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More than words: Comics als narratives Medium für Mehr-als-menschliche Geographien
Verena Schröder
Human-animal relations are often experienced viscerally. These corporeal, affective, sensual and emotional realities cannot easily be put into words and adequately expressed through linear and textual forms. For this reason, this paper investigates the potential of comics in more-than-human geographies. It identifies three different ways of how geographers approach this field of research and communication: (1) comic analysis, (2) comic semiotics and (3) comic practice. In their comic drawings geographers try to make specific viewpoints, moments, emotions and relations visible that have been underexposed either socio-politically or in terms of scientific practice. The article then discusses more-than-human qualities of comics, arguing that graphic narratives emerge as productive tools to reveal „the in_between“ of humans and nonhumans. It further describes an exemplary approach to a collaborative comic and how visceral or nonverbal aspects in human-animal relations can be expressed and experienced, using the empirical study of returning wolves to Switzerland.
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Menschen sind vielfältig in und mit ihrer Mitwelt verbunden. Diese Verschränkungen sind nicht immer offensichtlich oder mittels Sprache ausdrückbar, sondern werden häufig viszeral, das heißt mulitsensorisch und auf der Ebene von Gefühlen und Emotionen vermittelt. Deutlich wird dies etwa bei Beziehungen zwischen Menschen und Tieren, die sich in erster Linie körperlich-leiblich konstituieren und so die Grundlage für ein gegenseitiges Verstehen ganz ohne Worte bilden. Zwischen menschlichen und mehr-als-menschlichen Entitäten existieren demnach Verbindungen, die mit dem Auge oder dem Ohr alleine nicht auszumachen sind. Diese Einsicht spiegelt sich auch in den Theoriediskussionen wider, die in jüngerer Zeit sowohl in den natur- als auch geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen und somit auch in der Geographie geführt werden und beispielsweise auf Spiegelneuronen für Empathieempfinden und soziale Kommunikation (Fabbri-Destro und Rizzolatti, 2008; Iacoboni, 2008), auf Quanten als kleinste Energieeinheit, zwischen denen sich alles Getrenntsein auflöst (Erickson, 2011), sowie auf die körperlich-leibliche, affektive und emotionale Dimension in Mensch-Mitwelt-Beziehungen verweisen (Rosa, 2016; Schurr und Strüver, 2016; Pütz, 2019). Vor allem bei Letzteren geht es losgelöst von rationalen Denk- und Erklärungsmustern sowohl um die Konzeptualisierung der Verwobenheit zwischen vermeintlichen Gegensatzpaaren wie Natur und Kultur, Geist und Materie oder eben Mensch und Tier (bspw. Barad, 2003, 2007; Haraway, 2008) als auch um Zugänge für die empirische Forschung (bspw. Pitt, 2015; Bertram, 2016; Schröder, 2022).
Anlehnend an den Neuen Materialismus (in der Geographie bspw. Whatmore, 2006) richten Mehr-als-menschliche Geographien ihren Fokus auf die agency von Lebewesen und/oder Artefakten und damit verbunden auf Verstrickungen (entanglements) (Barad, 2007) zwischen Menschlichem und Mehr-als-Menschlichem, in und aus denen die Beteiligten hervorgehen. Oder anders formuliert: Nichtrationales und Präkognitives wie leibliche Praktiken, Affekte, Emotionen und atmosphärische Stimmungen sowie viszerale Erfahrungen werden zu Untersuchungsgegenständen und auch autoethnographisch reflektiert, da sie die Konstitution der Beziehungen, aus denen menschliche und mehr-als-menschliche Entitäten hervorgebracht werden, wesentlich beeinflussen. Wenngleich die methodologische und methodische Debatte in den Mehr-als-menschlichen Geographien im Vergleich zur theoretischen Auseinandersetzung zwar unterentwickelt ist, gibt es hier seit einiger Zeit Bestrebungen, diese Lücke zu schließen (Hinchliffe et al., 2005; Wylie, 2005; Laurier et al., 2006; Lorimer, 2010; Bear et al., 2017). Geograph*innen experimentieren mit performativen, verkörperten, multisensorischen und videobasierten Methoden und nähern sich so dem Beobachten und Erleben der leiblich-affektiven Dimension in Mensch-Mitwelt-Beziehungen an. Geht es im nächsten Schritt allerdings darum, die gewonnenen Eindrücke und Erkenntnisse wissenschaftlich zu kommunizieren, greift ein Großteil der Beiträge auf das Format der Verschriftlichung zurück. Doch lassen sich viszerale Erfahrungen oder atmosphärische Stimmungen adäquat ins lineare Textformat übersetzen und damit nachvollziehbar bzw. nachfühlbar machen? Besteht bei solchen Übersetzungen nicht auch immer die Gefahr, dass einige für die Erkenntnisgewinnung zentrale, leiblich-affektiv er- und gelebte Wirklichkeiten im „Da_zwischen“ von Menschlichem und Mehr-als-Menschlichem und damit „Verbindungen und Vermischungen in multiplen Welten und Ordnungen“ (Gesing et al., 2019:24) unterbelichtet bleiben? In der Geographie wird über diese Frage zunehmend diskutiert (Jacobs, 2016; Gesing et al., 2019; Hafner, 2022) und während Dowling et al. (2017) die ausschließliche Verschriftlichung mehr-als-menschlicher Forschungsergebnisse als eine Blockade für die methodologische Innovation in den Mehr-als-menschlichen Geographien ausmachen, will Garrett (2011) in der Dominanz des Textlichen als einzig anerkannte wissenschaftliche Präsentationsform gar ein zentrales Hindernis dafür sehen, dass sich das kreative Potenzial geographischen Arbeitens vollständig entfalten kann.
Vor diesem Hintergrund und anknüpfend an Latham und McCormack (2009), die Bilder nicht nur repräsentativ verstehen, sondern diesen eine affektive Materialität zuschreiben, die durch den Körper fühlbar wird, schlage ich vor, den Comic für die Mehr-als-menschlichen Geographien fruchtbar zu machen, der als wissenschaftliche Kommunikationsform zunehmend Aufmerksamkeit erfährt (Kuttner et al., 2020). Am empirischen Beispiel der Rückkehr von Wölfen in die alpine Kulturlandschaft der Schweiz geht der Beitrag der Frage nach, inwiefern leiblich-affektiv konstituierte Beziehungen zwischen Menschen und Tieren im Comicformat und kollaborativ mit einem*r Illustrator*in zur Darstellung gebracht werden können und sich das Da_zwischen von Menschlichem und Mehr-als-Menschlichem hierdurch ausdrückt. Die Beantwortung dieser Frage erscheint zum einen relevant, da sie auf die Bedeutung leiblich-affektiver Aspekte im Kontext der Wolfsrückkehr aufmerksam macht, die in der Debatte bislang wenig beachtet sind (vgl. Heinzer, 2020; Schröder und Steiner, 2020), aber deren Berücksichtigung für ein tiefergehendes Verständnis der Beziehungen zwischen Menschen und den rückkehrenden Wildtieren hilfreich wäre. Zum anderen lässt sie neue Erkenntnisse hinblickend auf die visuelle Übersetzung viszeraler Elemente sowie auf den Entstehungsprozess eines kollaborativen Comics und dessen Potenziale wie Herausforderungen erwarten. Im Anschluss an die Einleitung arbeitet der Beitrag die Rolle von Comics in der Geographie und damit verbundene aktuelle Entwicklungen auf. Ich argumentiere, dass Comics mehr-als-menschliche Qualitäten aufweisen und sich als Instrument für die Entwicklung „posthumaner Narrative“ (Menga und Davies, 2020:671) anbieten. Dies zeige ich exemplarisch an einem kollaborativ entwickelten Comic zur Rückkehr von Wölfen auf und stelle die Übersetzung leiblich-affektiver und sinnlich-emotionaler Wirklichkeiten ins Bildformat und damit in Verbindung stehende Chancen und Herausforderungen der comicbasierten Wissenschaftsvermittlung zur Diskussion. Der Beitrag sieht sich insofern stellvertretend für eine mehr-als-menschliche Forschung, die Whatmore (2006) als experimentierfreudig verstanden sehen möchte und in der es erlaubt ist, Risiken durch die Überschreitung konventioneller, etablierter Formen der Wissensproduktion und -präsentation einzugehen.
