographie organisiert. Diese mag vielfältige, bisweilen widersprüchliche Aspekte aufweisen, die Identität des Subjekts läßt sich aber nur organisieren (und sie muß organisiert werden), wenn man sie in einen subjektiv-kohärenten Zusammenhang bringt, was man im Grunde an sich selbst überprüfen und auch wissenschaftlich nachzeichnen kann, wie es etwa die Biographieforschung unternimmt. Ob Oevermann, Schütz, Soeffner oder die Ethnomethodologie: im Grunde zeigen alle Arbeiten, die sich mit solchen selbst geschaffenen Strukturen der Lebenswelt befassen, daß wir nicht „viele“ sind (eine Phantasie der Postmoderne, gespeist aus Rimbauds Poesie), sondern ein konkreter Akteur, der auf Basis selbstgeschaffener, aber unter Bedingungen entwickelter Fähigkeiten handlungsmächtig ist – also weder ohn- noch allmächtig, wie manche Kritiken am Subjektbegriff behaupten. Diese Perspektive ist zudem nicht „von außen“ oktroyiert, sondern am empirischen Material methodologisch-rekonstruktiv gewonnen, da sie sich bereits durch die Akteure selbst vollzieht bzw. vollzogen hat.
Vorurteile gegen eine solche Vorstellung speisen sich meist aus Erfahrungsdefiziten konkreter empirischer Arbeit, die sich eben nicht nur aus (eigenen) Erhebungen und Beobachtungen ergibt, sondern auch aus konzisen Auswertungen und mühseliger „Begriffsarbeit“, die soziale Wirklichkeit der untersuchten Lebenswelt sinnadäquat zu interpretieren und zu beschreiben. Wir bemühen deshalb an dieser Stelle die analytische Stringenz der Hermeneutik bei ihren Versuchen, Bedeutungs- und Relevanzstrukturen der sozialen Welt aufzudecken, die vor allem wissenschaftlichen Zugriff existieren und bedeutungsvoll für die Akteure sind. Sie kommen also gut ohne wissenschaftliche Ausdeutung aus. Wenn sie aber erfolgt, so hat deren Rekonstruktion adäquat zu erfolgen, also herausgearbeitet nach bestem Wissen, anhand gesättigter Daten sowie methodologisch kontrolliert, um subjektiv zutreffend zu sein und intersubjektiv nachvollzogen werden zu können. Darum kann dieser Zugang als objektiv oder objektivierend im Sinne qualitativer Sozialforschung gelten und dies auch tatsächlich für sich beanspruchen.
Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, daß die Perspektive sozialwissenschaftlicher Phänomenologie im Gegensatz zu trans-, nicht-, oder mehr-als-humanen „Erfahrungen“, welche im analytischen Sinne überhaupt nicht existieren, anti-spekulativ und adäquat im Sinne der Rekonstruktion der Wirklichkeit sozialer Realität der untersuchten Subjekte ist (vgl. Schütz, 1971:3–54). Insbesondere gilt dies für die Analyse raumbezogener Alltagserfahrungen (wie sie bereits Tuan, 1977 und Seamon, 1979 beschrieben haben; unlängst Sullivan, 2017), die mit affektbezogenen Ansätzen als Konsequenz ihrer Positionierung überhaupt nicht eingefangen werden können. Die „Affektforschung“ stützt sich auf eine abstrakte oder technische Konzeption von „Körper“, verstanden als „Hülle“ oder „Gefäß“, die lediglich als Reaktion auf Einflüsse von außen (z. B. visuell, sensorisch etc.) konzipiert wird (vgl. etwa Strüver, 2011:5; auch Reckwitz, 2006:515). „Körper“ wird in diesem Paradigma nicht als somatische Einheit begriffen, die fähig ist, über eine körperliche Phänomenologie leiblich wahrzunehmen13. Da aber gilt, “[a]wareness of the body is not a thought” (Buttimer, 1976:283), ist es demnach entscheidend zu begreifen, wie wir nicht nur Ego und Alter Ego, sondern auch Orte und Räume als leibliche Praxis erfahren, und man damit weit über die Vorstellung des Körpers als eines kognitiven, visuellen und virtuellen „Interfaces“ hinausgeht, das etwa „encounter“ über Affekte registriert (vgl. Dirksmeier and Helbrecht, 2013, 2015). Dies bedingt den phänomenologischen Zugang mittels eines lebendigen, somatischen Körperkonzepts und impliziert wiederum einen subjektlogischen Ansatz und nicht seine Ablehnung, weil nur der Leib ein subjektives Wissen (Erfahrung) der objektiven räumlichen und sozialen Welt (des Alltags) ermöglicht (Seamon, 1979; Schütz, 1993 [1932]; Malpas, 1999, 2012; Dörfler and Rothfuß, 2017; Sullivan, 2017:133ff.).14
Neben vielen grundsätzlichen Einsichten in die pragmatische Relevanz alltagsweltlicher Handlungs- und Orientierungsweisen ist es vor allem ein Aspekt, der unserer Ansicht nach eine fundamentale Erkenntnisleistung der Phänomenologie und der – wenn auch anders abgeleitet – Philosophischen Anthropologie darstellt, nämlich die Realisierung, daß Raum und Ort konstitutiv und existentiell für jedwedes Subjekt ist, „insofern sein Welt- und Selbstbezug durch einen psychophysischen Leibkörper realisiert ist“ (Breyer, 2012:3) (vgl. auch Großheim et al., 2015), und dies sowohl in phylo- als auch in ontogenetischer Hinsicht (vgl. Plessner, 1970; Dux, 1994:177ff.). Ein Raum- und Ortsbezug gehört demnach zur conditio humana des Subjekts, als Ergebnis dialektischer Weltauseinandersetzung und Weltaneignung, als der „im Erleben und Handeln erschlossene Raum“ (Kruse and Graumann, 1978:177, Herv. i. O.): „Endlich ist mein Leib für mich so wenig nur ein Fragment des Raumes, daß überhaupt kein Raum für mich wäre, hätte ich keinen Leib“ (Merleau-Ponty, 1974:127).
Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass es notwendig ist, im Auge zu behalten, daß die Organisation des Subjektleibes die einzige Basis für Signifikation und Typisierung von (räumlichen) Erfahrungen sein kann. Zu diesem Leib gehören selbstverständlich auch das Gehirn und seine kognitiven Prozesse. Aber dieser Leib und sein Erfahrungspotential gehen nicht in diesen auf, und es sind gerade die räumlichen Aspekte der Lebenswelt (Nähe, Ferne, Ko-Präsenz, Atmosphären, etc.), die u.a. auf vorkognitiven Erlebnissen aufbauen, auf leiblichem Erkennen. Um diesen bislang verdrängten Aspekt einer kognitivistisch dominierten Denktradition seit Descartes15 ist eine jüngere Diskussion entstanden (vgl. etwa Eberlein, 2016:9f.; Stadelbacher, 2016; Abraham and Müller, 2010; Böhle and Weihrich, 2010; Shilling, 2007; Gugutzer, 2006; Lindemann, 2017; Gugutzer, 2017). Lindemann (2005:115) hat den Sozialwissenschaften gar eine „quasimentalistische Bornierung“ attestiert, insofern es mittlerweile schwierig geworden ist, sich vorzustellen, dass Subjekte etwa auch leiblich kommunizieren können oder gebaute Umwelt und Architektur leiblich und nicht vorrangig signifikativ oder diskursiv wirken. Hingegen kann ein hermeneutisches Vorgehen, verstanden als Methode, diese Erfahrungen und die subjektive Reflexion darauf einzufangen, aufzeigen, daß es kein Wissen von der Welt geben kann jenseits des Wechselspiels von Leib und Sprache.16
Unser zentrales Argument liegt darin begründet, dass durch die so verstandene leibliche Organisation eines jeden Menschen Orte und Räume grundkonstitutiv für dessen Subjektivierung sind. Der Subjektleib ist dabei also keine „abgesonderte Provinz, sondern der universale Resonanzboden, wo alles Betroffensein des Menschen seinen Sitz hat und in die Initiative eigenen Verhaltens umgeformt wird; nur im Verhältnis zu seiner Leiblichkeit bestimmt sich der Mensch als Person“ (Schmitz, 1990:116; zitiert in Adermann, 2012:141). Es ist unsere exklusive leibliche Konstitution, die uns diesen Blick auf räumliche Aspekte des Lebens erlaubt. Insofern ist Raum nicht „einfach da“, er ist weder metaphysisch, noch eine „Essenz“, aber Teil der physischen Welt, die notwendigerweise unseren Leib beeinflusst, ob wir es mögen oder nicht. Es ist dieser Umstand, der uns dazu nötigt, mit der physischen Widerständigkeit der räumlichen wie sozialen Welt zu verfahren, und unsere eigene kulturelle Welt zu kreieren (vgl. Piaget, 1954; Piaget and Inhelder, 1967). Orte, als Signifikation und Herstellung von Raum als sinngebende Umwelt, resultieren also aus einer aktiven und notwendigen leiblichen Subjektivierung mit dieser Welt. Die soziale Welt ist gemacht, gewiß, aber in phylogenetischer wie auch ontogenetischer Hinsicht nur unter vorgefundenen Bedingungen; eine davon ist das Räumliche mit seiner eigenen Materialität, der Leib sein Erfahrungsmedium.
