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Das Theater mit den Wissenschaften: Affektive Atmosphären einer künstlerisch-kollaborativen Bearbeitung der Klimakrise
Lilith Kuhn
This article examines the constitution of affective atmospheres that arise through the encounter of scientific and theatre practices. Using an autoethnographic approach, the presented work focuses on a collaborative theatre project on the climate crisis. Here, the author performed in the role of a scientific expert next to colleagues that have a climate change-related research background. Three aspects of affective atmospheres emerging in the rehearsal process are analysed: one's position in the interplay of powerful materialities, the relationality of sensual bodies, and the (in)stability of scientific identities. This paper shows that the artistic collaboration opens up space for reflecting on science that seek to overcome ostensible dualisms of subject/object, mind/body, and reason/emotion. It emphasizes the opportunity of art to bring into account body, more-than-humanity and relationality as part of scientific practices in times of anthropocentric debates facing climate change.
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Wie viel Körper müssen wir haben, um Wissen zu produzieren? Wie viel Wissen braucht Theater, um kreativ zu werden? Wie viel Kreativität braucht Politik, um handlungsfähig zu sein? (Notizen Dezember 2020)
Im November 2020 betrat ich den Proberaum 4 der freien Theaterproduktion „Denkraum der Utopien – Eine Performance der Wissenschaften“ in Münster. Dieser Raum mit hohen Decken, schwarzem Tanzboden und schweren, dunklen Vorhängen diente in den darauffolgenden Monaten1 dazu, „auf Basis der Forderungen der Fridays-for-Future-Bewegung in Zusammenarbeit mit Wissenschaftler*innen Handlungskonzepte zur Einhaltung der 1,5∘ Celsius maximalen Erderwärmung“ zu entwickeln. Diese sollten bis Ende Februar zusammen mit Künstler:innen aus der freien Theaterszene und Aktivist:innen von Fridays for Future in eine Performance gebracht werden (Konzept Stand Dezember 2020).
In diesem künstlerisch-kollaborativen Theaterprojekt gab es keine Schauspieler:innen. Stattdessen wurden Wissenschaftler:innen (inklusive mir) angefragt2, von denen einerseits ganz konkretes theoretisches Wissen und andererseits eine emotionale Interpretation dessen auf der Bühne erwartet wurde. Unser3 theoretisches Wissen durchlief eine Transformation von Flipcharts über tanzende Körper hin zu experimentellen Sounds und Moosfiguren. Wir hatten oft Schwierigkeiten, unsere Rolle als „Wissenschaftlerinnen“ in diesem Zusammenspiel zu verstehen. Anknüpfend an diese Beobachtung möchte ich untersuchen, inwiefern die künstlerisch-kollaborative Zusammenarbeit zur Bearbeitung der Klimakrise eine Reflexion wissenschaftlicher Identitäten und Subjektivitäten anstoßen kann. Während sich jede von uns im Probenprozess mindestens einmal fragte, „wie [soll] ich die Theorie mit meinen Gefühlen verbinden […]“ (Leandra Juni 2021), entstanden im Zusammenspiel unterschiedlicher Erwartungen an eine „Performance der Wissenschaften“ und künstlerischer Mittel emotional aufgeladene Atmosphären. Diese sowohl intendierten als auch nicht intendierten Stimmungen auf der Probe- und Theaterbühne werden im Folgenden als affektive Atmosphären gefasst und analysiert.
Affektive Atmosphären stellen eine Art der Erfahrung dar, die „vor und neben der Herausbildung von Subjektivität auftritt, über menschliche und nicht-menschliche Materialitäten hinweg und zwischen Subjekt/Objekt-Unterscheidungen“ (vgl. Anderson, 2009: 78, eigene Übersetzung). Das Affektive beschreibt die Beziehung zwischen Körpern „in Bezug auf ihre Fähigkeit zu affizieren und affiziert zu werden“ (McCormack, 2008: 426, eigene Übersetzung). Dies kann sowohl im Kontext von Temperatureinflüssen und wütenden Blicken als auch einer summenden Soundbox beobachtet werden. Für den vorliegenden Artikel sind affektive Atmosphären der Rahmen von „kollektiven Affekten, in denen wir leben“, die auch kleinräumig entstehen und wirken können (Anderson, 2009: 77, eigene Übersetzung). Diese Betrachtung ermöglicht die Analyse von Subjektpositionen innerhalb affektiver Atmosphären (wie der folgenden), die im Zusammenspiel von technischen Mitteln, Körpern sowie inhaltlichen Elementen immer neu hervorgebracht werden und Wirkung entfalten:
Als wir dann aber auf der Bühne sind – das Licht ist dunkel, die Musik geht an und irgendetwas Chaotisches wird auf der Leinwand projiziert – wir haben keine klare Aufgabe und beginnen uns zu bewegen. Am Anfang fühle ich mich etwas überfordert und verloren. Aber irgendwann merke ich, dass wir zu spielen beginnen. Ich krieche Leandra gegenüber wie ein Tier, dann kommt Nicole und bleibt stehen und wir frieren alle drei ein. Es fühlt sich toll an. Wir beginnen gleichzeitig von neuem und das Spiel ändert sich (Vignette Februar 2021).
Ich halte Situationen der Performance in Vignetten fest und fertige Gedächtnisprotokolle zu einzelnen Proben an. Inspiriert von feministischen Ansätzen nutze ich so den eigenen Körper als Forschungsinstrument (Schurr, 2014). Die autoethnographische Herangehensweise beinhaltet auch die Analyse transkribierter Audioaufnahmen der Proben, Reflexionsfragen an den Regisseur und an Performance-Kolleginnen sowie die Betrachtung entstandener Dokumente des Probenprozesses (Konzept des Stücks, Bühnenskript). Im Schreibprozess hat das Team außerdem die Möglichkeit, den Entwurf zu kommentieren, um Fehlschlüsse offenzulegen. Dieser Methodenmix ergänzt einerseits meine lückenhaften Erinnerungen an einzelne Proben (vgl. Adams et al., 2020) und zeichnet andererseits ein differenzierteres Bild meines ‚situierten Wissens‘ (Haraway, 1995).
Im Anschluss an geographisch-künstlerische Forschungsarbeiten werde ich im Folgenden mein Erkenntnisinteresse herleiten sowie den konzeptionellen und methodologischen Rahmen erläutern. Anschließend werden empirische Beispiele aus den Proben betrachtet und mit dem Konzept affektiver Atmosphären analysiert. Gegenstand dieses Artikels sind in diesem Zusammenhang weniger die intendierten Atmosphären des Theaterstücks, sondern nicht-intendierte Irritationen entlang vielfältiger Subjektivierungen innerhalb der künstlerisch-kollaborativen Zusammenarbeit. Diese legen einerseits starre Vorstellungen über „die Wissenschaft“ offen und bergen andererseits das Potenzial, darin verhaftete Dualismen durch eine künstlerisch-kollaborative Arbeit aufzubrechen. Der Artikel gibt einerseits wichtige Impulse zur Debatte um affektive Atmosphären und kann eine empirische Anwendung im Bereich autoethnographischer Forschungsansätze beisteuern. Er zeigt andererseits die Relevanz künstlerisch-kollaborativer Zusammenarbeit vor dem Hintergrund posthumanistischer Gesellschaft-Umwelt-Verständnisse4 in der Humangeographie.
