Articles | Volume 79, issue 4
https://doi.org/10.5194/gh-79-311-2024
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18 Oct 2024
Standard article |  | 18 Oct 2024

Breakdowns, (Un-)Sichtbarkeiten und glitches. Kritische Geographien der Resilienz digitaler Infrastrukturen

Boris Michel and Finn Dammann
Kurzfassung

This paper draws on current discussions in digital geography that emphasize the political and theoretical role of glitches. While we sympathize with the basic assumptions of this discussion and also find it helpful to connect these to older discussions around digital infrastructures, we propose an opposing perspective with this text. Using the example of Internet infrastructures, we focus on the continuous and painstaking work of making infrastructures invisible and preventing glitches. We are particularly interested in the production of resilience and focus from a geographical perspective on the rationalities of redundancy and addressing latency.

1 Einleitung

Technikdeterministische Erzählungen prägen vielfach die politisch-öffentlichen Diskurse zur Digitalisierung und sind häufig auch in sozialwissenschaftlichen Beiträgen und Kritiken eines „digitalen Zeitalters“ präsent (z. B. Bridle, 2018; Crary, 2022; Welzer, 2016; Zuboff, 2019). Dabei tragen diese technikdeterministischen und essentialisierenden Deutungsmuster zu einem entpolitisierten und starren Verständnis gesellschaftlicher Technikverhältnisse bei. Eine kritische digitale Geographie gewinnt ihre Stärke aber weniger aus großen Erzählungen und verallgemeinernden Deutungsmustern als vielmehr aus ihrer Sensibilität für die lokal eingebetteten, umkämpften, widersprüchlichen und ungleichen Räume gesellschaftlicher Technikverhältnisse. Gerade die jüngste Aufmerksamkeit von Geograph:innen gegenüber glitches in den digitalen Infrastrukturen städtischer Alltage (Leszczynski, 2020; Leszczynski und Elwood, 2022a) stellt da eine produktive Intervention dar. Eine solche Geographie von glitches ermöglicht nicht einfach nur eine Perspektive auf das beständige Scheitern und Nicht-Funktionieren von digitalen Infrastrukturen. Vielmehr wird durch den empirischen Fokus auf glitches auch deutlich, dass unsere digitalen Welten viel heterogener, lokaler und brüchiger sind, als es jene Diskurse zur digitalen Transformation nahelegen. Damit öffnet eine Perspektive auf glitches potenziell auch den Blick für andere und neue Erzählungen digitaler Zukünfte und Gegenwarten. Vor diesem Hintergrund forderte Agnieszka Leszczynski (Leszczynski, 2020) eine Digitale Geographie des glitches, die sich verstärkt „minor theories“ (Katz, 1996) als Formen der Kritik, Politik und Praxis zuwendet – und dabei den glitch, die Disruption und das Scheitern von digitalen Infrastrukturen als produktive Forschungszugänge und darüber hinaus als Ausganspunkt für politische Interventionen versteht.

Doch trotz dieser wichtigen Impulse für Forschungsarbeiten innerhalb der Digitalen Geographien möchten wir in unserem Beitrag aus theoretisch-konzeptionellen und empirischen Gründen eine in gewisser Weise gegenläufige Perspektive zum glitch vorschlagen. Dieser Vorschlag ist keineswegs als ein Aufruf zu einer „major theory“ oder einer weiteren Großerzählung zum „digitalen Zeitalter“ zu verstehen. Es geht uns in diesem Beitrag nicht darum, der wichtigen und produktiven Kritik von „minor theories“ mit einer Hinwendung zu tradierten oder neuen Masternarrativen zu begegnen. Vielmehr möchten wir für eine vielfach unsichtbare Praxis sensibilisieren, die maßgeblich dazu beträgt, dass digitale Kommunikationssysteme trotz ihrer Komplexität häufig „nicht scheitern“ – und die wir daher als ein wichtiges Element in der (Re-)Produktion digitaler Informations- und Kommunikationssysteme als Infrastrukturen (de Goede und Westermeier, 2022) verstehen: Die Arbeit des Reparierens, des Wartens und des Fixierens.

Das zentrale Argument unseres Beitrages ist daher, dass nicht nur die Momente des Scheiterns von digitalen Infrastrukturen, sondern auch die Praxis des „Nicht-Scheiterns“ neue empirische, theoretisch-konzeptionelle und politische Zugänge bietet – und dies gerade dann, wenn der Fokus auf die beständige Arbeit am fixing digitaler Kommunikationssysteme gelegt wird. Uns geht es in diesem Artikel daher darum, das reibungslose Funktionieren, Nicht-Scheitern und Unsichtbarmachen von (digitalen) Infrastrukturen in den Blick zu nehmen und dies aus einer Perspektive, die sich für die kleinen und lokalen Praktiken und Versammlungen interessiert, welche die real existierenden datafizierten Welten konstituieren. Dahinter steht die Annahme, dass nicht nur das Scheitern von digitalen Infrastrukturen ein Ereignis ist, sondern auch die Herstellung des Nicht-Scheiterns und die beständigen Arbeiten am Fixing. Dies gilt gerade auch in den komplexen Blackboxen digitaler Kommunikationssysteme, die einen erheblichen Aufwand betreiben, ihre eigene Existenz unsichtbar zu machen. Wenn wir in diesem Beitrag also vorschlagen, das „glitch-thinking“ mit einem „fix-thinking“ (Carraro, 2023) zu komplementieren, so nicht in einem Sinne, der mit Harveys Begriff des spatial-fix (Harvey, 2001) als temporäre Lösung kapitalistischer Krisen durch Verräumlichung zu verwechseln ist. Vielmehr geht es uns darum, den Blick auf die Arbeit und Praxis des Reparierens und Fixierens digitaler Infrastrukturen zu lenken. Der Ausgangspunkt unserer Perspektive ist die Verwunderung darüber, dass digitale Kommunikationssysteme eine solche hohe Resilienz gegenüber Störungen aufweisen, dass sie als zunehmend unsichtbare Infrastrukturen funktionieren. Wir möchten in unserem Beitrag daher Fragen nach den Prozessen, Ereignissen, Versammlungen von Praktiken und Artefakten, Vorschriften und Regelsystemen sowie Akteuren in den Fokus rücken, die dazu beitragen, digitale Kommunikationssysteme sozial und technologisch resilient gegenüber Störungen zu machen (siehe hierzu Traill et al., 2024; Qadri und D'Ignazio, 2022; Zakharova und Jarke, 2024).

Vor diesem Hintergrund folgen wir in diesem Beitrag Susan Leigh Stars Aufruf, Infrastrukturforschung als eine „study [of] boring things“ (Star, 1999:377) zu betreiben und das „Langweiligmachen“ von Technologien als wesentlichen Teil ihrer Hegemonialisierung zu verstehen. Darüber hinaus schließen wir an die jüngere Forderung an, die geographische Infrastrukturforschung stärker mit der Frage nach Arbeit zu verbinden (Stokes und Coss-Corzo, 2023); eine Forderung, die auch in den aktuellen Diskussionen um Data und Care als zentral angenommen wird (Zakharova und Jarke, 2024:655). Um dieses Argument sowohl empirisch als auch konzeptionell zu fundieren, greifen wir auf aktuelle Forschungsarbeiten zu den Geographien digitaler Infrastrukturen zurück, in deren Zentrum die immer herausgeforderte und immer unmögliche Herstellung von Reibungslosigkeit, Unsichtbarkeit und Abwesenheit von glitches steht. Mit Hinblick auf die Geographien der Resilienz digitaler Infrastrukturen fokussieren wir uns dabei auf zwei zentrale Begriffe aus der Informations- und Telekommunikationstechnik – Latenz und Redundanz –, die wir als Strategien der Reduktion von (zeitlichen) Verzögerungen und Strategien der (räumlichen) Vervielfältigung von digitalen Infrastrukturen verstehen. Hierfür rekapitulieren wir im folgenden Kapitel zunächst die älteren Forschungsarbeiten zu Infrastruktur und Disruptionen in der Digitalen Geographie und kommen anschließend zu den aktuellen Debatten um die Geographien von glitches. Darauf aufbauend entwickeln wir im dritten Teil das Argument, dass die geographische Forschung über die Frage nach der Arbeit am „Nicht-Scheitern“ von digitalen Infrastrukturen zu einem prozessualen Verständnis von sozio-technischen Assemblagen und ihren temporären Fixierungen gelangen kann. Im vierten Teil illustrieren wir diese Arbeit am glitch entlang der Begriffe Latenz und Redundanz in einer Geographie der Resilienz digitaler Infrastrukturen.