Wie wird nun der „soziale Raum“ bei Alfred Schütz konzeptionalisiert? Dieser wird wie andere Aspekte der Lebenswelt, etwa die Zeit oder die Intersubjektivität als „Typisierung“ von Erfahrungen des Subjekts angeeignet (Schütz and Luckmann, 1979). Insofern ist das Subjekt und sein Leib Zentrum allen lebens- und alltagsweltlichen Erlebens, die vom Raum ausgehen (vgl. auch Srubar, 2012; Sullivan, 201717). Als „Lebenswelt des Alltags“ bezeichnet Schütz dabei den Bereich der Wirklichkeit, in dem wir hellwach sind, pragmatisch handeln und in der Außenwelt Veränderungen bewirken. Dabei wird „Räumliches“ wie eine dimensionale, typisierte Hülle gesehen, die das Subjekt um sich herum webt, mit Graden der Kenntnis, sozusagen als „räumliche Ringe“, die den Handelnden in seiner leiblichen Situiertheit umspannen. Innerhalb der Welt der aktuellen und potentiellen Reichweite gibt es für Schütz and Luckmann (1979:72) eine Zone, auf die ich durch direktes Handeln einwirken kann, die „Wirkzone“ oder „manipulative Zone“, wie sie Georg Herbert Mead beschrieben hat. Die manipulative Zone umfasst Objekte, die sowohl gesehen als auch betastet werden konnen. Nur die Erfahrung physischer Gegenstände in der manipulativen Zone gestattet uns den „Grundtest aller Realität“, die Erfahrung des Widerstands zu machen (Schütz and Luckmann, 1979:63ff.).
Ausgehend von phänomenologischen Grundeinsichten, die mit Husserls ‚phänomenologischer Revolution‘ wirkmächtig wurden, geht Schütz vom leiblich gebundenen Subjekt aus, das sich als in der Lebenswelt erfahrend intentional orientieren muss. Seine primordiale Erfahrungswelt ist das erfahrende Ich, das sich als leiblichen Mittelpunkt seiner Welt um es herum erfährt. Durch Du-Erfahrungen in der durée ‚sozialisiert‘ es sich, wie es Husserl in seiner Krisis-Schrift auf den Punkt brachte: „die erkennende Subjektivität [ist die; d. Verf.] Urstätte aller objektiven Sinnbildung und Seinsgeltung“ (Krisis, Husserliana VI:52).18 Insofern ist es die Sprache, die „unter diesem Gesichtspunkt eine Symbolisierung, die die Veräußerlichung mitträgt und es so dem Bewußtsein ermöglicht, durch Apperzeption die Wirklichkeit anderer zu erfassen. Dadurch aber verdeckt die Sprache zugleich die qualitativen, in der durée erlebten Inhalte […]“ (Srubar, 1981:31; Herv. i. O.).
Raum bzw. Räumliches kann als Beispiel par excellence gelten, wie dieser Prozeß vonstattengeht, denn kaum ein „räumlicher Begriff“ vermag die Erfahrungsqualitäten des Raumes umfänglich zu beschreiben; sie sind praktische Versuche, Kommunikation über – dem Prinzip nach – singuläre Erfahrungswelten herzustellen, die aber als Anlaß eine gemeinsam geteilte Welt haben (ein Berg bleibt derselbe, egal, wer ihn besteigt). Deshalb ist bei Raumanalysen in lebensweltlicher Absicht nach den „asemiotischen Prozessen der pragmatischen Sinnbildung“ (Srubar, 2012:98) zu suchen, um möglichst nahe an jene erlebten Inhalte räumlicher Dimension zu gelangen. „Hier verbindet sich der intentionale Handlungsbezug mit der materialen Präsenz der Dinge zu einem habitualisierten Wirklichkeitsschema, so daß Merleau-Ponty (1966:370) wie eine dimensionale, von einem Übergang von der Kommunikation zu einer „Kommunion“ von Leib und Welt spricht, um das Asemiotische, nicht Mittelbare dieses Prozesses zu betonen“ (Srubar, 2012:98).
Das methodologische Problem, das daraus erwächst, will man sozialwissenschaftlich an dieses asemiotische „Leibwissen“ herankommen, besteht darin, daß diese im Sinne der Lebensphilosophie direkt erlebten Inhalte der sozialen und materiellen Welt nicht „verlustfrei“ in Sprache überführbar sind, da ein Hiatus zwischen leiblichen und kognitiven Erlebnisinhalten sowie der Reflektion darauf anhand der „Intellektualisierung“ durch Sprache besteht: nach Schütz' hat selbst der aufmerksam zuhörende und adäquat generalisierende Andere keinen direkten Zugriff auf die Erlebnisinhalte von alter.19 Dies spielt vor allem für das hier verhandelte Raumerleben eine sehr zentrale Rolle, da dieses vermutlich, neben Schmerzen und Emotionen, das leiblichste Wissen des Subjekts darstellt. Soll Raumerleben (wissenschaftlich) verobjektiviert werden, muß dies im Sinne des Erörterten mit einem Verlust an Informationen über dieses Erleben einhergehen: „Die beständige, intersubjektive Geltung der Wortzeichen, die sozialen Ursprungs ist, impliziert also eine Reduktion der Erlebnisfülle des Subjekts hinsichtlich ihrer Ausdrückbarkeit“ (Srubar, 1981:31). Bislang ist es allerdings unterblieben, diese (notwendige) Reduktion als Bedingung der Möglichkeit überhaupt anzusehen, nicht nur um an räumliches Erfahrungswissen zu gelangen. Denn nur das Subjekt ist selbst in der Lage, die Raumerfahrung und ihre Deutung als eine für ego adäquate Sinnzuschreibung im Sinne des reflektierenden Ichs auf seine leiblichen Erlebnisse zu gestalten.20