Comics erfahren als Forschungs- und Kommunikationsmedium in jüngerer Zeit und in unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen zunehmend Aufmerksamkeit (Kuttner et al., 2020). Sowohl naturwissenschaftliche wie auch geistes- und sozialwissenschaftliche Themen werden mittels Comics erschlossen (bspw. Thébaud et al., 2017; Weaver-Hightower, 2017; Schlünder und Ahrens, 2019) und in sehr renommierten Fachzeitschriften publiziert (bspw. Monastersky und Sousanis, 2015). Aber nicht nur etablierte Journale zeigen sich der bilderzählerischen Vermittlung von wissenschaftlichen Erkenntnissen gegenüber offen. Es sind auch Wissenschaftsverlage, die sich dem Medium Comic annähern: So hat Taylor & Francis beispielsweise begonnen, Cartoon-Abstracts zu wissenschaftlichen Artikeln zu veröffentlichen, und mit der erst kürzlich gegründeten Buchserie „ethnoGRAPHIC“ möchte die University of Toronto Press ein Format anbieten, um Feldforschungsprozesse und daraus gewonnene Ergebnisse visuell zu erzählen. Parallel wurden mit der „Bonn Online Bibliography of Comics Research“ (BOBC) der Universität Bonn eine umfangreiche digitale Comic-Literaturdatenbank geschaffen und mit „The Comic Grid“, dem „Journal of Comics and Culture“, dem „Journal of Graphic Novels and Comics“ und dem „Sequentials“ Peer-Review-Journale gegründet, die die Produktion und Verbreitung von Wissen durch comicbasierte Inhalte unterstützen. Comics stellen also mittlerweile ein ernstzunehmendes Wissenschaftsmedium dar, welches auch in der Geographie unter den Schlagwörtern der „Comic Book Geographies“ (Dittmer, 2014), der „Comic Geographies“ (Fall, 2020a) oder der „geoGraphic novel“ (Peterle, 2021) in den vergangenen Jahren nicht unbeachtet blieb1. Aber aus welchem Anlass und zu welchem Zweck greifen Geograph*innen auf das Comicformat zurück, welche wesentlichen Erkenntnisse liegen vor und welche Strömungen lassen sich identifizieren?
2.1 Die Rolle von Comics in der Geographie
Im Wesentlichen können in der Geographie drei unterschiedliche Annäherungen an Comics ausgemacht werden (Abb. 1), an denen sich die Fragen des vorhergehenden Kapitels untersuchen lassen. Im ersten und ältesten Zugang, den ich „Comicanalyse“ nenne, werden bereits veröffentlichte Comics als Datenmaterial herangezogen und beispielsweise hinsichtlich ihres Ausdrucks über Geopolitik (Dodds, 1996; Dittmer, 2007a; Rech, 2014), feministischer Geopolitik (Fall, 2014) oder Identitätsbildung (Dittmer, 2007b) untersucht. Das Medium dient hier vor allem als Grundlage für inhaltsanalytische Auswertungen und wird als Repräsentation spezifischer gesellschaftspolitischer Entwicklungen und Diskurse verstanden. Als „Comicsemiotik“ definiere ich eine zweite Phase, in der es vor allem um Fragen des Aufbaus und des Lesens bildbasierter Erzählungen geht. Entsprechende Beiträge greifen ebenfalls auf bereits publiziertes Comicmaterial zurück und setzen sich u. a. mit der Rolle der Leser*innenschaft für die Konstruktion comicbasierter Narrative und der Bedeutung des Panels (panel) – der kleinsten Einheit im Comic, welche von anderen Bildern mittels Rahmen getrennt wird – und der Zwischenräume (gutter) – der Abstände und topologischen Verbindungen zwischen den Panels – auseinander (Dittmer, 2010; Gallacher, 2011; Dittmer und Latham, 2015). Es sind also nicht nur die Inhalte von Comics, die das Interesse von Geograph*innen wecken, sondern auch die Gestaltung der Seite, die Anordnung der Panels, Sequenzen und Zwischenräume, die in ihrer jeweils spezifischen Anordnung dazu beitragen können „to hold time still“ (Dittmer, 2010:232) und den Lesenden die Möglichkeit bieten „[to] create geographical space (…) to produce their own narrative“ (Dittmer, 2010:233). Vor diesem Hintergrund unterscheidet sich die Praxis des Comiclesens auch wesentlich von der (linearen) Praxis des Filmeschauens, bei der die Regie und nicht die Lesenden bzw. Zusehenden das Tempo bestimmen. Groensteen (2007:108) bezeichnet diese besondere Eigenschaft als „plurivektorial“, womit gemeint ist, dass Comiclesende regelmäßig dazu angehalten werden, nach vorne und nach hinten bzw. nach oben und nach unten zu blicken, um das jeweils aktuelle Panel zu verstehen oder um bereits betrachtete Bilder neu zu interpretieren und so letztlich eine simultane Auffassung von Raum und Zeit erhalten. Basierend auf Groensteen (2007:61), der die Praxis des Comiclesens als „natural rhythm“ bezeichnet, als ein Musizieren, ein Atmen „aroused by its discrete apparatus of enunciation, which, discontinuous, is laid out in strips and tabular“, fasst sie Dittmer (2010:229) als „embodied musical affect“ zusammen. Erste gedankliche Ansätze zur viszeralen Dimension von Comics werden erkannt, aber trotz der Debatten um mehr-als-repräsentationale Theorien und mehr-als-menschliche Zugänge in der Geographie nicht weiter aufgegriffen.