2 Sichtbarkeit bei Zusammenbruch

Eines der zentralen Motive des breiten Feldes kritischer Forschung nach dem infrastructural turn ist die Betonung, dass Infrastrukturen nur dann als Infrastrukturen funktionieren, wenn sie als unhinterfragte und gegebene Grundlage für soziale Prozesse fungieren und damit im alltäglichen Gebrauch für die meisten Menschen weitgehend unsichtbar bleiben. Da diese Unsichtbarkeit als ein wesentlicher Bestandteil von Infrastrukturen gilt, werden Momente ihres Scheiterns – und die damit verbundenen Prozesse ihrer Sichtbarwerdung in politisch-öffentlichen Problematisierungen – vielfach als wichtige Zugänge für die empirische Forschung betrachtet. Es gibt einen „sozial- und kulturtheoretischen Erkenntnisgehalt, den Störungen etablierter technischer Systeme und Abläufe in sich bergen“, schrieb beispielsweise Nadine Marquardt (Marquardt, 2016:90). Dieses Argument hat eine längere – wenn auch nicht unwidersprochene (Larkin, 2013:336) – Tradition und ist nach wie vor für eine sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung mit Infrastrukturen äußerst produktiv (Niewöhner, 2015).

In der Regel wird diese Tradition auf die ethnographischen Arbeiten der feministischen Wissenschafts- und Techniksoziologin Susan Leigh Star (Star, 1999) zurückgeführt, die „visible upon breakdown“ als ein wichtiges Definitionsmerkmal von Infrastrukturen formuliert:

[I]nfrastructure becomes visible when it breaks“ (Star, 1999:382).

Auch wenn sich diese Definition allgemein auf Infrastrukturen bezieht, haben Susan Leigh Star und Geoffrey Bowker bereits früh darauf hingewiesen, dass die „Unsichtbarkeit“ von Infrastrukturen im besonderen Maße auf digitale Informations- und Kommunikationssysteme zutrifft:

Information infrastructure is a tricky thing to analyze. Good, usable systems disappear almost by definition. The easier they are to use, the harder they are to see. As well, most of the time, the bigger they are, the harder they are to see. Unless we are electricians or building inspectors, we rarely think about the myriad of databases, standards, and instruction manuals subtending our reading lamps, much less about the politics of the electric grid that they tap into (Bowker und Star, 1999:34).

Trotz der Betonung dieses Merkmals von Infrastrukturen liegt bei Bowker und Star die Konsequenz gerade nicht darin, die Brüche und das Scheitern als wesentlichen Forschungsgegenstand zu begreifen. Vielmehr zielen sie auf eine ethnographische Forschung zu Infrastruktur, die in Form einer „infrastructural inversion“ gerade jenen Prozessen der Unsichtbarmachungen nachspürt.

Das Motiv des infrastrukturellen Zusammenbruchs hat für die sozialwissenschaftliche Hinwendung zu Infrastrukturen dennoch eine besondere Zugkraft entwickelt. So sind Zusammenbruch und Scheitern von Infrastrukturen in der geographischen Forschung im Hinblick auf städtische Infrastrukturen bereits recht früh diskutiert worden. Prominent haben Stephen Graham und Simon Marvin mit ihrem Buch Splintering Urbanism. Networked infrastructures, technological mobilities and the urban condition (Graham und Marvin, 2001) einen grundlegenden Beitrag für die Wende hin zu Infrastrukturen innerhalb der kritischen Stadtgeographie geleistet (siehe hierzu auch Graham und Marvin, 2022). Das Buch rückt nicht nur die sozial fragmentierte und fragmentierende Rolle von städtischen Infrastrukturen in einem historischen Moment in den Blick, da digitale Technologien sich gerade erst im Prozess ihrer Verallgemeinerung befanden. Vielmehr heben Graham und Marvin auch die besondere Bedeutung von Infrastrukturen für die Reproduktion gesellschaftlicher Ungleichheiten auf städtischer Ebene hervor. Damit gelingt es den Autoren, das Thema städtischer Infrastrukturen aus einem engeren und oftmals primär technisch angelegten Feld herauszuholen und zu einem wichtigen Gegenstand sozialwissenschaftlicher Stadtforschung zu machen.

Während die Fragilität und der Zusammenbruch von Infrastrukturen bereits in Splintering Urbanism eine wichtige Rolle spielen, wird das Motiv einer „visibility upon breakdown“ im Sammelband Disrupted Cities. When Infrastructure Fails (Graham, 2010a) titelgebend. Dort dienen Ereignisse des infrastrukturellen Zusammenbruchs und die Momente einer unterbrochenen Zirkulation von Energie, Wasser, Waren und Personen als „powerful means of revealing the politics of the normal circulations of globalizing urban life“ (Graham, 2010b:3). Infrastrukturen in jenen Momenten zu untersuchen, in denen sie aufhörten wie gewohnt zu funktionieren, ist nach Graham eine wichtige Heuristik sozialwissenschaftlicher Stadtforschung und der „most powerful way of really penetrating and problematizing those very normalities of flow and circulation to an extent where they can be subjected to critical scrutiny“ (Graham, 2010b:3).

Über die Arbeiten von Graham und Marvin hinaus hat diese konzeptionelle und empirische Analyse von infrastrukturellen (Un-)Sichtbarkeiten in mehrfacher Hinsicht produktive Beiträge für eine geographische Auseinandersetzung mit Technik und Technologien städtischer Infrastrukturen geliefert: Sie hat eine sozialwissenschaftliche Perspektive auf die soziotechnische Konstruktion, Vermittlung und Reproduktion von Infrastrukturen befördert und damit dazu beigetragen, dass Infrastrukturen in aktuellen Forschungsarbeiten vielfach als „political, socio-material assemblages of flow rhythms, and relations“ (Stokes und Coss-Corzo, 2023) betrachtet werden. Gerade in der Unsichtbarmachung und damit dem Entzug von einer politischen Problematisierung der in sie eingelagerten gesellschaftlichen Verhältnisse liegt damit ein wichtiger Teil ihrer gesellschaftlichen und politischen Macht (Latour, 2006). Erst mit dieser Wende wurden Infrastrukturen zu einem zentralen Gegenstand geographischer (Stadt-)Forschung (Flitner et al., 2016; Dodson, 2017; Graham und McFarlane, 2014). Dies ist verbunden mit einer fruchtbaren konzeptionellen Stärkung von Methoden und Methodologien aus STS und ANT in der Geographie, die vielfach gegenüber diesen Gegenständen in Anwendung gebracht wurden (Furlong, 2011, 2014). Gerade vor dem Hintergrund der Betonung, dass Infrastrukturen nicht für alle Menschen das Gleiche bedeuten – sei es, weil Zugänge und Erfahrungen sozial ungleich sind oder sich diese nicht als Infrastruktur, sondern beispielsweise als Objekt der täglichen Lohnarbeit darstellen –, hat diese Forschung deutlich gemacht, dass in die Unsichtbarmachung von Infrastrukturen immer auch die Unsichtbarmachung der mit ihr verbundenen sozialen Ausschlüsse und Ungleichheiten eingeschlossen ist.