Dies muß deshalb methodologisch für die rekonstruktive Analyse der räumlichen Erfahrungen wieder ans Tageslicht geholt werden, und zwar als soziale Relation zwischen Zeichen/Typisierung und der leiblichen Erfahrung von Materialität, genauso, wie es Schütz noch in der Frühphase für die „Spracharbeit“ konzipiert hat (Srubar, 1981:53). Zum anderen muß die Aufmerksamkeit dafür geschärft werden, daß räumliche Erlebnisinhalte und Typisierungen auf Basis asemiotischer Erfahrungen (z. B. heimelige/unheimliche Orte, angenehme/abweisende Atmosphären, die soziale Nähe bzw. Ferne ausdrücken) zu den grundlegenden und Gesellschaft überhaupt ermöglichenden Erfahrungsinhalten gehören, mithin also sozial konstitutiv sind. Es sind gerade jene – durch Sprache in Retentionen und Protentionen mitgeteilten – Erlebnisinhalte räumlicher Art, die für die Humangeographie von großer Bedeutung sind. Damit dies in den Fokus rückt, muß aber konzeptionell die Möglichkeit des Subjekts, diese eigenständigen asemiotischen Erfahrungen von Welt zu machen, eingeräumt werden, und quasi wieder aus dem Fundus des phänomenologischen Tafelsilbers zurück in die Theorie- und Methodologiedebatte geholt werden. Der Sinn der „Begriffsarbeit“ der sozialen Sphäre (die Gesellschaft und ihre Wissensvorräte) liegt laut Schütz in ihrer adäquaten Typisierung, daß also Begriffe in irgendeiner Beziehung zum Erlebten stehen müssen, sollen sie sinnhaft für die Subjekte sein.21
So sind subjektive Raumerfahrungen (z.B. Angst in einer Tiefgarage) nicht arbiträr und losgelöst vom konkreten Raumerleben, gewinnen aber erst Sinnhaftigkeit, wenn sich andere Subjekte in der Wahl von Begrifflichkeiten zumindest in Retentionen an ihre durée erinnern und nun Du-Erlebnisse produzieren, die ein solch gemeinsam geteiltes In-der-Welt-sein als symbolisch aktualisierte frühere Raum-Erlebnisse darstellen: mehrere Menschen, für die Tiefgaragen bedrohlich wirken. Dabei ist zuzugestehen, daß unterschiedliche Menschen (Milieuhintergrund, Geschlecht, o.a.) habituell und Doxa-begründet durchaus zu unterschiedlichen Ausdeutungen von Raumphänomenen kommen können. Diese lassen sich aber selbst wieder typisieren und zusammenfassen im Sinne einer Bourdieuschen Klassen- respektive Milieuanalyse (vgl. etwa Dörfler and Manns, 2013; Dörfler, 2013). Beiden Perspektiven gemein bleibt aber das Problem des Asemiotischen der Raumerfahrung. Es ist kein Zufall, wie diese Ausdeutungen sich gestalten, da ein wesentlicher Teil davon in ihrer Materialität und damit leibhaften Erfassung begründet liegt. Dies gilt auch im Hinblick auf den sozialen Anderen, mit dem Leib als materiellen Interpretanten.
In diesem Sinne sollte Raum weder als Vorbedingungen des Denkens oder als apriorisches Etwas angesehen werden, wie das in der „euklidischen Tradition“ der Fall ist,22 noch als bloßes soziales „Konstrukt“ oder „signifikativer Verweisungszusammenhang“, wie es eine diskurshygienische „Stilllegung des Denkens in Kategorien individuellen Erlebens und leiblichen Spürens mitweltlicher Milieus“ (Hasse, 2017:352; Herv. i.Orig.) erreicht hat, denn er geht über beides hinaus. Durch menschliche Wahrnehmung, die nicht nur kognitiv, sondern auch leiblich erfolgt, und die eng an Kultur, Gesellschaft und Habitat gebunden ist (Siedlungs- und Umgangsformen, Wohnen, Straßen/Wege, Plätze etc.) spannt sich der für den Menschen relevante Raum in der Zeit und auf Grundlage menschlicher Erfahrungen objektiv auf, also jenseits der Subjekte und gleichzeitig durch sie konstituiert: der „durchorganisierte Raum [ist] Bestandteil des objektiven Geistes […] und uns von diesem her verständlich: Die Ordnung der Sitzgelegenheiten in einem Wohnraum, die Ordnung der Häuser entlang der Straße usw.: alles dies ist uns verständlich, weil sich menschliche Zwecksetzung darin objektiviert hat“ (Bollnow, 1960:408).23 Es ist dies gewissermaßen der räumliche Aspekt der „Externalisierung“, „Objektivierung“ und „Internalisierung“, wie es Berger and Luckmann (1969) generell für die Etablierung sozialer Tatsachen eingeführt haben (vgl. Steets, 2015 für die gebaute Umwelt).