Einen Wendepunkt in der geographisch-wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Comics stellt die Arbeit von Laurier (2014) dar, der seine ethnographischen und mittels Video erhobenen Daten in Comic-Transkripte übersetzt und so die dritte Phase einleitet, die ich „Comic als Praxis“ nenne. In dieser werden Comics nicht mehr ausschließlich analysiert, sondern durch Geograph*innen selbst oder in Kollaboration mit Zeichner*innen erstellt und kommen entweder ergänzend oder alternativ zur Verschriftlichung von wissenschaftlichen Ergebnissen zum Einsatz. Eine Möglichkeit des aktiven Einbaus von Comics in den Datenerhebungsprozess stellen Aalders et al. (2020) mit ihrer entwickelten Methode der collaborative comic creation (CCC) vor. In Zusammenhang mit einem geplanten Infrastrukturprojekt in Kenia geht es den Autor*innen in ihrem Beitrag um die Sichtbarmachung von Zukunftsvorstellungen marginalisierter Gruppen. Dazu werden die Gesprächspartner*innen in mehreren Workshops angehalten, ihre Eindrücke und Vorstellungen zu verbildlichen, welche anschließend und nach erneuter Rücksprache mit den Beteiligten durch erfahrene Illustrator*innen in Form von Comicstrips nacherzählt werden. Während die comicbasierte Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse im Beitrag von Aalders et al. kollaborativ zwischen einem Forschenden und Comiczeichner*innen erfolgt, gestalten Fall (2020a, b, 2021) und Peterle (2019, 2021) als zentrale Vertreterinnen der Comic-Geographien ihre Zeichnungen selbst. Erstere setzt das Comicformat beispielsweise ein, um die (Re-)Materialisierung von Staatsgrenzen im Zuge der Covid-19-Pandemie zu diskutieren (Fall, 2020a). In einem anderen Beitrag arbeitet sie die Benennung eines Gebäudes der Universität Genf nach Carl Vogt kritisch auf (Fall, 2020b). Sie wendet sich darin mit einem persönlichen und comicbasierten Brief an den einstigen Politiker und Naturwissenschaftler selbst, macht auf dessen rassistisches Gedankengut aufmerksam und zeigt, wie dieses durch seinen Namenszug am Universitätseingang, einer Statue und einer nach ihm benannten Straße symbolisch präsent ist. Für Fall bedeutet die Kreation von Comics ein Zusammenstellen ausgewählter Momente zu einer Assemblage sowie ein Kreieren alternativer Erzählungen. Während dies auch bei der Verschriftlichung von Erkenntnissen eingelöst werden kann, sei man sich in der Comicerstellung der spezifisch auszuwählenden Momente bewusster, indem diese zielgerichtet und rhythmisch an- bzw. untereinander gereiht würden und potenzielle Affekte in den Zwischenräumen Berücksichtigung fänden (Fall, 2020a, b). In ähnlicher Weise argumentiert Peterle (2021:151), wenn sie die Wichtigkeit der Herausstellung des Moments in der Comicerstellung betont. Sie versteht Comics performativ und affektbasiert und unterscheidet hier einerseits zwischen the practice of doing comics, „that is able to merge the moment of research with its representation through a process of co-production between page and place“ (Peterle, 2021:17) und comics as doings, womit sie den Comic selbst als Materialität mit agency meint, der Affekte auslöst und Beziehungen herstellt und insofern über das Panel und die Comicseite hinauswirkt. Mit ihrem kreierten Begriff der geoGraphic novel will Peterle auf die Potenziale eines neuen narrativen Formats aufmerksam machen, welches geographisches Denken bilderzählerisch vermitteln und hierdurch in neue Richtungen lenken soll, indem „the subjective and pre-cognitive, (…) the representational and embodied, and the human [and] more-than-human (…) aspects of doing (and reading) comics“ (Peterle, 2021:15) Berücksichtigung finden. Sie zeigt dies beispielhaft in einem Comic zum öffentlichen Verkehrsnetz der finnischen Stadt Turku, indem sie verschiedene Geschichten des Städtischen in unterschiedlichen Zeitrahmen miteinander koexistieren lässt, ihre Gedanken, Mimik und Gestik in die Erzählung einbaut und damit ihre Persönlichkeit als Teil ihrer Positionierung im Feld offenlegt.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass comicbasierte Forschung zunehmend Relevanz erfährt und Wissenschaftler*innen aus unterschiedlichen Disziplinen und epistemologischen Hintergründen tangiert. In der Geographie werden Comics nicht mehr ausschließlich als Forschungsobjekte, sondern als Forschungspraxis begriffen, wobei es den geographischen Comicvertreter*innen in ihren praktischen Arbeiten vor allem darum geht, Standpunkte, Momente, Emotionen und Beziehungen sichtbar zu machen, die bisher entweder gesellschaftspolitisch oder wissenschaftspraktisch unterbelichtet blieben. Oder wie Fall (2021:32) es formuliert: es geht darum, Forschung anders zu gestalten, um „alternative Welten“ zu kreieren. An dieses Motiv möchte ich anknüpfen, indem ich zunächst verschiedene mehr-als-menschliche Qualitäten von Comics identifiziere und darauf aufbauend mehr-als-menschliche Erkenntnisse alternativ erzähle und sichtbar mache.
2.2 Mehr-als-menschliche Qualitäten
In den Mehr-als-menschlichen Geographien werden Menschen nicht nur als vernunftbegabte Entitäten aufgefasst, sondern auch als leibliche und emotionale Wesen verstanden. Für die Analyse bedeutet dies, dass vor allem die Dimensionen des Leiblich-Affektiven und Sinnlich-Emotionalen in Praktiken, Erfahrungen und Situationen im Austausch mit dem Mehr-als-Menschlichen Berücksichtigung finden. Der Fokus richtet sich dann beispielsweise auf Bewegungsabläufe, Gestik und Mimik, Gefühle und Stimmungen, leibliches Spüren und Affekte – Körperreaktionen, die die Konstitution von Beziehungen besser verstehbar machen. Comics bieten die Möglichkeit, diese Elemente zwischen den Entitäten abzubilden und damit Relationen sichtbar zu machen, weswegen sie auch für die Erzählung von Mensch-Tier-Beziehungen schon lange eine zentrale Rolle einnehmen (s. bspw. Lucky Luke, Die Peanuts mit Snoopy und Charlie Brown, Garfield etc. – für eine Übersicht s. Herman, 2018a und Yezbick, 2018). Mehr als andere Medien sind Comics dazu in der Lage, innige Verbindungen zwischen menschlichen und tierlichen Lebewesen zu zeigen – wie dies insbesondere Watterson (2003) mit seinem bekannten Comicstrip „Calvin und Hobbes“ gelingt – oder die Grenze zwischen Mensch und Tier aufzulösen, wie u. a. im Comic „Maus“ von Spiegelman (1986) sehr eindrücklich gezeigt wird. Bezogen auf letzteren hält Spiegelman in einem Interview fest, dass die Benutzung von Tieren als Chiffre einen direkten Zugang zu menschlichem Trauma ermöglichen soll (Groth und Fiore, 1988:190f). Die Lesenden in einen entfremdeten Raum der Assoziation und Dissoziation führen (Whitlock, 2006:977) und durch Tierformen hindurch zu den erlebten Gefühlen von Menschen im Holocaust vordringen, darum geht es dem Zeichner, der sich hiervon und durch die strategische Vermeidung menschlicher Gesichtsdarstellungen „a much more direct way of dealing with the material“ (Whitlock, 2006:977) verspricht. Durch diese unmittelbare Direktheit zum Materiellen hebt sich der Comic von der reinen Textform ab, weshalb Herman (2018b) in ihm und mit Bezug zu den Multispezies-Ethnographien (Kirksey und Helmreich, 2010; Schröder, 2022) vor allem ein Potenzial zur Beschreibung von Prozessen in Mensch-Tier-Kontaktzonen sieht, „for (re)imagining the dynamics of self-other relationships that cross the species boundary“ (Herman, 2018b:12).