Dennoch läuft eine solche Perspektive – und das gilt vermutlich umso mehr in Bezug auf die jüngere Diskussion um glitches – Gefahr einer Überbetonung von Scheitern, Fehler und Disruption. Wie Asta Vonderau mit Blick auf Datenzentren als zentrale Infrastrukturen digitaler Zirkulationen schreibt:

The focus on breakdowns comes at the expense of overlooking infrastructural normality, the state when IT or other infrastructures become unremarkable and ubiquitous (Vonderau, 2019:10).

Ähnlich argumentiert auch Kathryn Furlong, wenn sie mit Blick auf digitale Cloudinfrastrukturen fordert „to think beyond ‚visible upon breakdown‘“ (Furlong, 2021:196). Sie argumentiert dabei unter anderem, dass Zusammenbrüche und Fehler im Feld des Digitalen einerseits wenig Sichtbarkeit und Erkenntnis über die hegemoniale Form dieser Infrastrukturen generieren und andererseits oftmals gar nicht sichtbar werden. Während beispielsweise der Zusammenbruch städtischer Infrastrukturen in New Orleans nach dem Hurrikan Katrina sehr viel über rassifizierende und neoliberale Stadtpolitik und deren Einschreibung in Infrastrukturen verdeutlichen kann, so gilt das in Bezug auf digitale Technologien und deren Fehler oftmals weit weniger. Ein gescheiterter Zugriff auf eine Homepage wegen eines request limits des Webservers, wegen eines Fehlers im IP-Routing oder wegen der fehlerhaften Konfiguration eines DNS-Servers lassen für Nutzer:innen wenig Einblick in Prozessieren und Krisenhaftigkeit digitaler Infrastrukturen zu.

Zudem legt diese Zusammenbruchsrhetorik eine relativ starre Vorstellung von Infrastruktur nahe. Es impliziert Erosion im Stahlbeton einer Brücke, die Überlastung eines Stromnetzes oder ein Stau auf einer Autobahn. Es ist ein Blick auf die Materialität und die Materialien dieser Infrastruktur und deren soziale Wirkmächtigkeit sowie soziale Herstellung. Das zeigt sich beispielsweise, wenn Graham schreibt:

Their pipes, ducts, servers, wires, conduits, electronic transmissions, and tunnels sustain the flows, connections, and metabolisms that are intrinsic to contemporary cities. Through their endless technological agency, these systems help transform the natural into the cultural, the social, and the urban (Graham, 2011:66).

Während dies gerade der produktive Einsatz war, um Infrastrukturen und die Übersetzung von Gesellschaft in Technik und gebaute Umwelt überhaupt zum Gegenstand geographischer Forschung zu machen, besteht jedoch die Gefahr, dass die beständige Arbeit am Nicht-Scheitern von Infrastrukturen – und damit die beständige Reproduktion ihrer Unsichtbarkeit und hegemonialen Fixierung – aus dem Blick gerät. Das gilt insbesondere für die opaken Gefüge digitaler Infrastrukturen.

An diese beständige Arbeit am Funktionieren von Infrastrukturen möchten wir mit unserem Artikel weiter unten ansetzen. Zunächst soll jedoch auf die aktuelle Diskussion um glitches eingegangen werden – eine Diskussion, die zumindest implizit an Fragen des Scheiterns und der (Un-)Sichtbarkeiten von Infrastrukturen anschließt.

3 Glitch thinking

Ebenfalls ein Interesse an Instabilitäten, dem Aufbrechen und dem non-performing von Infrastrukturen liegt den aktuellen Diskussionen um glitch zugrunde. Auch hier stehen insbesondere städtische Infrastrukturen im Zentrum, allerdings mit einem nun deutlich stärkeren Fokus auf Infrastrukturen, die digitale Technologien und Leben in ubiquitär datafizierten Welten ermöglichen (Kitchin, 2014). Gleichzeitig geht es dieser Perspektive weniger um einen empirischen Zugang als vielmehr um eine theoretische und konzeptionelle Debatte um Infrastrukturen, die sich insbesondere in feministischer und queerer Wissenschaftskritik gründet.

Während die oben beschriebene geographische Infrastrukturforschung nicht nur stark ethnographisch inspiriert ist und den Blick auf städtische Infrastrukturen wie Wasserleitungen, Stromnetze und Verkehrssysteme richtet, nimmt der Begriff des glitch unmittelbar Bezug auf eine technische Metapher aus dem Bereich der Elektronik und wendet sich digitalen Infrastrukturen und datafizierten Welten zu – besonders prominent sind dabei empirische Beispiele und Bezüge rund um Plattformdienste und Plattformurbanismus. Bezeichnet glitch zunächst eine unerwartete Spannungsschwankung und referenziert in informationstechnologischer Perspektive einen unerklärten Bruch im Protokoll technischer Systeme, so wurde der Begriff in den letzten Jahren insbesondere über das Feld digitaler Kunst und Medien in die Geographie übersetzt. Die Kunsttheoretikerin und Künstlerin Rosa Menkman fordert in ihrem Glitch Studies Manifesto (Menkman, 2010) einen emphatischen Blick auf die imperfection und den noise digitaler Medien.

The glitch is a wonderful experience of an interruption that shifts an object away from its ordinary form and discourse (Menkman, 2010:5).

In High-Tech Trash. Glitch, Noise, and Aesthetic Failure beschreibt die Medienwissenschaftlerin Carolyn Kane glitch art als einen künstlerischen Blick in der Tradition der Avantgarden, der sich „glitch, noise, and error [zuwendet] to chart the development of an aesthetic paradigm rooted in failure“ (Kane, 2019:15). In diesem Sinn dient der glitch als Denkfigur „to deconstruct the myth of linear progress“ (Menkman, 2010:8) und als Kritik der Suche nach noise-freien Medien (Menkman, 2011). Auch das für die geographische Rezeption des Begriffs besonders einflussreiche Glitch Feminism Manifesto (Russell, 2020) der Schwarzen und queeren Künstlerin Legacy Russell rekurriert auf ein solches glitch-thinking als eine emanzipatorische Praxis und als eine Aktualisierung cyberfeministischer Politik. Glitch markiert hier nicht nur einen Fehler (error), sondern auch eine Möglichkeit, das Bestehende zu transzendieren.

Within glitch feminism, glitch is celebrated as a vehicle of refusal, a strategy of nonperformance (Russell, 2020:8).

Für die geographische Rezeption zentral sind mehrere Texte von Sarah Elwood und Agnieszka Leszcynski (Leszczynski, 2020; Leszczynski und Elwood, 2022a, b, Elwood, 2021). In einerseits explizitem aber inhaltlich eher losen Bezug zu Russells queerer Körperpolitik des glitch und künstlerischer Praxis der glitch art dient die Figur des glitch dabei als Zugang zu einer neuen Theoretisierung digitaler Geographien des Städtischen (Leszczynski, 2020:3) und einer Verschiebung der Aufmerksamkeit in Richtung scheinbar oberflächlicher Unstimmigkeiten alltäglicher Erfahrung in digital vermittelten Welten. Adressiert werden hier eine kreative Öffnung des Blicks, eine Heuristik, um die Fehlerhaftigkeit von real-existierender Plattformen und Smart City-Programmatiken zu untersuchen, und ein epistemologisches Ethos für Forschung jenseits glatter Großerzählungen.