An der Schnittstelle von Kunst und Geographie finden sich zunehmend wissenschaftliche Arbeiten – vor allem in der englischsprachigen Literatur: Einige betrachten Kunst als Forschungsgegenstand, schauen sich künstlerisches Material an und interpretieren darin eingeschriebene Raumvorstellungen und -konstruktionen (vgl. im Kontext von Theater: Rogers, 2017). Andere nutzen theatrale Ausdrucksformen für eine kreative Wissenschaftskommunikation ihrer Ergebnisse. Raynor spricht hier von „testimonial theatre“ mit Geschichten aus dem Feld (Raynor, 2018: 693). Theater wird als „kreative“ Methode der Wissenschaftskommunikation genutzt. Das vorliegende Projekt baut im Gegensatz dazu auf geographischen Ansätzen auf, die künstlerische Arbeiten „als Ensemble von Praktiken, Artefakten, Performances und Erfahrungen“ betrachten (Hawkins, 2011: 472, eigene Übersetzung). Dieses Verständnis zeigt sich auch in sogenannten „‚kreativen Geographien‘, bei denen Geograph:innen mit Künstler:innen oder Kurator:innen kollaborieren, um zu arbeiten, zu recherchieren, Ausstellungen zu entwickeln oder verschiedene kreative Techniken zu praktizieren“ (Hawkins, 2011: 465, eigene Übersetzung).
Kreative Forschungsansätze als immer prominenter werdender Teil der Geographie diskutiert Hawkins unter dem Begriff eines „creative turn“, der eine Reihe an kreativen Forschungspraktiken aus Film, Fotografie, Theater, Tanz oder Poesie vereint (Hawkins, 2018: 1). Kreativität verstehe ich im Anschluss an Nina Williams jedoch nicht an einen Theatersaal gebunden, sondern als prozesshafte Kraft („creative agency“), die sich aus einem Zusammenspiel vieler konstitutiver Elemente ergibt – „rather than sustained through a wilful subject“ (Williams, 2016: 1550). Kreative Praktiken sind nicht auf geplante künstlerische Praktiken beschränkt und können sich auch zufällig ergeben. Die Arbeit der Künstler:innen des Theaterprojekts wird im Folgenden deshalb nicht als „kreative Praktiken“ bezeichnet, sondern unter „künstlerischen Praktiken“ gefasst. In den Theaterproben werde ich zwar Teil davon, bringe jedoch einen anderen Hintergrund aus meiner humangeographischen Disziplin mit. Hinsichtlich der Gefahr eines „Forschungstourismus“ im Kontext künstlerischer Forschungspraktiken (Hawkins, 2018: 13, eigene Übersetzung) verstehe ich die Zusammenarbeit mit den Künstler:innen als wechselseitigen Prozess: Ich beforsche nicht „das Theater“ oder imitiere künstlerische Praktiken, sondern analysiere affektive Atmosphären unserer gemeinsamen Arbeit. Die künstlerisch-kollaborative Praxis bietet mir einen Raum „that embraces creativity and experimentation in the production of public knowledge“ (Puwar und Sharma, 2012: 43). Meine verkörperte Forschungspraxis weist in diesem Zusammenhang das besondere Potenzial auf, den Bogen zwischen sinnlichem Erleben und sprachlichem Verstehen neu zu spannen und zu verhandeln (vgl. Bauer und Nöthen, 2021; Dickel und Keßler, 2019; Klein, 2018). Performative Ansätze diskutieren mögliche Paradoxien zwischen akademischen und künstlerischen Herangehensweisen nicht als störend, sondern als produktives Element der Wissensproduktion (vgl. Carter, 2020; Ernst und Hutta, 2020). Daran anknüpfend analysiere ich, inwiefern die künstlerisch-performative Herstellung „wissenschaftlicher“ Subjekte in den gemeinsamen Proben und Aufführungen Irritationen hervorbringt. Die „Performance[s] der Wissenschaften“ werden damit zur Forschungspraxis und zum Forschungsgegenstand gleichzeitig.
Die körperliche Erfahrung durch künstlerische Herangehensweisen schafft neue Möglichkeiten einer „emotionalen Verbundenheit mit unseren Räumen und Landschaften“ und kann dynamische Relationen zwischen Menschlichem und Nicht-Menschlichem herausarbeiten (Hawkins, 2011: 473, eigene Übersetzung). Hawkins stellt insbesondere das Potenzial heraus, Verflechtungen der Welt jenseits von cartesianischen Dualismen in den Vordergrund zu stellen „für ein intersubjektiveres und relationaleres Verständnis von künstlerischer Arbeit und der Welt“ (Hawkins, 2011: 473). Daran anschließend will diese Arbeit binäre Denkmuster von Kunst/Wissenschaft innerhalb des Theaterprojekts hinterfragen. Die Reibungsmomente im Zusammentreffen unterschiedlicher Arbeitsbereiche eröffnet uns die Möglichkeit „to remake worlds, our own academic worlds included“ (Hawkins, 2018: 17).
Learning about others' protocols, techniques and skills can show up aptitudes you all too easily take-for-granted: illuminating the points and places from which research leads are taken; showing how seemingly disparate things are pieced together; and, how material builds, and gathers coherence or momentum (Foster und Lorimer, 2007: 427)
Eine erste Forschungsidee, die „künstlerische Schaffung von Emotionen und Affekten“ im Kontext der Klimakrise zu untersuchen, scheiterte an meinen Erwartungen an die Theaterarbeit. Es gibt kaum Gespräche über künstlerische Mittel des Theaterstücks, die spezifische Emotionen oder Affekte hervorrufen sollen. Der Soundartist beschreibt, er habe mehr „so ein Gefühl davon, wie etwas klingen könnte“ und probiere es dann aus (Kai Juli 2021). Von den beteiligten Künstler:innen5 wird (zumindest in Anwesenheit von uns) wenig über „gewollte“ Emotionen oder Charakteristika der Projektionen, Sounds, des Bühnenbildes oder der Choreographie gesprochen, sondern meist werden Dinge ausprobiert und als „funktionierend“ betrachtet – oder eben nicht.
Ich hab jetzt zum Einen mal eine Art abstrakte Interpretation von, naja, Rückkopplungseffekten in der Atmosphäre wo gewisse Dinge passieren. Da gibt es gar nicht so viel zu kommentieren, könnt ihr euch ja mal angucken (Sven Februar 2021).
Dieses Scheitern meiner ersten Idee, die künstlerische Gestaltung der Bearbeitung der Klimakrise zu untersuchen, führte mich schlussendlich zum Forschungsgegenstand dieser Arbeit: Unsere gemeinsame „Performance der Wissenschaften“, welche immer neue affektive Atmosphären hervorbringt, und die Identitäten, Subjektivitäten und Erwartungen der Teilnehmenden in Frage stellt.