Diese Ausführungen legen nahe, dass dem Comic mehr-als-menschliche Qualitäten zuzuschreiben sind, auf welche Williams (2012) – wenn auch nicht in einem mehr-als-menschlichen Kontext – indirekt verweist (Abb. 2). In ihrem Beitrag zur comicbasierten Darstellung von Gesprächen mit inhaftierten Frauen gelingt es der Autorin aufzuzeigen, wie Comics als Instrument zur Vermittlung von Emotionen und sinnlichen Erfahrungen im Austausch mit Interviewpartner*innen eingesetzt werden können. Dabei sieht sie im Comic mehr als nur eine Geschichte: „This way of presenting experiences also allows me to succinctly share the sounds, sights, and even smells of prison, as well as the conversations and body language“ (Williams, 2012:92). Comics verfügen demnach über das Potenzial, das leiblich-affektive Erleben von Situationen und Atmosphären zu vermitteln, die ganz wesentlich durch Geräusche und Gerüche und/oder die Körpersprache von den an der Begegnung beteiligten Entitäten konstituiert werden. Während Peterle (2021:59) ebenfalls konstatiert, dass es vor allem die Beziehung zwischen Körpern und der Umgebung ist, die im Comic (ohne erforderliche textliche Beschreibung) sichtbar werde, trägt Flowers (2017) die Diskussion über den Ausdruck leiblichen Spürens um eine Ebene weiter, wenn sie beschreibt, wie sie und andere sich körperlich-leiblich und affektiv in die Bewegungen und Gefühle der gezeichneten Comicfiguren hineinversetzen. Viszerales und damit ein ganz wesentlicher Aspekt der mehr-als-menschlichen Forschung (Hafner, 2022) lässt sich in Form von Comics demzufolge nicht nur vermitteln, ausdrücken und sichtbar machen, sondern in gewisser Weise auch nachfühlen. Vielleicht ist dies genau das, was Latham und McCormack (2009:253) als „pre-signifying affective materiality“ bezeichnen, die den Bildern innewohnt und leiblich-affektiv spürbar wird. Oder der von Roberts (2013:386) angeführte „‚in-between‘ status […] haunting between material and immaterial, real and virtual“, den die Autorin in ihrer Konzeptionalisierung von Bildern in der Humangeographie ableitet und der die Vermittlung und Nachempfindung visueller, auditiver, gustatorischer und olfaktorischer Elemente zwischen Menschlichem und Mehr-als-Menschlichem durch Comics erklärbar(er) macht.
Um Affekte auszulösen und wissenschaftliche Erkenntnisse nachfühlbarer zu machen, wird auch im wissenschaftlichen Schreiben mit neuen performativen Formen experimentiert (Lorimer und Wylie, 2010; Stewart, 2011, 2014). Zudem lassen sich Geräusche und Gerüche mittels Beschreibung in (mehr) Worten oder mittels „transaktiver Geschichtenerzählung“ (Schröder und Steiner, 2020:209) übermitteln. Die Wirkung der Übersetzung viszeraler Elemente in Bildform unterscheidet sich dennoch von jener in Text, da sie jeweils auf zwei unterschiedliche Modi des Verstehens verweisen. Während der Prozess des Verstehens in der comicbasierten Vermittlung im Wesentlichen über Affekte sowie sinnliches Nachspüren eingeleitet wird und die Lesenden dadurch multisensorisch in die Geschichte „eintauchen“, geschieht das Verstehen beim Lesen von wissenschaftlichen Texten vor allem durch Reflexion2. Oder anders formuliert: Es sind die simultan stattfindenden Prozesse, die Überlappung materieller, diskursiver, viszeraler, leiblich-affektiver und atmosphärischer Aspekte in der Ko-Konstitution von Momenten, die in der Comicerzählung anders als im Textformat zur Darstellung gebracht werden können und damit das „gemeinsame Werden“ (Haraway, 2008) zwischen Entitäten greifbarer machen. Comics ermöglichen demnach ein tiefgehendes Verstehen von (nichtlinearen) Situationen, die durch Worte bzw. durch(lineare) Verschriftlichung nur schwer zu beschreiben sind. Laurier (2014:245) drückt dies in der Erläuterung seiner Comic-Transkripte folgendermaßen aus: „[It] offers the possibility of sustaining the transcript as a record of an event while also helping sensitise us to the timing and spacing of the verbal, visual, embodied, environmental, material and kinaesthetic aspects of that earlier event“. Dieses spezifische Charakteristikum des Comics bietet Forschenden die Möglichkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse dicht und auf mehreren Bedeutungsebenen gleichzeitig stattfindend zu erzählen (Kuttner et al., 2020) und insofern ein Bewusstsein für die vielfältige Verstrickung von Entitäten und die Komplexität von Beziehungen in einer mehr-als-menschlichen Welt zu generieren. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, wenn Menga und Davies (2020:671) das Medium als „form with particular posthuman tendencies and capabilities“ beschreiben oder dessen Operationalisierung von Jeffrey (2016:5) basierend auf Deleuze und Guattari als „rhizomatisch“ bezeichnet wird. Ein Konnex zu den Mehr-als-menschlichen Geographien ist, wie ich finde, naheliegend und wird durch das nachfolgend skizzierte Praxisbeispiel unterstrichen.
Der in diesem Abschnitt vorgestellte Comic entstand basierend auf einem Beitrag zu Mensch-Wolf-Beziehungen (Schröder und Steiner, 2020) in der schweizerischen Calanda-Region und 46 (zum Teil Go-Along-)Interviews (Kusenbach, 2003) mit Vertreter*innen der Jagd-, Land- und Forstwirtschaft sowie der Wildhut, die im Sommer 2018 und 2019 durchgeführt wurden. Das Untersuchungsgebiet erstreckt sich rund um das Calanda-Massiv nahe der Stadt Chur, wo sich 2012 erstmals wieder ein Wolfsrudel in der Schweiz etabliert hat3. Die Idee für einen Wolfscomic entwickelte sich einerseits aus jenen geführten Gesprächen heraus, in denen mir von Mensch-Wolf-Begegnungen und damit verbundenen leiblich-affektiven und transformativen Erlebnissen berichtet worden war. Andererseits stellte ich während meiner Feldaufenthalte selbst fest, dass es in viszeraler Hinsicht einen Unterschied macht, bei Tag, Dämmerung oder Nacht, schönem Wetter, dichtem Nebel oder Wind im Wolfsgebiet unterwegs zu sein. Die gelebten und erlebten leiblich-affektiven und sinnlich-emotionalen Wirklichkeiten, welche für ein besseres Verstehen der Konstitution von Mensch-Tier-Beziehungen von Bedeutung sind, ließen sich allerdings nur schwer durch Worte vermitteln, weshalb ich nach einer alternativen Ausdrucksform suchte. Nachfolgend wird der Entstehungsprozess des Comics erörtert und das mit ihm verbundene Ziel benannt. Hieran reiht sich ein Abschnitt, in dem für die mehr-als-menschliche Forschung relevante Themen hinblickend auf ihren Ausdruck im entwickelten Comic diskutiert werden.