We advance glitch epistemologies as an intentional ethos of taking notice of seemingly superficial incongruities on urban landscapes that appear to interrupt the transduction of city spaces by digital logics, and for engaging with these instances as always-already revealing of how these digital mediations of city spaces can be interrupted and made differently (Leszczynski und Elwood, 2022a:3).

Diese Perspektive wird von den Autorinnen einerseits als eine Kritik an politökonomischen Großerzählungen begründet. Für das, was sie etwas holzschnittartig als eine reduktionistische, dystopische und totalisierende Perspektive bezeichnen, stehen für sie eine Reihe von Autoren des kritischen Diskurses über Smart Cities und Plattformkapitalismus (Srnicek, 2017; Krivý, 2018; Greenfield, 2013; Sadowski, 2020). Andererseits, so das Argument, ermögliche der glitch ein „reading beyond techno-capitalist dominantion“ (Elwood, 2021:2) und ein Verständnis davon, dass „digital objects, praxes and ways of knowing always contain possibilities for unanticipated forms of agency, subjectivity, or sociospatial relations“ (Elwood, 2021:3).

In den letzten Jahren haben eine Reihe von Autor:innen sich auf den Begriff bezogen, um in Diskussionen um Plattform Urbanismus eine Perspektive zu formulieren, die jenseits plattformkapitalistischer Großerzählungen liegt. Neben Leszczynski und Elwood (Leszczynski und Elwood, 2022a) hat beispielsweise Kavina Dattani (Dattani, 2021) über die „Uber-ization“ haushaltsbezogener Dienstleitungen in Delhi mit dem Begriff des glitch beschrieben. Helen Pallett betont, wie diese Perspektive in der Lage ist, marginalisierte Positionen in der computational city sichtbar zu machen (Pallett, 2022). Andreas Exner und Anke Strüver verwenden den Begriff, um Brüche in Projekten eines experimental urbanism in Graz zu untersuchen (Exner und Strüver, 2023) und Henk Wiechers nutzt die Suche nach glitches zur Analyse alltäglicher Widersprüche in Mobilitätsplattformen (Wiechers, 2022). Bereits 2015 haben Allen Sayegh und Stefano Andreani gefordert, einen Begriff von „Glitch Urbanism“ zu verwenden um die Smart City auf Momente jenseits von Effizienz- und Optimierungsnarrativen zu befragen und nach demokratischen und kreativen Brüchen in diesen technokratischen Projekten zu suchen (Sayegh und Andreani, 2015). Auch jenseits unmittelbar stadtgeographischer Fragen wurde der Begriff in den letzten Jahren in der Geographie aufgenommen (Kocher, 2023; Lynch, 2022; Mahmoudi und Sabatino, 2022).

Auf der Ebene der empirischen Auseinandersetzung hat der Fokus auf die „glitches in platform visions“ (Qadri und D'Ignazio, 2022:2) damit dazu beigetragen, die großen Erzählungen von Smart City und Plattformkapitalismus in Frage zu stellen. Gleichwohl kann einerseits in Frage gestellt werden, ob die von Elwood und Leszczynski gezeichnete Gegenfigur totalisierender Großerzählungen und „techno-masculinist tendencies“ in der digitalen Geographie (Leszczynski, 2020:3) tatsächlich die dominante Form der Auseinandersetzung mit Stadt und Digitalisierung sei und ob nicht offenere und lokalere Perspektiven weit prominenter sind. So wichtig der Hinweis auf die Unvollständigkeit digitaler Durchdringung, die Offenheit sozio-technischer Systeme und die Möglichkeit von non-performance sind, so stellt sich dennoch die Frage, ob die Aufwertung dessen zu einer „glitch epistemology“ (Leszczynski und Elwood, 2022a) nicht zu einer systematischen Überbetonung dieser Momente führt.

Zudem werfen Begriff und Anwendung eine Reihe von Fragen auf, die auch mit Fragen zusammenhängen nach der Übersetzung eines Konzeptes aus künstlerischer Praxis und Theorie in die Geographie sowie eines politischen Programms in eine analytische Kategorie, also mit einem Verständnis von glitch als „technopolitical epistemology rather than a political praxis“ (Leszczynski, 2020:14). Einher geht dies auch damit, dass der Begriff des glitch merklich unscharf verwendet wird. Einerseits wird der Begriff, der bei Menkman und Russell politisch-künstlerischer Auftrag war, zur Metapher der Beschreibung sozio-technischer Assemblagen. Damit wird glitch einerseits zunehmend zu einer Heuristik oder Eigenschaft technischer Systeme und nicht zu einer politischen oder künstlerischen Praxis. Andererseits führt dies dazu, die Spezifik des glitch gegenüber anderen Begriffen des Nicht-Funktionierens, Scheiterns und widersprüchlicher techno-sozialer Konstellationen zu verlieren. So weist Valentia Carraro darauf hin, dass die Betonung von glitches Gefahr läuft, eine Strukturanalyse der so beschriebenen Systeme aufzugeben (Carraro, 2023). Wenn der Begriff einen Mehrwert hat, so vermutlich dann, wenn mit glitch ein unvorhergesehenes, überraschendes non-performing beschrieben wird, das sich der Erklärung widersetzt. Dieses sehr spezifische und sich von Begriffen wie Scheitern oder Widerspruch absetzende Verständnis wird sehr deutlich bei Menkman, wenn sie darauf hinweist, dass in dem Moment, indem das als glitch erfahrende Fehlverhalten verstanden wird, aus dem glitch ein Bug wird (Menkman, 2011:27). „[O]nce I named it, the momentum – the glitch – is no more“ (Menkman, 2010). Damit ist der Begriff des glitch auch ein durch und durch relationaler Begriff. Zu guter Letzt bleibt die These, dass „glitch epistemologies“ etwas über die Normen und Ziele von smart urbanism illuminieren und dass sie das „silent, hidden“ other` of strategic actions and their sedimentations“ (Exner und Strüver, 2023:3) zum Ausdruck bringen, eher eine These, die empirisch im konkreten Fall zu belegen wäre. Zu fragen wäre dabei, ob dieser Blick nicht – trotz gegenteiligen Anspruchs und Forderung in den kleinen Brüchen ein emanzipatorisches Potenzial und ein Aufblitzen anderer Potenzialitäten und Zukünfte zu suchen – Gefahr läuft, diese sozio-technischen Systeme zu verdinglichen und zu entpolitisieren. Daher ist es auch bezeichnend, dass eine Reihe von Autor:innen, die sich mit der Art und Weise beschäftigen, wie Rassismus und Sexismus in digitale Technologien eingeschrieben wird, gerade davon sprechen, dass es sich dabei um „More than a glitch“ (Benjamin, 2019:79; Broussard, 2023; Noble, 2018:10) handelt und die Fokussierung auf glitches zu einer Individualisierung beiträgt. Wie Safiya Umoja Noble in Algorithms of Oppression schreibt, ist die in Algorithmen eingeschriebene Form der Ungleichheit und Unterdrückung „not just a glitch in the system but […] fundamental to the operating system of the web“ (Noble, 2018:10). Eine Gefahr, so könnte gefolgert werden, ist damit ein Absehen vom Betriebssystem digitaler Techniken und Infrastrukturen zugunsten von glitches.