Atmosphären können als Phänomene des Alltags gefasst werden, die unterschiedliche räumliche Dimensionen affektiv umfassen. Aus geographischer Perspektive eignet sich das Analysekonzept affektiver Atmosphären, um die räumliche Dimension von Gefühlen zu betrachten (vgl. Shaw, 2014; Stephens, 2016; Fregonese, 2017). Als ursprünglich phänomenologisches Konzept der Philosophie werden im Zusammenhang mit Atmosphären die Wahrnehmungen fühlender Subjekte von affektiven Qualitäten bestimmter Situationen oder Orte betrachtet (vgl. Schmitz, 1969; Tellenbach, 1968). Eine „affektive Betroffenheit“ durch leibliche Erfahrung stellt dabei die Ausgangsbasis aller Welterfahrung dar (Andermann und Eberlein, 2012: 8). Atmosphären werden als „Halbdinge“ im Spannungsfeld von Ursache und Einwirkung (Schmitz, 2014) und bei Böhme als „Zwischenphänomen“ (Böhme, 2011) von Subjekt und Objekt thematisiert. Daran anknüpfend diskutieren geographische Zugänge (z.B. Hasse, 2012) Atmosphären als Ergebnisse gebauter Umwelt beziehungsweise „räumlicher Inszenierung“ (Hasse, 2014). Raumperspektiven in Anknüpfung des spatial turns verstehen Räume jedoch nicht als statische Ergebnisse architektonischer oder ästhetischer Gegebenheiten, sondern als relational hervorgebrachte Konstruktionen (Runkel, 2016: 9f.). Kazig diskutiert Atmosphären im humangeographischen Kontext als Medium zwischen Mensch und Umwelt, die „sich im Empfinden in einer spezifischen wechselseitigen Verbindung zueinander herausbilden“ (Kazig, 2007: 170–171). In ihren Versuchen, binäre Distinktionen zwischen „inner and outer world, medium and content, meaning and matter, individual and collective, body and mind, subject and object“ zu überwinden (Riedel, 2019: 86), sind affektive Atmosphären nicht mehr das Ergebnis der Wahrnehmung eines statischen Subjekts, sondern der „shared ground“ zur Herausbildung von Subjekten und Emotionen (Anderson, 2009: 78). Vor dem Hintergrund poststrukturalistischer Perspektiven werden Subjektpositionen als brüchig (vgl. Anderson, 2009; Fregonese, 2017) beschrieben: Körper besitzen keine stabilen Identitäten, sondern verändern sich in Relation zueinander (vgl. McCormack, 2014). Das Erkenntnisinteresse liegt dementsprechend nicht darauf, welche Atmosphäre ein Raum hat und wie diese intentional konstruiert wird, sondern inwiefern Atmosphären kollektive Wirklichkeiten und Subjekte hervorbringen und verändern können (vgl. Riedel, 2019). Affektive Atmosphären sind damit dynamische Teile der Wirklichkeit, die sich immer wieder neu konstituieren:
Atmospheres are perpetually forming and deforming, appearing and disappearing, as bodies enter into relation with one another. They are never finished, static or at rest. Atmospheres are indeterminate. They are resources that become elements within sense experience (Anderson, 2009: 79).
Affekte als sinnliche Erfahrung im Kontext affektiver Atmosphären verstehe ich als räumliche Kräfte, die um kollektive Körper entstehen, wirken und sie bewegen. Die geographische Affektforschung nimmt explizit auch Präkognitives, Unterbewusstes, Trans- und mehr-als-Humanes in den Blick (Schurr, 2014: 150). Ob diese affektiven Qualitäten von Körpern oder Räumen ausgehen, lässt sich nicht unterscheiden, denn „both are always in the process of actively enhancing and dampening the qualities of one another“ (McCormack, 2014: 3). Auch wenn Affekte eher einer materiellen und körperlichen Ebene zugeordnet werden können, als Bestandteil von „embodied practices“ (Thrift, 2004: 60), stehen sie in einem Wechselverhältnis zu sagbaren Emotionen. Körperliche Affekte und sagbare Emotionen lassen sich weder auf einer analytischen noch pragmatischen Ebene trennen (vgl. Anderson, 2009), denn „bodies and sociolinguistic expressions are inseparable and intertwined“ (Bille und Simonsen, 2021: 297). Beides kann aus sozialkonstruktivistischer Perspektive nicht als essentialistische Eigenschaft eines vordiskursiven Körpers, sondern nur als Ergebnisse sozialer Prozesse gefasst werden (vgl. Schurr und Strüver, 2016). Dabei stellen weder Emotionen noch Affekte Repräsentationen einer diskursiven Wirklichkeit dar, sondern sie sind Ko-Produzent:innen der Welt. Sie sind nicht als etwas Passives zu betrachten, das einem Körper widerfährt, sondern „emotions and atmospheres are also something people do“ (Bille und Simonsen, 2021, 305).
Im Nachgang des material turns wird Materialität gleichermaßen als affektiver Resonanzkörper sowie „als ‚Partner‘ bzw. ‚aktiver Konstrukteur‘, der an der Herstellung von Wissen und Wirklichkeit beteiligt ist“, angesehen (Wiertz, 2021: 298). Affektive Atmosphären lassen sich damit nicht nur auf stimmungsvolle Atmosphären zwischen menschlichen Körpern beziehen, sondern auch auf Räume, die durch affektive Qualitäten nicht-menschlicher Relationen und Bewegungen hervorgebracht werden. Im Kontext der Klimakrise kommen machtvolle klimatische Veränderungen der Erdatmosphäre in den Blick, „denn die irreversiblen revolutionären Taten von Menschen wurden abgelöst von der Trägheit der Meereserwärmung, vom Albedowandel der Pole, von der Versauerung der Ozeane“ (Latour, 2017: 74). Nicht-menschliche Wesen und Materialitäten zeigen sich als Wirkungsmächte, „die mit dem, was wir sind und tun, nicht mehr ohne Verbindung sind“ (ebd.: 112). McCormack spricht in diesem Zusammenhang von einer Atmosphäre als „einem Raum, dessen sich darin bewegende Materialität es unmöglich macht, das Meteorologische vom Affektiven zu trennen“ (2008: 417, eigene Übersetzung). Damit werden bei der Analyse affektiver Atmosphären nicht nur Grenzen, sondern auch Hierarchiemuster zwischen einem Subjekt als aktiv handelnde:r Akteur:in und einem passiven Objekt sowie zwischen Mensch und Umwelt aufgebrochen. In diesem Zusammenhang beziehe ich mich auf die Annahmen posthumanistischer Theorien, die Mensch und Materie als verschränkt ansehen (Barad, 2012), Identitäten als partiell (Haraway, 1995) und nicht-menschliche Wesen als wirkmächtige Akteure wahrnehmen (Latour, 2017).
Materie wird produziert und ist produktiv; sie wird erzeugt und ist zeugungsfähig. Materie ist ein Agens und kein festes Wesen oder eine Eigenschaft von Dingen (Barad, 2012: 14).
Affektive Atmosphären werden nicht nur von Menschen beeinflusst oder intentional gestaltet, sondern auch von nicht-menschlichen Techniken oder Materialitäten (vgl. Ash, 2013). Als Analyseaspekt einer geographischen Atmosphärenforschung nimmt Michels in seinem Aufsatz „Researching affective atmospheres“ die räumlich-materielle Komposition im Zusammenhang mit den sinnlichen Fähigkeiten menschlicher Körper in den Blick (Michels, 2015). Darauf aufbauend fragt er „how habitualised bodies and materially modulated environments are stabilised, how they can fall apart and how they sometimes change and allow for the emergence of new atmospheric compositions“ (Michels, 2015: 261). Daran anknüpfend werde ich (1) Materialitäten, (2) Körper und Affekte sowie (3) (In-)Stabilitäten von Subjektpositionen als Bestandteile und Produkte affektiver Atmosphären der künstlerisch-kollaborativen Theaterarbeit in den Blick nehmen (vgl. ebd.). Im Dazwischen oder der „Intraaktion“ (vgl. Barad, 2012) von Körpern, Bedeutungen und Materialitäten finden wir keine abschließenden Antworten darüber, wie die Welt ist: Wir können jedoch unsere Vorstellungen davon herausfordern. Als Beteiligte des untersuchten Theaterprojekts nehme ich dafür eine autoethnographische Perspektive ein.