3.1 Kollaborative Comicerstellung
Die Erstellung des Comics wurde als kollaboratives Projekt zwischen einem professionellen Illustrator und mir angelegt. Ersterer lebte mehrere Jahre in der Schweiz und hatte bereits Erfahrung in der Erforschung von Mensch-Tier-Beziehungen gesammelt (Bonato, 2012), weswegen ihm die Schweizerische Debatte zur Wolfsrückkehr nicht gänzlich unbekannt war. Die comicbasierte Erzählung stellt einen Teaser einer sich fortsetzenden Geschichte dar, dessen Umsetzung erst durch die Einwerbung von Fördergeldern realisiert werden konnte. In einem ersten Projekttreffen wurden die Zielgruppe festgelegt und potenzielle Erzählstränge diskutiert. Auf der Grundlage des bereits veröffentlichten Papers (Schröder und Steiner, 2020), meiner Erfahrungsberichte und der Notizen durch den Illustrator schienen uns für das gesteckte Ziel – der visuellen Vermittlung leiblich-affektiver und sinnlich-emotionaler Dimensionen in Mensch-Tier-Begegnungen bzw. -Beziehungen und damit des „gemeinsamen Werdens“ (Haraway, 2008) zwischen Mensch und Tier – vor allem die Erlebnisse durch Jäger und Wildhüter4 geeignet zu sein. Sie jagen bzw. beobachten dieselben Tiere wie Wölfe, bewegen sich über weite Strecken im geteilten Revier bzw. Territorium und begegnen sich daher vergleichsweise häufig, sie müssen sich in andere Lebewesen hineinversetzen, hierfür ihre Sinne aktivieren und sind sowohl zur Tages- als auch Nachtzeit aktiv. Als die Entscheidung gefallen war, das Wechselverhältnis zwischen Vertreter*innen der Jagd und des Calandarudels bilderzählerisch aufzugreifen, stellte ich dem Comiczeichner Materialien in Form von Porträtfotografien der befragten Personen, Audioaufzeichnungen der geführten Gespräche, Fotos des Untersuchungsgebietes und „viszerale Audioquellen“ zur Verfügung. Bei letzteren handelt es sich um Selbstgespräche, die ich im Gelände, bei Begegnungen mit Tieren oder unmittelbar nach der Abhaltung eines Interviews aufzeichnete und in denen ich meine Gefühle und affektiven wie körperlich-leiblichen Erlebnisse festhielt. Sie hatten zum Zweck, die im Rahmen der Feldforschung viszeral gemachten Erfahrungen auch Monate oder Jahre später – zwar nicht in Echtzeit und nur auditiv vermittelt – „abzurufen“ und mich über den stimmlichen Ausdruck, die Atmung und die Hintergrundgeräusche nochmal mehr als über Text mit den Erlebnissen im Zuge der Feldforschung zu verbinden. Auf der Grundlage dieses Datenmaterials und durch das Ansehen von Wolfsdokumentationen und das Abhören der Audiomitschnitte bei gleichzeitiger Ausarbeitung erster Skizzen machte sich der Illustrator mit dem Forschungsthema tiefer vertraut. Um Wölfe „live“ zu zeichnen und so die Anatomie der Tiere besser zu verstehen, besuchte er außerdem einen Zoo und schrieb seine Gedanken in einem Notizbuch nieder (Abb. 3). Das Drehbuch, welches die Grundlage für das Storyboard bildet, entwickelten wir in mehreren Projekttreffen gemeinsam und legten uns darin auf einen Jäger namens Peter5 als Protagonisten und das Calandarudel in der Nebenrolle fest. Peter ist keine fiktive Person, er war ein Interviewpartner und sieht den Wolf als zentralen Bestandteil im Ökosystem des Calandas. An ihm und seinen Erlebnissen mit Wölfen und anderen Wildtieren sollen leiblich-affektiv sowie sinnlich-emotional konstituierende Mensch-Tier-Beziehungen zur Darstellung gebracht werden. Die entwickelte Geschichte hat sich im Feld nicht eins zu eins so zugetragen, sondern ist das Ergebnis einer Verdichtung des empirischen Materials und wurde vor Fertigstellung durch einen örtlichen Jäger und einen Wildhüter kommunikativ validiert.
Sowohl für den Comiczeichner als auch für mich stellte die Herangehensweise an die Comicerzählung ein Novum dar, bei dem wir beide uns mit neuen Fragen konfrontiert sahen: Wie ist die Übersetzbarkeit viszeraler Erfahrungen durch die dreifache Vermittlung zwischen einem Jäger, einem Illustrator und mir als Wissenschaftlerin zu bewerkstelligen und wieviel Vorgabe durch die forschende Person darf sein bzw. wieviel künstlerische Gestaltungsfreiheit wird dem Zeichnenden eingeräumt? In letzterer Hinsicht einigten wir uns auf einen Mittelweg, der durch die Anweisung an den Illustrator gekennzeichnet war, ausschließlich Szenen zu skizzieren, die auf das gesammelte Interviewmaterial bzw. das entwickelte Drehbuch zurückführbar sind. Entsprechend eines mehr-als-menschlichen Zugangs erhielt der Zeichnende außerdem den Auftrag, Tiere nicht als passive Wesen zu illustrieren, über welche Menschen verfügen können, sondern deren eigene Logiken und damit die „Unbestimmtheit von Materie“ (Barad, 2007) in die Darstellungen mit einfließen zu lassen. Zudem sollten Menschen und Tiere nicht in Kontrast zueinander dargestellt werden. Während die Anordnung der Panels sowie die Wahl der Farbgebung nicht vorgegeben waren, bekam der Illustrator hinsichtlich der Übersetzbarkeit von Sinneseindrücken die Anweisung, den leiblich-affektiven Gehalt des zur Verfügung gestellten Materials zu fokussieren und das generierte Wissen miterlebbarer, erfahrbarer und näher an der Viszeralität des Gegenstandes zu vermitteln. Indem das Potenzial des Comics in der Hinsicht ausgelotet und ausgeschöpft wurde, gelang die Übersetzung viszeraler Erfahrungen in gewisser Weise auch. Was dennoch blieb bzw. bleibt in dem Zusammenhang, ist eine erkenntnistheoretische Lücke zwischen dem, was der Jäger und ich erfahren, und dem, was durch den Illustrator visuell wiedergegeben wird, und zwischen dem, was wir leiblich spüren und viszeral erleben, und dem, was wir ausdrücken können. Demnach ist auch das Medium Comic in der Übersetzung leiblich-affektiver und sinnlich-emotionaler Wirklichkeiten mit Grenzen konfrontiert. Er liefert diesbezüglich aber auch neue Erkenntnisse, die der nächste Abschnitt aufzeigen wird.