4 Fixing – Arbeit und Infrastruktur

Beide Perspektiven – visibility upon breakdown und glitch – bieten produktive empirische und konzeptionell-theoretische Zugänge für geographische Infrastrukturforschung – und tragen maßgeblich zu einer digitalen Geographie bei, die sich für Fragen von Ungleichheit, Exklusion und Macht interessiert und die nicht die Diskurse von Smart City Apologet:innen und Technooptimist:innen mit gesellschaftlicher Praxis und Realität gleichsetzt. Aus diesen kritischen Interventionen digitaler Geograph:innen lässt sich einerseits der Blick auf diese Brüche und das non-performing von Infrastrukturen und Technologien ableiten. Infrastrukturen werden dabei verstanden als politische, sozio-technische und sozio-materielle Assemblagen, „which mediate the lively and repeated processes that underpin and sustain collective life, governance and power and/or capital accumulation“ (Stokes und Coss-Corzo, 2023:429). In diesem offenen und dynamischen Verständnis sind Infrastrukturen zwar Versuche der Stabilisierung, d. h. der Infrastrukturalisierung, diese bleibt aber notwendigerweise unsicher und instabil. Andererseits kann diese Perspektive aber auch gewendet werden hin zu jenen „boring things“ (Star, 1999) und den zugrundeliegenden „operating system[s]“ (Noble, 2018) dieser Infrastrukturen. Während der Blick auf glitches die Ausnahmen und damit die unvollständige Infrastrukturalisierung fokussiert, wird mit der Verschiebung auf das „langweilige“ Funktionieren bzw. das Funktionieren-machen die Aufmerksamkeit auf jene Arbeit gerichtet, die diese sozio-technischen Assemblagen zu Infrastrukturen macht, die also auf die Verhinderung von glitches und Scheitern zielt.

Weiter oben wurde hervorgehoben, dass die ältere Infrastrukturforschung stark auf materielle Infrastrukturen bzw. die Materialität von Infrastrukturen fokussierte. Dies gilt auch für die Diskussion um die materiellen Infrastrukturen der Digitalisierung, etwa in der Forschung zu Datenzentren, Kabeln und Cloudinfrastrukturen (Hu, 2015; Starosielski, 2015; Hogan und Vonderau, 2019; Hogan, 2015; Atkins, 2021). Während dies die lokale und historische Einbindung dieser sozio-technischen Systeme deutlich machte und zu einem räumlich differenzierten Blick auf Internetinfrastrukturen beitrug, wird dabei aber relativ wenig Aufmerksamkeit auf den beständigen Erhalt und deren Funktionieren als Infrastrukturen gerichtet. So hat Alexander Taylor in einer Arbeit über die visuelle Repräsentation von Datenzentren gezeigt, dass zu deren zentralen Strategien die Ausblendung menschlicher Arbeit gehört und die Konstruktion dieser Räume als Räume, die frei sind von menschlichen Körpern (Taylor, 2019). Zugleich sind Datenzentren in hohem Maße auf konkrete menschliche Arbeit angewiesen, von Sicherheitspersonal über Reinigungsdienste bis hin zu Netzwerkingenieuren und Verwaltungspersonal.1

Ohne beständige Arbeit und Reparatur verrosten und zerbröckeln diese Infrastrukturen nicht nur (Carse, 2014:219). Nicht nur Festplatten, Server und Kabel benötigen Erhaltungsarbeit, die sich gegen Verschleiß und Materialermüdung sowie Kompatibilität und Anschlussfähigkeit richtet, sondern es sind zudem eine Vielzahl sozio-technischer Assemblagen des Erhalts, der Optimierung, Regulierung und Steuerung nötig, die die Infrastrukturen datafizierter Welten ermöglichen. Gerade auch digitale Infrastrukturen sind charakterisiert durch Unbeständigkeit, auch wenn diese oft über ihre Beharrlichkeit und Resilienz imaginiert werden. Das gilt sowohl für Hardware wie auch Software. Zudem wird dabei deutlich, dass der Begriff der Infrastruktur durch und durch relational ist (Star, 1999). Während diese Infrastrukturen auf Seiten der Nutzer:innen sich dadurch auszeichnen, dass sie im Alltag möglichst unsichtbar sind, stellt sich dies für die Arbeiter:innen an diesen Infrastrukturen nicht so dar, oder wie Star schreibt,

One person's infrastructure is another's topic, or difficulty (Star, 1999:380).

Daher plädiert dieser Beitrag dazu, die Forderung von Kathleen Stokes und Alejandro de Coss-Corzo aufzugreifen und den Blick der geographischen Infrastrukturforschung stärker auf Arbeit auszurichten.2 Stokes und Coss-Corzo begreifen infrastrukturelle Arbeit dabei als eine Fülle menschlicher Arbeit, die fundamental ist, Infrastrukturen zu ermöglichen, in weiteren sozio-technischen Assemblagen zu vermitteln, sie zu erhalten und anzupassen (Stokes und Coss-Corzo, 2023:430). Stark geprägt durch eine Perspektive auf Infrastruktur als Praxis (Simone, 2004) fällt auch in dieser Literatur auf, dass Arbeit insbesondere in Bezug auf solche Infrastrukturen adressiert wurde, die eher klassische Infrastrukturen des urbanen Raums darstellen. Für digitale Infrastrukturen ist – von wenigen Ausnahmen abgesehen (Qadri und D'Ignazio, 2022; Anwar und Graham, 2022; Mahmoudi und Levenda, 2016; Taylor, 2023; Miceli und Posada, 2022; Randerath, 2024) – eine Forschungslücke zu konstatieren. Dies gilt besonders für eine intermediäre Form digitaler Infrastrukturen, die jenseits der materiellen Infrastrukturen von Kabeln und Datenzentren wie auch den alltagsnäheren Infrastrukturen digitaler Anwendungen (wie beispielsweise Plattformdiensten) und alltäglicher Interaktion verortet sind.

Mit Blick auf die empirischen Gegenstände kritischer Forschung zu digitalen Infrastrukturen lassen sich in den letzten Jahren zwei Trends identifizieren. Zum einen die bereits erwähnte Hinwendung zu materiellen Infrastrukturen des Digitalen wie Kabel und Rechenzentren. Hier wurde – nicht unähnlich der früheren Infrastrukturforschung aus Geographie und Ethnologie – der soziale Charakter jener Infrastrukturen in den Blick genommen, welche die Zirkulation von Daten und damit das Funktionieren datafizierter Welten ermöglichen. Ein wichtiger Beitrag dieser Debatte lag dabei in der Sichtbarmachung räumlicher Figurationen jenseits der (meist urban imaginierten) Orte der Anwendung. So haben beispielsweise eine ganze Reihe von Arbeiten sich mit Datenzentren in peripheren Regionen beschäftigt, insbesondere solchen in kälteren und abgeschiedenen Regionen (Fish und Garrett, 2019; Hogan, 2015; Hogan und Vonderau, 2019; Upham et al., 2022; Velkova, 2019; Hu, 2015; Pickren, 2018). Zum anderen haben sich eine Reihe von Arbeiten mit dem Verhältnis von Infrastrukturen und digitalen Plattformen beschäftigt (Altenried et al., 2021; Altenried, 2022; van Dijck et al., 2018; Srnicek, 2017; Seemann, 2021). Hierbei geht es einerseits um eine Plattformisierung von Infrastrukturen, also den Umbau von Infrastrukturen in Formen und Logiken digitaler Plattformen. Andererseits und mit stärkerem Blick auf Fragen der Arbeit wurde das Infrastrukturwerden von digitalen Diensten betont, welche in einer Vielzahl von sozialen und ökonomischen Feldern Interaktionen steuern. Moritz Altenried spricht hier von „Infrastrukturisierung als strategischer Horizont und Kern der Plattform“ (Altenried, 2021:59).