Die Analyse der Arbeit des Theaterprojekts wird – abgesehen von einer Offenlegung vorläufiger Ergebnisse in der Gruppe – nur von mir vorgenommen. Allumfassende Fragen bleiben unbeantwortet, da ich „den göttlichen Trick, alles von nirgendwo aus sehen zu können“ nicht beherrschen kann (Haraway, 1995: 81). Aus diesem Grund greife ich auf Haraways Verständnis einer partialen Perspektive zurück, die meinen Blick als nur einen Bestandteil einer objektiven Betrachtung der Wirklichkeit ansieht. Mein Wissen entsteht situiert, als ein Ergebnis meines Körpers, meiner Einbettung in soziale Prozesse, meiner Arbeitstechniken sowie Geräte, und unterscheidet sich damit von anderen Perspektiven. Meine performative Involviertheit weist mir während des Forschungsprozesses bestimmte Rollen und Identitäten innerhalb der Gruppe zu und eröffnet mir so nur einen bestimmten Zugang zu Informationen. Als Performerin bin ich nicht bei jedem Treffen des künstlerischen Teams anwesend und soll beispielsweise auch keine Videoaufnahmen der Generalprobe anschauen.
Diese Involviertheit legt für den vorliegenden Artikel eine autoethnographische Herangehensweise nahe, denn Autoethnographien werden retrospektiv und selektiv über Ereignisse geschrieben, „die daraus resultieren, dass sie [die Autor:innen] Teil einer Kultur sind und/oder eine bestimmte soziokulturelle Identität besitzen“ (Adams et al., 2020: 474). Ich bin Forschende und Beteiligte und damit „‚insider‘ and ‚complete-member‘ academic researcher[s] who study a group or social circumstances of which [they are] part, use [their] insiderness as a methodological and analytical resource, and may or may not understand [themselves] explicitly as subjects of their own research“ (Butz, 2010: 139). Ich nutze meinen eigenen Körper als Forschungsinstrument (vgl. Schurr und Strüver, 2016) und untersuche ihn in „the interrelation of self/other/language/body/context“ (Spry, 2016: 14). Der Körper wird zum Medium der Wahrnehmung mit einer „haptischen Raumdimension“ (Kattenbelt, 2010: 27, eigene Übersetzung). Ich „beforsche“ dabei nicht allein meine körperliche Erfahrung, sondern blicke aus meinem Körper auf Atmosphären, mit denen ich verschränkt bin und die ich selbst mit hervorbringe. Ein autoethnographischer Zugang ermöglicht keinen Zugriff auf vordiskursive Affekte (vgl. Timm, 2016), macht jedoch die eigene Position im Kontext des Forschungsgegenstandes transparent. Mit einer Autoethnographie lassen sich Erkenntnisse über die Konstruktion von affektiven Atmosphären „in ihrer Verwobenheit mit der Subjektivität der ForscherInnen“ ziehen, die ein Blick von außen nicht möglich gemacht hätte (Geimer, 2011: 301).
Im Forschungsprozess beziehe ich auch andere Forschungssubjekte mit ein: Ich ergänze meine Gedächtnisprotokolle und Vignetten um Stimmen außerhalb meines Körpers, indem ich Audioaufnahmen der Proben mache und transkribiere. Diese Stimmen sprechen jedoch nicht unabhängig von mir und ich partizipiere – beim Versuch zu verstehen – aktiv an den Atmosphären, die ich untersuche. Dies geschieht auf zwei Ebenen: Einerseits nehme ich als Person Einfluss auf die Inhalte und die Konzeption des Stückes – zum Beispiel mit meinen wissenschaftlichen Inputs auf die Ausgestaltung der Szenen, die ich danach untersuche. Andererseits ist auch der Forschungsprozess mit den Ergebnissen verschränkt:
Die Anderen sagen überhaupt nicht so viel bei den Reflexionen, was ich schade finde – auch weil ich mein Aufnahmegerät anhabe und an meinen Artikel denke (Vignette Februar 2021).
Hätte ich Einblicke in die dramaturgische Arbeit hinter der Bühne erfragt, hätte ich meine Rolle, die ich als Performerin in dem Prozess einnahm und aus der heraus sich meine Erfahrungen ergeben, in dieser Form verloren. Im Fokus der nachfolgenden Analyse steht deshalb nicht das Theaterstück selbst, sondern affektive Atmosphären, die sich in der künstlerisch-kollaborativen Erarbeitung ergeben. Dafür nutze ich im Sinne einer Autoethnographie eine „ästhetisch dichte Beschreibung persönlicher und zwischenmenschlicher Erfahrungen“ (Adams et al., 2020: 5).
Das Theaterstück „Denkraum der Utopien – eine Performance der Wissenschaften“ ist als interaktive Performance aufgebaut: Die erste Hälfte besteht aus individuellen Lecture Performances sowie einer gemeinsamen Choreographie von Leandra, Lilith und Nicole. Inhaltlich knüpfen die performativen Vorträge zu Permafrost, Mensch-Umwelt-Verhältnissen und Partizipation im Kontext der Klimakrise an unsere jeweiligen Forschungsinteressen an. Darauf aufbauend folgen in der zweiten Hälfte interaktive Gruppenarbeiten: Vor dem Theater wird eine aktivistisch motivierte Straßensperrung durchgeführt, auf der Bühne debattiert ein Parlament der Dinge den sofortigen Kohleausstieg und es werden Ideen zur utopischen Stadt gesponnen. Die Aktivist:innen von Fridays for Future organisieren rahmend eine spielerische Einlassprozedur, erscheinen als Tannenfigur, Mooswesen und Imkerin auf der Bühne und helfen bei der Straßensperrung. Zuwena, Cherelle und Laura sind mit kurzen Inputs zur Klimakrise per Videoprojektion auf der Bühne zu sehen und erweitern die vorhandenen Perspektiven mit globalen Sichtweisen. Alle Komponenten werden von künstlerischen Mitteln begleitet. Das Bühnenbild ist in einen Teil vor der transparenten Leinwand („Gase“) und dahinter aufgeteilt. Die Dramaturgie wechselt mit Hilfe der räumlichen Aufteilung und des zeitlichen Ablaufs von Dystopie zur Utopie und vom Zuhören zum Mitmachen. Sie fordert uns „als Wissenschaftlerinnen“ in vielfältigen Subjektivierungen innerhalb affektiver Atmosphären heraus: als Teil einer räumlich-materiellen Umgebung, als affizierte Körper und als wissenschaftliche Identitäten.
5.1 Materialitäten machtvoller Atmosphären: Mensch, Mikrobe und Musik
Das Licht, die Bühne, die Projektion, am Ende bin ich nur ein Teil davon und gar nicht allein im Mittelpunkt wie bisher immer. Es wird total viel über technische Details gesprochen und gar nicht mehr so viel darüber, was und wie ich es sage (Vignette Februar 2021).