In dem vorliegenden Beitrag wurde gezeigt, daß der „soziale Raum“ weder kausal vor-, noch lediglich konstruktiv nachgeordnet ist, sondern selber, als habituell organisiertes Leibwissen, ein Konstitutivuum des Gesellschaftlichen darstellt. Eine raumphänomenologische Deutung des Sozialen erfordert dabei eine Erforschung der (Alltags-)Welt, wie sie von jenen, die darin situiert und involviert sind, erfahren wird. Es ging darum, aufzuzeigen, wie und warum menschliche Erfahrungen von räumlichen Dimensionen der sozialen und vor allem materiellen Welt als Grundlage wissenschaftlicher Rekonstruktion gelten können: indem sie ihren Ausgangspunkt in den Symbolisierungen und dem Sinn nehmen, den Menschen ihrer sozio-räumlichen Erfahrung geben (ja sogar geben müssen).
Hierzu wurde die Dimensionen des sozialen Raumes sowie Räumlichkeiten des Sozialen bei Alfred Schütz sowie in den Strukturen der Lebenswelt von Schütz and Luckmann (1979) aufgezeigt, um methodologisch die Möglichkeit für eine empirisch fundierte raumbezogene Sozialforschung zu eröffnen, und um damit die subjektbezogenen Erfahrungsdimensionen des Räumlichen nutzbar zu machen. Denn es stellt sich bis heute das Problem, wie gegenstandsorientierte, empirische sozialwissenschaftliche Forschung zum Räumlichen der Gesellschaft – etwa auf Basis von Herrmann Schmitz' Neuer Phänomenologie (1980), worin auch im Spätwerk leibliche Räumlichkeit(en) eine zentrale Rolle spielen (vgl. Schmitz, 2007) – über individuelle und kollektive Raum-Erfahrungen zu betreiben wäre? Hierin existiert aus unserer Sicht eine disziplinübergreifende Leerstelle, weswegen wir in der Phänomenologie von Alfred Schütz eine epistemologisch und konzeptionell angemessene Möglichkeit sehen, Raumerfahrungen und Raumerleben ihren subjektiven (erlebten) Sinn nach zu verstehen und rekonstruieren zu können. Diese Erfahrungen bilden die notwendige Grundlage, um sie für den akademischen Diskurs im Bourdieuschen Sinne verobjektivieren zu können und um eine neue Theorie sozialer Räumlichkeit zu entwickeln.
Es erscheint uns deshalb zentral, diese geisteswissenschaftlichen Aspekte der Sozialphänomenologie von Alfred Schütz in der Humangeographie zu verankern, da viele theoriegeleiteten Debatten der letzten Jahre explizit in eine andere Richtung voranschritten und dabei grundsätzliche Voraussetzungen anthropologischer wie phänomenologischer Art bei der Analyse sozioräumlicher Bedingungen mißachtet haben. Diese in das Bewußtsein zu rufen und auf die conditio humana des Subjektleibes gerade in Zeiten biopolitisch zurichtender und kasernierender Politiken hinzuweisen, scheint uns existentiell, um Gegenentwürfe nicht nur theoretischer Art zu unternehmen.
Hierzu möchten wir einen knappen Ausblick auf Analysen zeitgenössischer Lebenswelten unter post-postmodernen Bedingungen anschließen, um die methodologische und praktische Tragweite der hier vorgestellten leibphänomenologischen Lebensweltanalyse zu verdeutlichen.
„Confronted with society's possible collapse, that is, with a crisis in its integration on both social and system level, significant parts of society activate morphogenetic processes that consist in creating networks of relations in which the functionalist principle is replaced by other principles“ (Donati, 2015:100). Subjekte der Moderne (vgl. Weisenbacher, 1993) zeichnen sich durch die gelebte Ambivalenz der Zumutungen der modernen Welt aus: einerseits sind sie eingebunden in die funktionalen Ermöglichungsspielräume der Arbeitsteilung und erfahren sich dabei durchaus als frei, autonom und handlungsgestaltend; andererseits entfremdet sie diese notwendig abstrakte Vergesellschaftungsform von Erfahrungen und zwischenmenschlichen Beziehungen, die anthropologisch als fundamental für den Menschen gelten können.24 „Vom post-postmodernen Menschen wird immer noch mehr Mobilität und Flexibilität, sowie qua neue Medien permanente Erreichbarkeit und Omipräsenz gefordert, was zu einer immer stärkeren räumlichen Gleichgültigkeit, zu Unverbundenheit und Unverbindlichkeit in Bezug auf bestimmte Orte sowie – kritisch beleuchtet – zu Entwurzelung führt“ (Fischer-Geboers and Geboers, 2015:263).