3.2 Leiblich-affektive und sinnlich-emotionale Wirklichkeiten
Dem Ziel folgend, jene Dimensionen in Mensch-Tier-Beziehungen auszudrücken und verstehbar zu machen, welche durch Worte nur schwer vermittelbar sind, wurden verschiedene Stilmittel von Comics angewandt und für mehr-als-menschliche Narrative fruchtbar gemacht (Tabelle 1). Ein erstes ist das Arbeiten mit Soundelementen (Abb. 4). Das PENG! soll einen Schuss darstellen, der die Beteiligten affiziert und durch welchen sie gleichzeitig in Beziehung zueinander treten. Die Hirsche einerseits mit Jäger Peter, indem sie vor ihm die Flucht ergreifen, ein Tier durch ihn möglicherweise verletzt wurde und er deshalb in seiner Körpersprache sichtlich angespannt wirkt; und andererseits das Calandarudel mit dem Jäger, weil es auf seine Schüsse und die anderer Jäger*innen konditioniert ist. Als Aasfresser wissen die Wölfe nämlich, dass ein Schuss in ihrem Territorium gegebenenfalls das Vorfinden von Eingeweiden bedeutet, welche die Jäger*innen nach dem Ausnehmen der erlegten Tiere liegen lassen. Während nun Abb. 4 mit dem PENG!-Schriftzug und den Bewegungen der Tiere einen lauten und geräuschreichen Moment darstellt, wird in Abb. 5 Stille zum Ausdruck gebracht. In beiden Zeichnungen wird hierdurch Atmosphäre vermittelt. Wie sich in Abb. 5 außerdem zeigt, ist Peter wegen des Streifschusses6 sichtlich bedrückt. Es bedarf an der Stelle keiner textlichen Erläuterung, um seine Sorge wahrzunehmen, da seine leibliche und emotionale Verbindung mit dem verletzten Tier durch seine Körpersprache ausgedrückt wird. Diese identifiziere ich deshalb gemeinsam mit der Darstellung von Bewegung als zweites Stilmittel des Comics, welches sich für die Erzählung nichtdualistischer Mensch-Tier-Narrative fruchtbar machen lässt. Denn anlehnend an Spiegelmans „Direktheit zum Materiellen“ (Whitlock, 2006:977; s. Kap. 2.2) kann durch die comicbasierte Darstellung das Bewusstsein für Menschen und andere Tiere als grundsätzlich leibliche, miteinander verbundene und insofern nichtoppositionelle Wesen geschärft werden.
Eine Bewusstseinsschärfung für die Gemeinsamkeiten zwischen Mensch und Tier und für einen nichtdualistischen Blick auf dieselben soll im entwickelten Comic ebenso durch den gewählten Zeichenstil in Schraffuren geschehen. Diesen Zweck kann auch das vierte stilistische Charakteristikum, die Plurivektorialität und Simultanität verschiedener Prozesse, erfüllen, indem spezifische Momente und Praktiken sowohl durch menschliche als auch tierliche Logiken und Perspektiven Berücksichtigung finden. Im hier vorgestellten Comic stellen dies beispielsweise Aktivitäten und multisensorische Erfahrungen wie Mobilität (Abb. 4 und 8), die Einbettung in ein Sozialgefüge (Abb. 6) oder das Essen von Fleisch dar (Abb. 7 und 9). Die bewusste Aneinanderreihung verschiedener Blickwinkel auf ein und denselben Moment oder die Darstellung unterschiedlicher und dennoch verbundener Lebensrealitäten ermöglicht, die Mehrdimensionalität und den nichtlinearen Charakter von Praktiken aufzuzeigen. Dass die Rückkehr von Wölfen in die alpine Kulturlandschaft damit nicht kausal abläuft, sondern sich trans- und intraaktiv7 vollzieht, wird hierdurch zum Ausdruck gebracht. Oder anders formuliert: Der Comic liefert tiefgehende Einsichten in die gleichzeitige, zirkuläre und immanent miteinander verwobene Freisetzung materieller, diskursiver, leiblich-affektiver, sinnlich-emotionaler und atmosphärischer Dimensionen, – sowohl bei direkten als auch indirekten Mensch-Tier-Begegnungen. Damit meine ich beispielsweise die in Abb. 8 abgebildete Materialität des Blutes, die Peter sieht, die er spürt, die ihn gleichzeitig affiziert und ihn emotional mit dem Hirsch in Verbindung treten lässt. Oder die in Abb. 9 stattfindende Begegnung zwischen Mensch und Wolf, die beide leiblich-affektiv berührt und bei der Peter den Wolf sieht und hört (und von demselben im Ausdruck von Augen und Ohren betrachtet und gehört wird) (vgl. Pütz, 2019). Die agency des Hirsches drückt sich in der Begegnung von Peter mit der Blutspur aus, die agency des Wolfes in dem „unverfügbaren Moment“ (Rosa, 2016) des Aufeinandertreffens von Peter mit dem rückkehrenden Wildtier, der weder plan- noch kontrollierbar ist und insofern Resonanz erzeugen kann. In beiden Fällen gehen die Beteiligten transformiert aus den Begegnungen raus bzw. ruft jede Veränderung auf der einen Seite eine unmittelbare Veränderung auf der Seite hervor. In einer solchen Erzählung von Mensch-Tier-Beziehungen löst sich der Dualismus zwischen Menschlichem und Mehr-als-Menschlichem auf, weswegen sie als Gegenentwurf zur hegemonialen Wolfsmanagement-Praxis gelesen werden kann, in der die Menschen mit Technologien und Praktiken des Monitorings versuchen, die vermeintliche Grenze zwischen Mensch und Tier aufrecht zu erhalten.
Anknüpfend an das fünfte Stilmittel der affektiven Materialität der Bilder/Panels versteht sich der entwickelte Comic nicht nur als Medium des Ausdrucks leiblich-affektiver und sinnlich-emotionaler Wirklichkeiten. Vielmehr soll er auch dazu dienen, diese Wirklichkeiten nachfühlbarer zu machen. Dies wird am Beispiel von Abb. 7, dem Essen eines Stücks Hirschfleisch durch einen Jäger, illustriert. Die Zeichnung wirkt viszeral, sie verweist die Lesenden auf ihr Körperinneres und trägt möglicherweise zu erhöhtem Speichelfluss bei. Ebenfalls wird diese viszerale Qualität von Comics in der Zusammenstellung der Panels in Abb. 8 zum Ausdruck gebracht, als Peter mit seiner Hand in die von ihm vermutete Blutspur greift und sich das Blut des Hirsches an seinem Finger festsetzt. Die affektive Materialität der Comicbilder in Kombination mit dem plurivektorialen Charakter erzeugt hier einen zeitlich entkoppelten Reflexionsmoment, der dem Da_zwischen von Menschlichem und Mehr-als-Menschlichem, also jenen Verbindungen, die mit dem Auge oder dem Ohr alleine nicht auszumachen sind, Raum verschafft und mehr-als-menschliche Forschung damit zugänglicher macht. Auf diese Weise appellieren Comicinhalte an unbeabsichtigte viszerale Reaktionen und damit an eine andere Form von Intensität als jene, die durch die Verschriftlichung von Ergebnissen entsteht. Durch die Möglichkeit des Einsatzes spezifischer Stilmittel verweisen sie nämlich darauf, dass Mensch-Tier-Beziehungen und -Begegnungen körperlich nahe gehen und Materie bzw. Tier und Mensch nicht abgekoppelt vom jeweiligen Gegenüber verstanden werden können, sondern von diesem leiblich gespürt und gefühlt werden.