Die Lecture Performance von Leandra thematisiert Kipppunkte im Klimasystem. Die Atmosphäre erwärmt sich, der Permafrost taut auf und Mikroben erwachen aus ihrem tausendjährigen Winterschlaf. Sie sind hungrig, zersetzen organisches Material und stoßen dabei Methan aus. Methan beschleunigt den Temperaturanstieg wiederum, weshalb noch mehr Permafrost auftaut. „In der Wissenschaft nennen wir das positive feedback-loops“ erklärt sie immer wieder in unseren Proben. Gleichzeitig macht sich der Videokünstler Gedanken darüber, was zur gleichen Zeit auf der Leinwand passieren könnte:
Es gab ja jetzt zu Leandras Permafrost Thema mal eine Idee, was Permafrostartiges runterläuft. Dann haben wir das gemacht, das war aber dann tatsächlich halt einfach, sah nicht super realistisch aus, aber sah eben aus wie schmelzendes Permafrost-Zeugs und da haben wir auch irgendwie entschieden, es ist ein bisschen 1 zu 1 und 1 zu 1 ist auch immer ein bisschen langweilig (Sven Februar 2021).
Die Projektionen auf der Leinwand sollen nicht nur das Gesprochene unterstützen, sondern auch einen eigenen qualitativen Beitrag zur Szene leisten. Bei der Generalprobe im Theater treten zu Beginn des Vortrags einzelne Mikroben aus dem Boden. Als Leandra die hungrigen Mikroben erwähnt, die beim Auftauen des Permafrosts aus ihrem Winterschlaf erwachen, tauchen zusätzlich Mikroben auf dem Boden um sie herum auf. Als sie von den Kipppunkten spricht, ist nur noch ein Gewimmel auf der Leinwand hinter ihr zu sehen und es tönt ein durchdringendes Dröhnen aus den Lautsprechern. Ein Besucher des Theaters berichtet, dass ihn diese dystopische Atmosphäre sehr gepackt hätte (Gedächtnisprotokoll Juli 2021). Die künstlerisch-technische Komposition spielt bei der „packenden“ Atmosphäre eine große Rolle, was ein Blick in den Ablaufplan verdeutlicht:
Dass die künstlerisch-technische Komposition nicht nur eine passive Begleitung von Leandras Performance ist, wird in der Probe bei einer Diskussion über die Lautstärke der Musik deutlich.
Manfred [Dramaturg]: Es ist eigentlich gerade als sie dann sagt, nicht mehr als sie über den ganzen Permafrost spricht, sondern dann kommt diese Wende, was man eigentlich tun soll. Das fand ich bisschen komisch, dass man das gerade nicht hört. Also die Idee find ich gut, dass die redet und es ist so laut, aber vom Inhalt her, kommt dann: Deshalb müssen wir CO2 senken. Das bekommt man dann nicht mit.
Philip [Regisseur]: Es werden Leute verstehen, aber sie werden auch merken, man hört es fast nicht mehr. Weil es zu spät ist. (Februar 2021)
Die Musik verstärkt nicht den Inhalt des Gesagten im Hintergrund, sondern sie übertönt in diesem Moment die gesprochene Sprache und übernimmt damit eine bedeutungsvolle Sprechposition. Leandras Erklärungen über eine nötige Reduktion der Verbrennung fossiler Rohstoffe ist kaum noch hörbar und nimmt den Zuhörer:innen die theoretische Möglichkeit, noch einen Lösungsweg gegen die Feedback-Loops zu erfahren. Gleichzeitig verliert Leandra zwischen wimmelnden Mikroben und lauter Musik ihre machtvolle Position auf der Bühne:
Ich fand auch, dass es sehr schnell sehr laut war. Und es ist schon auch ein beschissenes Gefühl, wenn man so redet und weiß, es versteht einen keiner (Leandra Februar 2021).
Im Zusammenspiel von Körpern und Techniken verschieben sich Machtverhältnisse. Während Leandra spricht, bestimmt ihre Stimme den Raum, als handelndes Subjekt ist sie vermeintlich die Urheberin der Atmosphäre, sobald die Musik jedoch lauter und das Licht dunkler wird, tritt sie in den Hintergrund und die Unterscheidung von Subjekt und Objekt versagt. Tritt sie selbstbestimmt in den Hintergrund oder schiebt der Tontechniker sie ins Abseits? Und welchen Anteil daran hat die Art der Musik, die Anweisung des Regisseurs oder etwa die Beschaffenheit der Lautsprecher? Wann bestimmt das Skript die Atmosphäre und wann wird sie von eigenwilligen Maschinen oder vergesslichen Körpern beherrscht?
In diesem Konglomerat aus menschlichen und nicht-menschlichen Akteur:innen kann kein:e Urheber:in der Atmosphäre im architektonischen Sinne Böhmes (2006) ausgemacht werden, sondern materielle und soziale Voraussetzungen und Annahmen bestimmen diese Verbindungen immer wieder neu (vgl. Bauer und Nöthen, 2021). „They [atmospheres] are indeterminate with regard to the distinction between the subjective and objective“ (Anderson, 2009: 80). Vielmehr verschieben sich Subjektpositionen innerhalb der räumlich-materiellen Komposition, springen zwischen unterschiedlichen Akteur:innen und zeigen „the agency of the built environment in co-shaping sensorial experiences“ (Fregonese, 2017: 9). Die technischen und künstlerischen Mittel in der Theaterarbeit sind machtvolle Bestandteile einer affektiven Atmosphäre. Sie unterstützen das Verständnis wirkmächtiger nicht-menschlicher Akteur:innen einerseits hinsichtlich der Klimakrise und andererseits gibt die verkörperte Forschungspraxis einen Hinweis auf „viele und wundervolle Formen“ von Akteur:innen (Haraway, 1995: 93), die uns tagtäglich affizieren. Die irritierende Erfahrung, in der Probe oder auf der Bühne hinter technischen Mitteln zu verschwinden, lässt uns konkret spüren, dass wir nur ein (kleiner) Teil der Welt unter vielen sind.
5.2 Affizierte Körper in relationalen Atmosphären aus Theorie, Tanz und Tränen
Ich stehe im Raum mit dem Rücken zu den anderen. Ich versuche zu fühlen, wann die anderen den Impuls zum Loslaufen geben. Oder gebe ich ihn? Während ich noch darüber nachdenke, haben wir uns schon in Bewegung gesetzt (Vignette Januar 21).