Mit der Steigerung der Entfremdungserfahrungen z.B. durch die benannte Flexibilisierung und Mobilität sowie Beschleunigungserfahrungen, wie sie seit einiger Zeit auch in der Soziologie thematisiert werden (vgl. Sennett, 2000; Rosa, 2013:8ff.), erfährt diese Dialektik eine Verstärkung, und so erscheint es beim Blick auf gegenwärtige populäre Subjektivierungsformen als evident, daß Menschen im Zeichen gegenwärtiger ökonomischer und (sozial-)ökologischer Krisis vermehrt das Bedürfnis entwickeln, sich in relationalen Beziehungen zu organisieren, die personal nicht-funktional und leiblich authentisch sind (Donati, 2017). Viele streben zudem auch in der persönlichen Lebensführung eine ethisch konsistente Verankerung an (ausgerichtet an Nachhaltigkeit, Suffizienz, authentische Leib-Praktiken etc.), um den aus ihrer Sicht Zumutungen der Zeit eine andere Praxis entgegenzusetzen. Es liegt darin eine Suche nach reziproken Beziehungen zugrunde, die den Funktionen der Moderne entgegenstehen bzw. diese hinter sich lassen möchte, um einen (neuen) sozialen wie persönlichen Lebens-Sinn zu entwickeln.
In ähnlicher Begründungslinie führt Hartmut Rosa (2016) unlängst an, dass Globalisierungs-, Beschleunigungs- und Digitalisierungsprozesse das eigentliche praktische Problem der zeitgenössischen Lebenswelten verdrängen: den modernistisch-funktionalen Zwang zur Anpassung an Technisierung und fortschreitender Modernisierung, bei gleichzeitiger leiblicher und psychologischer (anthropologischer) Notwendigkeit des Erlebens von sozialen „Resonanzräumen“ (Rosa and Endres, 2016:20).
Unter Resonanz versteht Rosa (2016:298) dabei „eine durch Affizierung und Emotion, intrinsisches Interesse und Selbstwirksamkeitserwartung gebildete Form der Weltbeziehung, in der sich Subjekt und Welt gegenseitig berühren und zugleich transformieren“. Grundsätzlich ist eine Resonanzerfahrung ein „momenthafter Dreiklang aus konvergierenden Bewegungen von Leib, Geist und erfahrbarer Welt“ (Rosa, 2016:290). Dabei unterscheidet er (ebd.: 151ff.) – in Rekurs auf Plessners Differenzierung von Mitwelt, Außenwelt und Innenwelt – drei „Resonanzachsen“: (1) horizontale Resonanzachsen, womit Familie, Freundschaft und Politik die soziale Mitwelt betreffend gemeint sind, (2) diagonale Resonanzachsen, die mit Objekten, Arbeit, Ausbildung, Konsum und Sport die Außenwelt betreffen; sowie (3) vertikale Resonanzachsen, die mit Natur, Religion, Kunst und Geschichte die Affektionen der subjektiven Innenwelt betreffen.
Darin werde das Streben nach „einer anderen Form der Weltbeziehung“ deutlich, um Selbstwirksamkeitsgefühle zu mobilisieren, die auf ein kollaboratives Gestalten des Gemeinwesens abzielt (ebd.:737; vgl. Sennett, 2014). Damit soll der Übergang in eine stärker resonante (und damit weniger entfremdete) Gesellschaft möglich werden, durch andere Praxen der Gesellung, also als konkretes und praktisches Zusammenleben (vgl. Adloff and Heins, 2015). Dieser Wertewandel wird als Hinweis gesehen, daß es „im Leben auf die Qualität der Weltbeziehung ankommt, das heißt auf die Art und Weise, in der wir als Subjekte Welt erfahren und in der wir zur Welt Stellung nehmen“ (Rosa, 2016:19).
Die hier nur en passant thematisierten „post-postmodernen“ Bedürfnisse resonanter Raum- und Leibbezügen basierenden Praxis eröffnen damit den Blick auf (neue) leiblich begründete Interaktionen und Handlungsformen, will man verstehen, was für Subjekte als ein gelingendes Leben unter spätkapitalistischen Bedingungen gelten kann. Die Autoren untersuchen dies aktuell in einem Projekt zur Selbstorganisation im Zeichen sozialökologischer Krisen,25 dessen Erkenntnisse sehr deutlich darauf hinweisen, daß ein „resonanter“ Sozialraum Bedingung und Potential emanzipatorischer, auf Handlungsautonomie abzielender Praxis ist. Jenes gelingende Leben ist ohne eine dem Subjektiven „adäquate“ Raumerfahrung nicht zu haben. „[I]n dem von Menschen implizit erlebten Ineinandergehen von Raum- und Selbstwahrnehmung bzw. in dem kaum voneinander trennbaren gleichzeitigen Erleben eines Raums und der eigenen Person“ (Müller, 2017:13) liegt der Schlüssel für das Verständnis desselben, der noch seiner Ausarbeitung in der zeitgenössischen Theoriebildung harrt.
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Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Wir danken den drei anonymen Gutachter/innen für ihre konstruktiven Kritiken an diesem Beitrag.