Vor dem Hintergrund liefert die Methode des kollaborativen Comics nicht nur tiefgehende Einsichten in die Übersetz- und Nachfühlbarkeit leiblich-affektiver und sinnlich-emotionaler Aspekte in Mensch-Tier-Beziehungen, sondern aus ihr bzw. aus der Dreierkonstellation zwischen Forscherin, Illustrator und Peter lassen sich ebenfalls für die Phase 3 „Comic als Praxis“ (s. Kap. 2.1) neue Erkenntnisse ableiten. So fördern beispielsweise alleine schon die Nachfragen zum gewählten Forschungsgegenstand durch eine fachfremde Person und dessen narrativ-visueller Blick neue und bisher nicht beachtete Perspektiven auf denselben. Erst in der Kollaboration kristallisierte sich heraus, dass sich die Bedeutung leiblich-affektiver und sinnlich-emotionaler Aspekte im Kontext der Wolfsrückkehr insbesondere an der Jäger*innenschaft vergleichsweise gut veranschaulichen und nachvollziehen lässt. Zudem ergeben sich aus der mit dem kollaborativen Comic verbundenen Aufgabe der Entwicklung eines Drehbuchs völlig neue Fragen für Geograph*innen: Wie lässt sich das gesammelte Datenmaterial in eine für die Lesenden spannende und nachfühlbare Geschichte übersetzen, welche berichteten und beobachteten sowie leiblich erlebten Erfahrungen müssen in dem Zusammenhang vordergründig und hintergründig behandelt und welche ausgeschlossen werden? Diese bilderzählerische Abstraktion von doch sehr umfangreichem empirischen Material kann einerseits mit Unwohlsein und Unbehagen verbunden sein, sie eröffnet andererseits aber eine neue Sphäre der Assoziation, in der die Verstrickungen zwischen Menschlichem und Mehr-als-Menschlichem und die Gemeinsamkeiten derselben geschärft und konkretisiert werden. Die kollaborative Comicpraxis und die damit verbundenen Zeichnungen entfalten daher eine gewisse Wirkmächtigkeit, die sich nicht nur zwischen ihren Ausführenden bzw. dem Projektteam entfaltet, sondern sich auch in den Reaktionen Peters als Lesenden, bei weiteren Betrachter*innen, in den zukünftigen Arbeiten des Illustrators, im vorliegenden Text sowie in daran anknüpfenden Publikationen zeigt. Darüber hinaus drückt sie sich in einem tiefgehenden Verstehen mehr-als-menschlicher Prozesse im gewählten Untersuchungsgebiet aus, indem ich durch den Comic hindurch zu den leiblich-affektiven und sinnlich-emotionalen Erfahrungen der Menschen und Tiere nun besser vordringen kann.
Die Konstitution von Mensch-Tier-Beziehungen wird häufig leiblich-affektiv und sinnlich-emotional bestimmt, weswegen sich die dahinterstehenden Prozesse meist nur schwer in Worte fassen lassen und ihrem Ausdruck in der wissenschaftlich dominanten Erzählform der Verschriftlichung Grenzen gesetzt sind. Aus diesem Grund regt dieser Beitrag eine Diskussion über alternative wissenschaftliche Kommunikationsformen an und schlägt vor, den Comic als ergänzendes Medium für mehr-als-menschliche Narrative einzusetzen. Das Thema Comic gewinnt im wissenschaftlichen Kontext immer mehr an Relevanz und wird in jüngerer Zeit auch in der Geographie bearbeitet. Wie der Artikel zeigt, nähern sich Geograph*innen über drei verschiedene Zugänge dem Medium an, die ich als „Comicanalyse“, „Comicsemiotik“ und „Comic als Praxis“ identifiziere. Den Vertreter*innen des Faches geht es in ihren Comiczeichnungen vor allem darum, spezifische Momente, Standpunkte, Emotionen und Beziehungen sichtbar zu machen, die bisher entweder gesellschaftspolitisch oder wissenschaftspraktisch unterbelichtet sind. Dabei scheint es vor allem die affektive Materialität der Bilder und die simultane Darstellung von körperlich-leiblichen, materiellen, diskursiven, emotionalen, multisensorischen und performativen Prozessen zu sein, die den Comic nicht nur für Menschen zugänglich macht, sondern durch welche auch innige Verbindungen zwischen Menschlichem und Mehr-als-Menschlichem sichtbar werden.
Wie anhand eines kollaborativ entwickelten Comics zur Rückkehr von Wölfen in die alpine Kulturlandschaft der Schweiz skizziert wird, zeigt sich die Leistungsfähigkeit der Darstellung leiblich-affektiver und sinnlich-emotionaler Wirklichkeiten in der Entwicklung eines tieferen Verständnisses der Verwobenheit zwischen Mensch und Tier. Die Anwesenheit der Wölfe und die damit verbundene (materielle) Veränderung im Gebiet gehen durch menschliche und tierliche Körper hindurch, sie werden leiblich gespürt und lassen sich durch die comicbasierte Erzählung sichtbarer, erfahrbarer, miterlebbarer und insofern näher an der Viszeralität des Gegenstands vermitteln. Mit dem Comic als narratives Medium einher geht auch ein erweitertes Bewusstsein für multiple Lebenswelten, da von Menschen und anderen Lebewesen erlebte Momente gleichzeitig zum Ausdruck gebracht werden können. Vor diesem Hintergrund sehe ich das Potenzial von Comics in den Mehr-als-menschlichen Geographien insbesondere im Versuch danach zu fragen, wie sich Verwobenheiten zwischen Menschlichem und Mehr-als-Menschlichem neu denken und ausdrücken lassen und der affektiv-materielle Charakter von Bildern uns dabei helfen kann, zu leiblich-affektiven und sinnlich-emotionalen Erfahrungen von Entitäten vorzudringen, um so letztlich auch unser Verständnis für die Komplexität von Beziehungen in einer nicht-anthropozentrisch verfassten Welt zu erweitern.