Nach einer Lecture Performance zu posthumanistischen Ansätzen von Gesellschaft-Umwelt-Beziehungen folgt im Stück eine Choreographie (basierend auf Improvisation), begleitet von Projektionen, Sounds und „Naturwesen“, die die Verflechtung von Mensch und Natur künstlerisch-körperlich bearbeitet – und uns oft überfordert. Die Choreographin Marcela bezieht die theoretischen Gedanken aus den Proben immer wieder in ihre choreographische Arbeit mit unseren Körpern ein:
This is my body, and this body has the possibility to do things. How is this body? Which kind of potential? What happens if all this energy of outside comes inside. And all this ideas, and all these abstractions and all this blablabla, it arrives into the body? (Marcela Februar 2021)
Bei der körperlichen Arbeit soll die Theorie nicht verschwinden, „but you just have your body to say – how can I manage to talk through my body?“ (Marcela Februar 2021). Das ganze künstlerische Team ist an diesem Tag anwesend und unsere improvisierten Bewegungen werden zum ersten Mal zum Mittelpunkt der Probe. Da ich aufgrund persönlicher Umstände bereits angespannt den Proberaum betrete, fühle ich mich den Zuschauenden in einer erwartungsvollen Atmosphäre ausgesetzt und bin den Tränen nahe:
Jetzt weiß ich nicht, mit welchem Körperteil ich anfangen soll. Wie soll ich ein Mensch-Natur-Verhältnis ausdrücken? Lange bleibe ich stehen. Ich fühle die Augen der Anderen auf mir. Als sich Nicole und Leandra anfangen zu bewegen, mache ich irgendwas. Ich versuche an das Erste zu denken, was mir aus meinem Vortrag einfällt, ein Baum, lege mich auf den Boden und fahre die Wurzeln nach. Letztes Mal kam mir der Boden wie ein Fremdkörper vor. Heute ist er mein Schutz, und oben fühle ich mich allem ausgesetzt und nackt. Ich bewege mich, aber ich fühle nichts. Ich bekomme Panik, bleibe stehen und weiß, dass das nicht lange geht, ohne zu erklären. Irgendwann gehe ich, sage, ich brauche eine Pause (Vignette Februar 2021).
Die Materialität des Bodens bekommt aus der Emotionalität heraus in Verbindung zum Körper eine neue Bedeutung. Während ich erfolglos versuche, wissenschaftliche Konzepte und Vorstellungen körperlich zu übersetzen, nutze ich den Boden als Zufluchtsort meiner Überforderung. Dies passiert jedoch nicht unabhängig von erlernten Praktiken durch die künstlerische Arbeit in den Proben, die unsere Körper in die materielle Umwelt einbettet:
You become one, the skin of your body becomes one with the skin of the floor. And THIS connection, this interconnection, this relationship give us a possibility to go somewhere else. Ja? (Marcela Februar 2021)
In der materiellen Verbindung mit dem Tanzboden, der die Grenzen meiner körperlichen Hülle verwischt, erkenne ich „things are an extension of my body, just as my body is an extension of the world“ (Dornberg und Fetzner, 2020: 232). Die affektive Atmosphäre stellt sich dabei als kollektive Situation im Proberaum dar und fühlt sich für mich gleichzeitig sehr persönlich an (vgl. Anderson, 2009). Sie fordert die Vorstellung von Gefühlen „als privaten mentalen Zuständen eines bewussten Subjekts“ heraus und zeigt sich stattdessen „als kollektiv verkörpert, räumlich ausgedehnt, materiell und kulturell beeinflusst“ (Riedel, 2019: 85). Gleichzeitig ist das Kollektive nicht statisch, sondern verändert sich in Ko-Präsenz mit den Affekten, die sich in der Bewegung zwischen uns dreien entwickeln.
Sie erklärt uns die nächste Übung und sagt zu Leandra und Nicole, dass sie mich mitnehmen sollen. Das erleichtert mich. Wir sollen ein Organismus sein, ein Dreieck mit Verbindungen. Wir beginnen zusammen und plötzlich geht es ganz leicht, weil ich auf die Anderen reagieren kann. Leandra geht auf den Boden, dann bleibe ich oben, als sie hochkommt, gehe ich nach unten, Nicole läuft auf die Seite, und ich laufe zwischendurch. Es ist viel leichter. Ich werde entspannt und gelöst. Danach sind alle ganz glücklich und beeindruckt und meine Stimmung von davor ist wie weggeblasen (Vignette Februar 2021).
Die Choreographin lenkt unsere Aufmerksamkeit weg von uns selbst hin zu den Anderen. Wir sind nicht mehr allein auf der Bühne, sondern stehen als Körper mit affektiven Fähigkeiten (vgl. McCormack, 2014; Michels, 2015) in einer resonanten Verbindung mit den anderen. Affektive Räume sind relational und dynamisch, „they involve nonreducible relations between bodies, and between bodies and other kinds of things, including artifacts, ideas, and concepts, where neither these things nor bodies are ever stable themselves“ (McCormack, 2014: 4). Als Organismus finden wir eine gemeinsame Sprache in der Bewegung, die die ganze Atmosphäre verändert und deutlich macht, dass intime Momente des Einzelnen in größere Strukturen eingebettet sind. Und genauso überfordernd der körperliche Anspruch an theoretische Gedanken, so unbedeutend ein Tanzboden oder unveränderlich ein Gemütszustand erscheint, genauso schnell bemerken wir, dass wir mehr Körper sind und brauchen als wir dachten.
5.3 (In-)stabile Wissenschaftssubjekte zwischen Poststrukturalismus, Performance und Pappmaché
Ich sage, dass ich es verstehe; dass das wohl Teil eines kollaborativen Prozesses ist, dass wir hier nicht nur einfach einen Vortrag abliefern und fertig, sondern dass wir gemeinsam immer weiter daran arbeiten und auch aus unserer Komfortzone rausmüssen (Gedächtnisprotokoll Februar 2021).
In den Proben wird immer wieder deutlich, wie Identitätsordnungen reproduziert, aber in der Komposition einer Atmosphäre auch herausgefordert werden. Die Konzeptidee einer „Performance der Wissenschaften“ mit klaren Vorstellungen des Regisseurs an „die Wissenschaft“, Handlungsempfehlungen zu präsentieren, rückt mit der Zeit in den Hintergrund. Unsere Gespräche kommen an Grenzen, wenn Philip als Regisseur fragt, „wie man denn jetzt mit Poststrukturalismus der Klimakrise begegnen kann“ (Gedächtnisprotokoll Dezember 2020). Ich habe in der Humangeographie gelernt, gesellschaftliche Zusammenhänge zu beobachten, zu dekonstruieren und zu kritisieren. Ich kann erklären, inwiefern ein modernes Mensch-Natur-Verständnis mit der Klimakrise zusammenhängt; jedoch nicht, wie wir das im Dreischritt überwinden können. Anstatt uns also weiter in „When I rule the world“-Rollenspiele zu stecken, lässt uns die künstlerische Leitung erstmal unabhängig des Konzepts das machen, was wir in der Rolle als Wissenschaftlerinnen gewohnt sind: Wir bereiten Vorträge zu unseren Forschungsthemen vor. Als wir beginnen, daraus eine Performance zu entwickeln, stoßen wir an klar abgesteckte Vorstellungen über wissenschaftliche Praktiken und Routinen, die wir selbst mitbringen. Unsere Inhalte sind in den Proben jedoch nicht der Kritik eines Fachpublikums, sondern einer sich dynamisch entwickelnden Dramaturgie ausgesetzt, der wir uns anpassen müssen. Diese Herausforderung wird dadurch verstärkt, dass das künstlerische Team weniger unseren Worten, sondern viel mehr unseren Körpern beim Sprechen zuhört. Der Vortrag wird als eine Praktik angesehen, die mehr Dimensionen umfasst als nur die inhaltliche:
Manchmal ist es sehr technisch. Natürlich seid ihr keine Schauspieler [sic], aber wenn man so ein Wort betont, einen Punkt macht, ein Break macht, dann kommt manchmal die Emotion, weil es einen Rhythmus hat. Es hat einen Rhythmus und dann vielleicht, wenn ihr den Rhythmus wiederholt, dann kommt eine Musik. Und man spürt diese Musik irgendwie. Es ist nicht die Emotion, ich weine hier oder ich bin total wütend, weil das ist sehr plakativ besonders hier mit diesem ganzen Thema. Ja, ich würde sagen wie so ein Gulasch, es kocht so langsam und am Ende hat es einen guten Geschmack (Marcela Februar 2021).