Edited by: Benedikt Korf
Reviewed by: three anonymous referees
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Bereits diese dichotome Binarität, Affekte gegen Sozialität zu stellen, ist wenig überzeugend an den genannten Ansätzen, sind doch Affekte wie Scham oder Lächeln nichts anderes als soziale Reaktionen; zudem sind sie geradewegs zentral für die conditio humana, weil sie an der Schnittstelle Natur/Kultur angesiedelt sind (vgl. etwa Plessner's Werk „Lachen und Weinen“, 1970).
„Doch wie können wir all diese unterschiedlichen (nicht)-repräsentationalen Praktiken empirisch einfangen und methodisch erfassen? Wie können wir Bewegungen, Körper, Artefakte und Affekte untersuchen und wie können wir die Forschungsergebnisse ‚re-präsentieren‘? Denn wenn wir Ereignisse jenseits von Repräsentation und Bewusstsein untersuchen wollen, kommen wir mit Sprache nicht weiter“ (Schurr and Strüver, 2016:94). Kritisch darauf darf erwidert werden: Mit was dann? Denn bereits dieser Befund ist sprachlich ausgedrückt, und so wird es sich auch mit etwaigen Erkenntnissen ergeben, die aus solch einer Perspektive generiert werden.
„Toute manière de faire, fixée ou non, susceptible d'exercer sur l'individu une contrainte extérieure“ (Durkheim, 1988 [1895]:107).
Dies gilt sogar noch für die radikale Weiterentwicklung seiner Gedanken in der Lacanschen Lehre, die die phantasmagorische Anerkennung des Sinthomes als unmögliche Möglichkeit zum Konstitutivum einer gelungenen Subjektivierung macht (Lacan, 2005).
„Wo das rationale Subjekt seine eigenen leiblichen Empfindungen, seine sinnlichen Wahrnehmungen und sein fühlendes Werterleben der Geltung beraubt, indem es all dies zu Epiphänomenen neuronaler Schaltkreisfunktionen (…) erklärt, droht eine schleichende Entleerung der Welt von allem, was dieses Subjekt noch sinnlich ansprechen, gefühlshaft ergreifen und persönlich betreffen kann“ (Fuchs, 2000:18).
Dabei muß an dieser Stelle die – gewichtige – Differenzierung zwischen Ort und Raum, place und space, unerörtert bleiben, um die Argumentation nicht weiter ausufern zu lassen. Es wäre ein logischer Folgeschritt, die hier gemachten Überlegungen in Anknüpfung an diese etablierten Differenzierungen raumkonzeptionellen Denkens zu bringen.
Bspw. neue Formen der Selbstorganisation, die fundamental bisherige der Partizipation überschreiten können, vgl. Atkinson et al. (2017) sowie das Projekt SELFCITY (http://www.selfcity-project.com), aus welchem dieser Beitrag resultierte.
Vgl. etwa grundlegend, wenngleich ob der Fülle an fundierten Beiträgen kursorisch aufgelistet: Eberle (1984), Soeffner (2004), Hitzler (2015), Oevermann (2000) u.v.a.
Vgl. zu dieser Argumentation und Positionierung ausführlicher Dörfler (2015).
Affektiv, vorreflexiv, synapseninduziert, spontane „encounter“ u.a., etwa Ihde (2009), Massumi (2002), McCormack (2003, 2006), Dirksmeier and Helbrecht (2015) u.a.
“The skin”, so ein Mantra von Massumi (1996), sei “faster than the word”. Dem mag man physiologisch zustimmen, es stellt sich lediglich die Frage: Für was hat das eine Bedeutung? Sicher nicht für die Erfassung sozialer Wirklichkeiten.
Vgl. abermals Eberle (1984), Soeffner (2004), Hitzler (2015), Oevermann (2000), u.a. für die Soziologie; Birkenhauer (1987), Pohl (1986), Zahnen (2007), Rothfuß (2009), Verne (2012), u.a. für die Humangeographie.
Wir verstehen den Leib in Anlehnung an Merleau-Ponty (1974) und Waldenfels (1999:21, 41ff.) als grundlegendes Sinnes- und Erfahrungsmedium sowie Orientierungszentrum, der Medium der Wahrnehmung und Wahrgenommenes zugleich ist.
„Von den diversen phänomenologischen Ansätzen […] können drei besonders einschlägige Betrachtungsweisen herausgehoben werden, die […] von der Empathie als eigentümlichem Modus der Intentionalität, […] von der Leiblichkeit sowie [die des] ursprünglichen Weltbezug des Subjekts, der am Paradigma der Objektwahrnehmung expliziert wird“ (Breyer, 2012:3).
Vgl. Dreyfus and Taylor, 2016 [2015].
Hier muß angemerkt werden, daß eine – disziplinhistorisch zu verstehende – Kombination aus der pragmatischen bzw. verstehenden Soziologie (in der Husserl-Schütz-Linie) und der Leibphänomenologie (in der Schmitz-Tradition) bislang unterblieb bzw. mit Untiefen verbunden ist, die für das hier aufgemachte Argument aber eigentlich notwendig zumindest anzudeuten ist. Auch dies ließ sich im Rahmen dieses Textes nicht bewerkstelligen und es muß auf zukünftige Weiterführungen der Überlegungen verwiesen werden.