So fruchtbar Comics für einen schnellen Einstieg in ein Forschungsthema und die (öffentlichkeitswirksame) Vermittlung mehr-als-menschlicher Narrative auch sein mögen, so stellen sie gleichzeitig auch eine sehr voraussetzungsvolle Art der Kommunikation dar. Denn nicht jede*r Wissenschaftler*in besitzt die Fähigkeit zu zeichnen oder ist gewillt diese zu erlernen, und werden Comics in Kollaboration mit Illustrator*innen umgesetzt, sind diese mit einer hohen Kapitalintensität verbunden. Darüber hinaus lassen bilderzählerische Vermittlungen von wissenschaftlichen Erkenntnissen reichlich Interpretationsspielraum zu und können von den Leser*innen konträr zum eigentlichen Ziel des*der Forschenden wahrgenommen und reflektiert werden, weswegen Comics sich mit Fragen nach dem Präzisionsgebot konfrontiert sehen. Die Verfassung eines Begleittextes könnte hier Abhilfe leisten und die Rezeption der Empfänger*innen lenken, wobei ich an der Stelle anmerken möchte, dass auch wissenschaftliche Texte eine Reduktion und Abstraktion von empirischen Daten darstellen und durch die Lesenden unterschiedlich interpretiert werden. Vielleicht bedarf es an der Stelle einen Perspektivenwechsel, der Visualisierungen in der Kommunikation von Forschung weniger als Reduktion, sondern als Erweiterung auffasst. Comics könnten dann für eine andere Art der Präzision stehen, beispielsweise für eine, die relationale und nicht unmittelbar auf Sprache basierte Prozesse vielmehr auf den Punkt bringt. Vor diesem Hintergrund halte ich eine Diskussion über den Comic als allein- bzw. nicht-alleinstehendes wissenschaftliches Kommunikationsmittel in der Geographie für lohnenswert. Genauso sehe ich eine Diskussion zur Rolle der eigenen Situiertheit und der visuellen Sozialisierung von Comiczeichnenden für die Art und Weise comicbasierter Übersetzung für erforderlich, oder wie damit umzugehen ist, wenn Comics widersprüchliche Gefühle und/oder Reaktionen hervorrufen als eigentlich beabsichtigt. Ich denke, das Thema Comics in der Geographie bietet eine Reihe offener Fragen und unbehandelter Themen, die es künftig zu bearbeiten gilt, und dass wir uns erst am Anfang einer Debatte zur Transformation von Wissenschaftskommunikation befinden, die uns in den nächsten Jahren begleiten wird.
Der gesamte Comicteaser ist unter dem folgenden Link abrufbar: https://www.researchgate.net/publication/355395774_Comic_Die_Ruckkehr_der_Wolfe_in_die_alpine_Kulturlandschaft (Bonato und Schröder, 2020).
Im Rahmen der Ausstellung „COHABITATION – Raum für alle Arten. Die Zukunft alpiner Städte und das Zusammenleben von Menschen und Tieren“ im Kunstraum Innsbruck vom 23. April bis 12. Juni 2021, wurde der Wolfcomic einem breiten Publikum vorgestellt. Die einzelnen Comicstrips wurden filmisch bearbeitet, auf eine Leinwand projiziert und mit einer Tonspur versehen (u. a. mit Geräuschen aus dem Wald, Wolfsgeheul, durch Spazieren im Wald verursachte Laute, Schüsse), wodurch sich der Comic multisensorisch erfahren ließ. Die Beschreibung zur Ausstellung ist unter dem folgenden Link abrufbar: https://www.kunstraum-innsbruck.at/archiv/ausstellungen/cohabitation (Kunstraum Innsbruck, 2021).
Die Autor*innen erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Anmerkung des Verlags: Copernicus Publications bleibt in Bezug auf gerichtliche Ansprüche in veröffentlichten Karten und institutionellen Zugehörigkeiten neutral.
Mein Dank geht an Kristine Beurskens, Lea Bauer und die zwei anonymen Gutachter*innen für die hilfreichen Kommentare in der Entstehung dieses Beitrags. Auch danke ich Patrick Bonato für die Umsetzung des kollaborativen Comics und die Verfügungsstellung der Zeichnungen, Skizzen und Notizen.
This research has been supported by the Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (grant no. U050220001).
This paper was edited by Nadine Marquardt and reviewed by two anonymous referees.
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Comics erfahren nicht zuletzt auch aufgrund der Entwicklung von Graphic Novels erhöhte Aufmerksamkeit, welche im Buchformat erscheinen, abgeschlossene Geschichten darstellen und sich meist an Erwachsene als Zielgruppe richten. Die Etablierung von letzteren in Abgrenzung zu Comics stellt den Versuch dar, grafischen Erzählungen eine gewisse Ernsthaftigkeit und Autorität zuzuschreiben (Schwender et al., 2019:388). In der Comicszene wird diese Unterscheidung durchaus kritisch bewertet (Baetens und Surdiacourt, 2011), da sie suggeriert, dass Comics anspruchsloser als Graphic Novels wären.
An dieser Stelle ist anzumerken, dass ein im Rahmen einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlichter Comic vermutlich „reflexiver gelesen und verstanden“ wird als ein Comic außerhalb des wissenschaftlichen Kontextes. Hierzu liegen bisher jedoch keine Untersuchungen vor.
Die Elterntiere des Calandarudels haben bis einschließlich 2018 jährlich Nachwuchs gezeugt, der teilweise in benachbarte Gebiete oder über die Landesgrenzen hinaus abgewandert ist. Es gibt keine offiziellen Informationen darüber, ob das Rudel von anderen Leittieren übernommen wurde. Aktuell wird davon ausgegangen, dass sich die Reviergrenzen verschoben haben und das Territorium des ehemaligen Calandarudels von anderen Rudeln und einem Wolfspaar beansprucht wird. Mit Stand 2020 waren in der Schweiz insgesamt elf Wolfsrudel bestätigt (KORA, 2020).
Als Vertreter*innen der Jagd und Wildhut standen im Untersuchungsgebiet ausschließlich Männer zur Verfügung, aus diesem Grund wird an dieser Stelle auf eine gendergerechte Schreibweise verzichtet.
Um die Anonymität zu wahren, wurde der Name abgeändert.
Streif- bzw. Fehlschüsse, bei denen das anvisierte Tier nicht unmittelbar tödlich getroffen wird, passieren immer wieder. Neben Peter haben auch andere Gesprächspartner auf Nachfrage davon berichtet. Bei einem entsprechenden Vorfall können Jäger*innen in Graubünden den sogenannten Schweißhunde-Club kontaktieren, der es sich mit speziell ausbildeten Hunden zur Aufgabe gemacht hat, verletzte Tiere aufzufinden.
Die Konzepte der Transaktion (Dewey und Bentley, 1949) und Intraaktion (Barad, 2007) wenden sich bewusst vom Interaktionsbegriff ab. Während ersteres beispielsweise die immanente Integration von Organismus und Mitwelt meint und ein Agieren beschreibt, das immer nur relational und damit nur auf der Basis der Aktionen anderer an der Transaktion beteiligten Akteure stattfindet, geht zweiteres auf quantenphysikalische Überlegungen zurück und versteht beispielsweise Menschen, Tiere und Artefakte erst in Beziehung zueinander konstituierend, die derselben nicht bereits vorausgehen. Für eine detaillierte Diskussion zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen den Ansätzen siehe Steiner und Schröder (2022).
the in_betweenof humans and nonhumans. It further describes an exemplary approach to a collaborative comic and how visceral or nonverbal aspects in human-animal relations can be expressed and experienced, using the empirical study of returning wolves to Switzerland.