Wir stehen also als wissenschaftliche Expertinnen auf der Bühne und sollen mit Kohlenstoff, Donna Haraway und autofreien Innenstädten Gulasch kochen. Bis zum Ende des Probenprozesses tun wir uns damit schwer und zeichnen die Grenzen zwischen einer vermeintlich vernünftigen Wissenschaftsposition und emotionalen Praktiken immer wieder nach:
Und immer dann, wenn es für meinen Geschmack zu ‚schauspielerisch‘ wurde, war ich raus. Weil es mir zu albern und aufgesetzt war, und weil ich verwirrt war, ob das nicht meiner Rolle als Wissenschaftlerin widerspricht (Nicole Februar 2021).
Vor allem der zweite Teil der Aufführung – eine Kleingruppenarbeit mit dem Publikum – stellt mich vor die Herausforderung, meine Vorstellungen von mir als „Wissenschaftlerin“ zu überdenken. Ich schaffe es nicht, eine Gruppenarbeit zu entwickeln, die meinen Ansprüchen einer theoretisch tiefsinnigen Darstellung meiner Forschungsinteressen entspricht – verständlich für eine unvorhersehbare Zielgruppe – und gleichzeitig der Klimakrise eine Utopie entgegenstellt, die den in unserem Kontext geforderten Vorstellungen einer sinnlichen Theateratmosphäre standhält.
Ich bin von der Situation genervt. Ich habe das Gefühl, ich bin verantwortlich, mir etwas Kreatives aus der Nase zu ziehen, obwohl ich das eigentlich nicht in meiner Verantwortung sehe. Ich merke das auch an und Philip [Regisseur] meint, wir würden doch miteinander reden und ob ich nicht das Gefühl hätte, dass auch neue Dinge zur Sprache kommen. Doch. Aber ich hab trotzdem das Gefühl, etwas abliefern zu müssen, weil er immer fragt, wie ich mir das vorstelle. Er meint, es läge eben daran, da ich es ja auch durchführen werde, müsse es zu mir passen. Aber ich sage, dass ich nicht die kreative Kompetenz hätte und das nicht leisten kann (Gedächtnisprotokoll Februar 2021).
Am Ende nenne ich meine spielerische Interaktion „Parlament der Dinge“ – angelehnt an Bruno Latour – und schicke der Bühnenbildnerin Ideen für Spielfiguren der Braunkohlethematik aus Pappmaché. Ich hoffe, anhand der Materialität eines Braunkohlebaggers oder Spechts eine sinnliche Atmosphäre schaffen zu können. Und tatsächlich: Das Publikum scheut sich nicht (egal ob Professor oder Schulgruppe), in der Rolle eines Radieschens die Zukunft Lützeraths mit einem Kohlebagger auszuhandeln. Ich versuche immer wieder, mich selbst in meiner Doppelrolle als Wissenschaftlerin und Performerin in den spielerischen Umgangsweisen einzufinden und meine starren Vorstellungen über wissenschaftliche Praktiken aufzubrechen. Doch selbst nach drei geglückten Aufführungen fühle ich mich zwischen den Figuren, der Thematik und dem Publikum verunsichert, wer ich eigentlich sein soll: Dozierende? Wissenschaftlerin? Schauspielerin? Spielkind?
Und so sind sowohl die Regie und Dramaturgie als auch wir „Performerinnen“ mit unterschiedlichen Vorstellungen und Erwartungen auf der Suche nach „der Wissenschaft“ als spielerische Praxis im Sinne einer „artistic mode“ (Klein, 2018). Wir werden in den affektiven Atmosphären der gemeinsamen Theaterproben dazu herausgefordert, uns als Wissenschaftlerinnen in einem neuen Kontext zu konstruieren und konnten beobachten wie „atmospheres may interrupt, perturb and haunt fixed persons, places or things“ (Anderson, 2009: 78). Während ich Identitäten aus einer wissenschaftlich-poststrukturalistischen Perspektive als partiell und dynamisch begreife, scheitere ich in der künstlerischen Praxis genau daran: Durch unterschiedliche Anrufungen im Prozess zeigen sich unsere Identitäten und Praktiken als instabile Konstruktionen – wir sind Wissenschaftlerinnen, Tänzerinnen, Freundinnen, Kolleginnen und Performerinnen –, reproduzieren jedoch statische Kategorien. Entgegen dualistischer Vorstellungen zwischen der Wissenschaft und künstlerischen Praktiken lerne ich, dass es auch spielerisch-kreative Wissenschaft geben kann – und vielleicht geben muss – mit einem Spielkind, dem Publikum oder den Pappmaché-Figuren auf der Bühne.
Wir stehen auf der Bühne als fühlende und tanzende Körper. Im Laufe der Proben erkunden wir die Emotionen unseres Wissens und im gemeinsamen Spiel verlieren wir uns in unterschiedlichen Rollen und verwandeln all das in Bewegungen. Mit dem Umzug von der Probebühne in den Theatersaal geraten unsere Körper in den Hintergrund. Sie geben nicht mehr das Tempo vor, sondern erstrahlen in Lichtkegeln, verstummen in lauten Sounds und verstecken sich hinter Projektionen. Als Teil affektiver Atmosphären der künstlerisch-kollaborativen Bearbeitung der Klimakrise lernen wir, dass wir als Menschen nur ein Teil der Welt unter vielen sind, ein verwobener Körper, der fühlt und affiziert. Der künstlerische Rahmen fordert unsere Identitätsordnungen heraus und destabilisiert starre Subjektpositionen. Und erst jetzt, als ich das niederschreibe6, bemerke ich, wie viel Mühe sich das künstlerische Team mit uns gemacht hat, um diese Schranken in unseren Köpfen zu öffnen und wie sehr wir uns daran festklammerten. Wie gerne wären wir stereotypische „Wissenschaftlerinnen“ geblieben, hätten unsere Notizbücher in der Hand behalten wollen, uns beim Tanzen hinter unseren Brillen versteckt und beim Sprechen in naturwissenschaftlichen Fakten verheddert. Fokussiert auf textbasierte Forschungsmethoden wollten wir insgeheim dualistische Denkmuster zwischen Subjekt/Objekt, Geist/Körper und Vernunft/Emotion reproduzieren. Doch wir kamen nicht umhin, unsere Komfortzone zu verlassen, die technischen Mittel als machtvolle und relationale Bestandteile des Raumes wahrzunehmen, die transformativen Verbindungen unserer Körper zuzulassen und unsere Identitäten als brüchig anzunehmen. In den affektiven Atmosphären der Theaterarbeit zeigen sich damit einerseits Emotionen und Praktiken, die machtvollen dualistischen Diskursen folgen und Identitätsordnungen an ihrem Platz halten (wollen). Andererseits zeigen sie deren Veränderlichkeit hin zu der Idee einer spielerisch-künstlerischen Wissenschaft und ihrem erkenntnistheoretischen Potenzial im Kontext posthumanistischer Theorien (vgl. Haraway, 2018).