Sullivan (2017:133) hierzu: “There is no position from which to view the everyday except via the body.”
Obwohl sich deutlich von Descartes abgrenzend, schlägt Husserl aber im Weiteren nicht den Weg ein, diese Subjektivität auch als leiblich erkennende Subjektivität aufzulösen, die sich ebenso objektivieren ließe, sondern als erkennendes Bewußtsein, das zwar leibgebunden, aber eben davon unabhängig das ‚gesellschaftlich Allgemeine‘ am Sinn von Erfahrungen und Typisierungen erfasst.
Dieser Umstand gilt erst recht auch für die Wissenschaft.
Schütz geht im weiteren Verlauf seiner Theoriebildung verstärkt auf die Klärung des Problems ein, wie intersubjektives Verstehen überhaupt möglich und sozialwissenschaftlich zu konzipieren ist, um damit auf die Erklärung der möglichen Generalisierungen von Sinn abzuzielen (Typisierungen wie Sprache, Symbole, gespeist aus der Reflexion auf Erlebnisse usw.). Damit rückt aber die Analyse der direkten Erlebnisinhalte notgedrungen in den Hintergrund, die in seiner „lebensphilosophischen Anfangsphase“ noch eine größere Bedeutung hatte, als insbesondere Henri Bergsons „Materie und Gedächtnis“ wie eine dimensionale, eine entscheidende Rolle spielte (Bergson, 2015) (vgl. Srubar, 1981:30).
Man sagt z.B. alltagslogisch „Mit diesem Begriff kann ich nichts anfangen“ oder „das bringt es nicht auf den Punkt“ um das (hier fehlende) Adäquanzprinzip zu verdeutlichen, und dies gilt insbesondere für Erlebnisse von räumlichen Zusammenhängen, die zunächst leiblich erfahren, und dann später begrifflich zu verallgemeinern versucht werden („Angsträume“ usf.). Dabei sind alle diese Versuche nur unzureichende Symbolisierungen, die notwendig verallgemeinernd sind, um verstanden zu werden, aber eben keineswegs allgemeinverbindlich, weil sie auf den Residuen des subjektiven Erlebens aufruhen: was dem einen eine beängstigende Tiefgarage oder ein Parkhaus, ist dem anderen ein perfekter urbaner Spielpark (vgl. Hasse, 2012b).
Vgl. die Darstellung zum absoluten Raum in Jammer (1960), ähnlich in Löw (2001, 2008).
Bollnow (1963) legte dar, dass Raum kein „linguistisches“ oder „diskursives“ Problem darstellt (wie wir also Plätze und Räume via Sprache „herstellen“), sondern ein leibliches Phänomen ist, das sich auch nur auf diese Weise erfahren läßt: wie wir also leiblich die materiellen Dimensionen der Lebenswelt erfassen und erlernen, seien sie kulturell (Zeichen auf der Straße), natürlich (Klima, Landschaft), oder sozial (die Lebenswelten der anderen).
So zeichnet sich die (post-)moderne Epoche als Dialektik zwischen funktionaler Ausdifferenzierung und intimer „Entdifferenzierung“ aus (Familie, Subkulturen etc.) und kann als Charaktermerkmal – vermutlich für alle von der kapitalistischen Modernisierung betroffenen Gesellschaften – gelten.
- Kurzfassung
- Einleitung
- Phänomenologische Geographie und Limitationen „post-phänomenologischer“ und „nicht-repräsentationaler Geographien“
- Kann es eine Erfahrung zwischen Latenz und Unbewußtem geben?
- Jenseits von Konstruktion und Dekonstruktion des Raumes: Die soziale Rekonstruktion räumlicher Bedeutung und Erfahrung
- Leibliches Erfahren des Raumes
- Auf dem Weg zu einer pragmatischen, raumbezogenen Sozialtheorie: Die Relevanz von Schütz' Lebenswelt-Konzept
- Synthese und Exkurs: Auf der Suche nach leiblichen „Resonanzräumen“?
- Datenverfügbarkeit
- Interessenkonflikt
- Danksagung
- Literatur
progressive sense of place, transnationalities, socio-spatial atmospheres,
homeand encounters, it has never become a major strand of contemporary (German speaking) human geography.
- Kurzfassung
- Einleitung
- Phänomenologische Geographie und Limitationen „post-phänomenologischer“ und „nicht-repräsentationaler Geographien“
- Kann es eine Erfahrung zwischen Latenz und Unbewußtem geben?
- Jenseits von Konstruktion und Dekonstruktion des Raumes: Die soziale Rekonstruktion räumlicher Bedeutung und Erfahrung
- Leibliches Erfahren des Raumes
- Auf dem Weg zu einer pragmatischen, raumbezogenen Sozialtheorie: Die Relevanz von Schütz' Lebenswelt-Konzept
- Synthese und Exkurs: Auf der Suche nach leiblichen „Resonanzräumen“?
- Datenverfügbarkeit
- Interessenkonflikt
- Danksagung
- Literatur