Im Folgenden möchten wir den Blick auf eine Ebene jenseits bzw. zwischen diesen – den materiellen Infrastrukturen einerseits und den Inhalten auf der Anwendungseben andererseits – lenken. Wir fokussieren daher auf jene (meist unsichtbar gemachte) Ebene der Zirkulation von Daten und Internet-Traffic, die das Zusammenkommen von materieller Infrastruktur und Anwendung erst ermöglichen (Dourish, 2017).

5 Geographien der Resilienz digitaler Infrastrukturen

An Infrastrukturen digitaler Zirkulation lassen sich die Arbeit am glitch bzw. der Aufwand, die Prozesse und Praktiken der Verhinderung ihrer Sichtbarkeit und Reibung und damit den Geographien digitaler Resilienz deutlich zeigen. Das gilt gerade auch angesichts von Digitalisierungsnarrativen, die sich in hohem Maße durch Vorstellungen von raum- und zeitlicher Grenzenlosigkeit, Reibungsfreiheit, Glätte und Universalität auszeichnen. Mit Infrastrukturen digitaler Zirkulation sind hier solche sozio-technischen Assemblagen gemeint, welche die Zirkulation von Daten ermöglichen, strukturieren und regulieren.3 Hierzu gehören die materiellen Infrastrukturen des Internets wie Kabel, Router und Datenzentren, aber auch die technischen Protokolle und Standards, nationale und internationale politische Regulierungen sowie Akteure und Dienstleistungen, welche einen Beitrag dazu leisten, alltägliche Erfahrungen mit digitalen Technologien als vielfach reibungslos zu erfahren. Dies betrifft beispielsweise das Routing von Daten durch die komplexen Internetinfrastrukturen, welche geprägt sind durch die politischen Ökonomien von lokalen Internet Service Providern bis hin zu global agierenden Anbietern von Internet-Backbones sowie Orten der Verschaltung und des Zusammenschlusses der diversen Netzwerke des Internets an öffentlichen und privaten Internet Exchange Points. Diese soziotechnischen Assemblagen sind weder statisch und passiv noch räumlich uniform. Vielmehr (re-)produzieren sie vielfach unterschiedliche Raumverhältnisse, historische Prozesse und Pfadabhängigkeiten (Dourish, 2016; Bates et al., 2016; ten Oever, 2023a).

Zweifelsohne sind die alltäglichen Erfahrungen der Internetnutzung von digitalen Diensten wie Plattformen oder dem Internet der Dinge häufig mit glitches in einem etwas engeren Sinne verbunden, nämlich mit Momenten des unerklärlichen Nicht-Funktionierens. Zugleich ist die moderne Internetinfrastruktur aber auch in hohem Maße mit der Verhinderung von glitches und mit der Herstellung von räumlicher und zeitlicher Reibungslosigkeit verbunden; ihre Widerständigkeit und Resilienz ist wesentlicher Teil des dominanten Narrativs zur Geschichte des Internets.4 Dieser Beitrag plädiert dafür, eine Perspektive einzunehmen, die von den alltäglichen Praktiken der Herstellung, Wartung und Reproduktion von Infrastrukturen ausgeht.

So ist aus Sicht der verantwortlichen Administrator:innen, Netzwerktechniker:innen, Softwarentwickler:innen und vieler anderer ein glitch weniger ein Moment des Scheiterns und der Sichtbarwerdung von Infrastrukturen. Vielmehr ist er eine Problematik, um die herum sich soziotechnische Strategien seiner Bearbeitung, Reparatur, Verhinderung und eventuell auch Sorge entwickelt haben. Auf zwei Strategien der Regierung dieser Problematik möchten wir im Weiteren genauer eingehen, da sie einerseits zentral für eine Verhinderung bzw. Reduktion von glitches sind und dabei andererseits auf soziotechnischen Assemblagen beruhen, die spezifische räumliche Strukturen (re-)produzieren: Strategien der Reduktion von Verzögerung bzw. Latenz im Datenfluss und Strategien der Vervielfältigung bzw. Redundanz digitaler Infrastrukturen. Beide Begriffe spielen in der Netzwerktechnik eine zentrale Rolle und bieten zudem einen explizit geographischen Zugang, der uns produktiv erscheint.

Wenn wir diese als zwei Dimensionen einer Geographie der Resilienz digitaler Infrastrukturen begreifen, so rekurrieren wir hier auf einen Begriff mit erheblichen ideologischen Aufladungen. Der Begriff wurde vielfach dafür kritisiert, dass er in so unterschiedlichen Feldern wie (digitalem) Humanitarismus oder Smart City Agenden Ausdruck einer neoliberalen Wende sei und für die Aufgabe staatlicher Verantwortung und Fürsorgepflicht steht (Kaika, 2017; Duffield, 2016; MacKinnon und Derickson, 2013). Dieser Kritik mit Blick auf die dort untersuchten Politiken vollumfänglich zustimmend, verwenden wir den Begriff hier in einem stärker technischen Sinne als die Fähigkeit von (sozio)-technischen Systemen ihr Funktionieren bei Störungen aufrechtzuerhalten.

5.1 Latenz

Latenz ist ein Begriff für die zeitliche Verzögerung eines Ereignisses, eine Verzögerung zwischen Ursache und Effekt. Es ist ein Begriff aus der Mediengeschichte der Verzögerung (Borbach, 2024). Bezogen auf Technologien der Datenzirkulation und des Internet-Traffics kann diese Verzögerung durch Prozesse der Verarbeitung von Signalen, aber auch der Ausbreitung und Übermittlung verursacht werden. Latenz im letzteren Sinne macht in gewisser Weise die Persistenz von physischem Raum bzw. von räumlicher Distanz in digitalen Netzwerken deutlich, zwischen Nutzer:in bzw. Applikation auf der einen Seite und beispielsweise einem Server auf der anderen Seite. Auch wenn die unmittelbaren Raumüberwindungszeiten elektronischer Signale, die hier zum Ausdruck kommen, in der Regel minimal sind und häufig als ein Sonderproblem von high-frequency trading (Munn, 2022) oder online-gaming (Willett, 2019) gelten, so betreffen Verfahren der Latenzminimierung und damit verbundener Strategien der Glättung räumlicher Distanzerfahrung große Teile moderner Internetnutzung und haben weitreichende Implikationen für deren politische und wirtschaftliche Geographie (Chalaby und Plunkett, 2021; Rosa und Hauge, 2022).