Trotz der spielerischen Neuverhandlung von Dualismen in den Proben muss aus feministischer Perspektive jedoch auch hinterfragt werden, inwiefern Machtverhältnisse auch reproduziert wurden. Befeuern wir mit unseren weiblich gelesenen Körpern und sinnlichen Elementen nicht genau dieselben Dualismen, die wir hinterfragen sollten? Schaffen wir damit eine Verbindung von Frau/Körper/Emotion/Natur, die im Gegensatz zu Mann/Geist/Verstand/Kultur steht? Warum sind alle Performenden sowie beispielsweise die Choreographin und Bühnenbildnerinnen weiblich gelesen und alle, die die Technik machen sowie Regisseur und Dramaturg – als Entscheidungsträger – männlich? Ist die Theaterbranche nicht tief durchzogen von patriarchalen Strukturen, die sich hier ebenfalls zeigen? Ist es Zufall, dass die „emotionalen“ Vorbilder unseres Regisseurs Maja Göpel und Greta Thunberg waren und nicht etwa Herr Schellnhuber7? Und taten wir uns deshalb so schwer, uns auf emotionale Ausdrucksformen einzulassen, weil wir in einem dualistisch denkenden und patriarchalen Wissenschaftssystem wissen, dass wir uns an männlich konnotierten Praktiken orientieren sollten, um dort Bestand zu haben? Ob es dem Stück gelingt, diese aufzubrechen, indem ausschließlich Wissenschaftlerinnen zu Wort kommen, bleibt – vor allem vor dem Hintergrund männlicher Kollegen in höheren Positionen, die sich auf Anfrage keine Zeit dafür nahmen – fraglich. Wir saßen zum Teil stillend, mit auslaufenden Verträgen und gestresst von universitären Deadlines feierabends und am Wochenende in den Proben8 und fragten uns nicht nur einmal, warum gerade wir als prekär beschäftigte Nachwuchswissenschaftlerinnen diese Mehrbelastung auf uns nahmen.
Und dennoch zeigt die Analyse der affektiven Atmosphären des Stückes, dass sich die männlich dominierte akademische Welt genau diesen emotionalen Zugängen im Kontext wissenschaftlicher Erkenntnisse annehmen sollte, denn „the most important is that you feel the space“ (Marcela Januar 2021). Jeder Mensch ist eingebettet in Relationen zwischen der eigenen Lebensweise, anderen Lebewesen und Windströmen, die meist erst dann aktiv wahrgenommen werden, wenn eine Atmosphäre mit Hitze und Stechmücken unangenehm affiziert.
Die Zugehörigkeit zur Welt ist nicht heilbar. Aber wenn man sich Mühe gibt, kann man sich vom Glauben heilen, dass man nicht dazugehört (Latour, 2017: 30–31)
Da sich im Kampf gegen die Klimakrise auch viele Wissenschaften gegen diese Erkenntnis sträuben und sich mit technischen Lösungen der Kontrolle der Welt sicher zu sein scheinen, zeigt sich auch dort die Herausforderung, Mensch-Natur-Verhältnisse aufzubrechen und die Handlungsfähigkeit nicht-menschlicher Akteur:innen zu erkennen (vgl. Bauriedl, 2016). Dies ist die Chance, sich selbst als aktive und verantwortungsvolle Akteur:in in der Welt und im Kontext der Klimakrise wahrzunehmen, denn „you open the space and you let behind a trace“ (Marcela Januar 2021).
In dem künstlerisch-kollaborativen Prozess wurden wir dort herausgefordert, wo wir gelernt haben, in unserer Kammer zu bleiben: wenn Bedeutungen körperlich, materiell, emotional und relational werden. Wenn auch Wissenschaft tätig werden muss, weil allen klar ist, „there is no hope anymore, just action“ (Marcela Februar 2021). Und auch wenn ein Theaterstück vor einem Publikum, das sich größtenteils in uns ähnlichen Gedankenräumen aufhält, wohl nicht die Welt retten wird, so kommentierte der Deutschlandfunk nach der Premiere, es hätte Denkräume in Handlungsräume verwandelt (Backoff, 2020). Und das gilt nicht nur für das Publikum, das mit Radieschensamen und Protestrufen nachhause ging, sondern vor allem auch für mich selbst auf dem Weg in den nächsten Seminarraum als „Wissenschaftlerin“.
Das der Analyse zugrunde liegende empirische Material liegt in schriftlicher Form vor. Es wird aufgrund der autoethnographischen und damit sehr persönlichen Herangehensweise nicht öffentlich verfügbar gemacht. Die Erlaubnis zur Verwendung der Abbildungen (Dominic Sehak) liegt vor.
Die Autor*innen erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Anmerkung des Verlags: Copernicus Publications bleibt in Bezug auf gerichtliche Ansprüche in veröffentlichten Karten und institutionellen Zugehörigkeiten neutral.
Ich danke Boris Michel und Jan Winkler für die inspirierende Initiative des Special Issues und den Gutachter:innen für die hilfreichen Kommentare. Außerdem möchte ich Susanne Hübl, Annika Mattissek und Samuel Mössner für die Unterstützung und das ehrliche Feedback im Schreib- und Überarbeitungsprozess danken. Mein größter Dank gilt dem gesamten Team von Denkraum der Utopien: Ihr habt meine Welt auf den Kopf gestellt – wie schön!
This paper was edited by Nadine Marquardt and reviewed by three anonymous referees.
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Ursprünglich waren die Aufführungen bereits für Februar 2021 geplant. Sie wurden aufgrund der Coronapandemie jedoch auf Juli 2021 verschoben. Die intensivsten Proben fanden trotzdem im Januar und Februar 2021 statt. Darauf basiert ein Großteil des empirischen Materials.
Als Performerinnen auf der Bühne standen Nicole de Vries (Stadt- und Partizipationsforscherin), Dr. Leandra Praetzel (Landschaftsökologin) und Lilith Kuhn (Humangeographin). Aus Orts- und Zeitgründen per Videoaufnahme eingespielt wurden Zuwena Kikoti (Landschaftsökologin), Lagipoiva Cherelle Jackson (Klimajournalistin) und Dr. Laura Mae Herzog (Umweltwissenschaftlerin).
Nicole, Leandra und ich waren im Probenprozess eine feste Gruppe als „die Wissenschaftlerinnen“. Wir führten viele Gespräche über unsere Erfahrungen während des Projekts. Ich spreche deshalb immer wieder von „uns“, wenn wir als Gruppe gemeint sind und vor ähnlichen Herausforderungen standen.
Die westlich geprägte Philosophie basiert auf Gedanken der Moderne, die den aufgeklärten Menschen der Natur gegenübergestellt. Dieses dualistische Verständnis wird jedoch von posthumanistischen Theorien immer mehr in Frage gestellt (vgl. Barad, 2012; Latour, 2017; Haraway, 2018).
Philip Gregor Grüneberg [Regisseur], Nina Hecker [Regieassistenz], Manfred Kerklau [Dramaturg], Marcela Ruiz Quintero [Choreographin], Kai Niggemann [Soundartist], Sven Stratmann [Videokünstler], Susanne Kudielka und Linda Hofmann [Bühnenbild und Ausstattung], Timo von der Horst und Nick Hedemann [Lichtdesign].
Vgl. dazu „den Schreibprozess als ein Denk-, Erfahrungs- und Konstitutionsprozess“ nicht-repräsentationaler Forschung (Bertram, 2016: 287).
Prof. Schellnhuber ist u.a. Gründungsdirektor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.
Unsere Probenzeit und die Aufführungen waren als Teil einer öffentlich geförderten Theaterproduktion vertraglich geregelt und vergütet.