Strategien der Latenzreduzierung sind auf allen Ebenen den Infrastrukturen digitaler Zirkulation eingeschrieben. Dies gilt (1) zunächst auf Ebene von Standards und Protokollen, welche die Prozessierung von Daten und die Datenzirkulation organisieren und hier sowohl für basale Verfahren wie packet switching als einem informatorischen Basisverfahren, das sich seit den 1970er Jahren so tief in die infrastrukturelle Logik digitaler Zirkulation eingelagert hat, dass diese heute kaum mehr als sozio-technisch erscheint (Abbate, 1999; Dourish, 2016, 2017) wie für auch heutige Prozesse der Standardisierung, etwa mit Bezug zu Mobilfunkstandards (ten Oever, 2023b), neue Formen der Netzwerkverbindungen (Mazzola et al., 2022) oder der Adressierung (Hogewoning, 2020). Darüber hinaus (2) gilt dies auf der Ebene der materiellen Vernetzung und den Geographien von Knoten und Verbindungen des Internets. Einerseits wird dies deutlich an Projekten zum Ausbau von insbesondere leistungsstarken Unterseekabeln, welche nicht allein der grundlegenden Versorgung dienen, sondern tief mit Fragen der Markterschließung, der Geopolitik und digitalen Souveränität und der topologischen Veränderung der Geographien des Internets verbunden sind (Malecki und Wei, 2009; de Rogatis, 2022). Andererseits gilt dies für Geographien von Datenzentren und Internet Exchange Points (IXP) als den zentralen Knotenpunkten der Verarbeitung von Datenzirkulationen. Auch wenn die geographische und kulturwissenschaftliche Diskussion der data center studies in den letzten Jahren stark auf Fragen der Peripherie – etwa von Datenzentren im Norden Skandinaviens fokussierte – so sind die Geographien von Datenzentren und IXPs doch solche der Zentralität und ökonomisch dominanter Räume. Zuletzt (3) gilt dies für spezialisierte Dienste der Glättung und eines flattening des Internets. Das zeigt sich beispielsweise am Aufstieg von Content Delivery Networks (CDNs) wie denen von spezialisierten Unternehmen wie Akamai, Cloudflare und Fastly sowie jenen der großen Internetunternehmen wie Google, Amazon und Microsoft. Diese sind Infrastrukturen, die Daten – insbesondere von datenintensiven Diensten wie Videostreaming – in Form von lokalen Cache Servern an unterschiedlichen Orten speichern, um lokale Kopien räumlich näher an die Endnutzer:innen zu bringen.5

All dies sind Dienste und Technologien der Reduzierung von benötigter Bandbreite und von Latenz sowie der dynamischen Anpassung und Regulierung von Datenzirkulation. Es sind Dienste zur Latenzreduzierung sowie Resilienz durch räumliche Vervielfältigung, sie funktionieren als Teil der Herstellung von globalen „Echtzeit“-Erfahrungen digitaler timescapes (Kitchin, 2023:36) durch räumliche Verteilung. Diese Form der räumlichen Verteilung verweist auf eine zweite Rationalität, die der Redundanz. Gegenüber der zeitlichen Kompression setzt hier die Verdoppelung räumlicher Beziehungen ein.

5.2 Redundanz

Redundanz, das einerseits ohne Verlust Wegzulassende und andererseits die Wiederholung einer bestehenden Information und Struktur, ist ein wesentliches Element digitaler Infrastruktur und eine wesentliche Rationalität digitaler Zirkulationen. Die häufig bediente Vorstellung der Genese des Internets aus militärischen Überlegungen des Kalten Kriegs und einer Infrastruktur, die einen potentiellen Atomkrieg übersteht, argumentiert genau darüber, dass eine netzwerkförmige Kommunikationsinfrastruktur Resilienz durch Redundanz schaffe (Schmitt, 2016; Abbate, 1999). Bei der Redundanz findet eine Vervielfältigung statt. Auf das mögliche Scheitern der digitalen Kommunikation wird mit einer präventiven Vervielfältigung von Orten, Knoten und Netzwerken reagiert. Beim Ausfall eines Netzwerkknotens (bspw. ein Router, Switch oder Server) oder einer Netzwerkkante (beispielsweise eines Kabels) kann das Routing der Daten über andere Wege erfolgen, ohne dass die Netzwerkstabilität oder auch nur die Nutzungserfahrung beeinträchtigt würde.

Dies beginnt einerseits bereits auf Ebene eines einzelnen Servers, wird dort doch auf der Ebene der physischen Architektur der Ausfall von Speicherplatten antizipiert. Redundanz verweist hier auf die Verdoppelung von Datenkopien und räumlich redundante Speicherungen. Dies gilt ebenso und umso mehr für große Datenspeicher wie Cloud Infrastrukturen oder IXPs, deren Redundanz sich nicht allein auf Daten bezieht, sondern auf die gesamten technischen Instrumente und Infrastrukturen, die diese Assemblagen ermöglichen. So beschreiben Chatzis et al. (2013) die Topologie des aktuell größten Internet Exchange Points der Welt, der DE-CIX in Frankfurt, als eine Infrastruktur der Redundanz. Der Begriff der Redundanz verweist hier also auf eine Vervielfältigung von Knotenpunkten. Jenseits der Vervielfältigung von Knoten betrifft dies räumlich redundante Verbindungen, also die Vervielfältigung von Netzwerkverbindungen. So verbindet beispielsweise das Deutsche Forschungsnetzwerk – eine wesentliche Infrastruktur zum reibungslosen Zustandekommen dieses Papers – die Rechenzentren deutscher Universitätsstandorte mittels jeweils zwei physisch getrennten terrestrischen Kabelverbindungen (https://www.dfn.de/dienste/network-and-communication-services/dfninternet/, letzter Zugriff: 15. Oktober 2024). Aber auch große und äußerst kostenintensive Unterseekabel dienen in erheblichem Maße als redundante Systemkomponenten (Starosielski, 2015:28). Redundante Verbindungen sind vielfach eine Bedingung für die Zertifizierung von Datenzentren und Diensten des Cloud-Computing. Auch die oben erwähnten CDNs lassen sich so als Teil eines Redundanzsystems verstehen und als Systeme, die neben Latenzreduzierung auch dazu dienen, Ausfälle, glitches oder Überlastungen zu glätten.

Während die Infrastrukturen der Organisierung von Datenzirkulation in der alltäglichen Nutzung vielfach in Form von Zusammenbrüchen und glitches sichtbar und problematisiert werden – einem durch Fischerei, seismische Aktivitäten oder staatliche Akteure zertrennten Unterseekabel (Shankland, 2023), von Eichhörnchen zernagten Kabeln auf der letzten Meile (Dawson, 2019), militärischen und kriminellen Angriffen auf Infrastruktur (Limonier et al., 2021) oder einer falschen Konfiguration von Servern (Schräer, 2021) –, so ist die Arbeit am Funktionieren, dem Aufrechterhalten und Reparieren dieser Infrastrukturen weit weniger sichtbar. Wie Taylor in seiner Arbeit über Cloudinfrastrukturen und Backupsysteme deutlich macht, sind komplexe sozio-technische Systeme beständig damit beschäftigt „breakdown and failure of digital devices as non-disruptive as possible“ (Taylor, 2023:223) und Fehler und Zusammenbrüche zu einem „non-event“ zu machen (Taylor, 2023:226). Diese Unsichtbarkeit mag auch einen Grund dafür liefern, warum sich das Feld digitaler Geographien eher mit der Ebene der Anwendung oder mit den materiellen Infrastrukturen beschäftigt.

Latenz und Redundanz beschreiben zwei zentrale Dimensionen einer Arbeit am glitch in digitalen Infrastrukturen. Wenngleich Protokolle, Server, Kabel und andere Infrastrukturen des Internets als relativ stabile Dinge erscheinen, so ist in allen Fällen deutlich, dass es sich bei diesen Infrastrukturen um politisch umkämpfte sozio-technische Assemblagen handelt. Sei es, wenn dadurch ungleiche Geographien (re)produziert werden, wenn private oder nicht-staatliche Akteure in Fragen staatlicher Souveränität eingreifen oder diese Infrastrukturen selbst Teil von geopolitischen Projekten sind.

Aus geographischer Perspektive ist daran zusammenfassend mehreres bemerkenswert und interessant: (1) Die hier beschriebenen Rationalitäten bestimmen zu erheblichen Teilen die materiellen Infrastrukturen digitaler Vernetzung. Das betrifft terrestrische Verbindungen ebenso wie Unterseekabel, Datenzentren oder IXPs. Diese „geographies of the digital“ (Ash et al., 2018:34) sind (2) verbunden mit ihren je eigenen Topographien und Topologien. Die Arbeit am glitch schreibt sich in die Topographien der digitalen Vernetzung ein. (3) Die Beispiele machen deutlich, dass die time-space compression digitaler Vernetzung und Infrastrukturen und der vielbeschworene und auch viel erlebte death of distance nicht naturwüchsig, sondern eine mühevolle, lokale und kleinteilige Arbeit sind. 4) Die wachsende Komplexitität der Glitchverhinderung aktueller Internetinfrastrukturen geht dabei – wie bei allen komplexen Systemen – mit der Vervielfältigung von Störungspotenzialen einher.

6 Schluss

In diesem Beitrag haben wir die aktuelle geographische Debatte um glitch und digitale Infrastrukturen zum Ausgangspunkt genommen, um eine alternative Perspektive stark zu machen, die gegenüber dem Bruch, der Verstörung und dem Nicht-Funktionieren auf die beständige Arbeit an der Resilienz und der Erfahrung von Raum und Zeitlosigkeit digitaler Welten blickt. Der glitch als Leitbild für eine kritische digitale Geographie und eine epistemologische Geste der minor theory wurde hier auf konzeptioneller wie auch mit Blick auf die empirische Tragfähigkeit kritisch kommentiert. Dafür wurde in einem ersten Schritt die aktuelle Diskussion um glitch mit einer etwas älteren geographischen Diskussion um das Scheitern von Infrastrukturen in Beziehung gesetzt. Wesentlicher Beitrag beider Diskussionen ist es, digitale Infrastrukturen als sozio-technische Assemblagen zu beschreiben und lokal zu verorten. Zwar haben die aktuelle Diskussion um glitch und in Ansätzen auch bereits die älteren Debatten um das Scheitern von Infrastrukturen zu einer kritischen Dezentrierung essentialisierender Deutungsmuster in den Digitalisierungsdiskursen beigetragen. Jedoch besteht in diesen Forschungsdebatten zugleich vielfach die Tendenz zur Überbewertung des „non-performings“ sowie zur Zurückweisung struktureller Analysen. Zumindest indirekt trägt ein einseitiger Fokus auf „glitches“ daher dazu bei, ein sehr grundlegendes soziotechnisches Praxisfeld digitaler Geographien unsichtbar zu machen: die beständige Arbeit am Warten, Reparieren und Fixieren digitaler Kommunikationssysteme.

Vor dem Hintergrund dieser konzeptionellen Kritik haben wir eine erste empirische Exploration in das bisher überraschend wenig erforschte Feld der Arbeit am Nicht-Scheitern von Internetinfrastrukturen vorgenommen, die deren Status als „boring things“ gewährleisten. Im Zentrum standen dabei die Begriffe „Latenz“ und „Redundanz“, die wir als zentrale Momente einer Geographie der Resilienz digitaler Infrastrukturen begreifen. Wie wir deutlich gemacht haben, verweisen beide Begriffe auf je spezifische Raumproduktionen und timescapes und damit spezifisch geographische Dimensionen dieser Infrastrukturen. Diese Perspektive betont dabei einerseits die lokale Einbettung und die Pluralität von Internetinfrastrukturen. Entgegen dem Bild eines uniformen weltweiten Netzes werden damit die ungleichen Geographien und Pfadabhängigkeiten in den Blick gerückt. Zugleich fokussiert diese Perspektive mit dem Blick auf die Praktiken der Resilienz digitaler Infrastrukturen strukturelle Logiken und strategische Dispositive dieser gesellschaftlichen Technikverhältnisse.

Der Beitrag betont dabei, dass diese Infrastrukturen pflege- und wartungsintensiv sind und weder Perspektiven des glitches und Scheiterns noch solche Perspektiven, die von einem reibungslosen Funktionieren fixierter und determinierender Infrastrukturen ausgehen, dies ausreichend beachten. Anschließend an Leszczynskis Forderung, sich aus der Perspektive digitaler Geographien einem Ethos der „minor theories“ (Katz, 1996) als Formen der Kritik, Politik und Praxis zuzuwenden, sehen wir in unserem Beitrag eine Forderung, sich den alltäglichen Geographien des Internet-Machens zuzuwenden. Eine solche digitale Geographie würde sich empirisch u. a. mit großen Infrastrukturprojekten und deren (geo)politischer Ökonomie, mit privatwirtschaftlichen Akteuren des flattings, mit Standards und Organisationen oder auch mit der alltäglichen Erfahrung mit diesen Infrastrukturen beschäftigen. Das richtet den Blick auf die lokalen Konfigurationen und Ökosysteme von Infrastrukturen, ihren umkämpften und widersprüchlichen Charakter sowie die geopolitischen und sozialen Ungleichheiten datafizierter Welten.

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Begutachtung

Dieser Artikel wurde von Marco Pütz redaktionell betreut und durch zwei Expert:in in einem double-blind Review-Verfahren begutachtet.

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1

Datenzentren werden gerade in peripheren Regionen vielfach als Jobmaschinen gepriesen und damit hohe staatliche Subventionen legitimiert – auch wenn sich diese Versprechen vielfach nicht realisieren (Mayer und Velkova, 2023; Upham et al., 2022).

2

Ein wachsendes Interesse an Arbeit ist sicherlich für weitere Teile der digitalen Geographie zu konstatieren, etwa wenn es um urbane Plattformdienste oder Content-Moderation geht. Die sich auch in der deutschsprachigen Geographie etablierende labour geography hat zweifelsohne einen Fokus auf Arbeit in digitalisierten Ökonomien und auch arbeitssoziologische Forschung bietet hier wichtige Anschlüsse.

3

Die Begriffe der Datenzirkulation oder auch der Datenflüsse sind dabei etwas irreführend. Da beide relativ reibungslose Formen der Netzwerkmobilität implizieren, haben Bates et al. (2016) vorgeschlagen, den Begriff der data journey (Bates et al., 2016) zu verwenden. Ähnlich einer Formulierung wie Internetverkehr wird damit die Rolle der Regulierung, der Unsicherheit, Störanfälligkeit und der Kontingenz angedeutet.

4

Auch wenn es historisch komplizierter ist, so ist ein wesentliches Narrativ, dass die wichtigsten Vorläufer des Internets von Seiten des US-Amerikanischen Militärs als eine Infrastruktur konzipiert wurden, die einen Atomkrieg und massive Angriffe auf Kommunikationsinfrastrukturen überstehen (Abbate, 1999; Galloway, 2004).

5

Trotz des massiven Ausbaus globaler Bandbreite in Unterseekabeln und terrestrischen Verbindungen würde die alltägliche Nutzung insbesondere im Bereich bandbreitenintensiver Dienste wie Videostreaming rasch die Kapazitäten überschreiten, wenn Anfragen an einem zentralen Ort beantwortet würden, wenn also beispielsweise jedes Youtube Video oder jeder Netflix-Film von einem Rechenzentrum in den USA auf das heimische Endgerät gesendet werden würde. Zudem wäre die Erfahrung der Nutzer:innen weit weniger reibungslos. Ein gutes Beispiel dafür sind die Streamingdienste von Netflix. Aufgrund seiner datenintensiven Dienste ist Netflix allein für gut 13 % des weltweiten Internet-Traffics verantwortlich und damit derjenige Dienst mit dem weltweit größten Datenvolumen (gefolgt von Youtube, das gut 10 % ausmacht) (Sandvine, 2023; Lobato, 2019).

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Short summary
Critical geographers in recent years became interested incidents of failure, disruption and glitches in digital technologies. While we sympathize with the basic assumptions of this discussion this paper proposes an opposing perspective. Using the example of Internet infrastructures, we focus on the work of preventing glitches and maintanance. We are particularly interested in the production of resilience the rationalities of redundancy and addressing latency.